Dienstag, 5. Januar 2016

Das christlich geprägte Friedensprojekt Europa

"Er [Kardinal Marx] appellierte an die Gläubigen, „mitzuhelfen, dass das große christlich geprägte Friedensprojekt Europa nicht zugrunde geht“, berichtet die Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz über die Sylvesterpredigt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz.  Was soll man zu diesem Votum eines hohen Katholischen Würdenträgers sagen? Daß einem regelmäßig bei Ansprachen dieses Kardinales  die Frage uns bedrängt: Spricht hier ein Regierungssprecher von der Bundeskanzlerin Merkel oder wirklich ein Geistlicher? Dürfen wir das nächste mal, lesen wir in unsren liberalen Journaillien wieder von der zu großen Regierungsnähe der Russisch-Orthdoxe Kirche zu dem Staatsvorsitzenden Putin, uns an diesen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz erinnern?
Lassen wir diese Anfragen auf sich beruhen und kaprizieren uns auf das da Gesagte. Nur an Trivialitäten soll hier nun abbreviaturhaft erinnert werden. Das "Friedensprojekt Europa" verdankt sich der Aufspaltung Europas in eine von den USA und in eine von der Sowjetunion dominierte Sphäre: West- und Osteuropa. West- und Osteuropa organisieren sich dabei sowohl als Militärbündnis und als Wirtschaftsgemeinschaft, über die eine politische Gemeinschaft gesetzt war mit dem jeweiligen Hegemon an der Spitze. "Europa" nannte sich das westeuropäische Projekt, das schon durch diese Namensgebung seinen Eigenanspruch auf die Ausdehnung auf ganz Europa bekundete. Zwei Systeme mit Verteidigungs- wie auch Angriffskapazitäten standen sich gegenüber im Kalten Krieg, später verträglicher in der Zeit der Entspannungspolitik. 
Was war nur an diesem Konzept des Westens "friedlich"? Daß die amerikanische Konzeption des Totrüstens aufging und die Sowjetunion implodierte, da die Planwirtschaft nicht die Hochrüstung und eine angemessene Versorgung der Staatsbürger mit Konsumwaren schaffte, kann aus westlicher Sicht als der Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus angesehen werden. Wer aber die Nähe des Kalten Krieges zum heißen noch in Erinnerung hat, wird dieses Spiel mit dem atomaren Feuer schwerlich als Friedensprojekt bejubeln können!
Die Rolle Deutschlands dabei? Hätte die dieser Kardinal nicht mitreflektieren müssen bei seiner Europalaudatio? 1945 war man sich in den USA einig: Es reicht nicht, Deutschland militärisch besiegt zu haben, es müsse ein für alle mal in einen Stand versetzt werden, sodaß von deutschen Boden nie wieder eine Kriegsgefahr ausgehen könne. Verschidene Konzepte wurden in den amerikanischen Denkfabriken erstellt: Nathan Kaufmanns Konzept : "Germany must perish", und der Morgenthauplan sind die bekanntesten unter ihnen. Berühmt ist ja die amerikanische Besatzungsdirektive ICS 1067: "Deutschland wird nicht besetzt werden zum Zweck der Befreiung, sondern als eine besiegte Feindnation." Daß für Deutschland 1945 nicht das Ende seiner Geschichte begann, sondern eine neue Epoche, verdanken wir dem Widerstreit zwischen West und Ost,zwischen den USA und der Sowjetunion. Sagen wir es einfach: Deutsche Soldaten als Frontkämpfer gegen das Reich des Bösen, die Sowjetunion war aus westlicher Sicht sinnvoller als die Auflösungskonzeptionen des Deutschen Volkes. Man mußte den Deutschen nur noch beibringen, daß das Sterben für "the american way of live" die höchste Bestimmung des Deutschen sei- also wurden wir so umerzogen: die Reeducation, um es polemisch überspitzt zu formulieren als Alternative zum pathetischen Gerede vom "Friedensprojekt Europa". 
Das "Friedenskonzept Europa" ist so gesehen eher ein Konzept zur Amerikanisierung Europas,daß die angloamerikanische Kultur die Europas wird. Daß diese Amerikanisierung nun etwas christlich Fundiertes sei, das kann man wohl auch bei wohlwollendster Ausdeutung nicht behaupten. 
Wie wenig friedlich dies Konzept ist, daran kann uns der einstige Krieg gegen Jugoslawien erinnern, der völkerrechtlich sicher nicht unproblematisch war! Aktuell zeigt der Konflikt des westlichen Europas mit Polen, aber auch die Polemik wider Ungarn, daß auch die Freiheit in Europa klein, sehr klein geschrieben wird, wollen einzelne nationale Regierungen nicht so, wie es die Eurokraten ihnen vorschreiben. Es wäre ein abendfüllendes Programm, stellte man dar, wie gerade die Entchristianiesierung Europas durch die Eurokraten vorangetrieben wird! 
Nein, das bischöfliche Votum von Kardinal Marx ist keine Katholische Stellungnahme zu dem Projekt Europa, sondern nur eine der vielen Unterwerfungsakte der Kirche den Mächtigen unseres Landes gegenüber.         
                
Corollarium 1
Daß das Konzept des friedlichen Europas uns Deutschen auch von den westlichen Siegermächten mit Nachdruck auferlegt worden ist, sollte ein Deutscher Kardinal auch nicht in Gänze vergessen.Geopolitisch geurteilt gehört Deutschland nämlich nicht zum Westen. Tiefsinnig gründlich erörtert diese Frage Thomas Mann in seinem Großessay:  Betrachtungen eines Unpolitischen.              

1 Kommentar:

  1. Es gibt zwei Friedenskonzepte: Marx verteidigt das christliche "treuga dei" nicht das heidnische "vae victis" der Römer. Der europäische Gedanke versucht immer noch das christliche Konzept, bei dem der Besiegte sogar mit an den Verhandlungstisch geholt wird ...

    ps. Thomas Mann hat sich später von seinem Text stark distanziert!
    MfG E. Salm

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