Montag, 23. Februar 2015

Anmerkungen zum Ideal religionsfreier Politik

Politik und Religion strikt trennen“1
eine nicht unproblematische Forderung!

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi forderte die strikte Trennung von Staat und Religion! Es „sei eine Politik ohne religiöse Einflüsse die erste Stufe zur Demokratie“ faßt KNA das Anliegen dieser Iranerin zusammen.2Sie fügte hinzu-politisch ganz korrekt-, daß der Islam nicht für Gewalt stünde-aber trotzdem müsse die staatliche Politik befreit werden von religiösen Einflüssen, denn nur so wäre eine demokratische Politik möglich. Die KNA läßt dies unkommentiert stehen und das bei einer Seite 2 Nachricht. Daß dagegen der Staat sich das Recht herausnimmt, ihm mißfällige Sonntagspredigten zu verurteilen, wenn diese der politischen Korrektheit widersprechen, beweist Bremen. Das Parlament verurteilte auf Initiative der SED-Nachfolgepartei: Die Linke einen evanglischen Prediger ob seiner Islamkritik! Die Forderung nach einer Trennung von Staat und Religion tendiert immer dazu, daß dann die Politik der Religion die Vorgaben macht, was sie wie zu sagen habe.

Wer über Kirche und Staat reden will, muß sich zuvörderst mit ein paar allgemein sehr beliebten Vorurteilen auseinandersetzen. Eines der beliebtesten ist: Macht korrumpiere und so solle sich die Kirche der staatlichen Macht fernhalten, damit sie sich nicht durch die Macht korrumpieren lasse! Ja, die große Romantriologie Tolkiens, „Der Herr der Ringe“ bestätigt dies doch auch, indem der Ring der Macht vernichtet wird, damit weder die „Bösen“ noch die „Guten“ ihn gebrauchen können, weil dieser Machtring eben jeden, der ihn nur gebrauchen will, zum Machtmißbrauch verleitet. Macht an sich ist ein Übel. könnte als apokryphe Botschaft dieses wunderbar erzählten Werkes angesehen werden , verböte das Niveau dieses Romanes nicht eine so simplifizierende Deutung. Als Beleg für die Korrumpierbarkeit der Kirche wird dann gern die „Konstantinische Epoche“ von Kaiser Konstantin bis Kaiser Wilhelm II, herbeizitiert.
Nur stimmt das denn in dieser Pauschalität? Lebenskundlich gefragt, stimmt genau das Gegenteil. In jedem hierachisch verfaßten Gemeinwesen gilt, daß der Subalterne sich in seinem Verhalten an dem Vorgesetzten orientiert. Er sagt und tut das, von dem er annimmt, daß dies gut bei seinen Oberen ankommt. Der Subalterne lebt also nicht „authentisch“ sondern, wie es ihm vorgeschrieben ist durch expliziete oder ungeschriebene Gesetze. Wenn er aber an die Macht kommt, wenn er der Chef geworden ist, dann bestimmt er. Der einfache Merksatz lautet also: gebe wem Macht, und er zeigt sich, wie er wirklich ist. Solange der Mensch noch Vorgesetzte, Obere hat, verhält er sich nicht so, wie er sich verhalten möchte-das kann er erst, wenn er die Macht inne hat. Was umgangssprachlich als ein Korrumpiertwerden durch die Macht gedeutet wird, ist demzugolge nichts anderes, als daß der Mensch, zur Macht aufgestiegen, nun erst sein wahres Gesicht zeigen kann, das, was er vorher verbergen mußte unter dem Machtdruck der Anderen.
Auch das Urchristentum konnte, solange es die Sozialgestalt einer „Sekte“ im römischen Reich inne hatte, nicht ihr Leben so gestalten, wie es dem Gehalt der christlichen Religion entspricht. Die von außen aufgedrängte Form der „Sekte“ stand so im Widerspruch zum Inhlalt der Religion! Denn vom Gehalt der christlichen Religion her gilt: je mehr der Staat sich von der offenbarten Wahrheit der Religion leiten läßt, desto besser regiert der Staat auch im weltlichen Sinne. Es verbirgt sich eine tiefe Wahrheit in der in der „kritischen“ Geschichtswisenschaft so gern verleumdeten Bekehrungsgeschichte des Kaiser Konstantins, daß er den entscheiden militärischen Sieg Gottes Beistand zuschrieb, „in diesem Zeichen wirst Du siegen: daß gutes und