Die (fast) vergessenen Engel – oder eine Arbeitnehmer feindlich gesonnene Theologie?
Einst waren Bertold Brechts Werke eine Pflichtlektüre zumindest auf den Gymnasien, wobei allerdings anzufragen gewesen wäre,ob dieser Schriftsteller diesen Erfolg der literarischen Qualität oder mehr der politischen Tendenz seiner Werke zu verdanken habe.In seinem Werk: „Fragen eines lesenden Arbeiters“ heißt es sinngemäß1: „Der Pharao habe die Pyramiden gebaut, der General die Schlacht gewonnen...“Der lesende Arbeiter früge nun aber,haben nicht viele Sklaven die Pyramiden erbaut und haben nicht Soldaten gekämpft und die Schlacht gewonnen? So werden die ans Tageslicht gebracht, die die Geschichtsschreibung der großen Männer, die die Geschichte schrieben, vergäße! Kein Pharao hätte eine Pyramide erbauen können ohne seine Arbeiter und kein General seine Schlacht gewinnen können ohne seine Soldaten.
Der Text suggeriert nun aber auch, daß die Pyramiden auch ohne den Pharao hätten gebaut werden können und die Soldaten die Schlacht ohne den General, daß also der jeweils Herrschende überflüssig für das jeweilige Werk sei,womit die Utopie einer herrschaftsfreien Gesellschaft angedeutet wird. Aber diese Suggestion täuscht: Ohne den Willen des Pharaos wäre keine Pyramide erbaut worden und ohne die Führung durch den General wäre die Schlacht nicht gewonnen worden! Aber mit Brecht muß darauf insistiert werden, daß ohne die Arbeiter und ohne die Soldaten die Regierer ihr jeweiliges Werk nicht realisieren könnten.
Auch Gott hat, wie der Pharao und der General auch seine Mitarbeiter,nämlich in erster Linie die Engel. Aber eingedenk der Analogia entis Lehre ist die Differenz zwischen Gott und dem, womit Gott verglichen wird größer als seine Ähnlichkeit. Als der Allmächtige kann Gott alles, was er will, alleine vollbringen und auch das,was er nicht will,könnte er alleine vollbringen. Nun war es seine freie Entscheidung, andere in seinen Dienst zu stellen und hier muß wider einen überspannten Anthropozentrismus an erster Stelle die Engel als Gottes Mitarbeiter genannt werden.Wenn Paulus im 1.Korintherbrief (1,4) von den Aposteln als Diener Christi spricht, dann bedeutet das,modern ausgedrückt:Mitarbeiter Jesu Christi. Diese paulinische Aussage inkludiert aber nicht, daß nur die Apostel oder nur Menschen Mitarbeiter Jesu Christi wären bzw sein könnten.
Gottes Königsherrschaft wird in der Bibel gern in einer Analogie zu der Herrschaft eines irdischen Königes gedacht, wobei dann aber dieser Unterschied mitbedacht werden muß: Gott könnte monergistisch alles allein wirken, so denken das die Reformatoren Luther,Zwingli und Calvin, oder er will für sein Wirken auch mit Engeln und Menschen zusammenwirkend wirken. Wer nun in einem vermeintlich gut gemeinten Theozentrismus oder Christozentrismus Gott als den allein Wirkenden hervorhebt,praktiziert genau das,was Brecht kritisiert: Die Mitarbeiter werden so sträflichst vergessen. Gott vergißt sie nicht, aber eine theozentristische Theologie,die dann auch die Kirche vergißt, als würde Gott unmittelbar ohne die Vermittelungstätigkeit der Kirche das Heil der Menschen wirken wollen und wirken. Wir Menschen können ohne Gott unser Heil nicht erwirken,das muß gegen den Atheismus Brechts betont werden,aber gegen einen monergistisch wirkend vorgestellten Gott muß ebenso klar betont werden, daß Gott nicht ohne engelische und menschliche Mitarbeiter das Heil bewirken will und bewirkt.
Warum gibt es überhaupt Engel? Diese Frage ließe sich mit der Aussage,daß es Gott gefiel, sie zu erschaffen, respondieren und diese Antwort ist auch zutreffend, aber eine spekulativ verfahrende Theologie könnte auch Gründe anzeigen, warum es die Engel gibt,wobei dann nicht einfach präsumiert wird, daß es sie gibt,da die hl.Schrift ihre Existenz bezeugt,sondern daß ergründet wird,daß es sie in dem von Gott erschaffenen Kosmos geben müsse ob der Ordnung des Kosmos,die dann als zwar frei von Gott gesetzte präsumiert wird,die dann aber als für den Erweis der Existenz der Engel verwendet werden kann.
Da der Kosmos das schön gut Geordnete bedeutet,der Begriff der Kosmetik ist ein Derivat dieses Begriffes und besagt, daß eine Frau durch die Verwendung der Kosmetik sich in den Einklang mit dem schön und gut geordneten Kosmos zu bringen versucht, ist auch das Reich der Zahlen etwas gut Geordnetes. In der Schule existiert so eine Notenskala von der Note 1 als der besten bis zur 6 als der schlechtesten Benotungsmöglichkeit.Wenn es nun nur die 1 und dann die Noten 3 bis 6 gäbe, würde das als eine Unordentlichkeit wahrgenommen werden,da die Note, die weniger gut als die 1 und die besser ist als die 3 und alle ihr folgenden Noten fehlte. Dies Fehlen widerspräche der Idee eines gut Geordneten.2
Die Ontologie kennt nun auch so eine hierarische Ordnung,Gott als die 1 und alles andere, wie bei den Schulnoten die 2 bis die 6 als von ihm Verschiedenes. Alles Verschiedenes ist aber nur als eine Teilhabe an dem Einen, an Gott: 2,3,etc sind eben ein Vielfaches von der 1, dem Einen und so auch verschieden von ihm und an ihm teilhabend.Die unbelebte Materie ist das von Gott am weitestens Entfernte, die belebte ihm näher stehend und der Mensch als vernünftiges Wesen ihm näher stehend als die belebte und die tote Materie. Der Mensch ist nun ein Kompositum aus einer Seele und einem Körper. Als Seele ist er wie Gott Geist,nur daß sein Geist ein durch Gott unmittelbar erschaffener eine Seele ist,Gott aber unerschaffen ist.Als ein körperliches Geschöpf ist er dagegen von Gott verschieden, da Gott nur Geist ist und ihm so nicht ähnlich.Als Seele ist er ihm dagegen ähnlich, wobei die Gleichheit die des Immateriellen und die Differenz die des Unerschaffenseins zu dem Erschaffenseins ist- das ist seine Ähnlichkeit.
Ein von Gott geschaffenes Wesen,daß nur Geist ist ohne einen Körper wäre so Gott näher stehend als der Mensch,weil er ihm ähnlicher wäre.Wie Gott wäre auch dieses Geschöpf rein Immateriell,rein geistig. Fehlte nun dieses so bestimmte Geschöpf in der Ordnung des Kosmos,dann wäre das so,als wenn in der Notenskala der Schule die 2 fehlen, denn sie nimmt in der Notenordnung genau die Position ein, die in der Seinsordnung dies rein geistige Wesen einnehmen würde,existierte es. Da dies ein Mangel in der Ordnung des Kosmos wäre, der Kosmos ist das von Gott schön gut Geordnete, fehlt dieses Geschöpf nicht,denn das sind die Engel.Da nun der Kosmos als schön und gut Geordnetes wahrnehmbar ist,zumindest im Glauben, aber die Griechen erkannten ihn so auch schon vor der Offenbarung Gottes, ist es einsichtig, daß es die Engel gibt. Wenn nun gar Gott Menschen in seinen Dienst stellt, da er nicht alleinwirkend sein will, da ist es dann auch evident,daß er die ihm ähnlichsten und ihm am nähesten stehenden Geschöpfe um so mehr in seinen Dienst stellt! Man denke an den Völkerengel Portugals,der die Erscheinungen der Gottesmutter in Fatima vorbereitete,indem er den Seherkindern erschien.
1Das Werk liegt mir nicht vor, sodaß ich aus es nur sinngemäß wiedergeben kann.
2Zu dem obligatorischen Einwand, daß es in der gut geordneten Schöpfung auch Nichtgutes gäbe,ließe sich mit Adorno erwidern: „Daß Kunst im Begriff des Schönen nicht augeht,sondern,um ihn zu erfüllen,des Häßlichen als seiner Negation bedurfte,ist ein Gemeinplatz.“Theodor Adono.Ästhetische Theorie, stw 2, S.74.Was für die Ordnung des Ästhetichen gilt,gilt so auch für die moralische Ordnung.
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