Mythen zum Thema: Die Katholische Kirche und ihr (nicht)gekämpfter Kirchenkampf gegen den Hitlerfaschismus
„Die Katholiken und das Dritte Reich“, ein von Hummel und Kißner herausgegebener Essaysammlungsbrief zu dieser Causa, verleitete mich nun dazu, ein kleines mythenkritisches Vorwort zu einer fruchtbringenden Lektüre solcher wissenschaftlich sich gebenden Literartur zu verfassen.
Der Urmythos: 1963 wurde das Theaterstück; „Der Stellvertreter“ uraufgeführt, dessen Wirkkraft für die Frage: „Wie verhielt sich die Kirche im Dritten Reich gar nicht überschätzt werden kann.1 Mit dem Stellverteter wird ironisch auf den Papsttitel: Stellvertreter Christi auf Erden angespielt und die Intention des Theaterstückes ist nun nicht einfach nur die Diffamierung dieses Papstes als „Hitlers Pope“2, sondern es soll die ganze Kirche als ein williger Helfer des Nationalsozialimus enttarnt werden.
Im Zentrum steht ein fiktives Gespräch, in dem Papst Pius XII das ganze antisemitische Vernichtungsprogramm Hitlers offenbart wird: „Das habe dieser Diktator vor mit den Juden“ und obschon somit die ganze Kirche das ganze Programm kannte, sie geschwiegen hätte und nichts zur Rettung der Juden unternommen hätte. Dem obligatorischen Einwand, Katholiken hätten sich diesem Programm widersetzt und auch der Papst habe nicht wirklich geschwiegen, wird dann stets entgegengesetzt, daß diese wohl erfolgten Reaktionen in keinster Weise dem Vernichtungsprogramm angemessen ausgefallen seien.
Nur, dieses oder ein ähnliches Gespräch, in dem dem Papst das ganze Vernichtungsprogramm durch einen zuverlässigen Informanten offenbart worden sei, hat nie stattgefunden! Bis heute ist nicht geklärt, ab wann der Papst, die Kurie zuverlässige Informationen über dies Ver-nichtungsprogramm besaß! Michael Feldkamp behauptet in seinem Buch: „Pius XII“: „Das päpstliche Staatsekretariat war seit dem Frühjahr 1942 – früher als mehrfach behauptet – über die Organisation des Judenermordung informiert und hatte die Nachrichten auch als glaubwürdig eingetuft.“3 Zumindest stimmt diese Behauptung mit dem Forschungsergebnis Hans Mommsens überein, daß das Vernichtungsprogramm zwischen 1941 bis 42 beschlossen worden sei in einem Prozeß sich radicalisiernder „Lösungsprogramm“ für das „Judenproblem“. Aber Herr Feldkamp kann für diese These keinen Beleg anführen, außer der Behauptung: „im März 1943 kamen aus Preßburg Nachrichten, daß deportierte Juden durch Vergasung getötet wurden und dann zur Seifenfarikation gelangten.“4 Kein Historiker behauptet heute noch, daß Juden zu Seife verarbeitet worden seien, sodaß somit die Zuverlässigkeit dieser Preßburger Nachricht als ganzer nicht als zuverlässig gelten kann.
Offenkundig soll unbedingt an der These festgehalten habe, daß die Kirche schon recht früh das nationalsozialistische Vernichungsprogramm gekannt habe, um darauf aufbauend die Reaktionen der Kirche darauf als völlig unangemessen aburteilen zu können! Nur lebt diese These primär aus der Suggestivkraft des Theaterstückes von Hochhuth und wird bis jetzt nicht durch Quellen verifiziert.
Der Leser möge sich bitte dies Szenario vorstellen: In einem Bierlokal treffe ich einen Bekannten, wir plaudern über Gott und die Welt und trinken dazu ein paar Gläser Bier. Dann verabschiede ich mich, der Bekannte bleibt. Am nächsten Morgen erfahre ich nun, daß er, volltrunken am Auto einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht habe: Er und andere kamen zu Tode. Wenn nun jemand mich anklagen würde: „Wie konntest Du es nur zulassen, daß Dein Freund betrunken mit seinem Auto nach Hause fahren wollte?, müßte ich mich dann schuldig im Sinne der Anklage sprechen. Wenn vom Ausgang, dem des tödlichen Verkehrsunfalles her der ganze Abend vom ersten bis zum letzten ausgetrunkenen Bier rekonstruiert wird, wird das erste Bier das erste, das dann mit den anderen zusammen zu diesem Unfall führte. Für mich war das erste Bier nur eines von ein paaren und ich hatte nicht einmal bemerkt, daß der Bekannte angetrunken gewesen war noch wußte ich, daß dieser die Absicht hegte, mit seinem PKW nach Hause zu fahren. Erst vom dem Wissen von dem Ausgang her erschließt sich mir jedes von dem Bekannten ausgetrunkenes Bier als ein Schritt auf den dann erfogten Ausgang hin. Aber von diesem Ausgang, dem tödlichen erfuhr ich erst am nächten Tag.
