Sonntag, 12. April 2015

Vortrag: Warum gibt es überhaupt neben Jesus Christus noch andere Priester

Der Eine und die vielen Priester
oder warum gibt es neben dem einen Jesus Christus noch die vielen anderen?

Wir könnten ganz grundsätzlich, ab ovo beginnen mit der These: wo Religion ist, da ist auch Priestertum und da das Christentum eine Religion ist, ist in ihm auch ein Priestertum. Und dies Priestertum müsse sich in irgendeiner positiv gearteten Beziehung zu dem Stifter dieser Religion befinden, also zu Jesus von Nazareth.
Aber so einsichtig das auch in unser aller Ohren klingen mag, so umstritten ist das Alles.
Das Christentum erscheint uns -auf den ersten Blick-in einer fast unüberschaubaren Vielzahl von Einzelchristentümern, Katholisch, Evangelisch, Orthodox, Anglikanisch, um nur die bekanntesten zu nennen und in jedem wird die Frage; Wie hältst Du es mit dem Priestertum? unterschiedlich beantwortet. Für uns Katholiken ist das Priestertum erstmal eine selbstverständliche Praxis der Kirche- und genauso selbstverständlich gibt es für Lutheraner keine Priester. Und schauen wir zu den anderen großen Religionen neben uns, so sehen wir: weder die jüdische noch die islamische Religion kennt Priester! Papst Leo XIII schreibt in seiner Enzyklika, „Caritatis studium“ 1898; „Das Wesen der Religion selbst enthüllt die Notwendigkeit des Opfers, Und wenn man die Opfer entfernt, kann eine Religion weder sein noch gedacht werden“. (DH3339)
Aber das war nun etwas zu schnell. Es fehlt ein notwendiger Zwischengedanke. Priester und Opfer gehören so innigst zueinander, daß gesagt werden muß: wo kein Priester, da ist kein Opfer und wo kein Opfer ist, da ist kein Priester. Lassen wir die religionssoziologische Frage außer acht, ob in den Anfängen der Religion es immer schon diese Unterscheidung von Priester und Nichtpriester gegeben hat-denn selbst wenn erst nach den Anfängen der Kultur, zu der ja die Arbeitsteilung und Spezialisierung gehört- sich diese Unterscheidung einfand, so gehört diese doch wesentlich zur Religion.Das lehrt uns Papst Leo XIII. Wo Opfer und Priester ist, da ist Religion. Und damit stehen wir schon vor einer sehr gewagten These: daß, wo eine Religion kein Priestertum und kein Opfer kennt, dies wohl eine defizitäre Religion ist.

Aber wenden wir uns jetzt einer nicht defizitären Religion zu, der jüdischen. Ich wähle jetzt, um dem Thema näherzukommen, einen Nebeneinstieg. Wir wenden unser Augenmerk auf eine Person und ein Amt, das immer ein wenig im Schatten stand und steht. Die Hauptpersonen sind uns bekannt-ja schon zu bekannt, sodaß wir in Gefahr geraten, sie nicht mehr zu kennen: Jesus von Nazareth, Pontius Pilatus, Maria unter dem Kreuze stehend, der Jünger, besser Schüler Jesu... Nur, er, der Hohepriester Kaiaphas, er fand nicht wie die Hauptpersonen, Jesus, Pilatus und Maria den Weg in unser Glaubensbekenntnis- und wenn von dem Hohepriester gesprochen wird, dann meinen wir, den Hebräerbrief im Ohr, damit Jesus Christus als den wahren Hohepriester. Er überstrahlt so sehr den Hohepriester Kaiaphas, daß wir den kaum noch wahrnehmen.Ja, manchmal dient er nur als Negativfolie für den umso glänzenderen Jesus. In der Person Jesu und der Person Kaiaphas stehen sich, wenn man so will-auf den ersten Blick-das Neue Testament und das Alte gegenüber. Der Hohepriester Kaiaphas repräsentiert das, was wir verkürzend den Inbegriff des Alten Bundes nennen könnten-das religiöse Leben des Volkes Israel mit seinem Tempelkult, in Jerusalem dem Jahwe allein,und all dem, was sich dann an Vorstellungen um dies Zentrum gruppiert und da steht das Neue-Jesus und die neue Religion. Ist das Gegeneinander von Jesus und Kaiaphas das der jüdischen und der christlichen Religion-oder sehen wir hier einfach Antithesen von Alt und Neu, wo es gälte, die Einheit zu sehen. Daß der Gott Abrsahams, Isaaks, der Gott Israels eben auch und gerade auch der Gott dieses Hohepriesters Kaiaphas ist und daß auch und gerade Jesus Christus diesen einen Gott verkündete.

Schauen wir auf den dramatischen und tragischen Augenblick in dem Leben des Hohepriesters Kaiaphas. Versuchen wir, ihm gerecht zu werden, um so etwas über das Priestertum zu erfahren-es in einem tieferen Lichte zu erkennen.
Die Situation-wir kennen sie aus dem Johannesevangelium, unter der Überschrift: Der Tötungsbefehl des Hohen Rates-das prophetische Wort des Hohepristers.

Wir befinden uns zuerst im Vorstellungsraum des Politischen. Da gibt es einen Jesus, der Anhänge um sich sammelt, da gibt es die römische Besatzungsmacht und ein Problem in der Beziehung zwischen diesen beiden Größen. Der Hohepriester sieht es so: in den Augen der Römer ist diese Jesusbewegung etwas politisch Gefährliches, wohl wieder so eine jüdisch-national-religiöse Bewegung zur Befreiung von der als Fremdherrschaft verunglimpften Römischen Schutzmacht, und die hohe Wahrscheinlichkeit, daß die Römer in präventiver Aufstandsbekämpfung militärisch handeln werden. Das heißt modern Krieg dem Terror-und viel Blut wird fließen

Zum Hoheporiester : Seit dem Verlust der politischen Selbstständigkeit Israels, 586 v. Chr. ist Israel ein Volk, das sein Leben primär in der Religion hat. Das Priestertum hatte sich mit den Mächtigen arrangiert: dem Verzicht auf politische Selbstständigkeit stand die römische Garantie der freien Ausübung des jüdischen Kultes gegenüber. Machtheschützte Innerlichkeit könnte man das nennen. Und diese religiöse Freiheit, die wollte gerade die Priesteschaft Israels bewahren-konservativ wie nun mal Priester sind: keine politisch-revolutionären Experimente, die die Freiheit des religiösen Lebens gefährdete. Und das tat diese Jesusbewegung-gerade weil sie-nach dem Urteil der Priesterschaft-nartional-revolutionäre Züge trug.

