Der tiefste Grund, das „Gift der Entwicklung“ der jetzigen Kirchenkrise enthüllt!
Der Artikel: „Fühlen wir uns noch beheimatet?“ (Der Fels, Jänner 2025,S.29) will uns den Grund der aktuellen Kirchenkrise offenbaren: Im Jahre 1980 gingen noch 29,1 Prozent der Katholiken zur hl.Messe, 1990 nur noch 21,9Prozent, im Jahre 2000 nur noch 16,5 Prozent, und auch wenn diese Zahl hier nicht genannt wird, dürfte das Jahr 2024 zwischen 5 bis 6 Prozent Gottesdienstteilnehmer gesehen haben. Zöge man nun noch andere Zahlen hinzu, wie viele wurden getauft, gefirmt, gingen zur Erstkommunion und wurden beerdigt, auch hier würden die Zahlen diesen Trend aufzeigen: Wir werden immer weniger.
Welche Gründe benennt nun dieser Felsartikel für diese deströse Fehllentwickelung? 4 werden benannt, in Anlehnung an Pieper: „Willkür in der Liturgie, Unverständnis gegenüber dem Weihepriestertum, Verlust des Glaubens an die Realpräsenz in der Eucharistie“ und die „Verfremdung des Sakralcharakters von Kirchenbauten.“ (S.29) Hier wird sich ganz auf die Krise des katholischen Gottesdienstes konzentriert und deren Gründe aufgewiesen. Diese Kaprizierung muß nun den Einwand provozieren, ob nicht allgemeinere Gründe diese Fehlentwickelung hervorgerufen haben: Wer geht denn zu einem Gottesdienst, wenn er gar nicht mehr an Gott glaubt und wenn er an einen glaubt, dann nicht an den, der sich in Jesus Christus selbst offenbart hat. Man könnte nach dem Bedeutungsverlust der christlichen Religion für das öffentliche wie das private Leben fragen, denn der Gottesdienst ist eine religiöse Praxis, die religiöse schlechthin.
Aber doch überzeugen diese vier hier genannten Gründe, die eben das spezifische Problem des katholischen Gottesdienstes markieren. Der Gottesdienst ist ja nicht einfach eine Veranstaltung von Gläubigen, die da ihren Glauben gesellig praktizieren, sondern gerade der Ort, in dem die christliche Religion sich auch dem Einzelnen gegenüber vermittelt. Pointiert könnte gesagt werden, daß der so reformierte und demolierte Gottesdienst gar nicht mehr als ein Gottesdienst erfahrbar gemacht wurde. Der Kult lebt von der Präsenz Gottes in ihm, daß Gott da seinen Namen wohnen läßt, um es mit den Worten der Einweihung des ersten jerusalemischen Tempels zu sagen, daß der christliche so sein Zentrum in dem Tabernakel hat, der dauerhaften Gegenwart Gottes in seinen Kirchen. Der Sakralraum war so der Wohnraum Gottes auf Erden, klar abgegrenzt von der profanen Welt. Die „Verfremdung“ des Binnenkirchenraumes zu einer bloßen Versammlungs-gelegenheit setzt den Verlust des Glaubens an seine Präsenz im Tabernakel voraus. Der ökumenische Dialog über die Realpräsenz Christi in der Eucharistie, daß die Evangelischen nur eine aktuelle in der konsekrierten Elementen anerkennen, leistete dem Vorschub, letztlich die Eucharistie nur noch als eine Erinnerungsveranstaltung an Jesus zu mißdeuten. Wo die Messe keine kultische Opferfeier mehr sein soll, man wolle die Protestanten doch nicht durch die Rede vom hl. Meßopfer vor den Kopf stoßen, da verliert auch notwendigerweise der Priester seine Bedeutung, denn wo Gott kein Opfer mehr dargebracht wird, da ist auch der Priester völlig überflüssig, sodaß er durch einen Veranstaltungsleiter ersetzt werden kann.
Wenn der Kult nicht in erster Linie ein Gott Dienen ist, sondern eine Veranstaltung für die Gemeinde, dann verführt das ja automatisch zu einer „Willkür in der Liturgie“, da diese sich nun an die differenzierten Bedürfnisse und Wünsche der Besucher der Religionsveranstaltung auszurichten hat. Die Nichtmehrpräsenz Gottes in den Kirchen, die Kaprizierung auf die Gemeinde, daß sie das Zentrum und auch der Akteur des Gottesdienstes sein soll, entgöttlicht den Gottesdienst und beraubt ihn so seiner Substanz.
Aus der Alltagswelt ist dem modernen und noch mehr dem postmodernen Menschen Gott entschwunden, sodaß, wenn er im Gottesdienst nicht mehr in der praktizerten Religion erfahrbar wird, er ganz entschwindet. Erst der da erfahrene Gott kann nämlich dann auch im Alltagsleben recogniziert werden. Sonst fehlt das Sensorium für ein mögliches Gotterfahren im Alltagsleben.
Die vier Punkte bilden so eine Einheit, deren Zentrum die Entgöttlichung der Liturgie ist, daß Gott selbst in dem Gottesdienst als nicht mehr als präsent geglaubt wird. Ein so säkularisierter Gottesdienst kann eben keine Quelle der Religion mehr sein, denn er erscheint nur noch als etwas bloß Menschliches.
Zusätze:
1.Den Niedergang des Kirchenbaus als ein ästhetisches Problem kann aber nur verstanden werden, wenn man die allgemeine Krise der Ästhetik mitbedenkt- das Beste dazu: "Vom Unglück und Glück der Kunst in Deutschland nach dem letzten Kriege."Hans-Jürgen Syberberg, Die Liturgiereform und die ihr folgende Neausrichtung der Binnengestaltung des Kirchenraumes lebte auch von dem Primat des Pädagogischen und der Herabsetzung des Ästhetischen, Da die Erscheinungsform des Wahren ihr Schönsein ist, entwahrheitete die pädagogisch orientierte Liturgiereform die Kirche, in der nun nur noch menschliche Meinungen verkündet werden.
2. Die Verwendung des Verbes: "erfahren" ist hier problematisch, da sein Sinn nicht geklärt ist.Hegel vertritt in seiner "Einzyklopädie der philosophischen Wissenschaften I im 50.Paragraphen die These, und nicht nur da: "Für das Denken und nur für das Denken ist das Wesen,die Substanz,die allgemeine Macht und Zweckbestimmung der Welt." ,das sind nach Hegel die Bestimmungen Gottes. "Das Erheben des Denkens über das Sinnliche, das Hinausgehen desselben über das Endliche zum Unendlichen, der Sprung, der mit der Abbrechung der Reihen des Sinnlichen ins Übersinnliche gemacht werde, alles dieses ist das Denken selbst,das Übergehen ist nur Denken." Ist Gott uns in der Erfahrung oder erst, wenn die gemachte Erfahrung im Denken aufgehoben wird?