Samstag, 14. Februar 2015

Technikphobie 2.Teil

Unbestreitbar, in der Katholischen Kirche und ihrer Kirche geht das Gespenst der Technikphobie umher. Da wird von Theologen die Meinung vertreten, daß jede Beihilfe zum Freitod eine Sünde wäre, um dann ganz unvermittelt zu urteilen, daß es aber legitim sei, Medizinapparate abzustellen, wenn ein Patient, an ihnen angeschlossen, nur überleben kann, wenn er an diesen Apparaten angeschlossen bleibt. Wenn ein solcher überlebensnotwendiger Medizinapparat abgeschaltet wird, hat dies notwendigerweise den Tod des Patienten zur Folge und dies Abschalten ist dann eine Tötungshandlung. Man kann auch nicht urteilen, daß die Tötung des Patienten in Kauf genommen wird, um ein anderes Ziel zu erreichen, das so hochwertig ist, daß die Tötung als Kollateralschaden legitimierbar wäre. Das wäre der Fall, wenn ein Polizeibeamter, um das Leben der Geisel zu schützen, auf den Geiselnehmer schießt mit der Intention, ihn handlungsunfähig zu machen, sodaß er die Geisel nicht mehr  töten kann und dabei in Kauf nimmt, daß der Geiselnehmer tödlich getroffen wird. Wer einen überlebensnotwendigen Apparat abschaltet, kann damit nur die Absicht verfolgen, den daran angeschlossenen Patienten zu töten! 
Aber wie erklärt sich dieser Widerspruch, daß einerseits Nein zur Beihilfe zum Freitod gesagt wird und daß andererseits Ja gesagt wird zur Abschaltung von überlebensnotwendigen Medizinapparaten? 
Ich mutmaße, daß dies nur erklärbar ist aufgrund eines gestörten Verhältnisses zur Technik. Die Technikphobie steht dabei in einem engen Zusammenhang mit der Verklärung des "Natürlichen", als wäre das Natürliche das Gottgewollte und das Technische dann das Naturwidrige. Aber das Naturwidrige ist dann auch das Gnadenwidrige. Einst heilte Jesus Blinde durch Wunderheilungen-heuer kann Blinden durch Medizintechnik geholfen werden: die Technik macht sozusagen das göttliche Wunder überflüssig. Und manch pessimistisch gestimmter Christ sieht allein in der ausufernden und unser Alltagsleben zusehens bestimmenden Technik den Grund für das Schwinden der Religion. Einst soll der Mensch, kontemplativ gestimmt, die Natur betrachtet haben, sich in sie vertiefend die Frage nach dem Kreator all des Natürlichen gestellt haben. Heuer leben wir umgeben von Technischem und Künstlichem-der geneigte Leser möge, jetzt wo er dies liest, mal ein kleines Experiment unternehmen: von wie viel Künstlich-Technischem ist er umgeben, jetzt und wo ist noch etwas Natürliches, das nicht schon bearbeitet ist, wie etwa der Holzstuhl, auf dem man eventuell sitzt. Der Kreator von all dem um mich herum ist tatsächlich die menschliche Arbeit und meine Augen sehen nichts rein Natürliches mehr. Es scheint so, als wenn die Technik nicht nur die Natur sondern auch Gott aus der Welt hinausdrängen würde.
Dann kommt noch etwas Banales hinzu. Die Menschheit als Ganzes bringt die erstaunlichsten technischen Höchstleistungen hervor-als Kollektiv war der Mensch noch nie wie jetzt Herr über die Natur und erfüllt damit den göttlichen Auftrag: "machet euch die Welt untertan!", aber jeder Einzelmensch erlebt sich in einer Umwelt, die er nur noch in winzigsten Teilen versteht. Fast jeder kann eine Fernbedienung für das Fernsehgerät benutzen-aber frägt er sich, wie denn diese Bedienung funktioniert, daß wenn er auf dies Knöpfchen drückt, der Ton leiser oder lauter wird und mit dem anderen ein Senderwechsel hervorgerufen wird, sind die allermeisten schon überfordert. Wir verfügen pragmatisch über ein Gebrauchswissen, wie  etwas ein- und auszuschalten ist, aber die Geräte und Apparate, die wir so nutzen können, verstehen wir nicht. Menschen haben all diese Technikgeräte erfunden und konstruiert, aber eben nur Experten, denen das Meer der Laien verständnislos gegenübersteht. In einem Worte: wahrscheinlich stand der Durchschnittsmensch noch nie einer ihm so unverständlichen Lebensumwelt gegenüber wie heuer, und das obwohl er jetzt fast nur noch in von Menschen geschaffenen künstlichen Lebenswelten existiert.Die Technikphobie generiert sich wohl gerade so aus dieser Ambiguität der Technik: sie ist ein  rein menschliches Produkt und doch ist es-außer den Experten-den Menschen etwas Unverständliches, das er zwar benutzen aber nicht begreifen kann. Der Mensch versteht sein eigenen Hervorbringungen nicht als Folge der Arbeitsteilung, daß nur noch wenige Experten ihre eigenen Arbeitsprodukte verstehen.
