„Politik
und Religion strikt trennen“1
eine
nicht unproblematische Forderung!
Die
iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi forderte die
strikte Trennung von Staat und Religion! Es „sei eine Politik ohne
religiöse Einflüsse die erste Stufe zur Demokratie“ faßt KNA das
Anliegen dieser Iranerin zusammen.2Sie
fügte hinzu-politisch ganz korrekt-, daß der Islam nicht für
Gewalt stünde-aber trotzdem müsse die staatliche Politik befreit
werden von religiösen Einflüssen, denn nur so wäre eine
demokratische Politik möglich. Die KNA läßt dies unkommentiert
stehen und das bei einer Seite 2 Nachricht. Daß dagegen der Staat
sich das Recht herausnimmt, ihm mißfällige Sonntagspredigten zu
verurteilen, wenn diese der politischen Korrektheit widersprechen,
beweist Bremen. Das Parlament verurteilte auf Initiative der
SED-Nachfolgepartei: Die Linke einen evanglischen Prediger ob seiner
Islamkritik! Die Forderung nach einer Trennung von Staat und
Religion tendiert immer dazu, daß dann die Politik der Religion die
Vorgaben macht, was sie wie zu sagen habe.
Wer
über Kirche und Staat reden will, muß sich zuvörderst mit ein paar
allgemein sehr beliebten Vorurteilen auseinandersetzen. Eines der
beliebtesten ist: Macht korrumpiere und so solle sich die Kirche der
staatlichen Macht fernhalten, damit sie sich nicht durch die Macht
korrumpieren lasse! Ja, die große Romantriologie Tolkiens, „Der
Herr der Ringe“ bestätigt dies doch auch, indem der Ring der Macht
vernichtet wird, damit weder die „Bösen“ noch die „Guten“
ihn gebrauchen können, weil dieser Machtring eben jeden, der ihn nur
gebrauchen will, zum Machtmißbrauch verleitet. Macht an sich ist ein
Übel. könnte als apokryphe Botschaft dieses wunderbar erzählten
Werkes angesehen werden , verböte das Niveau dieses Romanes nicht
eine so simplifizierende Deutung. Als Beleg für die
Korrumpierbarkeit der Kirche wird dann gern die „Konstantinische
Epoche“ von Kaiser Konstantin bis Kaiser Wilhelm II, herbeizitiert.
Nur
stimmt das denn in dieser Pauschalität? Lebenskundlich gefragt,
stimmt genau das Gegenteil. In jedem hierachisch verfaßten
Gemeinwesen gilt, daß der Subalterne sich in seinem Verhalten an dem
Vorgesetzten orientiert. Er sagt und tut das, von dem er annimmt, daß
dies gut bei seinen Oberen ankommt. Der Subalterne lebt also nicht
„authentisch“ sondern, wie es ihm vorgeschrieben ist durch
expliziete oder ungeschriebene Gesetze. Wenn er aber an die Macht
kommt, wenn er der Chef geworden ist, dann bestimmt er. Der einfache
Merksatz lautet also: gebe wem Macht, und er zeigt sich, wie er
wirklich ist. Solange der Mensch noch Vorgesetzte, Obere hat, verhält
er sich nicht so, wie er sich verhalten möchte-das kann er erst,
wenn er die Macht inne hat. Was umgangssprachlich als ein
Korrumpiertwerden durch die Macht gedeutet wird, ist demzugolge
nichts anderes, als daß der Mensch, zur Macht aufgestiegen, nun erst
sein wahres Gesicht zeigen kann, das, was er vorher verbergen mußte
unter dem Machtdruck der Anderen.
Auch
das Urchristentum konnte, solange es die Sozialgestalt einer „Sekte“
im römischen Reich inne hatte, nicht ihr Leben so gestalten, wie es
dem Gehalt der christlichen Religion entspricht. Die von außen
aufgedrängte Form der „Sekte“ stand so im Widerspruch zum
Inhlalt der Religion! Denn vom Gehalt der christlichen Religion her
gilt: je mehr der Staat sich von der offenbarten Wahrheit der
Religion leiten läßt, desto besser regiert der Staat auch im
weltlichen Sinne. Es verbirgt sich eine tiefe Wahrheit in der in der
„kritischen“ Geschichtswisenschaft so gern verleumdeten
Bekehrungsgeschichte des Kaiser Konstantins, daß er den entscheiden
militärischen Sieg Gottes Beistand zuschrieb, „in diesem Zeichen
wirst Du siegen: daß gutes und erfolgreiches Regieren-auch nach
innerweltlichen Maßstäben beurteilt-in Abhöngigkeit sich befindet
von dem Gott, der diese Welt regiert und dem es nicht gleichgültig
ist, in welchem Verhältnis die Regierenden zu ihm stehen. Auch nur
ein flüchtiges Überlesen der Geschichte des Staates Israel und
seinem Volke zeigt: nur wenn Israels Könige gemäß Gott regierten
erging es dem Volke gut, waren die Könige aber unfromm, trug das
Volk den Schaden davon. Das biblische Ideal des Königs ist so der
fromme König! Sobald die Kirche eine Möglichkeit sah, in diesem
Sinne auf die staatliche Politik Einfluß zu nehmen, tat sie das,
ganz im Sinne des Königsideales des AT!
