Samstag, 28. Februar 2015

Kardinal Marx: Die Katholische Kirche neu erfinden?

Dr. Schäfer unterbreitet in seinem auf Kath net publizierten Essay "non possumus" (27.2.15)  eine wirklich bedenkenswerte Analyse des kirchenpolitischen Anliegens des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Es wird ausgegangen von der etwas irritierenden These, daß die Deutschen Bischöfe befürchten, oder davon ausgehen, daß für eine Reform der Sexualmorallehre in ihrem Sinne (daß man die Theorie sein lassen will, wie sie ist, aber die seelsorgerliche Praxis von der Dogmatik emanzipieren könne) nicht die notwendige Mehrheit auf der Familiensynode 2015 zustande kommen wird. Deshalb presche jetzt Kardinal Marx mit dem Secudanten Bischof Bode vor, um für Deutschland einen Sonderweg zu eröffnen.Oberflächlich betrachtet könnte dies als eine kleine Kurskorrektur der kirchlichen Praxis verstanden werden, daß aber das Anliegen der "Reformer" es sei, eigentlich alles beim Alten zu belassen-und wenn man es etwas wohlwollend deuten würde, nur nachträglich legalisiere, was schon längst die kirchliche Praxis ist: daß"Geschieden-Wiederverheirateten" die Kommunion bedenkenlos ausgeteilt wird. Aber Dr. Schäfer verharrt nicht bei so einer oberflächlichen Betrachtung!Er Schreibt:   

"Der Schlachtruf „Wir sind keine Filialen von Rom “ lässt in dieser Frage keine Interpretationsspielräume mehr.Den Bischöfen dürfte klar sein, dass die „pastorale Lösung“ der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen nur ein Einstieg in den Ausstieg aus weiten Teilen der katholischen Sexualmoral sein kann. Denn diese ist ja in der Breite ein übergroßer Klotz am Bein all derer, die mit der sie umgebenden Gesellschaft auf Augenhöhe kommen wollen. Bischof Bode hat mit seinem Hinweis auf die notwendige Wertschätzung für das Zusammenleben vor der Ehe, einen deutlichen Hinweis gegeben, dass ihm - und sicher nicht nur ihm - die ganz zwangsläufigen Weiterungen des nun zum Programm erhobenen Einstiegs vollauf bewusst sind.
Es ginge um viel mehr: Die große Geschichte des Christentums liegt nicht hinter uns, sondern vor uns“ – das ist nicht nur ein markiges Statement, sondern Ausdruck einer durchaus konkreten Vision.Gemäß dieser Vision gilt es von nun an, das Christentum nicht von der Vergangenheit, der Tradition her zu lesen, sondern es auf die Zukunft hin „experimentell“ neu zu entwerfen. Der Glaube könne nicht „bewahrt werden wir ein Schatz“, die Kirche habe vielmehr ihre kommende weltgeschichtliche Sendung in den Blick zu nehmen: „Werkzeug für die Einheit der Menschheitsfamilie“ zu sein. In der globalisierten Welt brauche es eine Religion, die Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenbringen könne und die mit dem Prozess der Globalisierung verbundenen sozialen Spannungen zu moderieren verstehe. Und keine Religion sei für diese Aufgabe besser geeignet als das Christentum: „Eine globalisierte, universale Kirche in einer globalisierten Welt“.
Das heißt, die Katholische Kirche neu zu erfinden! Bezeichnend ist der religionssoziologische Ansatz. Die Kirche hat für die Welt dazu sein und sie legitimiert ihr Dasein in ihrer Funktionalität für die Welt. Die Welt erscheint nun als im Prozeß der Globalisierung sich befindende. Euphemistisch wird dies als der Weg zur Vereinheitlichung zur Menschheit gedeutet. Es entstünde eine "Menschheitsfamilie". Und für diesen Prozeß wolle und solle nun die Katholische Kirche sozusagen die Funktion eine Hebamme erfüllen. Sie sei das "Werkzeug" (Sakrament) für die Vereinheitlichung der Menschheit, daß da eine Menschheitsfamilie entstünde. Und für diese Aufgabe wäre die Katholische Kirche geradezu prädestiniert, da sie mithelfen könne, die sozialen Spannungen, die aus dem Prozeß der Globalisierung entsprüngen, sozial zu moderieren! Die globalisierte Kirche für die sich globalisierende, sprich sich vereinheitlichende Welt, das passe zusammen.
