Ein
dunkles Biscofswort zur Ehe-
oder
können die geschieden Wiederverheirateten nun doc hoffen?
Der
hochwürdige Bischof Stefan Oster gewährte der PNP ein Interview:
„Kirche ist in dramatischem Umbruchsprozess“.1Hier
nun die eigentümliche Auslassung des Bischofes, der eigentlich als
eher conservativ gilt:
„Es
gibt ja viele wiederverheiratet Geschiedene, die Z.B aus der ersten
Ehe Kinder haben und zehn Jahre mit ihrem Partner gelebt haben.
Nichtigkeit heißt, ich erkläre diese Ehe für null und nichtig. Da
sagen dann sensible Leute auch wieder: „ Das war doch nicht
nichts.“ Wenn die Ehe zustande gekommen ist im sakramentalen Sinn,
dann ist sie unauflöslbar. Doch wie viele Ehen sind überhaupt
Sakrament? Hier hat Benedikt zurecht gefragt, ob wir nicht stärker
die Qualität des Glaubens von Eheleuten mit einbeziehen müssen als
wir es derzeit tun.“
Als
erstes wird der Fall konstruiert einer 10 Jahre währenden Ehe mit
Kindern, die dann „geschieden“ wurde und daß dann einer der
Geschiedenen wieder heiraten will. Dann wird auf die Möglichkeit
angespielt, daß eine oder beide Geschiedene diese gescheiterte Ehe
durch ein Kirchengericht als „nichtig“ erklären lassen können,
und wenn die Ehe dann kirchengerichtlich als „nichtig“ erklärt
worden ist, „wieder“ heiraten dürften. Denn sie hatten dann gar
nicht geheiratet, wenn die Ehe als „nichtig“ erklärt worden ist.
Von
Conservativeren wird diese Option zur Lösung des Problemes der
geschieden Wiederverheirateten gern ins Gespräch gebracht. So
enthält das „Informationsblatt der Priesterbruderschaft St.
Petrus“ in dem Artikel „Gescheiterte Ehe...und dann“ dazu eine
gediegene Darstellung zur Möglichkeit einer
Ehenichtigkeitserklärung.2
Eine Nichtigkeitserklärung stellt fest, daß keine Ehe geschlossen
worden ist und deshalb beide als Unverheiratete so kirchlich heiraten
dürfen. Ein Grund für eine Nichtigkeitserklärung der Ehe ist es,
wenn einer der beiden Eheleute vor der Eheschließung erklärt
,hätte daß er, wenn seine Ehe „scheitern“ sollte, sich scheiden
lassen würde. Das macht es wahrscheinlich, daß viele Ehen nicht
gültig zustande gekommen sind; in der Regel liegt das Problem dann
aber in der Beweisbarmachung diese vor der Ehe gemachten Option für
eine Scheidung im Falle des Scheiterns der Ehe. Aber es spricht wohl
manche seelsorgerliche Erfahrung dafür, daß die Unauflöslichkeit
der Ehe gemäß der Katholischen Lehre .nicht von allen
Heiratswilligen bejaht wird, daß sozusagen der Notausstieg der
Scheidung schon beim Jasagen in der Kirche fest eingeplant ist. Dabei
müßte ja zudem noch berücksichtigt werden, daß für evangelische
Partner die Auflösbarkeit der Ehe eine Selbstverständlichkeit ist,
so wie für jeden Arbeitnehmer es sein selbstverständliches Recht
ist,, seinen Arbeitsvertrag zu kündigen, auch und gerade auch wenn
kaum jemand vor dem Unterschreiben eines Arbeitsvertrages explizite
den Arbeitgeber daraufhin weist, daß er sich das Recht vorbehält,
den Vertrag zu kündigen. Also, es handelt sich hier keineswegs um
esoterische Sonderfälle!
Aber
Bischof Stefan wischt diese Option mit einem Federstrich vom Tisch.
„Da sagen dann sensible Leute auch: „Das war doch nicht nichts“.
