Die
Verweltlichung der Kirche-das Gebot der Stunde
Der Hl.
Vater Benedikt XVI. irritierte mit seinem Begriff der Entweltlichung
der Kirche nicht nur die deutsche Universitätstheologie.
Kirchenoberen soll die Vorstellung eines Endes der staatlichen
Kirchenfinanzierung schlaflose Nächte bereitet haben. Ist es doch
keine überzogene Polemik, wenn man sagt, daß die Katholische Kirche
Deutschlands mehr aus der Kraft des Geld als aus der des Hl. Geistes
lebt. Und nun erst der Nachfolger! Nach dem Hl. Franziskus nennt er
sich und prolongiert so schon Benedikts Anliegen einer
Entweltlichung der Kirche. Die Forderung nach einer Entweltlichung
der Kirche setzt aber eine verweltlichte Kirche voraus. Und wo Umkehr
gefordert wird, da stößt diese Predigt, wie zu erwarten war, auf
ein beharrliches: Wir wollen so weiter machen wie bisher! Es soll nun
eine Apologetik der verweltlichten Kirche vorgeführt werden.
Die
Apologetik des: Weiter so wie bisher! hätte es sich leicht machen
können, indem sie dem theologischen und somit weltfremden Ansatz der
Weltentfremdung die Maxime entgegengestellt hätte: um Menschen zu
erreichen, müsse man sie dort abholen, wo sie stünden und das
verlange ein Nochmehr an Weltzuwendung und keine Zurückwendung zu
dogmatischen Wahrheiten. Seit dem 2. Vaticanum sei der Mensch der
Maßstab der Theologie und das hieße: zu hören auf seine jetzigen
Fragen und Bedürfnisse, um darauf einzugehen. Das dogmatische
Programm des Papstes Benedikt könnte dann als zwar wahres aber eben
als nicht mehr vermittelbares abgetan werden. Aber so schmalbrüstig
kommt die Apologetik der verweltlichten Kirche nicht daher, gerade
weil sie der Autorität des Hl. Vaters sich entgegenstellen will und
das erheischt ein Mehr an theologischer Reflexionshöhe.
Es soll nun
zuerst E. Beinert mit seiner Entgegnung wider den Hl. Vater
dargestellt werden in seinem Plädoyer für eine verweltlichte
Kirche. Die katholische Moraltheologie als Lehre vom rechten Handeln
ist die Disziplin, in der am deutlichsten die Spannung von Ver- und
Entweltlichung zum Ausdruck kommt in der Frage nach einem spezifisch
christlichen Lebensstil. Gibt es eine spezifisch christliche Ethik
oder geht sie darin auf, einfach die vorhandene zu bejahen? Der
Würzburger Moraltheologe Professor Ernst wird so als Musterbeispiel
des Konzeptes der Verweltlichung der Moraltheologie vorgestellt. Denn
erst im Kontrast zu den Konzepten der Verweltlichung kann die Idee
der Entweltlichung begriffen werden.
Professor
Beinert, der interessanterweise zum Schülerkreis Kardinal Ratzingers
gezählt , ja gelegentlich auch als sein Freund bezeichnet wird,
eröffnete den Kampf wider den Papst medienwirksam, im Internet
präsent!1
Er begnügt sich nicht mit einer oberflächlichen pragmatisch
daherkommenden Kritik. Er kritisiert die Vorstellung einer
Entweltlichung der Kirche theologisch und somit prinzipiell ab ovo.
Gerade ob dieses prinzipiellen Charakters ist diese Fundamentalkritik
nun wirklich beachtenswert, auch wenn am Ende doch wieder nur die
sattsam bekannte Litanei der Zeitgeistanpassung dabei herauskommt.
Nur, die Begründung für diese Weltanpassungsstrategie ist
bedenkenswert.