Das
Gute Wollen, ist eine moralische Tugend, aber es auch zu realisieren,
ist noch mehr wert. Was nützte einem Blinden ein frommer Jesus, der
zu ihm sagte, daß er Mitleid mit ihm habe und er ihm auch gerne
helfen möchte, es aber nicht kann-weil er dazu keine Macht habe! Ein
ohnmächtiger Jesus könnte wohl das Mitleiden leben- und man
verachte diese Tugend nicht-aber die Juden-und nicht nur sie,
erwarten und erhoffen rechtens von dem Messias mehr als nur ein
ohnmächtiges: Ich habe Mitleid mit Euch!“ Und Jesus Christus
heilte in Voll-Macht! Das ist etwas ganz anderes als einfach nur zu
bekunden, daß er als Sohn Gottes alle Menschen liebe und daß sie
sich in ihrem Leid an die Wahrheit halten solten, daß er und auch
Gott mit ihnen leide. Die Kirche will Macht, damit sie wie der
Messias in seinem Sinne auch eine wirklich helfende Kirche sein kann!
Denn eine von jeder Macht getrennte Kirche wäre eben auch eine
on-mächtige-Kirche, die nur das Leid der Menschen beklagen könnte.
Das Ideal einer“armen Kirche“ begeistert immer wieder, nicht erst
seit den Bettelorden-schon die Anfänge des Mänchstumes zeigen es-
aber eine arme Kirche, wenn sie denn wirklich arm ist, kann den Armen
kein Brot austeilen, wie es Jesus zu seinen Jüngern sagte: Gebet
ihnen zu essen!
Ein
weiteres sehr beliebtes Vorurteil ist das des Ideales der sachlichen
Politik, dem die „ideologische“ entgegengesetzt wird. Dann wird
der Bregriff der Ideologie sehr weit gefaßt und alle möglichen
Weltanschauugen , Ideologien und Religionen werden darunter großzügig
subsumiert. Alles Ideologische und Weltanschauliche und Religiöse
kontaminiere die Fähigkeit zum sachlich-technokratisch richtigem
Regieren! Dabei stellt man sich das Politische als eine rein
technisch-handwerkliche Aufgabe des Staates vor- wobei aber diese
Politik immer in der Gefahr stehe, von Fremdkräften influenziert zu
werden. Das dies selbst eine rein weltanschaulich bedingte
Vorstellung von staatlicher Politik ist, verdunkelt dies
Politikverständnis gern, um sich jede Art von Ideologiekritik fern
zu halten: Weltanschauungen und Ideologien haben immer nur die
Anderen!
Die
Forderung nach einer von jeder Religion freien Staatspolitik ist so
nur die ideologische Forderung des Liberalimus nach der
Privatisierung der Religion, damit der Staat rein liberal regieren
kann! Alexander Dugin stellt in seinem brillanten Essay: „Die
vierte politische Theorie“ fest, daß das 20. Jahrhundert
gekennzeichnet war durch den Kampf der drei großen modernen
Weltanschauungen, der des Liberalismus, des Sozialismus und des
Faschismus (den Nationalsozialismus subsimiert er sowjetischer
Tradition gemäß dem Faschismus zu) und daß der Liberalismus diesen
Krieg der Weltanschauungen für sich gewann; die Weltanschauung
wandelt sich dabei, weil sie nun nicht mehr nur ein Denksystem ist,
sondern zu der Realität des 21. Jahrhundertes wurde.3
Und jetzt können wir hinzufügen: der Herrschaft dieser
Weltanschauung entspricht die Forderung nach einer religionsfreien
Politik! Die Herrschaft der liberalen Weltanschauung kaschiert sich
dann unter dem Tarnmantel der rein sachlichen Politik.