Ein sehr ungewöhnliches Argument! Wenn eine Ehe durch ein durch das
Kirchenrecht vorgeschriebenes Procedere als nichtig erklärt worden
ist, daß heißt, daß es als bewiesen gilt, daß keine gültige Ehe
geschlossen worden ist, dann reicht das Gerede von Leuten, um das als
nicht angemessenen Weg abzutuen! Selbstverständlich war die gelebte
Beziehung, die 10 Jahre lang währte nicht nichts, aber sie war keine
Ehe! Also, Bischof Stefan meint wohl damit, daß man „Sensiblen“
nicht zumuten kann, daß sie ihre Ehe als nicht gültige Ehe
feststellen lassen , um neu heiraten zu können. Die Intention einer
Ehenichtigkeitserklärung ist ja die, so kirchlich erlaubt (wieder)
heiraten zu können, indem die erste Ehe zu einer Nichtehe erklärt
wird und so der Weg frei ist zur Schließung der Ehe.
Bischof
Stefan bschreitet nun einen anderen Weg. Er ruft aus: „Doch wie
viele Ehen sind den überhaupt Sakrament?“ Was soll das, frägt
vielleicht jetzt manch Leser sich.
Ganz
einfach! Das Kirchenrecht unterscheidet zwischen sakramentaler und
nichtsakramentaler Ehe und: nur die sakramental geschlossene Ehe ist
unauflösbar! Nur, diese Frage aus einem Bidschofsmunde zu hören,
irritiert doch etwas! Das Kirchenrecht definiert doch genau, wann
eine Ehe sakramental und wann sie es nicht ist. Und im Zweifelsfall
klärt das ein Kirchenrechtsexperte. Aber mit dem eingeschobenen
„überhaupt“ wird der Leser schon auf eine ganz andere Spur
gelenkt, weg vom Kirchenrecht hin zu? Das „überhaupt“ suggeriert
hier nämlich, daß Ehen, die als sakramental gelten (weil sie dem
Kirchernrecht gemäß als sakramental gelten,) es vielleicht realiter
überhaupt nicht sind! Wahrscheinlich rekurriert der Bischof dann
auf einen Aufsatz von Ratzinger, der in seiner ursprünglichen
Version gern von Befürwortern einer Liberalisierung herangezogen
wird: auch der spätere „conservative“ Papst war einst für eine
liberale Praxis der Zulassung zur Kommunion im Sinne von: wenn die
Ehe nicht sakramental ist, kann diese Ehe aufgelöst werden und neu
geheiratet werden. Der Vorteil: daß nun die „gescheiterte“ Ehe
nicht mehr als nichtig erklärt wird, auch das war eine Ehe, nur eben
eine, die scheidbar ist, da sie nicht sakramental ist. Der
emeritierte Papst hat wohl angesichts dieses Mißbrauches den Text
für eine Neuausgae revidiert und diese so dieser
Auslegungsmöglichkeit den Boden entzogen. Aber der alte Text ist
publiziert worden und führt so nun ein „Eigenleben“ wider den
Autoren.
Was
macht Bischof Stefan nun daraus? Er frägt, ob wir nicht stärker die
„Qualität des Glaubens“ berücksichtigen müssen bei der Frage:
ist diese Ehe eine sakramentale.
Sagt
das Kirchenrecht: wenn ein Mann und eine Frau gültig heiraten, dann
ist diese Ehe sakramental, wenn beide gültig getauft sind, so soll
nun der Glaube ein weiteres Kriterium sein, ob eine Ehe sakramental
ist. Die Intention ist dann wohl die, daß nicht mehr alle bisher als
sakramental angesehenen Ehen als sakramental, das heißt unauflösbar
gelten sollen, sondern nur die, die zudem noch durch den Glauben- wie
auch immer näher zu bestimmen- qualifiziert sind. Bischof Stefan
versteht unter Glaube „eine persönliche Beziehung zu Christus“.3
Sollte das etwa heißen, daß wenn eine oder gar beide Ehepartner
keine „persönliche Beziehung zu Christus“ hatten, sie keine
sakramentale Ehe geschlossen hätten, sondern eine, die der unter
Heiden geschlossenen gleichkommt und so-allerdings nur unter
besonderen Bedingungen scheidbar ist? Und hier könnte dann
tatsächlich ein „Königsweg“ gebahnt werden. Das ginge ungefähr
so: „Als ich kirchlich geheiratet habe, habe ich nur so aus
Familientradition es getan, aber der katholische Glaube war mir nicht
wichtig. Jetzt bin ich gläubig geworden, habe einen „persönlichen
Glauben“ und liebe eine gläubige Katholikin: wir möchten jetzt
eine richtige katholische Ehe führen und darum möchte ich die Ehe,
in der ich jetzt noch lebe, die zwar formaliter sakramental ist,
aber es nicht realiter ist, weil ich sie und auch meine Frau ohne
persönlichen Glauben einging, auflösen lassen „Das Eherecht der
Kirche spricht hier vom „Privilegium fidei“ als einer möglichen
Erlaubnis der Auflösung einer Ehe um des Glaubens willen. Ob der von
mit konstruierte Fall den Bedingungen des Privilegiums genügt, ist
eine Frage an Experten des Kirchenrechtes, wenn die Prämisse geteilt
wird, daß eine nach dem Kirchenrecht gültig geschlossene
sakramentale Ehe doch eine nichtsakramentale sein könnte und dann
wie eine solche zu behandeln sein, wenn die „Qualität des
Glaubens“ fehlt, die persönliche Beziehung zu Jesus.