Eine mythologische Geschichtsschreibung betrachtet nun jede Handlung der nationalsozialistischen Regierung wider die Juden als eine Vorbereitung auf die Vernichung der Juden in den Konzentrationslagern und behaptet, daß jeder Zeitgenosse und somit auch die Kirche jede Einzelmaßnahme so hätte wahrnehmen können und müssen.Das wäre so, als wenn ich spätestens nach dem zweiten Bier erkannt haben müßte, daß ich nun meinem Bekannten seinen Autoschlüssel zu entwenden habe, um seinen tödlichen Unfall zu verunmöglichen! Die Öffentlichkeit und auch die Kirche nahm aber nur die Einzelmaßnahmen war, ohne aber darin eine Telelogie auf dies Ende zu erkennen – und das konnte sie auch gar nicht, da das Vernichungsprogramm wohl erst 1941 oder 42 beschlossen worden ist und selbst dann nur wenigen bekannt gewesen sein.
Seit dem 2.Vaticanum hat die Kirche die Menschenrechte anerkannt, aber nicht schon davor. Nun verwendet aber die Kritik des Verhaltens der Kirche im und zum Dritten Reich zwei hitorisch unhaltsame Prämissen, daß a) die Kirche schon immer die Menschenrechte anerkannt hätte, sodaß sie jede Politik, die mit der Menschenrechtsideologie inkompatibel ist, verurteilen müsse und daß sie b) die Demokratie als der auf die Menschenrechtsideologie basierenden Staatsform gegen die nationalsozialistische Diktatur hätte verteidigen müssen.
Verkannt wird dabei völlig, daß die bolschewistische Revolution mit ihrem militanten Atheismus als die Bedrohung gegen die Kirche von ihr so wahrgenommen wurde, sodaß dann der spanische Faschismus als Retter vor einem spanischen Bolschewismus gewürdigt wurde und auch das mit dem Faschisten ausgehandelte Konkordat als ein Erfolg der Kirche angesehen wurde. Daß dann der Krieg gegen die Sowjetunion als der Verteidigungskrieg gegen den nach der Welteroberung strebenden kommuistischen Atheismus wahrgenommen wurde, verstärkte dann eher noch die Sympathien für Hitler. Erst seit der deutschen Wiedervereinigung und dem dann anhebenden Kampf gegen Rechts verschob sich diese Sichtweise völlig: Jetzt gelten die „Nazis“ die „Rechten“ als die einzig wahren Feinde der Kirche und nun erst wird gesagt: Die Kirche hätte schon 1933 das wissen müssen, daß sie jetzt erst weiß, daß sie nur einen Feind hat: alles was „rechts“ ist. Nun fällt es der Geschichtsschreibung leicht, nachzuweisen, daß die Kirche ab 1933 nicht so agiert hatte, wie sie es getan haben müßte,denn da hätte sie schon wissen müssen, daß es nur einen wahren Menschheitsfeind gäbe, alles, was „rechts“ ist.
Nun könnte aber eingewandt werden, daß das alles doch nur sophistische Spitzfindigkeiten seien, denn eine Kirche, die an einen menschenfreundlichen Gott glaube, müßte doch jeder Art von Diskriminierung von Juden widersprechen, einfach, weil auch sie von Gott erschaffene und geliebte Menschen seien. Das klänge überzeugend, wenn nicht jetzt schon wieder Juden, nur weil sie Juden sind, diskriminiert werden. So wird jetzt eifrig debattiert, ob israelische Künstler beim nächten europäischen Singwettbewerb auftreten dürfen, wenn sie jüdische Staatsbürger mitverantwortlich für die Regierungspolitik seien. Wissenschaftler fordern den Ausschluß jüdischer Wissenschaftler, an Sportveranstaltungen sollen sie auch ausgeschlossen werden – ich halte es nicht für ganz ausgeschlossen, daß wenn Albert Einstein heute noch lebte und er sich nicht 100 prozentig gegen Netanjahu stellen würde,er an einem Physikerkongreß noch teilnehmen dürfte - und eine Boykottinitiative ruft auch in Deutschland dazu auf: „Kauft keine jüdischen Waren!“ Und auf Demonstrationen wird gebrüllt: „Tod den Zionisten!“ Nur sind das alles linke bzw propalästinensish islamistische Kritiker des jüdischen Staates, aber was sagt die Kirche jetzt zu diesem Antisemitismus? Ganz fixiert auf das Feindbild:“Rechts“ wird dieser Antisemitismus kaum wahrgenommen!
1So in: Thomas Brechrenmacher. Die Kirche und die Juden“, in: Hummel,Kißner: Die Katholiken und das Dritte Reich, 2.Auflage. 2010, S.125.
2A.a.O. S.125.
3Michael Feldkamp, Pius XII und Deutschland, 2000, S.142.
4Feldkamp, A.a.oO. S.143. Peinlich wird es dann aber, wenn er in der Fußnote 427 dazu schreibt: Undatiertes Schreiben, ADSS,Bd 9,177f.Anm6.
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