„Personalität,Subsidarität,Solidarität und Gemeinwohl“ - eine bedenkliche Zusammenstellung der „Katholischen Soziallehre“
In dem „Fels“ Artikel: „Die Anfänge der Katholischen Soziallehre“ werden diese 4 Größen als die Grundsätze der „Katholischen Soziallehre“ gefeiert, die ihre Grundlage in dem Wirken Don Boscos hätten.1 Unter dem Subsidaritätsprinzip wird hier verstanden: „Der Staat soll so viel Eigen-initiative des einzelnen und einer Gemeinschaft wie etwa auch der Kirche ermöglichen,wie möglich und soviel helfenden Einfluss ausüben wie nötig.“2 Die hierbei vollzogene Positionierung der Kirche in die bürgerlich pluralistisch verfaßte Gesellschaft, dem der Staat irgendwie gegen-überstehend gedacht wird, ist schon selbst genau genommen keine katholische Position, setzt sie doch die Kirche und den Staat als ein Gegenüber zur bürgerlichen Gesellschaft, um dann das genauere Verhältnis, das „und“ näher zu bestimmen. Die Kirche verlangt also so einen Freiraum, in dem dann sie wie auch andere Privatorganisationen und Einzelne frei wirken dürfen und der Staat solle dann nur noch einen die Privatakteure „helfenden Einfluß ausüben.“
Damit expliziert dieser Artikel die zwei ersten Prinzipien der katholischen Soziallehre, das der „Personalität“ und das der „Subsi darität“. Damit ist verschönernd das gesagt, was Klartext redend Hegel so erfaßt: „Die bürgerliche Gesellschaft ist für Hegel zuerst der >Verstandesstaat<,der im Wesentlichen aus dem Polizeiapparat besteht;er regelt die chaotischen Beziehungen Einzelner,welche jeweils ihre eigenen egoistischen Interessen verfolgen. Ein solch individualitisch- atomistischer Freiheitsbegriff korreliert strikt mit der Vorstellung einer Rechtsordnung,die den Einzelnen als Beschränkung seiner Freiheit aufgezwungen sind.“3 Dieser Rechtsstaat muß also Sorge dafür tragen, daß jeder Einzelne seine Privatfreiheit nur so praktiziert, daß er dadurch die Freiheit des Anderen nicht beeinträchtigt.
Das Subsidaritätsprinzip – und das ist jetzt kein Ostfriesenwitz- hat das Licht der Welt auf einer Synode der Reformierten Kirche in Emden, das ist eine ostfriesische Staat, 1571 erblickt als antikatholisches antihierarisches Organisationsprinzip der Reformierten Kirche! Würde die Katholische Kirche dies Prinzip auf sich selbst anwenden, würde das die völlige Nichtung ihrer hierarchischen Struktur zeitigen! Aber selbst die rabiatesten Deformer des Synodalen Irrweges gehen nicht soweit. Die Reformation verlangte als eine ihre ersten Konsequenzen die Abschaffung aller Orden, da diese unvereinbar seien mit der neuen evangelischen Rechtfertigungslehre. Damit fiel aber der bisherige Träger der Armenfürsorge, die Orden und ihre Klöster weg. Die Armemfürsorge übernahm nun der Staat, als Anfang des sich herausbildenden Sozialstaates, den dann Bismarck in Deutschland erschuf!Die Katholische Kirche sah sich nun einem sich herausentwickelnden Soziatstaat gegenübergestellt, der immer mehr der der Kirche eigenen Aufgaben selbst in die Hand nahm, isb im Bereich der Bildung und der Eheschließung, aber auch der Sozialpolitik. Als eine Abwehrstrategie instrumentalisierte nun die Kirche das reformierte antikatholisch intendierte Subsidaritätsprinzip, um für ihr Wirken Freiräume gegenüber dem Staate zu erwirken. Da sie sich nicht mehr zutraute, für sich als die einzig wahre Kirche diese Freiräume zu erkämpfen, verlangte sie nun diese Freiräume für alle Privatvereinigungen und Privatpersonen, um damit diesen Freiraum auch für sich beanspruchen zu können. Das ähnelt aber nun sehr der Praxis, dem Volke, hier dem Staate Wasser zu predigen, das Subsidaritätsprinzip anzuerkennen, und selbst den Wein, das hierarische Prinzip für die Kirche zu genießen!
Mit der Betonung der Freiheit des Einzelnen und der Würde des Menschen öffnete sich so die Kirche den Anliegen des (Wirtschafts-)Liberalismus in seiner antietatischen Ausrichtung. Zu dieser Ideologie gehört nun der Glaube an die unsichtbare Hand des Marktes, die da so einwirke, daß jeder Einzelne, nur seine privaten Interessen verfolgend, doch „zum Wohl aller beiträgt.“4 Das stellt nun jeden nicht Marktgläubigen vor beachtliche Verstehensprobleme: Man denke sich ein Synphonieorchester, jeder habe da sein Musikinstrument und es gälte die Regel, daß jeder auf seinem Instrumente spielen dürfe, was auch immer er wie spielen möchte, nur dürfe er seine Mitmusizierenden nicht daran hindern, daß diese nun auch nach ihrem Gustos spielen. Wer glaubt, daß er so eine Synphonie zu hören bekommen wird und nicht eher eine Kakophonie? Ohne einen Dirigenten zerfällt die gespielt werden sollende Synphonie in ein einziges unerträgliches Gelärme. Auf die bürgerliche Gesellschaft appliziert heißt das, das statt ein Agieren auf das Gemeinwohl hin nur ein chaotisches Durcheinander entsteht, in dem die Stärkeren auf Kosten der Schwächeren sich durchsetzen.
Der eingesetzte Begriff der Solidarität wirkt dabei wie ein Fremdkörper, der einfach nicht zu den 2 vorangestellten Begriffen der Personalität und Subsidarität passen will, es sei denn, man meine damit die Spendenbeeeitschaft für sozialcaritative Projekte. Wenn nun jeder zuerst an sich privatissimo denkt, dann entsteht aus der Summe solcher privatistischen Aktivitäten keine gemeinwohl orientierte Gesamthandlung, wie auch noch so gute Einzelmusiker keine Synphonie hervorbringen können, spielte jeder nur privat sein eigenes Instrument.
Diesem Konzept fehlt es eben völlig an einem wirklichen Staatsverständnisses, wie es etwa der Philosoph Fichte in seiner Konzeption vom „geschlossenen Handelsstaat“ skizziert hat und was der hegelsche Philosophie unter dem Begriff des Vernunftstaates expliziert. Auf der anthroplogischen Ebene wird das hier zugrunde gelegte Freiheitsverständnis, der „individualistisch- atomistischer Freiheits-begriff“5 dem Menschen als Zoon politicon auch nicht gerecht.
Corollarium
Laut KI versteht Aristoteles den Staat so: "Aristoteles' Staatsphilosophie basiert auf der Annahme, dass der Mensch ein „politisches Wesen“ (zoon politikon) ist, das sein volles Potenzial nur in der staatlichen Gemeinschaft entfalten kann. Der Staat soll das „gute Leben“ (eudaimonia) seiner Bürger fördern, indem er ihnen ermöglicht, Tugenden zu entwickeln." Es ist kein gutes Zeichen, wenn die Theoogie sich so weit von den von ihr anerkannten Philosophen,Platon und Aristoteles entfernt.
1„Der Fels“, Oktober 2025,S.289.
2A.a.O. S.289.
3Slavoj Zizek, Die bösen Geister des himmlischen Bereichs, 2016, S,62.
4Zizek, a.a,O. S.62.
5Zizek, a.a.O. S.62.
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