Das Zölibat-ein Zeichen?
Gut
gemeint ist leider nicht auch gut gedacht!
Ein
Kurzkommentar
Bevor
es tiefsinnig wird, beginnen wir ganz einfach. Ein Mensch hat ein
dringendes Bedürfnis, er findet eine Tür mit der Aufschrift:00, er
identifiziert dies als ein Zeichen für eine Toilette und öffnet die
Türe, um sich zu entleeren. Selbstverständlich unterschied dieser
Mensh zwischen Zeichen und Bezeichnetem. 00 ist nicht die Toilette,
sondern zeigt nur an, wo das mit diesem Zeichen Bezeichnete ist. Nähme
man das Zeicen weg, die Toilette bliebe eine Toilette, nur der
Verweis auf sie fehlte.
„Diese
freiwillig gelebte Ehelosigkeit zeichnet auc unsere Priester aus. Und
gerade auch der Zölibat ist ein starkes Zeichen der Ganzhingabe an
Christus“, schreibt R. Fobes.1
Also, wenn der Zölibat ein Zeichen der Ganzhingabe ist, dann ist er
niht die Ganzhingabe selbst! Auc wenn dies Zeicen wegfiele, es bliebe
das Bezeichnete, die Ganzhingabe des Priesters. Also ist der Zölibat
für die Sache, die der Hingabe überflüssig-er zeigt nur auf die
Hingabe und ist sie selber nicht! Das ist sicher ein unbeabsichtigtes Eigentor, in den Zeiten des Angriffes auf den Zölibat diesen zum
bloßen Zeichen der Ganzhingabe herabzuwürdigen. Wäre dem so, könnte
gut auf dies umstrittene Zeichen verzichtet werden, weil ja die
bezeichnete Sache davon unberührt bliebe.
Nur,
warum ist der Zölibat überhaupt ein Zeicen der Ganzhingabe an
Christus? Zur Ganzhingabe an Gott gehört zumindest das Halten der
Gebote Gottes und vielleicht noch mehr-aber auf jeden Fall gehört die
Observanz der göttlichen Gebote zur Ganzhingabe. Die Gottes-und die
Nächstenliebe, das ist die Erfüllung des ganzen Gesetzes. Und die
Nächstenliebe: wo kann sie besser und angemessener gelebt werden als zuallererst in der Familie? Es heißt doch: Nächsten-und nicht
Fernstenliebe! Die Familie, das sind zuallererst meine Nächsten. Wie
kann dann der Verzicht auf Ehe und Familie ein Ausdruck der
Nächstenliebe sein? Gerade umgekehrt: gerade die gelebte Liebe in der
Familie wäre doch die Praxis der Nächstenliebe. Oder soll etwa
gemeint sein, daß der Priester durch das Verzichten auf die eigene
Familie zur Gottesliebe befähigter wird? Aber ein Christ kann doch nicht vom Gebot der Nächstenliebe dispensiert werden,um sic ganz der
Gottesliebe zu widmen. Nein, als Zeichen eines Lebens gemäß den
Geboten Gottes taugt dies Zeichen nicht-weil dieser Lebenspraxis gerade
der primäre Ort gelebter Nächstenliebe, die Familie fehlt! Denken
wir dann noch an das erste Gebot, das Gott dem Menschen gab: seid
fruchtbar und mehret euch!, dann wird dies Zeichen für die Ganzhingabe
noch fragwürdiger. Implizite wird dabei ein Konkurenzmodell aufgebaut
zwiscen der Gottes- und der Nächstenliebe, als wenn der Christ
entweder die Gottes- oder die Nächstenliebe ganz erfüllen
könnte-aber nicht beide+ zugleich.
Nein,
so geht es nict! Wahrscheinlich hat Fobes an den Katechismus gedacht, in
dem es über den Zölibat heißt, er sei ein „Zeichen des neuen
Lebens“.2
Mit dem „neuen Leben“ ist das ewige Leben gemeint, von dem der
Heiland aussagt,daß dort die Menschen nicht mehr heiraten werden. Ob
das eine gute Idee des Katechismus ist, wage ich zu bezweifeln. Denn
der Zölibat bedeutet einen Verzicht. Soll etwa ein Verzict das Zeichen
des ewigen Lebens im Paradies sein? Ist denn das Wesentliche des ewigen Lebens ein Verzichten? Versteht man normalerweise unter einem
paradiesiscen Leben eines in Fülle, so würde der Zölibat als Zeichen des neuen Lebens uns nun anzeigen, daß das ewige Leben primär
durch einen Verzicht und einen Mangel bestimmt ist! Das ist ja geradezu
eine Freudenbotscaft für alle Verächter des ewigen Lebens, die schon
immer wußten, daß das Paradies, wenn es denn eines je geben wird,
ein irdisches sein muß, um wahrhaft ein menschlices zu sein!
Zudem
hat hier der Katechismus wohl die von ihm dort zitierte Stelle:“und
wieder andere haben sich selbst zur Ehe unfähig gemacht um de+
Himmelreiches willen. (Mat, 19, 12b). fehlgedeutet. Origenis hatte
diese Stelle wörtlich verstanden und sich kastriert um des Himmelreiches willen. Diese Ausdeutung lehnt die Kirche entschieden ab.
Man könnte dann diese Aussage so deuten: unfähig meint hier nicht
eine physische Unmöglichkeit, sondern eine psychische. Durch das Gelübde
zum zölibatären Leben macht sic der Mensch unfähig zur Ehe, weil er
nun gebunden an das Gelübde nicht mehr heiraten kann im Sinne einer
moralischen Unmöglichkeit! Aber warum wird das Gelübde des Zölibates um des Himmels wegen geleistet? Ich finde darauf keine andere Antwort
als die, daß „um des Himmelreiches willen“ nur bedeuten kann: um
des Einlasses in das ewige Leben willen. Der Zölibat eröffnet den
Weg in das ewige Leben, wenn er denn auch wirklich gelebt wird. Es ist
also eine Bußleistung, die der zölibatär Lebende auf sich nimmt,
sodaß er so seine Sünden und wohl auch die anderer abbüßt-man
denke an den Gnadenschatz der Kirche- und so Eingang in das ewige
Leben findet! Gerade weil der Zölibat einen bitteren Verzicht
bedeutet, ist er eine Bußpraxis, die Gott gnädig annimmt. Es ist
gerade nicht eine Vorwegnahme des ewigen Lebens, sondern es ist eine
Praxis des sich als sündig vor Gott wissenden und bekennenden
Menschen, der so Buße leistet, um ins Reich Gottes eingehen zu können!
1Fobes,
R., „Mein Herz will ich dir schenken“. Eine Besinnung auf
Weihnachten, in: Der Fels, Dezember 2014, S.340.
2Katechismus
der Katholischen Kirche, 1993, 1579.
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