Eine notwendige Zwischenbemerkung:wir Menschen verhalten uns nicht zur realen Welt, sondern zu der immer von uns schon irgendwie gedeuteten. Wenn wir den Hohepriester Kaiaphas verstehen wollen, dürfen wir erstmal nicht fragen: was war die Jesusbewegung wirklich, sondern was war sie in den Augen des Kaiaphas. Und der frug: was ist sie in den Augen der römischen Besatzungsmacht, denn das Verhalten der Römer hängt davon ab, wie sie die Jesusbewegung wahrnehmen, Kaiaphas hat eine Vorstellung von dem, was in den Augen der Römer die Jesusbewegung ist und er weiß, wie sie daraufhin agieren wird. Unwichtig ist es jetzt, ob er richtig sieht- wir rekonstruieren nur, wie er es sah und warum er dann den Beschluß faßte: lasset uns den Einen töten, um die Vielen zu retten.
Möglichkeit Eins: Wir unternehmen nichts, dann wird die Römische Besatzungsmacht agieren, einen präventiven Militärschlag durchführen und viele Menschen werden sterben.
Möglichkeit Zwei: Wir liefern das Haupt der Bewegung den Römern aus, dann werden sie den Jesus als Aufständler hinrichten und auf den Militärschlag verzichten.
Lasset uns einen opfern, einen aus unserem Volke, um das Leben vieler unseres Volkes zu retten. Das ist die Moral des Hohepriesters. Er zeichnet sich damit als Verantwortungsethiker aus. Er ist auch ein Realpolitiker. Er kennt sich aus in der Welt der Politik. Hier muß so manches mal ein Bauernopfer gebracht werden, um der größeren Ziele willen.
Priester, die politisch agieren, Priester, die den Tod eines Unschuldigen in Kauf nehmen und der Verdacht: wenn solche von uns, unserem Volke reden, da meinen die in erster Linie sich und sonst gar nichts. Wider die politische Rhetorik von: Wir sitzen alle in ein und dem selben Boot.
Aber assozieren wir hier nicht falsch-mit welchem Recht zitieren wir hier nun aus der Mottenkiste allseits bekannter Priesterkritik?

Ich bin ein Preuße, man hörts zumindest in Bayern sofort an meiner Aussprache.Fassen wir den Hohepriester Kaiaphas mal preußisch! Preußisch leben heißt, zu sagen, ich habe meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit getan! Das ist sozusagen die etwas vergröberter volkstümliche Variante des Kantschen Pflichtbegriffes. Sie dürfen jetzt gern ein wenig an kategorische Imperative denken, nur nicht gleich auf dem hohen Reflexionsniveau dieses Philosophen. Volkstümlicher.
Einen Menschen in den Tod zu schicken, das ist keine einfache Tat, gar wenn man ihn wohl für unschuldig hält´. Es gibt keinen Anlaß und Hinweis, daß der Hohepriester Jesus selbst für einen Aufständler hielt, der dann gar rechtens von der römischen Obrigkeit getötet wird. Es ist eine politische Untat, die hier der Hohe Rat beschloß: wir liefern den einen, den Jesus auf, um die vielen zu retten. Wir opfern einen zumindest politisch Unschuldigen, um vielen das Leben zu retten. Aber solche Untaten machen oft das aus, was Politik ist-wie der Volksmund zu sagen pflegt, das ist eben ein schmutziges Geschäft!

Aber ein Hohepriester gehört nicht in den Raum des Politischen. Er gehört in den Raum des Religiösen.Und als Christen können und dürfen wir auch nicht angesichts des Kreuzes im politischen Vorstellungsraum verharren, als wenn da einfach nur ein politischer Irrtum der Römer sich ereignet hätte und daß dann Gott diesen Irrtum Ostern korrigiert hätte. Die bösen Römer töteten Jesu und der gute Gott erweckte ihn dann von den Toten nach drei Tagen. Es bliebe da nämlich eine gefährliche Leerstelle: was tat Gott, der Vater Jesu, als sein Sohn am Kreuze hing und starb? All solche Reduktionen, die Römer töteten Jesus, Gott rettete ihn aber aus dem Tode nach 3 Tagen, sie können nicht als theologische Antworten akzeptiert werden- gerade wegen dieser fatalen Reflexionslücke: was tat Gott, der Vater Jesu, als er am Kreuze starb?

Der uns vielleicht schon zu bekannte Johannestext beantwortet uns diese Frage! Wir wechseln jetzt den Vorstellungsraum. Nebenbemerkung: wir können immer nur ein Ereignis begreifen, indem wir es in einen bestimmten Vorstellungsraum einzeichnen und von ihm her das Ereignis verstehen.
Sollte jemanden das auf Anhieb nicht einsichtig sein: Bauer-jeder weiß wohl, was ein Bauer ist! Aber, welchen meinen Sie denn, den in der Landwirtschaft, im Vorstellungsraum der Agrarökonomie, den Schachbauern oder den Skatbauern oder den Bauern im Benimmbuch? Benimm Dich nicht wie ein Bauer. Oder dachten Sie an die Politik und somit an Bauernopfer? Und was ist denn nun der wahre Bauer? Und was nützt meine Kenntnis vom Bauern in der Landwirtschaft, wenn ich die Bedeutung des Bauern im Schachspiel erfassen will?
Die Tat des Hohepriesters wird nun in den religiösen Vorstellungsraum gestellt: Einer wird geopfert, um vielen das Leben zu retten.Damit stehen wir mitten im Zentrum religiösen Denkens: der Priester und das Opfer und das Heil, das das Opfer wirkt.
Gott sagt: es ist mein Wille, daß der eine stirbt, um die vielen zu retten. Der selbe Satz, nun in einem ganz andren Vorstellungsrsaum hineingeschrieben, er bekommt somit auch eine ganz neue Bedeutung. Die Worte bleiben die selben und doch verändern sie sich in ihrer Bedeutung.

Zur Veranschaulichung, wenn Ihnen das jetzt wohl ad hoc als zu kompliziert erscheinen mag. Ein einfacher Satz: Ich gehe zur Bank.
Den versteht jeder von Ihnen auf Anhieb! Oder? Ich war müde und ich ging zur Bank, um mich auszuruhen. Ich wollte ein Geschenk kaufen und ich ging zur Bank , um ein Geld abzuholen. Zwei ganz verschiedene Bedeutungen für den einen Satz: Ich ging zur Bank.