Beinert
präludiert seine Kritik an der Vorstellung der Entweltlichung der
Kirche mit autobiographischen Anekdoten. Er erzählt, daß ihm beim
Eintritt in das Priesterseminar der Besitz eines Rasierapparates zum
Vorwurf gemacht wurde als ein zu weltlicher Lebensstil und daß gar
ein Kandidat, weil er mit einem Auto vorfuhr und so offenkundig zu
weltlich lebe, nicht zum Priesterseminar zugelassen wurde. Eine
Phobie gegen alles Neue bestimme das Verhalten der Kirche zur Welt
seit der Reformation. Die Kirche verstünde sich dagegen als Ort der
Tradition, die so Rasierapparate, elektrisches Licht und die
Eisenbahn ablehne. Geschickt vermengelt Beinert hier die kirchliche
Kritik an der Moderne als Säkularusationsprojekt mit
technikkritischen Äußerungen von Kirchenvertretern, um so den
Eindruck zu erwecken, daß die Kirche aus Angst vor allem Neuen alles
Fortschrittliche, technische wie kulturelle ablehne und dabei selbst
von den Fortschritten der Vergangenheit lebe.
Entweltlichung
meine dann das Nein zu allem Fortschritt in der Welt von der Kirche,
die längst schon die weltlichen Fortschritte der Vergangenheit in
sich aufgenommen hat. Die Kirche versuche durch die Setzung einer
Differenz zur Welt ihre Identität zu bewahren und diese Angst um die
eigene Identität verhindere ein Sichöffnen für die Welt. Das
gelang erst dem 2. Vaticanum. Aber dieser Mut zum Dialog mit der Welt
hielt nicht lange an. Papst Benedikt XVI. verkörpere wieder die
vorkonziliare Tradition der Abgrenzung zur Welt aus Angst vor ihr.
Nach diesem
Präludium kommt das theologische Hauptargument: Gott wurde in Jesus
Christus Welt. Die Weltwerdung Gottes stehe im Zentrum der
christlichen Religion. Eine Kirche, die sich entweltlichen wollte,
verleugnete so die Weltwerdung Gottes. Der Welt wohne nun ein
immanenter Fortschrittsprozeß inne. Der Schöpfungsbericht erzählt
nicht, was einst war, sondern eschatologisch, was sein wird. Darauf
ist der Weltlauf ausgerichtet. In der Welt gäbe es wohl
Ambivalenzen: nicht alles in ihr ist gut, aber sie entwickelt sich
zum Guten und die Kirche dürfe da unter der falschen Parole einer
Weltfremdheit nicht abseits stehen. Schöpfung im Werden nennt
Beinert dies. Einfacher gesagt: aus Christus, dem Haupt der Kirche
wird Christus, das Haupt der Welt, die sich nun kraft der göttlichen
Inkarnation zum Guten hin bewegt und die Kirche dürfe sich nun von
diesem Weltfortschritt nicht distanzieren, denn so wandte sie sich
von Gott ab. Als Musterbeispiel werden dann die
Menschenrechtsideologie genannt, der sich die Kirche leider erst spät
angeschlossen habe.
Fordern
oberflächliche Gemüter einfach die Anpassung an die Welt, um besser
bei den heutigen Menschen anzukommen, so fundiert dieser
inkarnatorische Ansatz dies Anpassungsprogramm, indem er die
theologische Aussage, daß Gott in einem Menschen zur Welt kam und
daß dieser nun das Haupt der Kirche, seines Leibes sei, umwandelt zu
der Aussage der Weltwerdung Gottes. Nun ist nicht mehr die Kirche das
Licht der Welt, schon gar nicht als socitas perfecta, sondern der
Weltfortschritt ist nun für die Kirche das Orientierungslicht. Je
weltlicher die Kirche wird, je mehr sie selbst fortschrittlich
ist,desto mehr lebt sie gemäß Gottes Willen. Der weltimmanente
Fortschritt, sozusagen das Sein und Werden Gottes in der Welt,
verlangt so die Verweltlichung der Kirche. Und was hat die Kirche der
Welt noch zu sagen? Eigentlich nur dies, daß sie, indem sie
fortschreitet,fortschrittlich ist, Gottes Willen erfüllt. Denn die
göttliche Schöpfung ist im Werden. Nicht die Kirche hat diesen
Fortschritt zu leiten, sondern die Welt entwickelt sich ob der
Inkarnation Gottes in sie zum Guten. So ist für dies Votum für die
Verweltlichung der Kirche, daß nicht sie das Licht für die Welt ist
sondern die Welt das Licht für die Kirche, die Umdeutung der
Inkarnation. Gott wurde nicht in einem Menschen Mensch sondern wird
Welt, so daß nun die Welt der Wachstumsprozeß zum Reich Gottes ist,
dem leider oft die Kirche bremsend gegenübersteht, wie gerade jetzt
in der Person des Hl. Vaters Benedikt und aller konservativen
Theologen.