Das
gehört in das Reich der Sakramentenlehre: ist der persönliche
Glaube notwendig, um ein Sakrament gültig zu empfangen? Spezieller
gefragt: wird das Sakrament der Ehe nur gültig empfangen, wenn ein
persönlicher Glaube vorliegt bei den Empfängern dieses Sakramentes?
Das wäre ein Novum in der Sakramentenlehre! Das würde ja heißen,
daß jeder Priester, der, als er geweiht wurde keinen persönlichen
Glauben hatte, ungültig geweiht wäre und daß so seine
Amtshandlungen alle ungültig wären!
Bischof
Oster bekennt: „Ich glaube nicht, dass wir den
Säkularisierungsprozess aufhalten können, aber ich glaube, dass
sich Inseln bilden können, Gemeinschaften, Orte, wo plötzlich
Dynamik des Evangeliums entsteht und Leute sagen: Wir glauben , wir
haben Jesus persönlich kennen gelernt“. Ein klassisch
pietistisches Modell aus dem Munde eines katholischen Bischofes!
Erstaunlich!
Nur,könnte
das eine, die neue Lehre von der Bedeutung des persönlichen Glaubens
für das Zustandekommen der sakramentalen Ehe und dies pietistische
Kleingruppengemeinschaftsmodell etwas Gemeinsames haben? Ja, im
Pietismus gehört die Geringschätzung der Sakramente und die
Überbetonung des persönlichen Glaubens als meine Privatbeziehung zu
Jesus zum Ein mal Eins des Glaubens! Dann entstünde vor unserem
inneren Auge das Bild von den „Taufscheinschristen“, die es nur
scheinbar sind, weil sie zwar getauft aber ohne den persönlichen
Glauben sind und den wahren Christen, denen mit der persönlichen
Beziehung zu Jesus. Nur diese wahren Christen würden dann auch
wirklich sakramentale Ehen schließen, die anderen
„Taufscheinchristen“ eben nur heidnische Ehen, die dann auch
auflösbar wären, besonders dann, wenn der Neuheitratswillige um des
Glaubens willen die alte Ehe auflösen will um eine neue im Glauben
mit einer Gläubigen zu führen.
Das
mag und könnte jetzt zuviel der Spekulation sein, aber wie soll man
denn dann diese dunkle Aussage des Bischofes zur sakramentalen Ehe
deuten? Zudem, für diese Deutung spricht auch die Kompatibilität
dieser Ehevorstellung zu der pietistisch anmutenden Vorliebe für die
Kleingruppengemeinden der wahren Christen in der Institution der
Scheinchristen.
Wer
eine bessere Deutung vorrätig hat, bitte unter Kommentar eingeben!
1Bischof
Stefan Oster, Passauer Neue Presse, 13.Dezember 2014, S.8.
2Vgl:
P. Christian Jäger FSSP, Gescheiterte Ehe...und dann?, in:
Informationsblatt der Priesterbruderschaft, Dezember2014,S. 8-11.
3Bischof
Stefan Oster, a.a.O., S. 8.
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