Wie ändert sich nun die Aussage, wir wollen den Einen töten, um die vielen zu retten, wenn das Gottes Wille ist. Im politischen Raum meinte das ja, den Jesus den Römern ausliefern (=opfern), um zu verhindern, daß sie viele Juden töten in einem präventiven Antiterrorkrieg (um es modern auszudrücken).
Die formale Struktur bleibt: Jesus soll geopfert werden, nur jetzt wird er Gott geopfert, nicht den Römern, damit durch diesen Opfertod der Zorn Gottes wider die vielen besänftigt wird. Gott kommt dabei in zwiefacher Weise zu stehen, als der zu besänftigende und als der, der selbst als Liebe die Ordnung des Kultes gesetzt hat, damit so -sagen wir es mal etwas kommunikationstheoretisch modern- die Beziehungsstörung beseitigt werden kann. Wenn Religion eine wechselseitige Beziehung zwischen Gott und Menschen ist, dann ist diese eine sehr störanfällige: auf Seiten des Menschen, seine Neigung zum Sündigen und auf Seiten Gottes: Gottes Schweigen und scheinbares Nichthandeln-(das Theodizeeproblem). Der gottesdienstliche Kult ist so eben auch gerade die institutionalisierte Form der Konfliktbereinigung: Gott läßt sich durch Opfer versöhnen-und Gott setzt diese Ordnung so, daß dies eine menschliche Möglichkeit wird.
Wagen wir ein kleines Experiment. Denken wir uns den Karfreitag einmal ohne den Hohepriester. (Theologisch ist das legitim, weil Gott als potentia absoluta auch eine Welt hätte schaffen können, in der Jesus für unsere Sünden am Kreuze stirbt ohne eine Beteiligung des Kaiaphas) Jesus wäre der römischen Besatzungsmacht nicht als Lehrer einer jüdischen Sekte aufgefallen, für religiöse Fragen interessierten sich die eher pragmatisch orientierten Römer wenig, aber für Jesus als einen potentiellen Nationalrevolutionär. Vorbeugend hätte man ihn gekreuzigt. Aber Gott hätte ihn von den Toten auferweckt . Gott wäre das möglich gewesen.
Aber der Hohepriester war am Opfer Christi maßgebend beteiligt. Also wollte das Gott auch oder hat es zumindest zugelassen-denn nichts kann in der Welt gegen den Willen des Allmächtigen geschehen. Und aus dem Johannesevangelium wissen wir sogar genau, daß es Gottes Wille war, daß der Hohepriester Jesus an die Römer auslieferte, ihn als Bauernopfer darbrachte, um die Vielen zu retten!

Der Kreuzestod war bei den Römern eine gängige Art der Vollstreckung der Todesstrafe. Wie hätte man diesem Kreuzestod ansehen sollen, daß hier ein religiös-kultisches Opfer stattfand? Ganz anders, wenn plötzlich-daneben, wenn auch nicht im Scheinwerferlicht das Amt des Hohepriesters eingezeichnet wird! Er, und nur er ist von Amtswegen für die alljährliche Darbringung des Sühnopfers zuständig. Er deutet dies Ereignis-prophetisch: wir opfern den Einen, um die Vielen zu retten. Er agiert hier scheinbar nur als im politischen Sinne Verantwortung Tragender-aber faktisch agiert er gerade hier als Hohepriester: er tut, was seines Amtes ist: er opfert. Man könnte sagen, daß das Amt hier stärker ist als er als Privatperson, die als zur jüdischen Oberschicht Gehörender eben auch die Gefahren für seinen Stand sah, wenn die römische Besatzungsmacht zu einem Präventivschlag ausholen würde.

Und jetzt kommen wir zu einem ganz wichtigen Punkt:
Das Amt ist nun keine menschlich-allzumenschliche Erfindung, keine Anmaßung, sondern eine von Gott selbst gewollte und eingesetzte Ordnung. Wir würden das ganze Alte Testament völlig mißverstehen, teilten wir es auf in zwei Aussagentraditionen: die einer priesterlichen, für die das Zentrum der jüdischen Religion im Kult und im Opfer besteht und einer kultkritischen, der manchmal als prophetischen bezeichneten, der das Zentrum der Religion die Ethik und Moral wäre, und die fast schon präkantianisch den Opferkult verurteilten als primitive Religion. Wir dürften dann noch ein wenig Platon mithören, der schon urteilte, daß es für die Moral verhängnisvoll wäre, wenn man den Menschen in der Religion lehrte, daß all ihre Sünden leicht vergebbar wären, sie bräuchten nur die kultisch vorgeschriebenen Opfer dafür tätigen. Nein, so simpel ist es nicht. Das Daß des Opferkultes ist der Wille Gottes-und darum und nur darum gibt es ein legitimes Priestertum.

Wir können jetzt die Frage so stellen: warum gibt es neben dem Kreuzaltaropfer Jesu die vielen Opfer des Alten Bundes, warum gibt es neben Jesus Christus, den der Hebrärbrief als den wahren Hohepriester bezeichnet, noch die vielen anderen Hohepriester des Alten Bundes-und warum agiert neben dem Hohepriester Jesus der Hohepriester Kaiaphas? Und wenn Sie genau hingehört haben, dürfen Sie hier die seit Marcion aufgeworfene Frage mithören: warum gab es denn überhaupt den Alten Bund und das Alte Testament neben dem Neuen Testament? Hätte Jesus nicht-wie eine creatio ex nihilo eine ganz neue Religion stiften können-ohne einen Bezug auf den jüdischen Glauben und sein Priestertum? Marcion schlug ja vor, einen verbindlichen Kanon heiliger Schriften für die Kirche zu schaffen, ohne das Alte Testament und ohne alle AT-Zitate der Evangelien!

Wenn wir die Prämisse vergäßen, daß Gott es war und ist, der den Kult und das Amt des Hohepriesters setzte, dann könnten wir wohl mit Nietzsche es uns so zurechtlegen: Jesus hat als Radicaler all das abgelehnt, was die jüdische Religion ausgemacht habe:Tempel, Priester usw...nur habe dann schon Paulus alles wieder verfälscht und so kam es, wie es heute noch gerne Modernisten erzählen: Jesu verkündete das Reich Gottes-aber leider kam die Kirche mit Opferkult und Prietern.Er, Jesus kämpfte dagegen, aber die Religion besiegte ihn posthum. Bleiben wir aber der Prämisse treu, daß Gott es wollte, daß das jüdische Priestertum sei und gerade auch das Amt des Hohepriesters, dann müssen wir uns fragen: warum?

Die erste Möglichkeit wäre die Vorstellung einer Serie:
es gab Priester, die Gott wohlgefällige Opfer darbrachten, dann kam Jesus und brachte sich als Sühnopfer dar und danach kamen die vielen Priester der Kirche, die die Meßopfer darbringen. Das eine Opfer Jesu wäre eines unter vielen, nur eben mit der Besonderheit, daß hier der Sohn Gottes sich selbst als Opfer darbrachte. Aber warum bedarf es neben den vielen Opfern dann das eine besondere Opfer, bleibt bei dieser Vorstellung völlig im Dunklen-aber auch umgekehrt: wenn es das Besondere gibt, warum gibt es daneben die vielen anderen?

Die andere Möglichkeit wäre die, daß es nur ein Opfer gäbe, das des Hohepriesters Jesu und die anderen wären keine echten Opfer. Luther und seine Nachfolger vertreten das: das kirchliche Meßopfer sei kein Opfer,sondern nur eine Erinnrerung an das eine, und in der Abendmahlsfeier wird nur die Frucht des Kreuzaltaropfers ausgeteilt an die Gläubigen. Und aus dem Priester macht Luther so einem Kommuinonausteiler, den evangelischen Pfarrer, der kein Priester mehr sein darf.
Nebenbemerkung: deshalb hat Luther auch das Zölibat abgeschafft, weil seine Pfarrer keine Priester mehr sind) Also, waren die Opfer des Alten Bundes gar keine Opfer und die der Kirche auch keine und es gab so auch keine Priester im Alten, wie im Neuen Bund-nur Kommuinonausteiler! Der Hohepriester Kaiaphas ist so zu einer unmöglichen Gestalt geworden, die rechtens nicht ins Glaubensbekenntnis aufgenommen worden ist-ganz im Gegensatz zu Pontius Pilatus!

