Die
Wiederkehr der politischen Religion
Denken
wir Deutsche an Religion und Politik, wem stünden da nicht
grausigste Bilder des 30 jährigen Krieges vor Augen, wer stimmte
nicht zu, daß die Religion von der Politik zu trennen sei, damit
nicht noch einmal christliche Konfessionsdifferenzen den Grund zu
einem europäischen Kriege geben. In deutscher Gründlichkeit klärten
wir die Religion auf und pazifizierten sie. Das Projekt der deutschen
Aufklärung, d.i. die Domestikation der Religion, gerade als das
Alternativkonzept zum in Frankreich präferierten Atheismus und zum
englischen Deismus ,der faktisch die Religion zur bloßen Morallehre
verkümmern läßt, konzipiert, erwies sich als erfolgreich- so sehr,
daß uns Heutigen die Vorstellung, daß eine Religion, und gar die
christliche der Grund für einen Krieg sein könnte, unvorstellbar
geworden ist. So forschen dann sich kritisch wähnende Historiker
nach den wahren Hintergrundmotive des 30 jährigen Religionskrieges,
um so noch einmal das Vorurteil zu bestätigen, daß im Raume der
Politik die Religion immer nur zur Verschleierung der wahren
Interessen diene. Hatte nicht so schon Burkhardt Kaiser Konstantins
Religionspolitik so erfolgreich entidealisiert, indem er sie
machtpolitisch rekonstruierte? Die christliche Religion privatisierte
sich und schuf so erst den Freiraum für den sich herausbildenden
Nationalstaat, dem der Patriotismus und nicht mehr die Einheit der
Religion das Verbindende war.
Wer
das große Reformkonzil der Katholischen Kirche , das 2. Vaticanum
begreifen will, muß es lesen vom Hintergrund des nach dem Sturz der
deutschen, österreichischen und russischen Monarchie
eingeleitetenden Ende der konstantinischen Epoche. Der Ursprung des
Zerfalles war der innerchristliche europäische Religionskrieg des
17. Jahrhundertes. Die Katholische Kirche gab es auf, die politische
Religion Europas sein zu wollen, sie situierte sich neu in der
postmodernistisch sich figuierenden pluralistischen Gesellschaft als
eine Institution in der Gesellschaft neben anderen. Die
säkularisierte Gesellschaft entstand so, der die Religion eben nur
eine Privatangelegenheit vereinsmäßig Organisierter ist und sein
soll.
Aber
unser europäisch zentristisches Weltbild, dem die sich säkularisiert
habende Gesellschaft der Hochpunkt humaner Entwicklung ist, anhebend
im Animismus, über einen Polytheismus und Monotheismus zu einem
Zeitalter postreligiöser Metaphysik, die ihr Ende im empiristisch-
technisch- naturwissenschaftlichen Zeitalter findet, stößt nun an
seinen Rändern auf Widerspruch. Heilige Gotteskrieger erklären dem
freien Westen den Krieg, nicht nur dem angloamerikanischen
Imperialismus, neuerdings als Globalisierung verzeichnet, sondern
auch den Fundamenten der westlichen Kultur, der der Trennung von
Staat und Kirche und dem des Primates der Ökonomie über alle
anderen Bereiche. Die Illusion des Liberalismus ist, daß wenn der
freie Markt zu dem einzigen Ordnungsmodell
der
Welt werden würde, es keinen Bedarf an politischer Religion mehr
gäbe, weil der totale Markt hinreichend die Weltgesellschaft
zusammenhalten könnte. Die Renaissance der politischen Religionen,
weltweit erweist dies als eine Überforderung der
Integrationsleistungsfähigkeit des totalen Marktes.
Auch
der enthusiasmierteste Befürworter des Ideales der säkukarisierten
Gesellschaft kann nicht umhin, zu sehen, daß sich hier der Islam als
politische Religion revitalisiert, eine Vitalität ausstrahlt, dem
der Europäer nur noch die Pseudoideale einer Spaßgesellschaft
entgegen zu stellen weiß. War es nicht der französische Starliterat
Houellebecq, der vorschlug, den Islamismus durch das Verteilen
kostenloser Kondome zu bekämpfen- Sex statt Religion?
Die
Wiederkehr politischer Religion in Gestalt eines sich
revitalisierenden Islam, das ist schon längst kein Alptraum mehr
sondern politische Realität. Und wenn der lybische Staatschef in
einer Ansprache kürzlich in Italien verkündete, daß Europas
Zukunft islamisch sein wird, so ist das angesichts der
demographischen Fehlentwicklung und der Zuwanderung aus islamischen
Ländern keineswegs weltfremder islamischer Utopismus.