Was
macht aber den ideologischen Charakter (jetzt im rein negativen Sinne
gebraucht) deieses Liberalismus aus? Es ist sein rein absurder
Charakter. Jedes herstellende Handeln, jemand will einen Tisch
herstellen) verlangt als ersten Schritt eine Idee von dem
herzustellenden Stuhl, dann Material, aus dem der Stuhl erstellt
werden soll und Werkzeug, mit dem das Material bearbeitet werden
soll, damit ein Stuhl entsteht. Der notwendige Primat der Idee, was
soll den erstellt werden, was soll den erreicht werden, kann die
Vorstellung einer rein sachlich-technokratischen Politik nicht
gerecht werden, untetliegt sie doch der Illusion, daß schon aus dem
Material und den Werkzeigen das Was des Zuerstellenden erkannt werden
kann! Der Diskurs über das Was, was erstebt werden soll, der ist
aber notwenbdigerweise immer ein weltanschaulicher! Der Liberalismus
erspart sich diesen Diskurs aber, indem er sich faktisch die Ziele
von dem Primat der Wirtschaft her vorgeben lößt: die Wirtschaft ist
unser Schicksal !
Und
der Wirtschaft ist alles Religiöse per se ein Fremdkörper und darum
aus der Volkswirtschaft und der Weltökonomie auszuschalten.
Versimplifiziert gesagt: wenn die Wirtschaft die letzten Ziele der
Politik definiert und die staatliche Politik das nur noch umsetzt,
dann können alle anderen Weltanschauungen und auch alle Religionen,
die andere als rein ökonomische Ziele kennen, nur Störfaktoren der
staatlichen Politik sein.
Und
ein drittes Vorurteil muß erwähnt werden, um den Sinn oder Unsinn
dieser Forderung zu begreifen! Was denkt man sich über Gott, wenn
man eine Staatspolitik ohne eine Beeinflussung durch die Religion
wünscht? Zuerst, daß die von Gott in und durch die Religion
offenbarte Wahrheit für das politische Leben nicht nur irrelevant
sondern gar dysfunktional ist. Einfach gesagt: die staatliche Politik
ist ein so dunkles Geschäft, daß es das Licht der Offernbarung
scheut! Zudem, daß der Raum der Politik auch einer ist, in den Gott
sich selbst nicht einmischt, um es mal ganz vulgär, aber zuteffend
auszudrücken! War jeder agrarisch strukturierten Gesellschaft es
noch eine Selbstverständlichkeit, daß ohne Gottes Segen alles Mühen
des Bauern fruchtlose Kunst ist, so gilt der postmodernen
Industriegesellschaft, daß Gott wohl noch für das seelische
Innenleben von Menschen zuständig sei, aber alles Leben außerhalb
des psychischen Innenlebens dem freien Spiel der Weltmächte
überlassen hat! Gott regiert, wenn überhaupt noch,nur in meiner
Seele-die Welt ist faktisch ohne Gott und so gelten seine
Verheißungen und Gebote auch nur noch für das Privatleben der
Zeitgenossen-außer Hauses hat jeder, auch und gerade jeder Christ
nur noch rein weltlich zu leben. Denn Gott selbst hat die Welt
verlassen, weil er nur noch in unseren Herzen wohnen will ! Karl
Rahners Votum, der zukünftige Christ wird Mystiker sein, trifft dies
aufs aller trefflichste: die Reduzierung der Religion zu einer reinen
Privatissimoangelegenheit und der Auszug der Kirche aus dem
öffentlichen Leben zurück ins private Vereinsleben. Und zur
Idealisierung der Kirche als reinen Privatverein gehört dann auch
die tatkräftige Zudtimmung zur Maxime einer religionsfreien Politik!
Damit anerkennt die Kirche die Vborherrschaft der liberalen
Weltanschauung für das gesamte öffentliche Leben und zieht sich
selbst daraus zurück!
Anbei:
es muß aber angemerkt werden, daß so nicht nur die Religion in eine
Form gedrängt wird, die ihrem Gehalt als offenbarte Wahrheit Gottes
nicht gerecht wird, sondern daß so auch der Staat sein eigenes Wesen
verfehlt, denn das liegt in seinem Gesetztsein durch Gott für die
Aufgabe der Gerechtigkeit.
1KNA:
Politik und Religion strikt trennen, in: Passauer Bistumsblatt,
1.Februar 2015, S.2.
2KNA,
a.a.O., S, 2.
3Dugin,
A., Die vierte politische Theorie, 2013.
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