Dienstag, 21. April 2015

Gibt es ein Recht auf ein eigenes Kind?

Die Aussage, es gäbe kein Recht auf ein eigenes Kind, kann man des öfteren lesen und hören- auch und gerade aus katholischen Mündern. Aber unklar ist, was man sich denn dabei denken soll. Versuchen wir hier einmal, dieser Phrase etwas Gehaltvolles einzugeben. Unbestreitbar ist, daß Frauen Kinder bekommen können, wenn und solange sie geschlechtsreif sind. Ist das Kinderbekommenkönnen nun auch ein Recht? Wenn es kein Recht wäre, müßte es eine Instanz geben, die Frauen die Erlaubnis zum Kinderkriegen in Gänze oder unter bestimmten Bedingungen verbietet. Das kann im Prinzip nur der Staat-oder wir sprächen von einer moralischen Unerlaubtheit- dann könnte das Verbot auf Gott in einer religiösen zurückgeführt werden oder in einer philosophischen Morallehre die Instanz der Vernunft sein, die ein solches Verbot ausspräche. Würde das Kinderkriegen in Gänze Frauen verboten werden, wäre das die Selbstnichtung der Menschheit und somit kein legitimierbares Verbot ob dieser Folge. Ein Verbot, das nur Frauen eines bestimmten Volkes eigene Kinder verböte, ist denkbar, wenn man unterstellt, daß ein Siegerstaat ein anderes von ihm besiegtes Volk ausrotten wolle. Ein solches Gesetz wäre selbstredend moralisch in keinster Weise legitimierbar- und nur durch Gewalt durchsetzbar. 
Ein Recht auf eigene Kinder setzt aber voraus, daß bestimmten Frauen das Kinderbekommen verboten wird und daß demgegenüber ein Recht der Frau auf das eigene Kind gefordert wird. Ohne diese Negation ergibt die Rede vom Recht auf das eigene Kind keinen Sinn. Das Verbieten kann dann ein staatsrechtliches oder ein moralisches sein.  
Frauen können auf verschiedene Weise zum eigenen Kind kommen (eigenes jetzt gemeint als Gegensatz zum Adoptivkind).
a) als Verheiratete vom eigenen Mann
b) als Unverheiratete von einem Mann
auf natürlicher  und auf künstlicher Weise. (Die nähere Ausdifferenzierung der Weisen künstlichen Zumkindekommens sei hier zuerst unberücksichtigt.

Die erste Möglichkeit eines Verbotes des eigenen Kindes könnte sich nun auf diese Weisen beziehen, etwa, daß nur verheiratete Frauen ein Kind von ihrem Ehemann auf natürliche Weise bekommen dürfen und daß alle anderen Weisen staatsrechtlich oder moralisch verboten wären.

Die zweite Möglichkeit des Verbotes könnte sich auf die Frau beziehen, insoweit es bestimmten Frauen verboten wird, eigene Kinder zu bekommen: etwa Geistigbehinderten oder Alkoholikerin, oder sonstig Schwerkranken. 

Die dritte Möglichkeit wäre das Inzeszverbot, oder das Menschen mit Keuschheitsgelübden das eigene Kind untersagt ist ob des Gelübdes. 

Es wäre also zu unterscheiden, ob einer Frau nur mit bestimmten Männern ein Kinderbekommen verboten ist (etwa mit dem leiblichen Bruder), oder ob nur bestimmten Frauen das Kinderkriegen verboten ist (etwa Schwerkranken).