Verteidigt
so das postchristliche Europa, einst das christliche Abendland
genannt, so die Errungenschaften einer säkularisierten pluralistisch
verfaßten Gesellschaft gegen die zukünftige Tyrannei von
Gottesgelehrten? Ist die Wiederkehr der politischen Religion nur ein
außereuropäisches Phänomen? Was verstehen wir überhaupt unter
einer politischen Religion? Unter der politischen Religion soll hier
verstanden werden die Religion oder ein Surrogat der Religion, die
als öffentliche für das Gesamtgesellschaftssytem wie für seine
Subsysteme die Funktion der Letztbegründung erfüllt, die von allen
Staatsbürgern Anerkennung verlangt, die die Norm dafür ist, welche
anderen Religionen und Weltanschauungen als private zulaßbar sind im
Raum der Zivilgesellschaft. Im Hintergrund soll die These gelten, daß
sich selbst säkularisiert verstehende Gesellschaften nicht ohne eine
öffentliche Religion auskommen, sodaß wo immer die einst
traditionell vorherrschende Religion privatisiert wurde, eine
Ersatzreligion die Funktion der einstigen traditionellen Religion
übernimmt.
Zur
Anschauung sei an Robespieres Kult der Vernunft, an den
pseudoreligiösen Charakter der Stalinverehrung erinnert. So schreibt
I. Deutscher in seiner Stalinbiographie über Stalin:“ Wie sehr
lebte in dem harten Parteifunktionär doch noch der Ex-Kleriker fort!
Er sah ein Volk, das durch die Wüste in das Gelobte Land des
Sozialismus wandertre, und die Partei zog voran wie die biblische
Feuersäule, die den Weg erleuchtet. Wer sollte sonst das Volk
leiten können in frohen und iun traurigen Zeiten, wenn nicht die
Priester und Leviten der Parteiorganisation?“1
Beachtenswert
sind die Erwägungen von Friedrich Ronig, Holocaust- die neue
Weltreligion?, nachzulesen bei: couleurstudent at. Daß die
politische Korrektheit samt der Holocaustindustrie den Status der
politischen Religion in den westlichen Ländern erstrebt, zeigt eben
auch an, daß die Vorstellung einer völlig säkularisierenden
Gesellschaft, die ohne Religion auskommt, eine wirklichkeitsferne
llusion war. Eine neue politische Religion wird etabliert und die
christlichen Kirchen haben den Primat dieser Religion anzuerkennen.
Zwei
Momente sind dabei zu unterscheiden: einerseits relativieren und
depotenzieren sich die christlichen Kirchen und alle anderen
Reliogionsgemeinschaften unter der Maxime der Anerkennung der
Relihgionsfreiheit als gleich-gültige Religionen. Andererseits
bedarf die postchristliche Gesellschaft einen homogen Einheitsgrund,
ein Fundament, auf dem dann jeder seine Privatreligion erbauen kann.
Dieser homogene Einheitsgrund, der die Auflösung der Gesellschaft in
autonome Einzelgebilde verhindern soll, ist die politische Religion.
Sie bestimmt, welche Bedingungen eine Privatreligion erfüllen muß,
damit sie ein legitimer Teilnehmer der pluralistischen Gesellschaft
sein kann. Um diese Funktion zu erfüllen, muß die öffentliche
Religion selbstredend auch ein Mindestmaß an gesellschaftlich
relevanten Funktionen erfüllen.Zu beachten ist, daß das Subjekt und
der Adressat dieser öffentlichen Religion nicht das Einzelindividuum
ist, sondern die postmoderne Gesellschaft, insofern sie trotz ihrer
Tendenz zur Fragmentiesierung und Herausbildung von relativ
selbstständigen Subsystemen einen Einheitsgrund braucht,um ein
Auseinanderfallen der Gesellschaft zu verhindern. Für das
organisierte Christentum heißt dies: das Christentum war bis zur
Auflösung des Thron-und Altarbündnisses die politische Religion
Europas. Das ist sie nach dem 1.Weltkrieg nicht mehr. Auch wenn sie
es gerne weiterhin wäre.
Eine
neue politische Religion versuchte sich so zu etablieren, um das
Machtvakuum zu füllen, das einst das Christentum einnahm. Das
Besondere der Weimaraner Republik kann darin gesehen werden, daß es
eine Gesellschaftsformation ohne eine politische Religion war.
Stattdessen kämpften organisierte Vertreter einer möglichen
politischen Religion um die Luftherrschaft über Deutschland.
