Daß die Kunst zu vernutzen sei, und wozu sie zu dienen habe – eine Kritik
Thomas Mann läßt in seinem Roman: Doktor Faustus den Theologen Kumpf auftreten, im XII.Kapitel, der als „ein Vertreter jenes Vermittlungs-Konservatismus mit kritisch- liberalen Einschlägen“ charakterisiert wird. Dessen Bildungsvita ist nun mehr als bedenkenswert: Er sei ein von Schiller und Goethes Werken begeisterter Student gewesen, dann aber habe er sich radical von diesem „ästhetischen Humnismus“ abgewandt, als er sich der „Paulinischen Botschaft von Sünde und Rechtfertigung“ zugewandt hatte, er hatte den Glauben an die sittliche Bildungskraft der Ästetheik verloren. Einen gediegenen Einblick in einen solchen „ästhetischen Humanismus“ gewähren die Ästethikvorlesungen des Professors Finkelde SJ: „Schiller:Die schöne Seele“ 11. und: Schiller: Pathetische Kunst 12. Vorlesung.In der 13. Vorlesung findet sich eine sehr überzeugende Kritik einer linksmoralistischen Kunst als eine Kritik der "Boros"-Ausstellung.
Ich möchte aber hier nun auf eine leider wenig bekannte Passage aus dem Roman Flauberts: Erziehung des Herzens über den Zweck der Kunst verweisen1, in dem über den Zweck der Kunst es einen interessanten Dialog gibt. So wird dieser Charakter,Senecal in den Roman eingeführt: Er mifiel dem Protagonisten des Romanes auf den ersten Blick: „Seine Stirn trat durch die ganz kurz geschorenen Haare noch mehr hervor,und aus seinen grauen Augen stach etwas hart und kalt.Sein lnger schwarzer Rock wie sein ganzer Anzug hatte etwas von einem Pädagogen und Prediger an sich.“ So wird hier ein Vertreter des „ästhetischen Humanismus“skizziert. Senecal sagt: „Die Kunst müsse ausschließlich auf die moralische Hebung der Massen gerichtet sein! Konsequent verlangt er deshalb eine Zensur für die Kunstwerke: „Es dürften nur Werke mit solchen Gegensänden verbreitet werden,die zu tugendhaften Handlungen anreizten,die anderen seien schädlich.“ Dem fügt er dann hinzu: „Was brauchen wir alle die mühsamen Nichtigkeiten,aus denen man keinen Nutzen ziehen kann,all diese Venusbilder zum Beispiel mitsamt euren gnzen Landschaften?“ Die Venusbilder stehen hier als ein Beispiel der Kunst um der Kunst willen, des Genießen des Schönen. Aber das ist ihm nur eine nichtige Kunst, denn: „Ich sehe darin keinerlei Belehrung für das Volk!“
Darauf zeigt er die Prinzipien einer sozialpolitisch engagierten Kunst als die Alternative auf: „Zeigt uns lieber sein Elend,begeistert uns für seine Opfer!“ Moliere bewundert er dann als „den Vorläufer der Französischen Revolution.“ Die Wahrheit seiner Kunst sei eben ihr die Revolution vorbereitender Charakter. Ein anwesender Künstler wendet da nun ein: „Ach die Revolution! Und die Kunst damals! Niemals hat es ein erbärmlicheres Zeitalter gegeben.“ Die hier gemeinte Erbärmlichkeit ist die der damaligen Kunst! Und man dürfte wohl im Sinne dieses Künstlers hinzufügen, daß doch auch die Romantik, die postaufklärerische erst wieder bedeutsame Kunstwerke hervorbrachte, die mit dieser ästhetischen Aufklärungspädagogik brach!
Der Theologe Kumpf fand erst zum christlichen Glauben, als er den Glauben an eine ästhetische Erziehbarkeit des Menschen zum Guten aufgab, Carl Schmitt verweist ja in seiner „Politischen Theologie“ im gleichen Sinne auf die Grunddifferenz zwischen der Theologie, in derem Zentrum die Begrifflichkeit des un- und des erlösten Menschen, die des Erwählten und des Nichterählten stünde im Kontrast zum Moralismus, in dem der Mensch als auch sich selbst heraus zum Guten Fähiger stünde.
Aber ein anderer noch prinzipiellerer Einwand gegen eine solche pädagogisch vernutzte Ästhetik drängt sich auf, daß hier die Ästhetik ihres Eigentlichen beraubt wird, indem sie in einen Dienst für die Sittlichkeit angestellt wird. So hat sie keinen Eigenwert mehr! Drei metaphysische Grundordnungen sind, die der Differenz von wahr und unwahr, die der Differenz von gut und böse und die von schön und unschön, wobei keine dieser drei auf eine andere zurückführbar wäre. Es gibt nur den Menschen entweder als Mann oder als Frau, nur die Idee des Menschen gibt es, aber sie ist a priori so konzipiert, daß diese Idee immer nur als eine männliche oder eine weibliche individuiert existiert. So existieren diese drei Grundordnungen auch immer nur als individuierte Realisation der einen Vernunft, wie auch die Idee des Menschseins. Der Herrschaftsanspruch der Moralordnung über die Ästhetik muß die Kunst selbst notwendig korrumpieren, indem er sie zu einer Dienstmagd degradiert.Das Schöne ist eben einfach nur um des Schönseins willen und kann so auch nur genossen werden als Schönes, denn hätte es seinen Zweck außer sich, würde nicht sie sondern dieser Zweck genossen, wenn dieser dann um seiner selbst willen erstrebt wird.
Corollarium
Die Werbung ist als eine zeitgenössische Gestalt der Laudatio, der Kunst des Schönredens selbst eine nicht enem anderen Zwecken subordinierte und somit korrimpierte Kunst, da ihr Zweck das Schönreden ist und nicht direkt eine Verführung oder eine Manipulation zum käuflichen Erwerb des so schön Dargestellten. Wer die Ludatiokunst kritisiert, da sie das Dargestellte nicht darstellt, wie es ist, verwechselt die ästhetische Vernunft mit der theoretischen. Anders ist eine politisch engagierte Kunst zu beurteilen, die ihre Kunstwerke in den Dienst einer politischen Propaganda stellt. Aber selbst in solcher Kunst kann dann das Ästhetische so sehr ein Übergewicht bekommen, daß die politische Verzweckung in den Hintergrund gedrängt wird. Es wäre erwägenswert, ob das nicht im Falle des Leni Riefenstahl Films: "Triumph des Willens" sich ereignet hat.Das könnte evtl auch für Kunstwerke des Stalinismus gelten.
1Ich verwende hier die Übersetzung von E.A.Reinhardt,1,Teil, Kapitel 5. Auf eine Seitenzahlangabe verzichte ich ob der vielen Ausgaben dieses Romanes.
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