Nur, diese Phobie zeitigt dann eben auch irrationale Einstellungen zur Technik. 
Für die Frau des Alten Testamentes war das größte sie treffen könnende Unglück das der Kinderlosigkeit. Ja, die Töchter Lots schreckten nicht einmal vor dem Inzest zurück, um zu eigenen Kindern zu kommen. Es muß von daher als sehr problematisch angesehen werden, wenn eine künstliche Befruchtung für Frauen, die auf natürliche Weise kein eigenes Kind bekommen können, als moralisch verwerflich von der Kstholischen Theologie angesehen werden. Ein legitimes Ziel, der Wunsch der Frau nach dem eigenen Kinde, wird nicht dadurch unmoralisch, wenn das Ziel, weil es auf natürliche Weise nicht realisiert werden kann, mit Hilfe von Medizintechnik realisiert wird. Denn Technik kann und darf, bloß weil sie nicht natürlich ist, nicht mit sünfig gleichgesetzt werden. Man möge sich einmal vorstellen, daß ein Schwererkrankter sterben müßte, weil er sich nicht mehr natürlich ernähren könnte und man ihm eine künstliche Ernährung mit dem Argument, der Mensch sei von Gott zum sich natürlich Ernähren bestimmt und so dürfe er nicht künstlich ernährt werden, verwehrte. So wie der Mensch, wenn er ohne technische Hilfen nicht weiter leben könnte, dann ein recht auf solche technischen Hilfen hat, angefangen von den von allen als moralisch unproblematisch empfundenen 3.Zähnen über künstliche Hüftgelenke bis zum Kunstherzen, so selbstverständlich sollte es auch sein, daß dafür, daß menschliches Leben entstehen kann, jede technische Hilfe legitim ist, wenn es auf natürliche Weise nicht geht! 
Nun taucht in diesem Problemfeld oft ein äußerst problematischer Begriff auf, der der Menschenwürde. Ein leider heuer nicht selten vorkommender Gebrauch dieses Begriffes soll uns jetzt in die Ptoblemstik dieses Begriffes einführen! Eine werdende Mutter sagt: "Ich will meinem Kinde  nicht zumuten, als Kind von seiner Mutter nicht geliebt zu werden. Jedes Kind hat ein recht auf die Mutterliebe. Das gehört zur Würde des Menschen. Und deshalb treibe ich es lieber ab als daß ich meinem Kinde ein  so unwürdiges Leben zumute, ein Leben ohne Mutterliebe!" Bestimmte Bedingungen müssen also erfüllt sein, damit ein menschliches Leben ein würdiges ist. Sind diese Bedingungen nicht (mehr) erfüllbar für einen bestimmtes Menschenleben, dann ist der Tod für diesen Menschen einem menschenunwürdigen Leben vorzuziehen. Kinder ohne eine Aussicht auf die Mutterliebe werden so um dieses Ideales willen getötet, und es werden Menschen das recht verwehrt,überhaupt erst zu entstehen, weil sie nur mit Hilfe von Medizintechnik zur Welt kommen könnten, da eine Frau auf natürliche Weise kein Kind bekommen kann. Es widerspräche der Würde des Menschen,künstlich erzeugt zu werden. Daß hierbei das erste Gebot Gottes an uns Menschen, seied fruchtbar und mehret euch! völlig vergessen wird, macht dieses moraltheologische Urteil noch absurder. Aber all solche Meinungen können eben im Raum der Moraltheologie nur aufkommen, weil dem ein gestörtes Verhältnis zur Technik zu Grunde liegt!  Aber Technik als Hervorbringung des Menschen ist durch das 2. Gebot Gottes an den Menschen, das er uns gab, nicht nur gerechtfertigt sondern als Gottes Auftrag an den Menschen zu begreifen.   "Unterwerft euch die Erde" verlangt nach Technik, denn ohne sie kann der Mensch sich die Erde nicht unterwerfen. Und zu dieser Erde gehört auch immer-notwendigerweise-der Mensch selbst dazu. Weil er aus und von der Erde erschaffen worden ist, ist er sich auch selbst als Aufgabe gegeben-er soll sich selbst beherrschen! Er kann dies, weil er als Seele auch immer das Unnatürliche, das Geistige ist, das der Natur gegenübersteht und sie kultiviert, das heißt vergeistigt, nach geistigen Prinzipien umgestaltet, indem er etwa Wildwuchs in Parklandschaften verwandelt. Es muß so klar gesagt werden, daß diese Technikphobie, noch forciert durch die Ökologiebewegung mit ihrer Naturapotheose nicht christlich ist.             

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