Aber eines ist uns so klar: dem Alten Testament mit seinem Zeugnis über das gottgewollte Priestertum und seinen Opferkult werden wir so in keinster Weise gerecht-und wir müßten uns ernsthaft fragen lassen, ob nicht tatsächlich der Priester der Euchsasristiefeier ebenso ein Unding ist wie die Priester des Alten Testamentes und der Hohepriester Kaisaphas neben dem Kreuze Christi.
Priester und Opfer gehören aufs innigste zusammen, wo kein Opfer ist, da ist kein Priester und wo kein Priester ist, da ist kein Opfer. Solange wir Jesu Christi Kreuzaltaropfer als ein Opfer neben anderen denken, kommen wir nicht darum herum, entweder, um der vielen Opfer sein Opfer kleinmachen zu müssen, zu einem unter vielen oder es zum einzigen hochzusteilen, so daß um des einen Opfers willen die anderen vielen zu Nichtopfern herabgewürdigt werden! Solange wir Jesus Christus als den einen wahren Hohepriester lehren, werden wir die vielen anderen Priestern zu Nichtpriestern machen müssen oder um der vielen Priester willen, den wahren Hohepriester herabwürdigen zu bloß einem unter vielen. Wäre er nur einer unter Vielen, wozu wäre er dann heilsnotwendig, diese Frage drängte sich uns dann auf. Wäre er nur der einzige Priester, müßten dann nicht die vielen anderen Priester Nichtpriester sein-die nur fälschlich als Priester angesehen werden.
Stand also neben dem Kreuze Jesu ein Hohepriester Kaiaphas, der gar keiner sein konnte, und der sich etwas anmaßte, einen zu opfern, um viele zu retten, was ihm nicht zustand-oder opferte der Hohepriester Kaiaphas Jesus, als er ihn den Römern übergab, so wie viele Priester vor und nach ihm Opfer darbrachten und darbringen und Jesu Opfer wäre dann nur eines unter vielen?


Papst Benedikt bietet hierfür eine sehr erwägenswerte Anmerkung in seinem Jesusbuch. Ich referiere sie kurz . Er setzt an im Jahre 70, nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels. Diese Zerstörung des Tempels verlangte nun nach einer Ausdeutung. Benedikt schreibt:

Eines ist klar: die Bibel-das Alte Testament-musste neu gelesen werden. Das sadduzäische, ganz an den Tempel gebundene Judentum (Nebenbemerkung von mir, dazu gehörte der Hoheprieser Kajaphas) hat diese Katastrophe nicht überlebt. [...]Es gibt zwei Antworten auf diese Situation-zwei Weisen, das Alte Testament nach 70 neu zu lesen: die Lektüre mit Christus, von den Propheten her, und die rabbinische Lektüre.[...] Erst von da an sprechen wir von „Judentum“ im eigentlichen Sinn als einer Weise, den Kanon der biblischen Schriften als Offenbarung Gottes anzusehen und zu lesen ohne die konkrete Welt des Tempelkultes. Diesen Kult gibt es nicht mehr.“ So weit der Papst

Der zerstörte Tempel setzte somit-nach Benedikt zwei Deutungsmöglichkiten aus sich heraus: die jüdische Religion konzipierte sich als Religion ohne Priester, ohne Opfer und ohne Tempel-das ist die Geburtsstunde der jüdischen Religion. Das Christentum verstand dagegen die Meßfeier als die Polongierung des alttestamentlichen Kultes unter der Vorausetzung, daß das Kreuzaltaropfer das Ende des alten und der Anfang des neuen Opferkultes ist in der Feier des kirchlichen Meßopfers.
Der Hohepriester Kaiaphas steht so für das Ende des alttestamentlichen Kultes. Das Ende bedeutet dann aber auch die Vollendung dieses Kultes. Pointiert ausgedrückt: Gott schuf die Ordnung des alttestamentlichen Kultes mit dem Hohepriester an seiner Spitze, damit dieser seine Vollendung und Erfüllung findet in der Mitwirkung des Hohepriesters am Versöhnungsopfer Christi.Die äußere Zerstörung des Tempels 70 n, Chr und die Tatsache, daß er von den Juden nie wieder auferbaut worden ist, demonstriert nur äußerlich, daß dieser Kultus seiner Substanz beraubt ist und er so nichtig geworden ist.Anstelle des Jerusalemer Tempels und seines Sühnopfers, vom Hohepriester dargebracht, tritt die eucharistische Meßfeier, dargebracht von den Aposteln Jesu und ihrer Nachfolger, den Bischöfen und Priestern. Die jüdische Religion ist so gesehen der Ausstieg aus der Kontinuität mit dem Alten Bund, indem es nun eine Religion ohne Herz ist, ohne einen Opferkult.

Aber stehen wir denn jetzt nicht vor lauter Aporien: da haben wir Kaiaphas, den Hohepriester, der am Karfreitag mitwirkt, wir haben Jesus, der sich als Sühnopfer seinem göttlichen Vater uns zum Heile darbringt und wir haben die heutige Meßfeier mit dem Priester, der Gott das ihm wohlgefällige Opfer darbringt. Das Problem steckt in dem einen Wort, dem UND. Es sagt uns nämlich nichts aus über die Beziehung dieser drei Größen zueinander.

Fangen wir jetzt mal bei dem Priester und der Eucharistiefeier an. Hören wir auf die Worte des heiligen Pfarrers von Ars:
Oh wie groß ist der Priester! Wenn er sich verstände, würde er sterben. Gott gehorcht ihm: Er spricht zwei Worte aus, und der Herr steigt auf seine Stimme hin vom Himmel herab und läßt sich in eine kleinen Hostie einschließen...Wenn das Sakrament der Priesterweihe weggenommen würde, hätten wir nicht den Herrn..Ohne den Priester würden der Tod und das Leiden unseres Herrn zu nichts dienen...“ So weit der Pfarrer von Ars. Legen wir jetzt unser Augenmerk nicht auf die hier unterlaufende Verwechslung der katholischen mit der lutherischen Lehre von der Realpräsenz Christi-nach Melanchthon genauer gesagt, steigt Christus vom Himmel herab, um sich in dem Brot einzuschließen, nach der Lehre der Katholischen Kirche wird dagegen das Brot in das Fleisch Christi und der Wein in das Blut Christi verwandelt, sondern fragen uns: warum wäre das Kreuzaltaropfer Christi zu nichts nütze, wenn der Priester nicht in der Eucharistiefeier Brot und Wein wandeln würde.
Die einfachste Antwort darauf wäre die Luthers. Sagen wir es einfach und anschaulich: die Medizin ist am Kreuze für uns erstellt worden und wird wie eine Medizin in der Apotheke, also in der Kirche ausgeteilt und wenn sie ordnungsgemäß dann eingenommen wird, heilt sie uns. Ohne das Kreuz Christi gäbe es keine Medizin, aber sie nützt nichts, wird sie nicht an uns Menschen ausgeteilt und wenn sie ausgeteilt dann auch recht empfangen wird. Dann könnten wir den großen Bogen so schlagen: In dem einen und einzigen Opfer wurde die heilbringende Medizin erstellt und dann in der Gestalt des Alten Bundes im Jerusalemer Tempelkult und in der Gestalt des Neuen Bundes, in der Abendmahlsfeier ausgeteilt und zum Heile der Menschen empfangen. Dann gäbe es nur einen Priester, Jesus Christus und nur sein Opfer am Kreuze, aber viele Komuinionausteiler, die des Alten und des Neuen Bundes. Nur, dann wären die Priester alle keine Priester und es gäbe keine Religion-denken wir an das anfängliche Votum des Papstes Leo XII: es kann keine Religion ohne Opfer geben. Wir hätten ein religionsloses Christentum vor uns-