Die heutige Debatte ist bestimmt durch einen Minimalkonsens, daß der Inzest weiterhin als unerlaubt- strafrechtlich und moralisch angesehen wird und daß Schwerstkranke /Geistigbehinderte isb faktisch daran gehindert werden, eigene Kinder zu bekommen, wenn sie unter ärztlicher Aufsicht leben oder in Heimen, teil- oder ganz entmündigt.  Für alle anderen gibt es kein staatliches Verbot. 
Anders sieht es moralisch aus. Hier gilt für die Katholische Morallehre, daß eine Frau nur mit ihrem Ehemann auf natürliche und in eingeschränkter Weise auch künstlicher Weise ein eigenes Kind bekommen darf.  Also besagt die These, es gäbe kein Recht auf ein eigenes Kind nur dies, daß die Katholische Morallehre jeder Frau das Recht auf ein eigenes Kind abspricht, wenn sie nicht verheiratet ist und von ihrem Ehemann das Kind bekommt auf natürliche Weise, unter Einschränkungen auch auf künstliche Weise.  
Damit steht die Katholische Morallehre vor einem prinzipiellen Problem: kann etwas spezifisch Katholisches verbindliches Recht, Staatsrecht werden, wenn es spezifisch katholisch ist? Es könnte das nur, wenn das von der katholischen Moral Verbotene auch dem vernünftigen Denken als einsichtig zu Verbietendes erwiesen werden kann! Das ist offensichtlich die Schwäche der heutigen Morsallehre, daß sie das von ihr theologieinterne nicht in einen Diskurs der durch rein vernünftiges Denken bestimmt ist, übersetzen kann!  Ja, selbst die theologieinterne Begründung steht auf so schwachen Füßen, daß man sie als kaum begründet ansehen muß.
Theologieintern ist das Hauptproblem darin zu verorten, daß es das 1. Gebot Gottes an den Menschen gibt, daß er fruchtbar sein soll und sich vermehren soll als ein prälapsarisches Gebot Gottes, dem die Ordnung der Ehe als Ordnung, durch die dies Gebot erfüllt werden soll, subordiniert ist. Aber die Morallehre zeigt die Tendenz auf, die Ordnung der Ehe zum Hindernis für die von Gott gewollte Fortpflanzung werden zu lassen. Und das Verbot, unverheiratet ein eigenes Kind bekommen zu dürfen, erweist sich auch als nicht vernünftig begründbar. Es gibt Gründe, daß es für die Frau und das Kind besser ist, daß sie mit dem Vater des Kindes verheiratet ist, aber daß das "besser" ein Verbot unehelicher Kinder legitimiere, ist nicht mehr plausibel zu machen.
Im Zentrum der aktuellen Debatte steht nun aber die Praxis künstlicher Befruchtung. Darf eine Frau, wenn sie natürlich kein Kind bekommen kann, es künstlich bekommen? Angesichts der kulturellen und technischen Entwicklung unserer Zeit ist die Frage eigentlich eindeutig beantwortbar: natürlich darf eine Frau, wenn sie nicht auf natürliche Weise zu ihrem eigenen Kinde kommen kann, es künstlich bekommen? Oder würde irgendwer auf die Idee kommen, wenn eine Frau nicht auf natürliche Weise ihr Kind gebären kann- sondern nur durch einen Kaiserschnitt (durch eine künstliche Operation), die Operation verbieten mit dem Argument, die Frau dürfe nur natürlich gebären und nicht künstlich- oder daß es der Würde des Menschen widerspräche, künstlich geboren zu werden durch einen Kaiserschnitt? 
Überhaupt ist die Vorstellung, daß es der Würde des Menschen mehr entspräche, nicht zu sein als zu leben, eine Absurdität- die gewiß nicht mit Gottes Liebe zum Menschen, daß er will, daß Menschen sind, vereinbar ist. Also, wenn eine Frau ihr Kind nur künstlich bekommen kann, dann entdpricht es der Würde des Menschen und der Liebe Gottes zu den Menschen mehr, daß es künstlich erzeugt wird, als daß es nicht erzeugt wird. Es muß dabei unbedingt theologisch daran gedacht werden, daß die Seele des Menschen, das ihn zum Menschen Konstituiertende nicht aus der natürlichen und somit auch nicht aus der künstlichen Fortpflanzung entsteht, (aus Materie kann keine Seele sich generieren!), sondern daß die Seele unmittelbar  von Gott geschaffen und in den entstehenden Leib inkarniert wird. Dehalb bezieht sich die Differenz von natürlicher und künstlicher Entstehung des Menschen allein auf den Körper des Menschen. Ein bißchen weniger Körperkult und ein Mehr an Ausrichtung der Morallehre auf die Seele des Menschen wäre hier sehr von nöten. Erst ein krypto-
materialistisches (mit der Lehre der Kirche unvereinbares)  Menschenbild  erzeugt dann eine Perhorrezierung der künstlichen Befruchtung! Die Würde des Menschen wird so weder durch eine künstliche Geburt noch durch eine künstliche Erzeugung beeinträchtigt, denn sie konstituiert sich durch Gott, der dem Körper seine Seele einhaucht und den Menschen deshalb in besonderer Weise liebt. (Man wird wohl sagen dürfen, daß Gott alles von ihm Geschaffene liebt, also auch die Tiere, aber die Menschen anders liebt, als die Tiere und das gründet sich ontologisch darin, daß nur der Mensch eine Kreatur ist, die als Seele begriffen werden kann, die einen Körper besitzt, sodaß die Seele unmittelbar von Gott, der Körper aber nur mittelbar von Gott ist! 
Das Nein zur künstlichen Befruchtung muß so wohl als Produkt des Einfließens eines (mit der kirchlichen Lehre von der menschlichen Seele unvereinbaren) materialistischen  Menschenbildes erklärt werden unter dem Tarnnamen des "personalistischen" Denkens. 
Der Satz, es gibt kein Recht auf ein eigenes Kind, kann dann nur bedeuten, daß bestimmten  Frauen das Recht auf ein eigenes Kind verweigert werden kann, wenn etwa in Folge schwerster Erkrankungen eine Übertragung der Krankheit zu erwarten ist- etwa bei Geistigbehinderten. Und es kann und ist legitim, wenn Frauen das Kinderbekommen von bestimmten Männern verboten wird, etwa der Inzest. Ansonst ist angesichts des ersten Gebotes Gottes und der Tatsache, daß der Wille zum eigenen Kinde zum Elementarsten jeder Frau gehört, jedes weitere Verbieten von eigenen Kindern nicht legitimierbar.     

Corollarium 1
Gelegentlich wird- im Geiste personalistischen Denkens-gemeint, daß der Geschlechtsakt nur dann in Liebe ein Kind erzeuge, wenn er natürlich vollzogen würde und daß es zur Würde des Kindes gehöre, in Liebe erzeugt zu werden. Darauf muß erwidert werden, daß bloß weil der Geschlechtsakt in der Ehe vollzogen wird, er keinesfsalls auch immer aus und in Liebe vollzogen wird-  realistischer ist es wohl. daß vorehelich mehr geliebt wird als in der Ehe, so daß die vorehelichen Kinder mehr als die ehelichen Kinder  Kinder der Liebe sind!  Zudem ist für das Kind die Liebe der Eltern zum eigenen Kind -neben der Liebe Gottes zum Kind- das wichtigste und nicht ob die Erzeugung natürlich oder künstlich ist.
Zur Veranschaulichung: eine vergewaltigte Frau wird natürlich schwanger, aber für das Kind dürfte wohl eine künstliche Befruchtung mehr seiner Würde entsprechen, als daß es sich einer solchen Gewalttat verdankt.                 
     
              

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