Montag, 6. April 2015

Wandel in der Kirche-kann es legitime Änderungen in der Kirche geben?

Spontan wird wohl geurteilt werden: Nein! Die Kirche fußt auf den ewigen Wahrheiten, die Gott selbst offenbart hat. Das Zeichen der Wahrheit der Kirche ist gerade ihre Stetigkeit und Konstanz. Weder Neuerungen, innovative Einfälle noch die Parole der Einpassung in den Zeitgeist und die Moden der Zeit können ein Heimatrecht in der Katholischen Kirche beanspruchen.Wandel ist nur bei den angefallenen "christlichen" Konfessionen und dieser Wandel ist eben auch schon das Symptom des Abgefallenseins. 
Aber stimmt dies Spontanurteil? 
Der Apostelfürst Paulus erwähnt die urchristliche Taufpraxis zugunsten von Verstorbenen."Wie kämen sonst einige dazu, sich für die Toten taufen zu lassen?" (1.Kor. 15, 29). Diese Taufpraxis setzte die Lehre von der Heilsnotwendigkeit der Taufe voraus und antwortete auf die Frage: gibt es auch eine Heilsmöglichkeit für Menschen, die ungetauft verstorben sind. Christen ließen sich so für Verstorbene, wahrscheinlich Verwandte oder ihn sonst sehr Nahestehende stellbertretend zum Heile der Verstorbenen taufen.
395 verbot diese Taufpraxis das Konzil zu Kathargo. Jetzt gilt diese Taufpraxis als weiterhin gültige, aber kirchlich verbotene. Nicht kann ja die Kirche eine zu Zeiten des Apostels Paulus praktizierte und von ihm bejahte Taufpraxis im Nachhinein als ungültig erklären. Nebenbei: außer den Mormonen und einer anderen Sekte (?) halten sich alle "Kirchen" und auch die Katholische Kirche an dies kirchliche Verbot!-obwohl es eine in der Bibel bezeugte und bejahte Praxis ist! 
Durfte die Kirche etwas Gültiges verbieten? Wer dies bejaht, bejaht das Recht eines legitimen Wandels in der Kirche, daß die Kirche sogar das Recht hat, eine im Urchristentum gültige Taufpraxis zu verbieten! Angesichts des Schicksales ungetauft getöteter Kinder, Abreibung genannt, wäre ja eine solche Taufpraxis ein Segen für diese Kinder! Aber Niemand will diese gültige aber 395 verbotene Taufpraxis relegitimieren! Ist das nun der legitime Conservatismus der Kirche, daß nichts in ihr geändert werden dürfe? Aber das Verbot war ja selbst etwas Neues-etwas, das allein sich der Autorität der Kirche verdankt! 
Aktueller ist die Debatte um den Legitimität des Wandels der kirchlichen Beurteilung des Rechtes auf die Religionsfreiheit und auf die Gewissensfreiheit. Das, was die vorkonziliare Kirche verurteilt hat, hat das 2. Vaticanum bejaht. Und nicht nur Traditionalisten sehen hier einen Bruch mit der kirchlichen Tradition, auch und gerade die liberalen Katholiken sehen hier den Bruch, nur daß die einen den Bruch als unerlaubt verurteilen und die anderen ihn bejubeln als Heraustreten aus einem fatalen Irrtum der vorkonziliaren Kirche!   
Könnte es in der Kirche legitimen und nicht legitimen Wandel gegeben haben und geben, sodaß wir nun vor der Frage einer Kriteriologie zur Beurteilung von geschehenen und möglichen Wandeln stehen?
Wenn alles, was die Kirche lehrt, wahr wäre, dürfte nie etwas an der Lehre geändert werden, außer daß etwas dazukommen könnte, wenn es im Einklang steht mit der bisherigen kirchlichen Lehre. Aber das Verbot der Taufe zugunsten der Verstorbenen widerspricht dem: diese Praxis gehörte zum urchristlichen Leben und diese Praxis widerspricht auch nicht der urchristlichen Lehre von der Taufe. Wenn Paulus diese Taufpraxis als unvereinbar mit der Lehre von der Taufe angesehen hätte, wie er sie selbst im Römerbrief expliziert hätte, dann hätte er diese Praxis als unwahr auch kritisiert, wie er ja auch sehr scharf die Eucharistiepraxis der Korinther kritisiert!  
Manche meinen, daß die Einführung der Handkommunion nicht nur ein Fehler der Kirche gewesen sei, sondern gar die Einführung einer unerlaubten Neuerung gewesen sei. Es gibt sehr wohl eine theologische Rechtfertigung der Praxis der Handkommunion, daß in der Eucharistie der sich erniedrigende, sich für uns als Opfer darbringende Christus im Vordergrund steht und dem entspricht es, daß Christus sich selbst uns in die Hände gibt-so sehr erniedrigt der Heiland sich, um uns zu erhöhen! Es sei an der Christushymnus des Philipperbriefes erinnert. 2,6-11. "Er erniedrigte sich und ward gehorsam bis zum Tode, bis zum Tode am Kreuz"! Die Mundkommunion betont den erhöhten Christus, die Handkommunion den sich erniedrigt habenden Christus. Es darf aber angefragt werden, ob die Praxis der Handkommunion den unbeabsichtigten Nebenaffekt hervorgerufen hat, daß das Wissen um die Heiligkeit der Kommunion verloren gegangen ist, weil die Weise des Empfangens der profanen Nahrungsaufnahme zu ähnlich ist und daß deshalb die Kirche zur alten Praxis zurückkehren sollte. Damit hätten wir ein Beispiel eines legitimen Wandels, weil zur legitimen Weise des Empfangens eine neue legitime hinzugefügt wurde, und daß eventuell dieser Wandel wieder rückgängig gemacht werden sollte, da er unbeabsichtigte negative Nebenwirkungen aus sich heraussetzte!  