Wir wenden
uns nun der Moraltheologie zu, dem Konzept von Professor Ernst. Die
begriffliche Polarität von Ent-und Verweltlichung findet sich in
seiner im Internet präsentierten Moraltheologievorlesung nicht, aber
offenkundig verbirgt sich in der Antithese von autonomer zu
theonomer Moral genau das, was die Fundamentaltheologie mit dem
Begriffspaar: Ver- und Entweltlichung meint.2
Das
Grundanliegen der Autonomie der Morallehre kann in einem Satz
zusammengefaßt werden: Das Ziel ist eine Moral ohne Gott. Dies
atheistische Anliegen in die Katholische Theologie als legitim zu
implantieren, ist so das Hauptanliegen des Moraltheologen Ernst. Für
die traditionelle Moraltheologie ist die Ausrichtung auf den Willen
Gottes, Gottes Gesetz und Gebote das selbstverständliche Zentrum und
unter Gewissen wird dann verstanden der innermenschliche Ort des
Wissens um Gottes Gesetz als ius naturae, als Stimme Gottes. Die
kirchliche Tradition und das Lehramt als authentische Auslegung des
Gesetzeswillens Gottes runden dann die traditionelle Morallehre ab.
Also, um zur autonomen Vernunftmoral vorzustoßen, gilt es, viel
Theonomes zu eskamotieren und zu deligitimieren.
Die
Moraltheologievorlesung setzt also mit der Deligitimierung der
traditionellen Instanzen der Moral ein. „Wie sich ethisch gutes und
schlechtes Handeln erkennen läßt“, lautet das 1.Kapitel.3
Kann die Orientierung am Willen Gottes das Kriterium des
Unterscheidens sein? Die Hl.Schrift und die traditionelle Moral sehen
das zu, muß dann konstatiert werden. „Im NT wird mehrfach der
Wille Gottes als Maß menschlichen Handelns genannt“4
und auch moraltheologische Handbücher sähen das so. Aber, und hier
erblicken wir gleich ein Spezifikum dieser Art von Moraltheologie,
nachdem die vermeintlichen Autoritäten, die Schrift und die
Tradition zitiert wurden, tritt das allein vernünftig begründete:
Nein! dagegen. „Zugleich ist die Berufung auf den Willen Gottes
als Begründung ethischer Entscheidungen höchst problematisch“.5
Ein Meer von Vernunftargumenten wird nun gegen die theonome
Konzeption erhoben. Die Orientierung an den Willen Gottes setze den
Glauben an Gott voraus und der wäre nicht gesamtgesellschaftlich
konsensfähig. Setze die traditionelle Moraltheologie die natürliche
Gotteserkenntnis als Möglichkeit jedes vernünftigen Denkens voraus
und somit auch die Möglichkeit einer Orientierung an Gottes Willen,
soweit dieser der Vernunft erkennbar sei, so ist hier
selbstverständlich der Glaube, daß Gott ist und daß sein Wollen
erkennbar ist, keine Möglichkeit der Vernunft mehr. Daß Gott ist,
ist nicht mehr konsensfähig und so kann Gott nicht mehr Element
einer allgemeingültigen Moral sein. Aber das reicht noch nicht zur
Deligitimierung der Instanz Gottes für die Moraltheologie.
„Die
Begründung ethischer Normen mit dem Willen Gottes bedeutet einen
Zirkelschluss. Sie setzt voraus, dass Gottes Wille tatsächlich
ethisch gut ist. Um dies zu beurteilen, muss man aber schon wissen,
was ethisch gut ist.“6
Gottes Wille und was ethisch gut ist, werden hier als zwei
verschiedene Größen gesetzt, um dann ontisch zu sagen, daß nur,
wenn Gottes Wille kompatibel ist mit dem ethisch Guten, Gottes Wille
gut ist, und um dann explizit noetisch auszusagen, daß die
Erkenntnis des ethisch Guten die Voraussetzung dafür ist, den Willen
Gottes als ethisch gut zu erkennen. Damit wird Gott überflüssig für
den Diskurs: was ist das ethisch Gute?, weil dies unabhängig von
Gott ist, ontisch und noetisch unabhängig von Gott erkennbar ist.
