Mittwoch, 11. März 2015

Sexualität-alles ganz natürlich und doch zu lernen?

Beginnen wir mit dem gewichtigsten: die Menschen vermehrten sich auch schon, bevor es schulische Sexualkunde gab, auch wenn einige zum Mißfallen des Papstes Franziskus dabei sich zu sehr an dem Leitbild der Karnickel orientierten. Aber war das deshalb schon die gute alte Zeit, wohingegen heuer unsere Kinder durch "Frühsexualisierung" bedroht werden? Liest man conservative Stellungnahmen zum Thema der schulischen Sexualkunde,ein eigentümliches Bild wird da subkutan mitgeliefert: als gäbe es junge Menschen ohne Sexualität, die aber dann von außen  mit sowas infiziert werden, wie man sich eben auch mit Grippe oder sonstigem infiziert. Das Ideal wäre also ein von einem perfekten Anti-Virenschutzschirm umhegte Familie, in der die Kinder ohne eine Möglichkeit der Infektion mit dem Sexvirus aufwüchsen. Könnten die Eltern dann ihre Kinder noch abmelden von dem Infektionsherd Schule, könnten sie bis zu ihrer Verheiratung sexualfrei ihr Leben gestalten. 
In der guten alten Zeit soll dann die Mutter der Braut die Tochter zu einem intimen Gespräch zwecks Aufklärung über das Zuerwartende der Hochzeitsnacht bei seiten genommen haben und sie  aufgeklärt haben mit dem Satz: Mach die Augen zu, Männer haben so seltsame Bedürfnisse, aber lasse das über dich ergehen-das gehört zu den Ehepflichten einer Frau. Und, der Mann, laß ihn, er weiß, wie das geht mit der Hochzeitsnacht!
So weit, ganz gut und noch ganz im Einklang mit dem Ideal der Keuschheit. Nur, eine Frage drängt sich nun doch uns auf: woher weiß den der Mann Bescheid? Befremdlich: das Ideal der Jungfräulichkeit ist wohl bekannt-aber das der Jungmännlichkeit? Der Volksmund dagegen rät ja Frauen, Männer zu ehelichen, die sich ihre Hörner schon abgestoßen haben, das heißt, die ihre ersten Liebesaffairen schon hinter sich haben, ihre Sturm- und Drangzeit, sodaß sie nun für das gesittete und ruhigere Eheleben taugen.
Sollte es tatsächlich nur das Ideal der Jungfraulichkeit geben, aber nicht das der Jungmännlichkeit? Nur, dann frägt Mann sich: wen haben den unsere Jungmänner geliebt, wenn alle Frauen keusch bis auf ihre Verheiratung warteten? Es drängt sich der Verdacht auf, daß auch in den guten alten Zeiten es, damit das Ideal der Enthaltsamkeit bis zur Ehe realisiert werden kann, Frauen gab, die sexuell vorehelich tätig waren, damit die anderen das Ideal leben konnten. Wir kennen alle den Spruch, da macht der Bauer den Sonntagsausflug mit Kind und Kegel. Kind und Kegel bedeutet: mit den ehelichen (Kindern) und den vor- oder außerehelichen Kindern (Kegel). Im Hintergrund steht dabei oft das Konzept einer Vernunftehe zwischen einem Bauer und einer Bäuerin nach agrarökonomischen Gesichtspunkten, oft von den Eltern initiert.Und bevor der Bauernsohn halt seine Vernunftehe einging, billigte man ihm ein paar Liebesaffairen zu mit nicht von ihm heiratbaren Frauen, aber wo so viel Liebe und so wenig Vernunft war, kam dann auch so mancher Nachwuchs, die Kegel! Also,in der Regel ehelichten liebeserfahrene Männer Jungfrauen in der alten guten Zeit!
Wenn Männer sich auch dem Ideal der Jungfraulichkeit unterwürfen, dann ergäbe das ja auch ein gewichtiges Problem. Im Idealfall ist die Braut vor der Brautnacht ohne Kenntnis der menschlichen Sexualität, und der Mann dann auch ohne Kenntnis. Nun müßte gehofft werden, daß im Mann ein Basisprogramm: Liebe, wie geht das praktisch in der Hochzeitsnacht? abgespeichert ist und jetzt in der Hochzeitsnacht aktiviert wird und dann geht alles wie von selbst-wie einst in einer gediegenen Zigarettenwerbung dem Raucher verheißen wurde, greift er zur Zigarette. Nur, so einfach ist nun doch nicht das menschliche und auch männliche Trieb-und Sexualleben organisiert. So wenig ein Verliebtsein und Lieben schon zum Verfassen von Liebesgedichten hinreichend qualifiziert, so wenig ist die menschliche Liebespraxis einfach ein Abspulen eines fest installierten Triebprogrammes. 
Man darf deshalb mutmaßen, daß zu allen Zeiten zumindest die Männer, bevor sie zur Hochzeitsnacht schritten, etwas von der zu praktizierenden Sexualität wußten, entweder nur rein theoretisch oder auch schon praktisch, damit dann es auch in der Hochzeitsnacht nicht ein Waterloo wird. Dies Konzept setzt dabei zudem voraus, daß es für die Ehefrau erstrebenswert ist, Sexualität nur rein passiv zu erleben oder besser gesagt zu erleiden als Pflicht der Ehefrau, denn eigentlich ist ja eine keusche Frau ohne Sexualität! Nur Männer hätten sowas!