Kann, um uns aktuelleren und problematischeren Gebieten zuwendend, auch in der Morallehre es einen legitimen Wandel geben? Wer hier spontan, das sei ferne, ausruft, möge doch bitte diese Frage beantworten: welche Männer heirateten die Töchter Adams und Evas, mit denen sie dann Kinder zeugten?
Es gibt auf diese Frage nur eine mögliche Antwort: ihre leiblichen Brüder! Inzest ist aber eine schwere Sünde, so der Katechismus. Aber ohne Inzest, wie schon der hl. Augustin es sagte, wäre nie eine Menschheit entstanden, weil die Menschen mit dem Tode aller Kinder Evas und Adams schon ausgestorben wären!  Also kann der Inzest am Anfang der Menschheitsgeschichte nicht Sünde gewesen sein, er wurde es erst später! Oder man müßte behaupten, daß es immer eine Sünde war, daß aber die Kinder Evas und Adams um des Überlebens der Menschen willen dann diese Sünde begehen mußten. Aber kann das dann noch Sünde genannt werden, wenn Gott doch selbst das Überleben der Menschen wollte und nicht ihr Aussterben. Auch als Conservativer muß man hier konzedieren, daß da ein radicaler Wandel in der Morallehre sich vollzogen haben muß! Hier ist das diesen Wandel in der Moral rechtfertigende Prinzip daß, daß um des Lebens willen die Moral geändert werden darf. Hauptsächlich moralisch richtig handeln, und wenn die Welt daran zu Grunde geht, ist die Maxime aller Moralrigoristen, aber das ist keine christliche Maxime. Um des Lebens willen darf also die Moral geändert werden.
Das 1. Makkabäerbuch zeigt uns diesbezüglich ein sehr überzeugendes Beispiel. Der Aufstand der Makkabäer gründete und rechtfertigte sich ja gerade durch das Ziel, daß die frommen Juden um ihr Recht kämpften, gemäß ihrer Religion leben zu wollen und daß sie nicht gleichgeschaltet werden wollten. Um des Lebens gemäß der Tradition der Väter und der Gebote Gottes kämpften sie. Der Feind griff sie nun am Sabbat an-klugerweise. Die frommem Juden sagten: " Wir wollen lieber alle sterben, als schuldig werden". (1. Makk. 2, 37). Denn die Ordnung des Sabbates verbot ihnen, am Sabbat zu kämpfen und so wurden sie alle, Kinder, Frauen und Männer, etwa 1000- widerstandslos- getötet.  Angesichts dieses Massakers sagten die Führer des Aufstandes nun: wenn wir so weiter die Sabbatordnung praktizieren, werden wir alle bald ausgerottet sein. Die Sabbatordnung wurde geändert: wenn wir am Sabbat angegriffen werden, dürfen wir uns auch verteidigen! (2, 39-41)
Die Moral hat dem Leben und Überleben zu dienen- tritt die Moral im Widerspruch zu dieser Zielbestimmung, dann ist sie um des Lebens willen zu ändern. Seit den Tagen der Makkabäer dürfen so Juden auch am Sabbat Krieg führen, wenn sie an diesem Tage angegriffen werden!  
So viel legitimem Wandel kennt die hl. Schrift und die Kirche und diese Wandlungen werden  bejaht!  Könnte es doch mehr legitimem Wandel in der Kirche geben als man als Conservativer glaubt? Könnte es auch in der jetzigen Morallehre wahre Aussagen geben, die dem Leben so sehr widersprechen, daß sie zu ändern sind? 
Als ein offensichtlicher  Kandidat käme sicher die Lehre vom Verbot künstlicher Befruchtung in Frage in dem Falle, daß ein Ehepaar auf natürliche Weise keine eigenen Kinder bekommen kann. Gerade dieses Verbot verlangt nach einer genauen Prüfung, denn der Verdacht ist hier nun wirklich nicht von der Hand zu weisen, daß hier die Moral lebensfeindlich wird, wenn sie so die Zeugung von Kindern verbietet, bloß weil sie meint, Menschen dürften nur natürlich erzeugt werden. Keiner verbietet einem Menschen, der sich nicht mehr natürlich ernähren kann eine künstliche Nahrungszufuhr mit der Begründung, daß der Mensch nicht künstlich sondern nur natürlich sich ernähren dürfe! Aber es könnten sich noch weitere Kandidaten finden lassen!
Das soll hier nur ein Beispiel sein  für einen wohl möglichen legitimen Wandel in der Morrallehre der Kirche!  Unter legitimen Wandel kann aber auf keinen Fall ein bloßes sich Einpassen in den Zeitgeist meinen, ein dem Volke nach dem Munde Reden! Das erste ist das Erfordernis nach einer Kriteriologie, die es erst erlaubt, legitimen von nichtlegitimen Wandel zu unterscheiden. Und das erste Kriterium für die Morallehre wird dann das Leben sein, daß die Moral nicht lebensfeindliche Auswirkungen zeitigen darf, wie etwa eine Sabbatordnung, die ein militärisches Sichverteidigen am Sabbat verbietet!                       

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