Wäre das ethisch Gute nicht ontisch unabhängig von Gott, könnte es
nicht unabhängig von Gott erkannt werden. Selbstredend ist die
Vorstellung des Seins des Guten unabhängig von Gott theologisch eine
Absurdität, denn die Unterscheidung von Gut und Böse, um es
traditionell auszudrücken, ist nicht unabhängig von Gott sondern
nur durch Gott, indem er souverän diese Differenz setzt durch seinen
Willen. Gäbe es das Gute unabhängig von Gott, wäre Gott dem Guten
subordiniert und somit entgöttlicht.
Daß Gott
kein Element der katholischen Morallehre sein dürfe, will nun die
Moraltheologievorlesung auch noch theologisch begründen! Das erste
theologische Argument lautet, daß Gott unbegreiflich und
unaussprechlich sei. Gott falle so „aus dem Gesamtzusammenhang all
dessen heraus, was wir mit unserer Erfahrung und Vernunft erkennen
können.“7
Hier wird die Frage der Erkenn-und Begreifbarkeit Gottes konfundiert
mit der Frage nach der Erkennbarkeit von Gottes Geboten und Gesetzen.
Zur Veranschaulichung: befiehlt eine legitime Autorität: tue dies
und tue das nicht!, so ist das Angeordnete für den Adressaten
erkennbar, auch wenn er das Subjekt der Anordnung nicht in seinem
Wesen begreift. Er erkennt aber, was er als Autorität anordnet und
nicht notwendigerweise damit die Autorität in ihrem Ansichsein,
sondern nur in ihrem Fürihnsein als Gesetzesgeber.
Aber es wird
noch tiefgründiger: Gottes Wille, moraltheologisch traditionell
verstanden als erkennbar in den Geboten und Gesetzen Gottes, wird nun
schöpfungstheologisch verzeichnet als die Vorstellung, daß die Welt
nur ist, insofern sie von Gott geschaffen und erhalten wird, daß
Gott der Welt gegenüber immer die causa prima bleibt. „Das
bedeutet, Alles, was in der Welt existiert und geschieht-auch das
Schlechte-,ist unterschiedslos auf den Willen Gottes zurückzuführen“8
und somit ist dieser Wille Gottes selbst moralisch indifferent und
erlaubt so keine ethische Orientierung an ihm. Jetzt erst wird der
Gedanke eines besonderen Heilswillen Gottes eingezeichnet als den der
Selbstoffenbarung Gottes als Liebe. „Der allein im Glauben
zugängliche Heilswille Gottes enthält keinen Sollensanspruch noch
verschärft sie ihn, sondern antwortet auf die Frage, wie wir den
bereits bestehenden ethischen Anspruch erfüllen können.“9
Die Offenbarung Gottes wird so reduziert auf die Aussage des Menschen
liebenden Gottes, wohingegen alle ethischen Aussagen Produkte der
praktischen Vernunft sind, die als solche unabhängig von Gott, der
Religion und dem Glauben für jedermann erkennbar sein müssen, sonst
wären sie keine legitimen ethische Ansprüche. Es kann und darf so
keine christliche Ethik geben, sondern nur Menschen, die im Vertrauen
auf Gottes Liebe versuchen, ethisch zu handeln und das Was des
ethischen Handelns ist allein aus dem Vernunftgebrauch her zu
entwickeln. Das ist die Substanz der autonomen praktischen Vernunft
dieser Moralthologie, die als Hilfe akzidentiell noch den Glauben an
den Menschen liebenden Gott bei sich hat.
„Offenbarung
besteht nicht darin, einzelne ethische Normen mitzuteilen. Sie zu
erkennen ist vielmehr Sache der Vernunft und Erfahrung.“10
Nun enthält aber die Bibel offenkundig ethische Gebote und
Satzungen. Was nun? „Ethische Weisungen (Gesetz) sind-auch wenn sie
in der Hl.Schrift enthalten sind- nicht direkte Offenbarung Gottes,
sondern bereits im Voraus und unabhängig zur Offenbarung erkennbar
und begründet.“11
Denn der einzige Offenbarungsinhalt ist,daß Gott die Liebe ist,
alles andere der Bibel ist nicht Offenbarung! Und aus dieser Liebe
Gottes ergeben sich keine Gebote oder ethische Weisungen! Die Liebe
Gottes ist unbedingt und darum ohne eine Forderung: weil Gott dich
liebt, hast du oder sollst du nicht.