Und das schlagen ja auch tatsächlich viele Modernisten vor! Zudem: der Gottesdienst wäre gar kein Gottesdienst, weil in ihm nur den Menschen gedient wird, indem ihnen die Frucht des Kreuzaltaropfers ausgeteilt wird, aber die Eucharistie wäre keine religiöse Handlung an und zu Gott hin . Ein Anthopozentrismus wäre geradezu das Kennzeichen eines so gearteten religionslosen Christentumes.

Wir könnten dann als Alternative, damit es noch echte Priester gibt und nicht nur Kommunionausteiler auf das Vorstellungsmodell der Serie rekurrieren: eine unendliche Reihe von Einzelopfern brächte Menschen das Heil, jedes Opfer für sich brächte den Beteiligten das Heil. Nur dann müßten wir uns fragen: wozu bedurfte es dann des Opfers Christi, oder warum setzen wir nicht einfach die Opfer des Alten Bundes fort?

Wir sehen, wir haben zuviele Bälle im Spiel, die alttestamentlichen Priester mit ihren Opfern, Jesus mit seinem Kreuzaltaropfer und dann noch die Priester mit ihren Meßopfern. Dogmatiker gleichen jetzt Jongleuren mit zu vielen Bällen im Spiel-sie sind überfordert.

Versuchen wir eine Annäherung:
Erste These: Gott will, daß Religion ist. Unter Religion sei verstanden ein komplexer Kommuinkationszusammenhang zwischen dem Gott und uns Menschen in dem gerade der Opferkult und der Priester eine besonders wichtige Rolle spielen. Alles Weitere und Nähere überlasse ich den Liebhabern von klaren Definitionen von Religion-aber die Mindestbedingung ist, daß Religion nur dort adäquat gedacht wird, wo Gott selbst als das Subjekt der Religion zu stehen kommt, der Beziehungen zu Menschen so stiftet, daß auch sie mit ihm kommunizieren können.
Gott bringt in der Religion Menschen seine Erkenntnis von sich.

Zweite These. Die Christliche Religion hat als Religion (nicht primär als Morallehre und Weltdeutungslehre) sein Zentrum in dem Opfer Jesu Christi. Damit dies Ereignis des Kreuzes ein religiöses wird und ein Religion stiftendes, steht hier neben dem Gottessohn Jesus Christus der rein menschliche Hohepriester. Er legitimiert in Hinsicht auf den Alten Bund, den Jerusalemer Tempelkult, dessen Priesterschaft und ihre Opfer und er legitimiert in Hinsicht auf den Neuen Bund das neue Priestertum, daß eben Gott nicht selbst unmittelbar allein handelnd das ihm wohlgefällige Opfer sich darbringt sondern indem er Menschen als Cooperator einsetzt.
Der Priester ist der Cooperator Christi. Der Cooperator Gottes, durch dessen Mithilfe Gott sich seine ihm wohlgefälligen Opfer darbingen läßt. Würde Gott das Heilswerk allein durch Jesus Christus bewirken, dann hätten wir das, was dem extremen Calvinismus als religionsloses Christentum vorschwebt, etwa im Stile eines Karl Barth, der das Heilswerk ganz in die Objektivität des Kreuzes verlegt und das Christentum dann auf eine christologisch fundierte Morallehre reduzieren wollte.
Aber erst die Mitwirkung des einen Hoheprieters macht es begreifbar, warum auch an den Opfern des Alten Bundes und des Neuen Bundes rein menschliche Priester mitwirken. Der Priester in Meßopfer stellt so eine hochkomplexe Figur dar: er repräsentiert Jesus Christus als den, der sich darbringt und er vollzieht das rein menschliche Priesteramt, indem er als Priester im Auftrage des Bischofes das kirchliche Meßopfer darbringt.Also haben wir, um es zu versimplifizieren, viele Priester, die als Cooperatoren des eines wahren Hohepriesters Gott wohlgefällige Opfer darbringen. Und nur weil es diese Cooperation gibt, gibt es Religion-sonst wandelt sich die Religion in eine theistische Lebensphilosophie! Nebenbei: Das meint man, wenn man in nicht unproblematischer Weise in frommen Kreisen von der Gefahr eines philosophisch gedachten Gottes auf die gelebte Religion verweist.
Aber gehört es nicht zum Katholischen Glauben, daß wir an das eine Opfer Christi glauben, durch das wir die Erlösung erlangen und nicht an unendlich viele, denen wir Menschen das Heil erlangen?
Die Frage: der eine Priester und die Vielen kann nicht beantwortet werden ohne zu fragen: wie verhalten sich die vielen Opfer des Alten und neuen Bundes zu dem einen des Kreuzaltares. Und zu Ihrer großen Enttäuschung muß ich Ihnen nun leider sagen, daß wir zwar verbindliche Lehrbestimmungen darüber haben, was an Aussagen die Lehre über das Verhältnis ´der Opfer zueinander zu enthalten hat, aber noch keine vollständig durchgeführte Lehre. Wir gleichen Matheschülern, die vor einer Gleichung stehen, die sie auf X hin auflösen sollen, síe wissen, was X erfüllen muß, um die richtige Antwort zu sein, aber wir haben das X noch nicht, nur die Bestimmungen für das X . (Nebenbemerkung: ein katholischer Mathematiklehrer sagte eins zu seiner Klasse, ich war auch unter den Hörern: wenn überall so klar wie in der Mathematik gedacht werden würde, die meisten Probleme wären fast gelöst-und-sein Zusatz: das müsse auch für unsere Religion gelten)
Versuchen wir, klar zu denken.

Die 1.These lautet: solange wir uns das Kreuz Christi als das eine und die anderen Opfer als die anderen denken, setzen wir notwendigerweise die Opfer in ein Konkurrenzverhältnis zueinander. Das hat zur Folge, daß entweder die vielen Opfer um des einen Opfers Christi willen entwertet werden-zu Nichtopfern werden und ihre Priester zu Nichtpriestern oder das eine Opfer Jesu wird entwertet, zu einem überflüssigen, weil die anderen vielen ausgereicht hätten.

Die 2. These lautet also: Der Irrtum beginnt mit der Setzung des Kreuzaltaropfers als einem in sich vollständigen, dem dann andere irgendwie noch folgen und doch nicht folgen können.