Dabei könnte man es auf sich beruhen lassen, wenn nun nicht Allmachtsphantasien von Pädagogen diese altehrwürdige Praxis störten, indem nun gemeint wird: alles, was wichtig ist, muß in der Schule gelernt werden, und da auch die Praxis der Liebe nichts automatisch Ablaufendes ist, müße nun die Schule das vermitteln. Wie auch immer sonst Heranwachsende Sexualität gelernt haben, jetzt sollen sie es primär in der Schule. Denn den Eltern traut man das nicht zu (und es gibt auch tatsächlich Eltern, die es gern sehen,wenn die Schule ihnen diese Aufgabe abnimmt) und den sonstigen Medien, durch die man das früher lernte (ältere Geschwister, oder Freunde- oder wie man so sagt: "auf der Straße aufgeklärt werden"-das leisten jetzt die Medien, isb das Internet, das die Straße ersetzt) auch nicht-denn nur die Schule könne das richtig.Aber eines ist an diesem Konzept nun doch auch wahr: das menschliche Triebleben ist nicht so organisiert, daß es ohne zu Lernen einfach sofort abrufbar zu praktizieren bereit wäre. Dem großen französischen Schriftsteller Flaubert verdanken wir den Romantitel: "Erziehung des Herzens", (französisch klingt es noch viel schöner: Education sentimentale und die darin mitgesetzte tiefe Erkenntnis, daß nicht nur die cognitiven Potenzen des Heranwachsenden auszubilden sind, sondern ebenso die affektiven. Jedem Menschen ist die Anlage zum Denken-, Wollen- und Fühlenkönnen von Geburt an mitgegeben, aber es ist eine Aufgabe, diese Potenzen auch zu entwickeln und das meint immer auch ein Erlernen und gar Exerzieren in diesen natürlich angelegten Fähigkeiten. Aber die Schule bildet dabei für dies Ausbildungsprogramm eben nur einen Ausbildungsraum neben anderen und nicht den einzigen. 
Daß man im Leben nichts mehr lernt, das bildet so erst die Grundlage für die Apotheose der Schule zu dem Ort des Lernens. Dem liegt also der Verdacht zugrunde, daß heuer in der Familie und dem sozialen Umfeld der Familie nichts mehr gelernt wird. Und etwas Wahres ist da auch dran: seit dem das Berufsleben vom Familienleben getrennt ist, der erwerbstätige Vater verläßt das Zuhause, um zu arbeiten, ist die Familie nicht mehr der Ort der Berufsausbildung der Söhne! Und was ist sonst nicht schon alles ausgelagert aus der Familie? Das Gesundheitswesen in das Spital, auch die Geburt der Kinder , die Pflege der Eltern in das Seniorenheim, das Essen oft in Kantinen oder Restaurationen...beliebig ergänzbar.
Jetzt soll auch die Sexualität-wenn es nach den reformpädagigischen rot-grünen Konzepten geht- aus der Familie ausgelagert werden.Der conservative Protest dagegen wäre glaubwürdiger, wenn man dann auch sagen könnte, wie es denn um die Kompetenz bezüglich der Sexualität in der Familie steht-oder will man einfach drauf vertrauen, daß es da schon so klappen wird wie immer? Aber auch das verlief wohl selten  in Einklang mit der Morallehre der Kirche. Ich denke da an den mir bekannten Fall einer Mutter, die ihrem Sohn zum 16.Geburtstag eine Nacht mit einer Prostituierten schenkte, damit er, nun erwachsen werdend, so in die Kunst der Liebe eingeführt würde, so die Mutter! Und man kann dabei natürlich eines nicht wegdiskutieren: mit der Geschlechtsreife (mit 14 Jahren etwa) erwacht bei Jungen wie Mädchens der Geschlechtstrieb- sie sind damit biologisch gesehen erwachsene Menschen,weil reproduktionsfähig, gelten aber uns als Noch-Kinder! Auch aus dieser Spannung zwischen dem biologischen Alter, (mit 14 erwachsen) und dem sozialen Alter (obwohl geschlechtsreif noch als Kinder geltend) entstehen Probleme. Der Trieb will nun lernen, wie es geht, damit er zum Erfolg, dem Nachwuchs kommt und die soziale Umwelt erachtet dies als zu früh!
Die von der Schule vermittelte "Lösung" lautet dann ja, daß die Schüler gezeigt bekommen, daß sie "lernen" können praktisch, aber dabei so "verhüten", daß kein da schon gewollter Nachwuchs entsteht.
Zu meinen, das bräuchte alles nur in die Familie zuückverlagert werden, und dann gäbe es keine Probleme mehr, ist wohl auch zu kurzsichtig gedacht! Das strukturelle Problem, daß Frauen heuer durchschnittlich mit 30 Jahren, Männer mit 33 heiraten, aber so ungefähr mit dem 14. Lebensjahr der Sexualtrieb erwacht und er anfangen will, zu lernen, und daß nach der kirchlichen Lehre er ´das eigentlich erst verheiratet dürfte, bleibt bestehen, auch wenn nur noch die Familie der Ort der Sexualkunde wäre, und realistischerweise das "Lernen auf der Straße", heuer in und durch Medien, von der Bravo bis zum Internet.   
    
     

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen