Sonntag, 12. Oktober 2025

2000 Jahre kirchliche Nächstenliebepredigt: Sind die Menschen so besser geworden?

 

2000 Jahre kirchliche Nächstenliebepredigt: Sind die Menschen so besser geworden?



Wenn man sich nun nicht auf das Verweisen auf ein paar in Puncto der Nächstenliebe besonders hervorgetan habende Heilige kapriziert, sieht die Erfolgsbilanz eher dürftig aus. Dabei ist schwerlich bestreitbar, daß die Predigt der Nächstenliebe nicht die Standartpredigt der Kirche war und ist, wenngleich heute des öfteren diese Predigt durch den Aufruf zur „Solidarität“ substituiert wird.Nun könnte eingewandt werden, daß die Welt noch viel schlimmer aussähe, wenn die Kirche nicht die Nächstenliebe gepredigt hätte, aber das läßt sich nicht nachweisen, da wir keinen Zugriff haben zu der Welt, wie sie aussähe, wenn in ihr nicht circa 2000 Jahre lang die Nächstenliebe durch die Kirche gepredigt worden wäre.

Wer nun aktualistisch das Thema der Mißbräuchsfälle in der Kirche auf die Tagesordnung der Anklage wider die Kirche setzt und dann noch an die „Hexenverfolgung“, die „Ketzerverfolgung“ und das Wirken der Inquisition verweist, punktet damit in der Öffentlichkeit, aber werden diese Vergehen verglichen mit denen, die von nichtchristlichen Organisationen verübt wird, fallen die kaum ins Gewicht, werden aber medienwirksam immer wieder gegen die Kirche herbeizitiert.

Man könnte nun mal ganz anders verfahrend fragen, ob denn in der hl.Schrift uns die Verheißung gegeben wird, daß die Menschen Schritt für Schritt im moralischen Sinne immer „bessere“ Menschen würden, isb durch das Wirken der Kirche? Dann müßten wir zumindest in den ersten Büchern des Alten Testamentes den Menschen als (noch) zum Bösen Geneigten geschildert vorfinden, um dann im letzten Buch, der Johannesapokalypse die Frucht der göttlichen und kirchlichen Erziehungstätigkeit vorzufinden, den guten Menschen, dem nun das Reich Gottes gegeben wird, wie einem Schüler nach dem 13.Schuljahr und vielen gut bestandenen Prüfungen das Maturazeugnis. Nur bei einer noch so aufmerksamen Lektüre des letzten Buches findet sich nichts von solch einem Optimismus, daß am Ende einer evolutionären moralischen Weiter- und Weiterentwickelung eine sittlich gereifte Menschheit entstanden wäre!

Wir stoßen zwar zu Hauff auf Imperative, daß der Mensch gut sein soll, sich vom Bösen abwenden und zum rechten Leben sich hinwenden soll, aber wo finden sich denn da die Erfolgsberichte, daß diese Umkehrpredigt auch von gewichtigen Erfolgen gekrönt war?Wie urteilt denn nun Gott selbst und nicht etwa ein Kulturpessimist über sein Geschöpf, den Menschen? „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.“ (1.Mose,8.21) und darauf heißt es dann nicht, daß das zwar anfänglich so war, daß dann aber Gottes Pädagogik einsetzte, um den Menschen zu versittlichen, bis daß er dann am Ende seine Sittlichkeitsprüfung mit: „cum laude“ bestünde. Dabei müßte es Gott doch als dem allmächtigen Pädagogen ein Leichtes sein, die Menschheit als Ganzes so zu erziehen, daß sie am Ende nur noch aus „guten Menschen“ bestünde. Wenn das die Kirche nicht erwirken kann, weil es in ihr doch zu sehr menschelt, hätte dieses pädagogische Ziel Gott doch leicht erreichen können!

Wären Menschen künstlichen Intelligenzrobotern ähnlich, dann bedürfte es nur einer perfekten Programierung und einer fehlerfrei funktionierenden inneren Maschinerie im Menschen und die Menschheit wäre moralisch perfekt.Aber genau das ist ein fataler Irrtum: Eine Maschine kann gut funktionieren und viele Computer funktionieren auch gut, aber ihr Funktionieren ist nicht moralisch qualifizierbar. Denn moralisch qualifizerbar ist ein Wollen und Tuen nur, wenn es freiwillig hervorgebracht worden ist, wenn auch die Option bestand, statt das Gute zu wollen und zu verwirklichen, das Böse zu wollen und zu tuen. Erst als Gott dem Teufel im Paradiese das Rederecht einräumte und er so die zwei ersten Menschen verführen konnte, konnten Eva und Adam moralisch qualifizerbar sich verhalten!

Nähme Gott den Menschen diese Freiheit, dann würden alle Menschen nur noch gut wollen und handeln, aber das wäre nicht mehr ein moralisch gutes Wollen und Handeln. Wenn aber die Freiheit die denknotwendge Voraussetzung jedes moralisch qualifizerbarem Wollens und Tuens ist, dann ist auch immer die Möglichkeit damit mitgesetzt, daß der Mensch sich gegen das Gute und für das Böse entscheidet. Aristoteles würde nun einfügen, daß die Erkenntnis des Guten noch nicht hinreichend ausreichte, um den Menschen zu einem guten werden zu lassen, denn es müßte ihm das Gute Wollen und Tuen erst zu einer festen Gewohnheit, zu seinem Habitus werden. Das wäre sozusagen eine Selbstdetermination zum Guten, die dann aber doch immer wieder scheitern könnte, da sie die Freiheit nicht aufhebt, auch das Böse zu wollen. Könnte so die Freiheit der Grund dafür sein, daß es keinen sittlichen Fortschritt gibt? Das wäre nun wahrlich eine unerquickliche Wahrheit, aber kann dem begründet widersprochen werden? 

Corollarium

Kritisierbar wäre die hier scheinbar gemachte Prämisse, daß das, was gut sei, stets oder fast immer erkennbar sei, daß aber dann doch das Böse gewählt würde. Meine These dazu lautet, daß selbst wenn das  Gute, was in einer bestimmten Situation zu tuen wäre, erkannt wird, dadurch der freie Wille nicht determiniert wird,das als gut erkannte auch zu wollen und zu realisieren. Das Herz im Sinne des obigen Zitates, das ist der Wille entscheidet, das Denken zeigt nur Wahloptionen auf, vernünftige und weniger vernünftige, vielleicht gar irrationale, aber der freie Wille wählt dann aus, er entscheidet frei.Wenn nun aber gar das Gute nicht erkennbar ist, dann ergibt es sich ja von selbst, daß dann das Gute nicht gewollt und getan werden kann. 

Auch ein Insistieren auf Gottes Gnade, die den Menschen zu einem besseren machen könnte, darf ja nicht so gedacht werden, daß die Gnade die menschliche Willensfreiheit eskamotiert, denn dann wäre das Gute Wollen und Realisieren kein moralisch qualifizierbares mehr.  





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