Versuchen wir dies Problem erstmal etwas platonisierend zu lösen

Das Kreuzaltaropfer setzten wir als das Urbild des wahren Opfers und setzten die vielen anderen Opfer als Abbilder dieses einen Opfers. Nur, daß jetzt nicht das Urbild das eine Opfer ist, dem Photokopien des Opfers nachgereicht werden, das Original und die Photokopien, sondern daß das eine Opfer die Einheit ist von Urbild und Abbild. Das Urbild ist nur, damit es sich in vielen Abbildern vermannigfaltigt auf der Erscheinunbgsebene, aber von der Substanz her ist es nur ein Opfer als die Einheit von Urbild und Abbild. Für die philosophisch Engagierteren unter uns: das Problem des Selbstbewußtseins: Ich denke mich, das Ich setzt das Mich, und identifiziert sich damit, sodaß so sich das sich selbst wissende Ich so konstituiert. Ich setzt die Differenz zu mich und hebt diese Differenz wieder auf- indem es sich als Einheit, als eins weiß: ich kenne mich, und das erkannte ich soll dabei ja eins sein mit dem erkennenden Ich.

Bleiben wir bei der Vorstellung des Urbildes. Das Urbild ist das Kreuz Christi und das soll in den vielen Opfern des Alten und neuen Bundes erscheinen, aber in der Erscheinung ist die Substanz das Urbild des Opfers. Und warum soll das Urbild so erscheinen? Damit es für Gott Menschen gibt, mit denen er und die mit ihm religiös kommunizieren und die Urform davon ist der Opferkult. Oder einfacher gesagt, damit Religion ist. Und wir können eine weitere Antwort geben: Kaiaphas wirkt am Kreuzopfer Christi mit, weil damit zum Ausdruck kommt, daß der alte Bund mit seinem Kult nicht einfach ein Irrtum war, den nun Jesus Christus aus der Welt schaffte. Wer hier die so „primitive“ Religion des Alten Testamentes mit dem Tempelkult, den Opferbestimmungen als durch Jesus überholt ansehen will, und höchstens noch die vermeintlich kultkritischen Propheten des Alten Bundes schätzt, wird durch die Stellung des Hohepriesters in dem Erlösungswerk Christi eines besseren belehrt.

Ein paar Nachträge und Ergänzungen
A) Kann Gott den Opfer und Gebete erhören?
Diese Frage wird Sie zuerst verblüffen,ist aber ernst gemeint! Warum ich diese Frage hier stelle? Wenn es wahr wäre, daß Gott weder Opfer noch Gebete erhören kann, wäre natürlich jedes Priestertum eine Absurdität.

Geben wir einem modernistischen Jesuiten, Keller, Grunddkurs des christlichen Glaubens, 2011, das Wort:


Es widerspricht dem Glauben, durch unser Beten werde Gott veranlasst etwas zu tun. Das Neue Testament sagt: „Gott ist Liebe“ (1.Joh 4,8 und 16) Er ist nicht 99 Prozent Liebe, nicht noch zu steigern, er ist völlig und pur und allein Liebe. Nichts kann ihn bessern; und wenn alle Menschen tausendfach beteten, würde er um kein Jota gütiger und gnädiger, weil er bereits völlig reine Güte ist, die uns immer schon überschüttet mit unendlicher Liebe. Nur ein Irrglaube kann meinen, Gott sei mit Beten zum Guten zu bewegen. Gott ist unbewegbar.“ S483 So weit der Jesuit!

Weil Gott vollkommen ist, kann er weder Opfer noch Gebete erhören-und damit ist alle religiöse Praxis genichtet. Der Jesuit Keller zieht daraus auch Konsequenzen : Beten muß rein anthroplogisch verstanden werden im Sinne von und
Durch Beten sich selbst ändern S.484f

Das Christentum ist keine Religion lautet dann seine konsequente Folgerung-Eigentlich dürfte es in ihr keine Priester, keine Opfer -keine Messe geben! Aber:
Keller schreibt:

Weil Menschen jedoch offenbar nicht ohne Religion leben können, Christentum jedoch keine bestimmte Religion seiner Anhänger voraussetzt, sondern jenen Ausprägungen von Religion,die Freiheit oder Mitmenschlichkeit hindern, sogar entgegentreten muss, übernahm es spätestens seit der Konstantinischen Wende selbst typisch Religiöses, das es zuvor in dieser Weise nicht kannte, wie einen eigenen Priesterstand, Kirchen als Tempel mit Altar, heilige Geräte, Orte und Zeiten, oft aus dem Heidentum, aber auch aus jüdischer Tradition entlehnt.“ S.88 Das wäre legitim, „wenn auch gültig bleibt, dass diese Formen für das Christentum nicht wesentlich sind,“ S.88 Weiterhin führt Keller SJ aus:

Vielleicht liegt es an der mangelnden Unterscheidung von sacerdos und presbyteros, dass man allmählich, wohl nicht zuletzt durch den Einfluß der zuströmenden Massen nach der konstantinischen Wende und von religiösen Bedürfnissen, das heidnische oder jüdische Versrtändnis von sacerdos als Mittlern zwischen Gott und der Gemeinde in einem eigenen Klerikerstand übernahm , ebenso wie Altäre und Tempel.“ S.420. „genuin christlich ist es nicht.“ 420
und so behandelt er das Sakrament der Weihe nicht in der Darlegung zu den Sakramenten! Die Handauflegung symbolisiere so nur eine Beauftragung zu einem Dienst


Versimplifiziert: Jesus hat die Religion abgeschafft und durch einen theozentrischen Humanismus ersetzt; da aber die Menschen nicht ohne Religion auskommen-warum eigentlich?- hat die Kirche dann, so ab dem Sündenfall der konstantinischen Wende-
Jesu Anliegen mit ummäntelt mit dem Gewand der Religion, und da habe man halt wieder Opfer, Priester und das ganze religiöse Brimborium wieder eingeführt. Was uns hier als graue Akademikertheorie vorkommen mag-einige denken vielleicht noch an Kants Schrift über die Religion in den Grenzen der praktischen Vernunft und dessen Verhöhnung der kultischen Religion als Afterdienst, (O-Ton Kants) ist aber die Praxis auch der Katholiken unserer Zeit, einfach gesagt: Christ sein heißt, an etwas Höheres glauben, Gott und anständig leben. Der Kirchbesuch, die Sakramente gehören auf jeden Fall nicht dazu-so sehen es circa 90 % der heutigen Katholiken.

Aus meinem persönlichen Bekanntenkreis, ein evangelischer Doktorand erklärte mir einst in einem Nikodemusgespräch: er bete nicht mehr. Beten wäre nur eine Praxis für Menschen mit einer defizitären Gotteserkenntnis.
Der Beweis: Gott ist vollkommen, er wirkt immer nur das Vollkommene.
Wenn ich Gott um etwas bitte, dann ist dies entweder das Vollkommene oder ist es nicht. Bitte ich Gott um das Vollkommene, dann wirkt Gott das unabhängig von meinem Gebet, weil er immer das Vollkommene wirkt.
Wenn ich Gott um etwas bitte, was nicht das Vollkommene ist, dann kann Gott das nicht wirken, weil Gott als Vollkommenheit nur das Vollkommene wirken kann.
Also ist jedes Beten um etwas unsinnig.
Auf das Opfer Christi bezogen hieße dies, daß Gott den Menschen vollkommen geliebt hat vor und nach dem Opfer Christi, weil Gottes Verhalten zu uns Menschen allein aus seiner vollkommenen Liebe sich ergibt und Gottes Verhalten so zu uns Menschen nicht änderbar ist durch eine menschliche Tat, auch nicht durch das Opfer seines göttlichen Sohnes. Also, für unser Heil ist das Opfer Jesu gleichgültig-es offenbart höchstens, wie groß Gottes Liebe zu uns ist.

Das Grundaxiom lautet: weil Gott vollkommen ist, wirkt er auch nach Außen nur das, was vollkommen ist. Man muß urteilen, daß dieser so gedachte Gott beziehungsunfähig ist, weil er nicht auf das Tun der Menschen reagieren kann, sondern weil er-unabhängig davon, was und wie die Menschen leben, immer sich gleichbleibend verhält: vollkommen liebend. Für jede Religion ist es aber konstitutiv, daß Gott gedacht wird als ein Subjekt, daß sich kontingent zu dem Verhalten der Menschen verhalten kann und der es so Menschen ermöglicht, durch religiöse Praktiken, Gott zu veranlassen, sein Verhalten zu ändern. Die religiöse Praxis unterscheidet sich dabei von den magischen, den „Beschwörungen“ daß diese Gott zwingen, das Gewünschte zu tun. In der praktizierten Magie beherrscht der Mensch die übernatürlichen Kräfte, in der religiösen Praxis bleibt Gott der Herr, der erhören kann aber auch verwerfen kann. Aber was bedeutet das in Hinsicht auf die Vorstellung von Gottes Vollkommenheit?
Wenden wir uns dazu dem Spitzensatz aus dem Prophetenbuch Jona zu-eine Aussage, die schon Generationen von Theologen mehr als schlaflose Nächte bereitet hat und das dümmliche Gerede in die Welt gesetzt hat, daß hier zu „menschlich“ von Gott geredet würde, als könne von dem Menschgewordenen Gott zu menschlich geredet werden! Gott wird Mensch und Theologen rufen: hier wird zu menschlich von Gott geredet.

Der Spitzensatz heißt: „Und Gott sah ihr Verhalten; er sah, daß sie umkehrten und sich von ihren bösen Taten abwandten. Da REUTE das Unheil, das er ihnen angedroht hatte, und er führte die Drohung nicht aus.“ 3,10. Die Aussage: Gott reute es-das ist der Skandalon schlechthin. Gott kann nichts reuen, ruft dann die Schar der Bibelkritiker-Gott ist vollkommen und das schließt: es reute Gott aus. Aber vielleicht kennt die hl. Schrift Gott besser als unsere klugen Theologenköpfe.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Jona bekommt von Gott den Auftrag, der Stadt Ninive das Strafgericht Gottes zu verkünden. Er wirkt hier als reiner Unheilsprophet, er verkündet nicht: Gott straft euch für eure Sünden, wenn ihr jetzt nicht umkehrt.Für den Propheten Jona ist Gott der gerechte Gott, der dem sündigen Ninive seine Strafe verkündet, wie ein Richter das Urteil über einen Verbrecher. Das erste Wunder, das sich nun ereignet: Ninive denkt: vielleicht gibt es noch eine Hoffnung für uns: wir rufen ein großes Fasten auf und wollen uns abwenden von unseren falschen Wegen-vielleicht erbarmt sich dann der Gott, der uns jetzt strafen will. Das zweite Wunder, und ein wahrer Skandal: Gott sieht auf die Buße des Volkes von Ninive und angesichts von Buße und Umkehr verzichtet er auf das Strafgericht. Es reute ihm sein angedrohtes Gericht. Gott kann so handeln, weil er so gehandelt hat. Es reute ihm- Aber wie können wir das theologisch denken und begreifen, was uns hier diese Bibelstelle offenbart über Gottes Möglichkeiten, daß ihm etwas reuen kann? Der einfache Ausweg: das ist nicht ernst gemeint und dann könnten wir gut modernistisch gleich hinzufügen: Gott kann Opfer und Gebete nicht erhören in dem Sinne, wie erhören gemeint ist: daß Gott, wenn ihm das Opfer oder Gebet nicht dargebracht worden wäre, er anders gehandelt hätte, als er gehandelt hat, weil ihm das Opfer und das Gebet dargebracht worden ist.
Die Vorstellung der Vollkommenheit Gottes begreift die göttliche Vollkommenheit ja so, daß Gott immer nur vollkommen handeln kann und handelt, sodaß es bei ihm undenkbar ist, daß er ein Gericht halten wollte und es dann doch nicht hält, ob eines Opfers. Denn entweder ist das Gericht das Vollkommene, dann hält er es oder es ist nicht das Vollkommene, dann kann er es nicht halten.
Wie können wir nun diese Spitzenaussage der Bibel begreifen, wenn wir sie nicht einfach wegexegetisieren wollen. Mein Vorschlag:
Denken wir uns zwei vollkommene göttliche Ordnungen: die der göttlichen Gerechtigkeit und die der göttlichen Gnade. Beides sind zwei verschiedene und doch zwei in sich vollkommene Ordnungen. Gottes Freiheit: er kann gerecht handeln, gemäß seiner von ihm gesetzten Ordnung der Gerechtigkeit und er kann gnädig handeln gemäß seiner von ihm gesetzten Ordnung der Gnade. Müßte Gott ob seiner Vollkommenheit immer gnädig handeln, wäre das keine göttliche Gnade. Gott kann also in seiner Freiheit sagen, ich strafe Ninive gerecht gemäß meiner Ordnung der Gerechtigkeit. Er kann dann auf die Buße und Umkehr der Stadt Ninive sehen und dann in seiner Freiheit gemäß seiner Gnadenordnung um der Buße und Umkehr willen auf das gerechte Gericht verzichten. Gott reute es, heißt dann, daß Gott eine freie Entscheidung revidieren kann. Da er zwischen zwei Handlungsvarianten frei wählt, die beide vollkommen sind, kann er hier frei wählen. Und das macht gerade Gott selbst beziehungsfähig-einfach gesagt: weil Gott so ist, ist er befähigt, im Medium der Religion mit Menschen zusammen zu leben und er befähigt so Menschen mit Gott zusammen zu leben. Jona erlebt und erleidet den lebendigen Gott, der eben etwas anderes ist als ein vollkommenes Prinzip, das dann einfach gemäß seiner Vollkommenheit immer nur wirken kann. Nebenbei: Nicht nur Jona wäre es lieber gewesen, Gott hätte Ninive gestraft, auch vielen Theologen, damit ihnen das: Gott reute es, erspart geblieben wäre. Aber Gott stellt nun mal hohe Ansprüche an uns, denn er will ja, daß wir ihn kennen lernen und begreifen.