erfolgreiches Regieren-auch nach innerweltlichen Maßstäben beurteilt-in Abhöngigkeit sich befindet von dem Gott, der diese Welt regiert und dem es nicht gleichgültig ist, in welchem Verhältnis die Regierenden zu ihm stehen. Auch nur ein flüchtiges Überlesen der Geschichte des Staates Israel und seinem Volke zeigt: nur wenn Israels Könige gemäß Gott regierten erging es dem Volke gut, waren die Könige aber unfromm, trug das Volk den Schaden davon. Das biblische Ideal des Königs ist so der fromme König! Sobald die Kirche eine Möglichkeit sah, in diesem Sinne auf die staatliche Politik Einfluß zu nehmen, tat sie das, ganz im Sinne des Königsideales des AT!
Das Gute Wollen, ist eine moralische Tugend, aber es auch zu realisieren, ist noch mehr wert. Was nützte einem Blinden ein frommer Jesus, der zu ihm sagte, daß er Mitleid mit ihm habe und er ihm auch gerne helfen möchte, es aber nicht kann-weil er dazu keine Macht habe! Ein ohnmächtiger Jesus könnte wohl das Mitleiden leben- und man verachte diese Tugend nicht-aber die Juden-und nicht nur sie, erwarten und erhoffen rechtens von dem Messias mehr als nur ein ohnmächtiges: Ich habe Mitleid mit Euch!“ Und Jesus Christus heilte in Voll-Macht! Das ist etwas ganz anderes als einfach nur zu bekunden, daß er als Sohn Gottes alle Menschen liebe und daß sie sich in ihrem Leid an die Wahrheit halten solten, daß er und auch Gott mit ihnen leide. Die Kirche will Macht, damit sie wie der Messias in seinem Sinne auch eine wirklich helfende Kirche sein kann! Denn eine von jeder Macht getrennte Kirche wäre eben auch eine on-mächtige-Kirche, die nur das Leid der Menschen beklagen könnte. Das Ideal einer“armen Kirche“ begeistert immer wieder, nicht erst seit den Bettelorden-schon die Anfänge des Mänchstumes zeigen es- aber eine arme Kirche, wenn sie denn wirklich arm ist, kann den Armen kein Brot austeilen, wie es Jesus zu seinen Jüngern sagte: Gebet ihnen zu essen!
Ein weiteres sehr beliebtes Vorurteil ist das des Ideales der sachlichen Politik, dem die „ideologische“ entgegengesetzt wird. Dann wird der Bregriff der Ideologie sehr weit gefaßt und alle möglichen Weltanschauugen , Ideologien und Religionen werden darunter großzügig subsumiert. Alles Ideologische und Weltanschauliche und Religiöse kontaminiere die Fähigkeit zum sachlich-technokratisch richtigem Regieren! Dabei stellt man sich das Politische als eine rein technisch-handwerkliche Aufgabe des Staates vor- wobei aber diese Politik immer in der Gefahr stehe, von Fremdkräften influenziert zu werden. Das dies selbst eine rein weltanschaulich bedingte Vorstellung von staatlicher Politik ist, verdunkelt dies Politikverständnis gern, um sich jede Art von Ideologiekritik fern zu halten: Weltanschauungen und Ideologien haben immer nur die Anderen!
Die Forderung nach einer von jeder Religion freien Staatspolitik ist so nur die ideologische Forderung des Liberalimus nach der Privatisierung der Religion, damit der Staat rein liberal regieren kann! Alexander Dugin stellt in seinem brillanten Essay: „Die vierte politische Theorie“ fest, daß das 20. Jahrhundert gekennzeichnet war durch den Kampf der drei großen modernen Weltanschauungen, der des Liberalismus, des Sozialismus und des Faschismus (den Nationalsozialismus subsimiert er sowjetischer Tradition gemäß dem Faschismus zu) und daß der Liberalismus diesen Krieg der Weltanschauungen für sich gewann; die Weltanschauung wandelt sich dabei, weil sie nun nicht mehr nur ein Denksystem ist, sondern zu der Realität des 21. Jahrhundertes wurde.3 Und jetzt können wir hinzufügen: der Herrschaft dieser Weltanschauung entspricht die Forderung nach einer religionsfreien Politik! Die Herrschaft der liberalen Weltanschauung kaschiert sich dann unter dem Tarnmantel der rein sachlichen Politik.