Deutschland war das Schlachtfeld von Weltanschauungsparteien, aus dem
der Nationalsozialismus als Sieger hervorging und so die politische
Religion Deutschlands bestimmte. Nach 1945 entstand so ein
Machtvakuum und die pluralistische Gesellschaft suchte nach einer
neuen sie zusammenhaltenden politischen Religion. Dieser Kampf um die
Vorherrschaft, wer wird die neue politische Religion, ist noch nicht
endgültig entschieden, aber es schält sich deutlich der Favorit,
eine Melange aus Politically Correctnes und der Holocaustreligion ab.
Zwischenzeitlich könnte man die Melange aus Antikommunismus und der
Apotheose des american way of live in Westdeutschland als die
öffentliche Religion bis 1968 verstehen. In dieser Phase wurde die
Kollektivschuldlehre zurückgefahren,wurden die Deutschen doch als
Frondstaat gegen die SU gebraucht! Der Antikommunismus rehabilitierte
in Westdeutschland den Deutschen! Durch die 68er Kulturrevolution
zerbrach dann diese öffentliche Religion: statt Antikommunismus
Antifaschismus und Hinwendung zum Marxismus in den Eliten, und ein
Antiamerikanismus-man denke an das berühmte Asterixplakat,
millionenfach gedruck (?):
„Die
Amis, die spinnen!“
Die
christlichen Religionen sollen nun den Primat dieser neu sich
etablierenden öffentlichen Religion anerkennen. Das war
der Kern der Affaire von Bischof Willamson: ob die Katholische Kirche
uneingeschränkt die Holocaustreligion als die öffentliche Religion
der westlichen Welt anerkennt und sie sich ihr subordiniert. Der FAZ-
Cheffeuilletonist Bahners sprach am 15. Oktober des Jahres von der
„Zivilreligion des Menschenrechtsuniversalismus“, dem sich auch
und gerade die Katholische Kirche zu unterwerfen hätte. (Vgl: Kat
net, 23.Oktober 2010) und drückt damit das aus, was in diesem
Artikel unter der Wiedergeburt der politischen Theologie verstanden
sein soll. Nicht mehr die Ideologie des Säkularismus bestimmt den
öffentlichen Diskurs, sondern die Frage: wer wird die neue
politische Religion, der sich alle anderen unterzuordnen haben!
Stehen
wir so in Europa auf den Trümmern des christlichen Abendlandes, das
als christliches untergegangen ist mit dem Ende der konstantinischen
Epoche, erleben und erleiden die Etablierung einer neuen politischen
Religion, die der politischen Korrektheit verbunden mit der
Holocaustreligion ((Romig) und nicht mehr vor den Toren Wiens,
sondern schon mitten unter uns der sich revitalisierende Islam, der
schon von einem Europa unter der Fahne des Propheten träumt!
Das
Thema der politischen Religion gewinnt so neue Lebendigkeit- die
Gretchenfrage steht wieder auf der Tagesordnung: Wie hältst du es
mit der Religion? Und das Verblüffende: ein neuer Konsens! Ohne
politische Religion geht es nicht! Die Parole der Säkularisierung
Europas, geboren aus der bitteren Erfahrung eines Jahrhundertes
innerchristlicher Religionskriege erweist sich so nur als
Eintagsfliege. Nicht mehr heißt die Frage, ob es einer politischen
Religion bedürfe, sondern wer diese Stellung in Europa einnehmen
wird: das Christentum, die Holocaustreligion oder der Islam. Und
angesichts der Islamschwelgerei des deutschen Ex-Bundespräsidenten
Wulff- er war es, der als erster Ministerpräsident eine Türkin
islamischen Glaubens zur Ministerin kürte und die, noch nicht im
Amte, als erstes die Abschaffung aller Kreuze aus allen öffentlichen
Gebäuden forderte- muß man die Option des Islam wohl ernster nehmen
als es manchem Westeuropäer lieb ist, besonders wenn die
demographische Fehlentwicklung in Europa mitberücksichtigt wird. Die
christlichen Kirchen reagieren ja ob des Erstarkens des Islam und
angesichts der eigenen Schwäche mit einer klassischen
Appeasementpolitik.Nüchtern gesagt: da das organisierte Christentum
in Europa sich nicht mehr zutraut, die öffentliche Religion Europas
zu sein, will sie auch alle anderen von dem Vorzug, nur noch eine
Privatreligion zu sein, eine Stimme im Meinungsbrei des Pluralismus.
Aber um legitimer Teilnehmer am Markt der Möglichkeiten zu sein, muß
das organisierte Christentum die Vorgaben und den Primat der
öffentlichen Religion anerkennen.
Uwe
Christian Lay
1Deutscher,
I., Stalin, 1.Auflage 1990, S.102.
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