Die dogmatische Konstitution:Lumen Gentium" (DH 4101) sagte das noch so: "Da aber die Kirche in Christus gleichsam das Sakrament bzw Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott und für die Einheit des ganzen Menschengeschlechts ist,[...].Aber der Neuansatz läßt die Vereinigung mit Gott weg, um sich ganz auf die sehr problematische Aussage des Werkzeuges für die Einheit des ganzen Menschengeschlechtes zu kaprizieren! Von der hl. Schrift und der Lehrtradition der Kirche her gibt es für die Vorstellung des Zieles der Vereinheitung der Menschheit durch die Kirche keinen Beleg. Ja, wir stoßen stattdessen auf eines der dunkelsten Lehrstücke der Katholischen Theologie, der Lehre von der Prädestination. Im Neuen Testament heißt das, daß die zum Glauben kamen und kommen, die von Gott dazu vorherbestimmt sind! Nicht die Einheit der Menschheit sondern die Fülle aller zum Heil von Gott Bestimmten ist so das Ziel der Kirche und zwar als die Einheit dieser Erwählten mit Gott!   So heißt es typisch für diese Wahrheit in der Apostelgeschichte: "Als die Heiden das hörten, freuten sie sich und priesen das Wort des Herrn; und alle wurden gläubig, die für das ewige Leben bestimmt waren". (13, 48) Aus dem Ziel der Kirche, die Vollzahl der dazu Bestimmten in und durch sie zur Einheit mit Gott zu führen, wird das säkular politische Ziel einer Welteinheitsgemeinschaft, für die die Kirche unterstützend tätig sein soll.Dafür wäre sie prädestiniert, weil sie in sich schon eine globalisierte Religion sei und weil sie ob ihrer Sozialkompetenz die Kollateralschäden dieses Menschheitsvereinigungsprozeß sozial zu lindern wüsse. Die Religion soll dann die Vereinheitlichung der Menschen zu einer Menschheitsfamilie fördern, weil sie selbst in sich diese Vereinheitlichung verschiedenster Menschen schon vorlebe. Die Kirche wäre soetwas wir die Avantgarde der Einheit der Menschen! 
Augenfällig ist, daß die Einheit der Menschheit, ontologisch als ihre gemeinsame Abstammung von dem ersten Menschenpaar, Adam und Eva, umgestaltet wird zu der Vorstellung, daß die Einheit der Menschheit eine kulturell-politische Aufgabe ist. A. Dugin analysiert den Globalisierungsprozeß zureffend als eine "Universalisierung der freien Marktwirtschaft, der politischen Demokratie und der Ideologie der Menschenrechte" (Dugin, Die vierte politische Theorie, 2013, S.75), oder einfacher gesagt als das Hegemonialstreben der USA mit ihrer westlichen Kultur. Warum nun gerade die Katholische Kirche diesen Kulturimperialismus zu unterstützen , ja zu forcieren habe, bleibt dabei völlig unreflektiert. Oder sollte hier klammheimlich dieser Kulturimperialismus mit dem Wachsen des Reich Gottes auf Erden identifiziert werden? 