Nun könnte und müßte unbedingt ein zweiter Einwand kommen:
B) Gott kann doch kein Menschenopfer gewollt haben? Und so kann es auf keinen Fall rechtens sein, daß der Hohepriester Kaiaphas hier an einem Menschenopfer mitwirkt.
Eine kleine Zwischenbemerkung-dann in medias res.Selbstverständlich wissen wir alle, daß der Gott der Bibel keine Menschenopfer will. Und die Opferung Isaaks beweist uns ja, daß Gott das nicht will.Gut, bei den Griechen war das anders. Da mußte nach Befragung der Priester der König Agamemnon seine Tochter Iphegenie opfern, um den Zorn der Götter zu besänftigen, die durch Aussendung widriger Winde eine Weiterfahrt des Königes verunmöglichten, So denken griechische Tragödien, aber die christliche Religion kennt keine solchen Tragödien. Aber, dagegen steht das Schicksal des Richters Jiftach. Wenn Sie den nicht kennen sollten, wäre das kein Wunder. Sein Schicksal paßt nicht mehr in unsere moderne Theologie. Nachzulesen im Richterbuch, im 11. Kapitel. Es ist mal wieder Krieg. Der Richter gelobt Gott: wenn Du mir zum Sieg über die Feinde verhilfst in diesem Kriege, dann werde ich Dir als Dank das opfern, was als erstes,komme ich von der Schlacht heim, mir entgegenkommen wird. Gott erhört den Richter-.er besiegt die Feinde. Er steht vor seiner Haustüre, da kommt ihm seine einzige Tochter entgegen, jubelnd über den Sieg, Die Tragödie: er muß nun-gemäß seinem Gelübde-seine Tochter Gott opfern. Jetzt erwarten wir als Christen die Rettung in letzter Sekunde: ein Engel des Herrn oder ´Gott selbst ruft: halt ein, Jiftach, du brauchst Deine Tochter mir nicht zu opfern- ein Böcklein tuts auch..Und Jiftach und seine Tochter sie wären glücklich und priesen Gott. So müßte die Geschichte enden. Sie endet so aber nicht. Zwei Monate darf die Tochter Jiftachs noch mit ihren Freundin verbringen-dann opfert der Vater sie Gott-ob seines Gelübdes. Eine wahrhaft griechisch anmutende Tragödie mitten in der Bibel-nur noch übertroffen durch den Opfertod Jesu am Kreuze.
Aber damit steht doch nur fest, daß Gott hier dies Menschenopfer nicht verhindert hat, das der Richter aus religiösem Gehorsam leisten mußte!
Zur Beantwortung möchte ich jetzt, nachdem wir so viel auf den Hohepriester Kaiaphas geschaut haben einen kurzen Blick auf Pontius Pilatus werfen, weil er uns helfen wird, diese Frage zu beantworten. Er steht in unserem Glaubensbekenntnis-so wichtig ist er der Kirche! Pontius Pilatus Handeln an Jesu muß natürlich im Lichte der paulinischen Staatslehre, Römer 13 erörtert werden-genaugenommen legen sich beide Texte, ich lege jetzt das Johannesevangelium zu Grunde, weil hier am tiefsinnigsten das Tun des Pilatus theologisch durchdacht wird- wechselseitig aus.
Der Spitzensatz des Johannes: Jesus sagt zu Pilatus „Du hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben gegeben wäre (Joh 19,11) und Römer 13: Denn es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt. Denn nicht ohne Grund trägt sie das Schwert. Sie steht im Dienste Gottes und vollstreckt das Urteil an dem, der Böses tut, so die dortigen Kernaussagen. Das Schwert, das bedeutet für Paulus immer auch die Todesstrafe. Um der Gerechtigkeit willen wird an einem Verbrecher die Todesstrafe vollzogen, wenn das gerechte Urteil über die Strafe das Todesurteil ist. Gerechtigkeit bedeutet dann hier: die Ausgewogenheit. Denken Sie das Bild einer Waage, auf der einen Schale das Gewicht des Verbrechens und auf der anderen das Gewicht der Strafe-gerecht ist die Strafe genau dann, wenn das Gewicht der Strafe dem Gewicht des Verbrechens entspricht. Um der Gerechtigkeit willen setzt Gott die Ordnung des Staates mit seinem Schwert als Symbol für die Staatsgewalt. Staat ist eine Gewaltordnung nach Gottes Willen.Dieser Gewaltordnung unterwirft Gott nun selbst seinem Sohn. Gott gab Pontius Pilatus die Vollmacht, Jesus zu kreuzigen. Hätte Gott Pilatus diese Vollmacht nicht gegeben, Pilatus hätte nie die Macht, das Vermögen gehabt, den Sohn Gottes zu kreuzigen. Das bezeugt Jesus im Johannesevangelium. Warum: weil Gott gerecht ist und die göttliche Gerechtigkeit für die Sünden, die Menschen gegen ihn begangen haben die gerechte Strafe einfordert. Und da es Sünden wider Gott sind, ist dafür nur die Todesstrafe als menschenmögliche Strafe gerecht. Hier möchte ich in Anlehnung an Anselm von Canterbury, der dies aber viel feinsinniger entfaltet, urteilen, daß die göttliche Gerechtigkeit für schwerste Sünden die Todestrafe verlangt, die Gott durch den Staat ausüben läßt und so übergab er seinen Sohn der Institution, die auf Erden für die Gerechtigkeit als rechtes Strafen zuständig ist, dem Staat.
Das ganze Geschehen am Kreuz, wenn wir es begreifen wollen, und das ist nun mal eine der Aufgaben der Theologie, muß auf Pontius Pilatus als den Mann des Staates und auf Kaiaphas, dem Hohepriester schauen, denn erst im Blick auf das Wirken dieser beiden Institutionen, der des Priestertumes und der des Staates erschließt sich uns das Kreuz Christi in seiner Bedeutung. Jesus hätte ja rein theoretisch auch einfach wie der erste christliche Märtyrer von den Juden gesteinigt werden können ohne eine Beteiligung des Staates. Aber indem Pontius Pilatus hier maßgebend mitwirkt, zeigt dies uns, daß das Kreuz Christi ein Akt der göttlichen Gerechtigkeit war und nicht einfach eine Willkürermordung durch Juden. Kaiaphas verdeutlicht dabei dann den religiösen Charakter des Kreuzes: daß es hier um ein Opfer geht, daß der Eine geopfert wird, um die vielen zun retten, Pilatus verdeutlicht, daß der Kreuzestod ein Akt göttlicher Strafgerechtigkeit ist. Es gilt sowohl bei Kaiaphas als auch bei Pilatus in der oberflächlich betrachteten Zufälligkeit dieses Ereignisses in der Geschichte die innere Notwendigkeit des Geschehens zu begreifen, daß Gott selbst die Ordnungen des Priestertumes als auch des Staates zum Heil und Wohl der Menschen gesetzt hat, gerade indem er beide Ordnungen in den Dienst der Versöhnung durch den Kreuzestod Jesu nahm.







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