Dienstag, 16. Dezember 2014

Bischof Stefan: auflösbare Ehen?

Ein dunkles Biscofswort zur Ehe-
oder können die geschieden Wiederverheirateten nun doc hoffen?

Der hochwürdige Bischof Stefan Oster gewährte der PNP ein Interview: „Kirche ist in dramatischem Umbruchsprozess“.1Hier nun die eigentümliche Auslassung des Bischofes, der eigentlich als eher conservativ gilt:
Es gibt ja viele wiederverheiratet Geschiedene, die Z.B aus der ersten Ehe Kinder haben und zehn Jahre mit ihrem Partner gelebt haben. Nichtigkeit heißt, ich erkläre diese Ehe für null und nichtig. Da sagen dann sensible Leute auch wieder: „ Das war doch nicht nichts.“ Wenn die Ehe zustande gekommen ist im sakramentalen Sinn, dann ist sie unauflöslbar. Doch wie viele Ehen sind überhaupt Sakrament? Hier hat Benedikt zurecht gefragt, ob wir nicht stärker die Qualität des Glaubens von Eheleuten mit einbeziehen müssen als wir es derzeit tun.“
Als erstes wird der Fall konstruiert einer 10 Jahre währenden Ehe mit Kindern, die dann „geschieden“ wurde und daß dann einer der Geschiedenen wieder heiraten will. Dann wird auf die Möglichkeit angespielt, daß eine oder beide Geschiedene diese gescheiterte Ehe durch ein Kirchengericht als „nichtig“ erklären lassen können, und wenn die Ehe dann kirchengerichtlich als „nichtig“ erklärt worden ist, „wieder“ heiraten dürften. Denn sie hatten dann gar nicht geheiratet, wenn die Ehe als „nichtig“ erklärt worden ist.
Von Conservativeren wird diese Option zur Lösung des Problemes der geschieden Wiederverheirateten gern ins Gespräch gebracht. So enthält das „Informationsblatt der Priesterbruderschaft St. Petrus“ in dem Artikel „Gescheiterte Ehe...und dann“ dazu eine gediegene Darstellung zur Möglichkeit einer Ehenichtigkeitserklärung.2 Eine Nichtigkeitserklärung stellt fest, daß keine Ehe geschlossen worden ist und deshalb beide als Unverheiratete so kirchlich heiraten dürfen. Ein Grund für eine Nichtigkeitserklärung der Ehe ist es, wenn einer der beiden Eheleute vor der Eheschließung erklärt ,hätte daß er, wenn seine Ehe „scheitern“ sollte, sich scheiden lassen würde. Das macht es wahrscheinlich, daß viele Ehen nicht gültig zustande gekommen sind; in der Regel liegt das Problem dann aber in der Beweisbarmachung diese vor der Ehe gemachten Option für eine Scheidung im Falle des Scheiterns der Ehe. Aber es spricht wohl manche seelsorgerliche Erfahrung dafür, daß die Unauflöslichkeit der Ehe gemäß der Katholischen Lehre .nicht von allen Heiratswilligen bejaht wird, daß sozusagen der Notausstieg der Scheidung schon beim Jasagen in der Kirche fest eingeplant ist. Dabei müßte ja zudem noch berücksichtigt werden, daß für evangelische Partner die Auflösbarkeit der Ehe eine Selbstverständlichkeit ist, so wie für jeden Arbeitnehmer es sein selbstverständliches Recht ist,, seinen Arbeitsvertrag zu kündigen, auch und gerade auch wenn kaum jemand vor dem Unterschreiben eines Arbeitsvertrages explizite den Arbeitgeber daraufhin weist, daß er sich das Recht vorbehält, den Vertrag zu kündigen. Also, es handelt sich hier keineswegs um esoterische Sonderfälle!
Aber Bischof Stefan wischt diese Option mit einem Federstrich vom Tisch. „Da sagen dann sensible Leute auch: „Das war doch nicht nichts“. Ein sehr ungewöhnliches Argument! Wenn eine Ehe durch ein durch das Kirchenrecht vorgeschriebenes Procedere als nichtig erklärt worden ist, daß heißt, daß es als bewiesen gilt, daß keine gültige Ehe geschlossen worden ist, dann reicht das Gerede von Leuten, um das als nicht angemessenen Weg abzutuen! Selbstverständlich war die gelebte Beziehung, die 10 Jahre lang währte nicht nichts, aber sie war keine Ehe! Also, Bischof Stefan meint wohl damit, daß man „Sensiblen“ nicht zumuten kann, daß sie ihre Ehe als nicht gültige Ehe feststellen lassen , um neu heiraten zu können. Die Intention einer Ehenichtigkeitserklärung ist ja die, so kirchlich erlaubt (wieder) heiraten zu können, indem die erste Ehe zu einer Nichtehe erklärt wird und so der Weg frei ist zur Schließung der Ehe.
Bischof Stefan bschreitet nun einen anderen Weg. Er ruft aus: „Doch wie viele Ehen sind den überhaupt Sakrament?“ Was soll das, frägt vielleicht jetzt manch Leser sich.