Eine theologisch sehr wichtige Unterscheidung wird in dieser Affirmation der säkularen Weltvereinheitlichung eingezogen. Alle Menschen sind Geschöpfe Gottes, aber die besondere Einheit der Menschen kann so nicht durch das Geschöpfsein durch Gott begründet werden, denn  Geschöpfe Gottes sind alle Lebewesen und nicht nur die Menschen. Sie begründet sich allein dadurch, daß alle Menschen von dem ersten Elternpaar, Adam und Eva abstammen und das ist ihre Einheit. Davon strikt unterschieden wird die Einheit aller Kinder Gottes! Denn dazu sagt das Johannesevangelium:Jesus Christus kam in sein Eigentum, "Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er die Macht, Kinder Gottes zu werden, allen die seinen Namen glauben." (Joh, 1, 12) Die Kirche ist die Einheit der Kinder Gottes und nicht die Einheit der Kinder Evas und Adams! Es bedarf einiger theologischer Verrenkungen, um diese Differenz der Einheit als Kindschaft Evas und der der Einheit im Glauben an Jesus Christus auszuhebeln. Als Wunderwaffe dürfte da wohl die Vorstellung von Gott, der unbedingt alle Menschen liebt, fungieren! Das meint dann, daß jeder Mensch ob seines Menschseins schon allein ein Kind Gottes sei, auch wenn er Nein zur Wahrheit, zu Jesus Christus sagt! Es hätte dann eigentlich im Johannesevangelium heißen müssen: Der göttliche Logos wurde Mensch und nahm alle Menschen als Kinder Gottes an, gleichgültig , ob sie Christus annehmen oder verstoßen! 
Da die Kirche sich so nun ganz neu von ihrer sozialen Funktion der Förderung des Globalisierungsprozesses her definieren will, kann und sollte sie alles abstreifen, was dieser Sozialfunktion imWege steht. Und da wäre wohl die Sexualmorallehre der Kirche der erste Streichkandidat! 
Aber erfassen wir das Problem grundsätzlicher! Bleiben wir hier nicht oberflächlich! Der Psalm 15 fundiert die Moraltheologie der Kirche mit der Frage: "Herr, wer darf sein in deinem Zelt?, wer darf weilen auf deinem heiligen Berg?" überschrieben-sehr treffend- in der Einheitsübersetzung mit: "Die Einlaßbedingungen für den Eintritt ins Heiligtum", neutestamentlich formuliert, in das Reich Gottes oder in das ewige Leben!  Die Finalursache der kirchlichen Morallehre ist also die Lehre von den Eingangebedingungen in das ewige Leben."Was muß ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?", heißt so die erste Frage der theologischen Morallehre! Was wird aus dieser Morallehre, wenn ihre Finalursache jetzt die Förderung des Weltverheitlichungsprozesses hin zu einer Welt in Frieden, Freude und Gerechtigkeit wird? Jetzt muß sich jede Detailbetimmung der Morallehre eine Überprüfung gefallen lassen, ob sie der Humanisierung und Vereinheitlichung der Welt dient! Der Wert oder Unwert jeder Bestimmung der Morallehre gründet sich jetzt in ihrer Nützlichkeit für die Förderung der Globalisierung! Die Morallehre darf dann nicht mehr ausgrenzen und Unterschiede setzen, sondern soll alles bejahen, was die Vereinheitung der Menschen fördert. Die notwendig diskriminierende Unterscheidung von wahrer und falscher Religion ist dann das zuvörderst zu streichen: alle Religionen sind gleich wahr, sofern sie alle anderen auch als gleich wahr bejahen!  Im Bereich der Sexualität darf auch nichts mehr diskriminiert werden, um die Einheit in der bunten Vielfalt nicht zu stören...Beliebig ergänzbar. Eines ist klar: von der alten Katholischen Religion wird dieser Neuansatz nichts übriglassen. Es ist, um es mit Arnold Gehlen zu sagen die Ersetzung der christlichen Religion durch einen religiösen Humanitarismus, dem der Glaube an das Recht jedes Menschen, optimal zufrieden auf Erden zu leben, das Herzstück seines Glaubens ist! Christentum ist dann nur noch praktizierter Humanismus im Dienste der universalen Weltbeglückung und politisch nüchterner und realistischer formuliert: die kirchliche Sekundanz  für den amerikanisch-westlichen Kulturimperialismus! Die unheilige Dreieinheit von: freier Marktwirtschaft, politischer Demokratie und der Menschenrechtsideologie (Alexander Dugin)! Eigentlich ist dafür die christliche Religion überflüssig, es sein als Apotheose dieser neuen Dreieinigkeit mache sie sich den Mächtigen der Welt dienlich! Und will dafür Kardinal Marx die Katholische Kirche mit ihrer Religion neu entwerfen? Es ist zu befürchten, daß Dr. Schäfers Kommentar leider in allem recht bekommen wird!    
             


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