Diese
Vorstellung der unbedingten Liebe Gottes wird hervorgebracht durch
eine simple Verwechslung. Jesu verkündet das Kommen des Reich Gottes
als eines unabhängig von unsrem menschlichen Tun oder Unterlassen,
um dann die Eingangsbedingungen zu lehren: wie muß der Mensch sein,
damit er eingehen darf in das Reich Gottes. Die jesuaniusche Lehre
von den Eingangsbedingungen unterschlägt diese Moraltheologie nun
einfach, indem sie sagt, daß genauso unbedingt, wie das Reich Gottes
käme, auch jeder Mensch unbedingt von Gott geliebt sei und so
eingehen werde ins ewige Leben. Damit fällt die gesamte christliche
Ethik als Lehre von dem: Wie habe ich zu leben,um in das Reich Gottes
einzugehen?, aus und wird ersetzt durch wie hedonistische Frage nach
einem innerweltlich guten Leben. Das ist dann die vollkommene
Verweltlichung der christlichen Moral als ihre Abschaffung.
Nun sind wir
schon weit vorgeschrieben in der Enttheologisierung der
Moraltheologie. Jeder mögliche Inhalt der Morallehre darf allein aus
dem Brunnen der Vernunft geschöpft werden und der Glaube an Gott
fügt dem nichts hinzu, außer dem Vertrauen auf Gottes Liebe als
Hilfe zum Praktizieren der reinen Vernunftmoral. „Der allein im
Glauben zugängliche Heilswille Gottes enthält keinen
Sollensanspruch noch verschärft sie ihn, sondern antwortet auf die
Frage, wie wir den bereits bestehenden ethischen Anspruch erfüllen
können.“12
Denn: „Offenbarung besteht nicht darin, einzelne ethische Normen
mitzuteilen.Sie zu erkennen ist vielmehr Sache der Vernunft und
Erfahrung.“13
Besondere
Aufmerksamkeit wendet nun die Vorlesung der traditionellen Lehre vom
Naturrecht und dem Gewissen zu. Beide Quellen der Moraltheologie
werden nun entwertet. Mit Hume wird das Naturrecht widerlegt. Aus dem
was ist, darf nicht auf das geschlossen werden, was sein soll. Das
Naturrecht sei so das Produkt des naturalistischen Fehlschlusses.14
Das Gewissen sei nicht der Ort des Wissens um das Gesetz Gottes
sondern ein rein innerweltliches Phänomen, das uns dazu befähigt,
zu erwägen, wie ich vernünftig zu handeln habe. Gewissen ist meine
eigene Einsicht.15
Somit ist
die katholische Morallehre vollständig enttheologisiert. Es bleibt
nur noch das Brünnlein der Vernunft übrig, da die Bibel, die
Tradition, das Lehramt und das Gewissen (als Wissen vom Gesetz
Gottes) und das Naturrecht deligitimiert sind. Die autonome Moral,
die so konzipiert werden soll, erweist sich dann aber, schaut man in
den materialen Teil der Moralvorlesung, weitestgehend als
Wiederholung des heutigen Zeitgeistes in seinem Meinungen!
Wenn nun der
Leser meint, das könne doch nicht stimmen. Es gäbe da doch z.B. die
Bergpredigt Jesu und da stünde etwas anderes als bloß: lebe
vernünftig, so belehrt den Professor Ernst uns über die
Bergpredigt: „ Sie fördere das eigene Nachdenken und die
Wahrnehmung der Realität. Sie motivieren die Vernunft zum
eigenständigen ethischen Urteilen.“16
Und die Inhalte? Nur Beispiele, die uns zur Eigenständigkeit anregen
sollen. Hauptsache, daß autonom vernünftig gelebt wird.