Was macht aber den ideologischen Charakter (jetzt im rein negativen Sinne gebraucht) deieses Liberalismus aus? Es ist sein rein absurder Charakter. Jedes herstellende Handeln, jemand will einen Tisch herstellen) verlangt als ersten Schritt eine Idee von dem herzustellenden Stuhl, dann Material, aus dem der Stuhl erstellt werden soll und Werkzeug, mit dem das Material bearbeitet werden soll, damit ein Stuhl entsteht. Der notwendige Primat der Idee, was soll den erstellt werden, was soll den erreicht werden, kann die Vorstellung einer rein sachlich-technokratischen Politik nicht gerecht werden, untetliegt sie doch der Illusion, daß schon aus dem Material und den Werkzeigen das Was des Zuerstellenden erkannt werden kann! Der Diskurs über das Was, was erstebt werden soll, der ist aber notwenbdigerweise immer ein weltanschaulicher! Der Liberalismus erspart sich diesen Diskurs aber, indem er sich faktisch die Ziele von dem Primat der Wirtschaft her vorgeben lößt: die Wirtschaft ist unser Schicksal !
Und der Wirtschaft ist alles Religiöse per se ein Fremdkörper und darum aus der Volkswirtschaft und der Weltökonomie auszuschalten. Versimplifiziert gesagt: wenn die Wirtschaft die letzten Ziele der Politik definiert und die staatliche Politik das nur noch umsetzt, dann können alle anderen Weltanschauungen und auch alle Religionen, die andere als rein ökonomische Ziele kennen, nur Störfaktoren der staatlichen Politik sein.
Und ein drittes Vorurteil muß erwähnt werden, um den Sinn oder Unsinn dieser Forderung zu begreifen! Was denkt man sich über Gott, wenn man eine Staatspolitik ohne eine Beeinflussung durch die Religion wünscht? Zuerst, daß die von Gott in und durch die Religion offenbarte Wahrheit für das politische Leben nicht nur irrelevant sondern gar dysfunktional ist. Einfach gesagt: die staatliche Politik ist ein so dunkles Geschäft, daß es das Licht der Offernbarung scheut! Zudem, daß der Raum der Politik auch einer ist, in den Gott sich selbst nicht einmischt, um es mal ganz vulgär, aber zuteffend auszudrücken! War jeder agrarisch strukturierten Gesellschaft es noch eine Selbstverständlichkeit, daß ohne Gottes Segen alles Mühen des Bauern fruchtlose Kunst ist, so gilt der postmodernen Industriegesellschaft, daß Gott wohl noch für das seelische Innenleben von Menschen zuständig sei, aber alles Leben außerhalb des psychischen Innenlebens dem freien Spiel der Weltmächte überlassen hat! Gott regiert, wenn überhaupt noch,nur in meiner Seele-die Welt ist faktisch ohne Gott und so gelten seine Verheißungen und Gebote auch nur noch für das Privatleben der Zeitgenossen-außer Hauses hat jeder, auch und gerade jeder Christ nur noch rein weltlich zu leben. Denn Gott selbst hat die Welt verlassen, weil er nur noch in unseren Herzen wohnen will ! Karl Rahners Votum, der zukünftige Christ wird Mystiker sein, trifft dies aufs aller trefflichste: die Reduzierung der Religion zu einer reinen Privatissimoangelegenheit und der Auszug der Kirche aus dem öffentlichen Leben zurück ins private Vereinsleben. Und zur Idealisierung der Kirche als reinen Privatverein gehört dann auch die tatkräftige Zudtimmung zur Maxime einer religionsfreien Politik! Damit anerkennt die Kirche die Vborherrschaft der liberalen Weltanschauung für das gesamte öffentliche Leben und zieht sich selbst daraus zurück!

Anbei: es muß aber angemerkt werden, daß so nicht nur die Religion in eine Form gedrängt wird, die ihrem Gehalt als offenbarte Wahrheit Gottes nicht gerecht wird, sondern daß so auch der Staat sein eigenes Wesen verfehlt, denn das liegt in seinem Gesetztsein durch Gott für die Aufgabe der Gerechtigkeit.

1KNA: Politik und Religion strikt trennen, in: Passauer Bistumsblatt, 1.Februar 2015, S.2.
2KNA, a.a.O., S, 2.

3Dugin, A., Die vierte politische Theorie, 2013.

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