Ganz einfach! Das Kirchenrecht unterscheidet zwischen sakramentaler und nichtsakramentaler Ehe und: nur die sakramental geschlossene Ehe ist unauflösbar! Nur, diese Frage aus einem Bidschofsmunde zu hören, irritiert doch etwas! Das Kirchenrecht definiert doch genau, wann eine Ehe sakramental und wann sie es nicht ist. Und im Zweifelsfall klärt das ein Kirchenrechtsexperte. Aber mit dem eingeschobenen „überhaupt“ wird der Leser schon auf eine ganz andere Spur gelenkt, weg vom Kirchenrecht hin zu? Das „überhaupt“ suggeriert hier nämlich, daß Ehen, die als sakramental gelten (weil sie dem Kirchernrecht gemäß als sakramental gelten,) es vielleicht realiter überhaupt nicht sind! Wahrscheinlich rekurriert der Bischof dann auf einen Aufsatz von Ratzinger, der in seiner ursprünglichen Version gern von Befürwortern einer Liberalisierung herangezogen wird: auch der spätere „conservative“ Papst war einst für eine liberale Praxis der Zulassung zur Kommunion im Sinne von: wenn die Ehe nicht sakramental ist, kann diese Ehe aufgelöst werden und neu geheiratet werden. Der Vorteil: daß nun die „gescheiterte“ Ehe nicht mehr als nichtig erklärt wird, auch das war eine Ehe, nur eben eine, die scheidbar ist, da sie nicht sakramental ist. Der emeritierte Papst hat wohl angesichts dieses Mißbrauches den Text für eine Neuausgae revidiert und diese so dieser Auslegungsmöglichkeit den Boden entzogen. Aber der alte Text ist publiziert worden und führt so nun ein „Eigenleben“ wider den Autoren.
Was macht Bischof Stefan nun daraus? Er frägt, ob wir nicht stärker die „Qualität des Glaubens“ berücksichtigen müssen bei der Frage: ist diese Ehe eine sakramentale.
Sagt das Kirchenrecht: wenn ein Mann und eine Frau gültig heiraten, dann ist diese Ehe sakramental, wenn beide gültig getauft sind, so soll nun der Glaube ein weiteres Kriterium sein, ob eine Ehe sakramental ist. Die Intention ist dann wohl die, daß nicht mehr alle bisher als sakramental angesehenen Ehen als sakramental, das heißt unauflösbar gelten sollen, sondern nur die, die zudem noch durch den Glauben- wie auch immer näher zu bestimmen- qualifiziert sind. Bischof Stefan versteht unter Glaube „eine persönliche Beziehung zu Christus“.3 Sollte das etwa heißen, daß wenn eine oder gar beide Ehepartner keine „persönliche Beziehung zu Christus“ hatten, sie keine sakramentale Ehe geschlossen hätten, sondern eine, die der unter Heiden geschlossenen gleichkommt und so-allerdings nur unter besonderen Bedingungen scheidbar ist? Und hier könnte dann tatsächlich ein „Königsweg“ gebahnt werden. Das ginge ungefähr so: „Als ich kirchlich geheiratet habe, habe ich nur so aus Familientradition es getan, aber der katholische Glaube war mir nicht wichtig. Jetzt bin ich gläubig geworden, habe einen „persönlichen Glauben“ und liebe eine gläubige Katholikin: wir möchten jetzt eine richtige katholische Ehe führen und darum möchte ich die Ehe, in der ich jetzt noch lebe, die zwar formaliter sakramental ist, aber es nicht realiter ist, weil ich sie und auch meine Frau ohne persönlichen Glauben einging, auflösen lassen „Das Eherecht der Kirche spricht hier vom „Privilegium fidei“ als einer möglichen Erlaubnis der Auflösung einer Ehe um des Glaubens willen. Ob der von mit konstruierte Fall den Bedingungen des Privilegiums genügt, ist eine Frage an Experten des Kirchenrechtes, wenn die Prämisse geteilt wird, daß eine nach dem Kirchenrecht gültig geschlossene sakramentale Ehe doch eine nichtsakramentale sein könnte und dann wie eine solche zu behandeln sein, wenn die „Qualität des Glaubens“ fehlt, die persönliche Beziehung zu Jesus.
Das gehört in das Reich der Sakramentenlehre: ist der persönliche Glaube notwendig, um ein Sakrament gültig zu empfangen? Spezieller gefragt: wird das Sakrament der Ehe nur gültig empfangen, wenn ein persönlicher Glaube vorliegt bei den Empfängern dieses Sakramentes? Das wäre ein Novum in der Sakramentenlehre! Das würde ja heißen, daß jeder Priester, der, als er geweiht wurde keinen persönlichen Glauben hatte, ungültig geweiht wäre und daß so seine Amtshandlungen alle ungültig wären!

Bischof Oster bekennt: „Ich glaube nicht, dass wir den Säkularisierungsprozess aufhalten können, aber ich glaube, dass sich Inseln bilden können, Gemeinschaften, Orte, wo plötzlich Dynamik des Evangeliums entsteht und Leute sagen: Wir glauben , wir haben Jesus persönlich kennen gelernt“. Ein klassisch pietistisches Modell aus dem Munde eines katholischen Bischofes! Erstaunlich!
Nur,könnte das eine, die neue Lehre von der Bedeutung des persönlichen Glaubens für das Zustandekommen der sakramentalen Ehe und dies pietistische Kleingruppengemeinschaftsmodell etwas Gemeinsames haben? Ja, im Pietismus gehört die Geringschätzung der Sakramente und die Überbetonung des persönlichen Glaubens als meine Privatbeziehung zu Jesus zum Ein mal Eins des Glaubens! Dann entstünde vor unserem inneren Auge das Bild von den „Taufscheinschristen“, die es nur scheinbar sind, weil sie zwar getauft aber ohne den persönlichen Glauben sind und den wahren Christen, denen mit der persönlichen Beziehung zu Jesus. Nur diese wahren Christen würden dann auch wirklich sakramentale Ehen schließen, die anderen „Taufscheinchristen“ eben nur heidnische Ehen, die dann auch auflösbar wären, besonders dann, wenn der Neuheitratswillige um des Glaubens willen die alte Ehe auflösen will um eine neue im Glauben mit einer Gläubigen zu führen.
Das mag und könnte jetzt zuviel der Spekulation sein, aber wie soll man denn dann diese dunkle Aussage des Bischofes zur sakramentalen Ehe deuten? Zudem, für diese Deutung spricht auch die Kompatibilität dieser Ehevorstellung zu der pietistisch anmutenden Vorliebe für die Kleingruppengemeinden der wahren Christen in der Institution der Scheinchristen.
Wer eine bessere Deutung vorrätig hat, bitte unter Kommentar eingeben!
1Bischof Stefan Oster, Passauer Neue Presse, 13.Dezember 2014, S.8.
2Vgl: P. Christian Jäger FSSP, Gescheiterte Ehe...und dann?, in: Informationsblatt der Priesterbruderschaft, Dezember2014,S. 8-11.

3Bischof Stefan Oster, a.a.O., S. 8.

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