Ein paar
Kostproben dazu: Zum Thema Abtreibung. Man könne nicht eindeutig
sagen, ab wann das menschliche Leben begönne, hier gäbe es
differente Ansichten. So könnte eine Abtreibung legitim sein Es
ginge um die Spannung zwischen dem Lebensrecht der Mutter und des
Kindes und auch hier könne eine Entscheidung zu Gunsten des
Lebensrechtes der Frau legitim sei. Zumindest aber hätte die Kirche
nicht aus der staatlich anerkannten Schwangerschaftsberatung
aussteigen brauchen und sollen, weil ihre Mithilfe an dem
Schwangerschaftsabbruch nur eine materiale Mithilfe war und das wäre
akzeptabel. Auch ist die Unterscheidung von Verhütung durch
künstliche Mittel und auf natürlichem Wege nicht nachvollziehbar.
Verantwortungsvoll gelebte Homosexualität soll nicht diskriminiert
werden, Sterbebegleitung könne auch eine Mithilfe zum Freitod
beinhalten usw...Alles, was dem Zeitgeist gefällt, wird hier nun,
vorsichtig umschrieben, mit ein paar Eventuells und Vielleichts
umkränzt, abgesegnet.17
Wo stehen
wir nun? Christus lehrte uns, daß die Kirche das Licht der Welt sei,
daß die Kirche der Ort des Offenbarseins der Wahrheit ist und daß
nach ihr die Welt ausgerichtet werden soll. Professor Beinert als
Fundamentalthologen und Professor Ernst als Moraltheologe ist das ein
unzumutbarer Skandalon. Die Welt braucht die Kirche und die
Offenbarung nicht, denn sie ist, ob der Weltwerdung Gottes oder der
Vernunft des Menschen immer schon, zumindest von der Potenz her auf
dem rechten Weg. Nur die Kirche habe sich lange Zeit der Wahrheit der
Welt verschlossen, indem sie als Socitas perfecta, als Besitzerin
einer göttlichen Moral der Welt gegenüber trat, statt auf sie zu
hören! Und darum müsse die Kirche sich verweltlichen und auch ihre
Moral der Weltmoral angleichen, denn die Welt ist das Licht für die
Kirche! Papst Benedikts Aufruf zur Entwetlichung, dem sich sein
Nachfolger anzuschließen scheint, ist so der Irrweg schlechthin. Die
Kirche muß sich verweltlichen und die kirchliche Moral sich
säkularisieren.
Eine Frage
drängt sich zum Schluß auf: woher so viel Liebe zur Welt und so
viel Abneigung gegen die Kirche? Theologisch fällt dabei die
verklärte Sicht der Welt auf: eine Welt ohne Teufel und Sünde,
höchstens akzidentiell ein paar Eintrübungen und auf der anderen
Seite die Perhorreszierung der Kirche: hier ist fast nur
Dunkelheit.So widerlegt für Professor Beinert die Mißbrauchsfälle
in der Kirche die Lehre von der Socitas perfecta, während die Welt,
trotz aller Mißstände unaufhaltsam zur perfekten und vollkommenen
Welt sich entwickelt. Für die Moraltheologie hat eigentlich die
Menschenrechtsideologie die Morallehre der Kirche obsolet gemacht und
so bedarf weder die Kirche noch die Welt einer christlichen Moral.
Die Weltmoral ist eben der kirchlichen weit überlegen, weil die
weltliche die allein vernünftige ist!
Uwe
Christian Lay
1Vgl:
YouTube, Beinert, Entweltlichung.
2Vgl:
Universität Würzburg. Lehrstuhl für Moraltheologie. Vorlesung:
Moraltheologie.
3Universität
Würzburg. Lehrstuhl für Moraltheologie. Vorlesung WS 2012/13,
Theologische Fundamentalethik S.3
4a.a.O.
S.3
5a.a.0.S.3
6a.a.=.S.3.
7a.a.0.S.3.
8a.a.0.S.4.
9a.a.0.S.4.
10a.a.0.
S.2.
11a.a.0.S.8.
12a.a.0.
S.4.
13a.a.0..S.2.
14Vgl:
a.a.O. S.12.
15Vgl:
a.a.0. S.10.
16a.a.0.
S. 8.
17Vgl:
Ethische Grundlagen der Medizin 2012/13, Grundlagen christlicher
Sexualethik SS2012.
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