Montag, 23. März 2015

Ein Menschenrecht auf Töten-ein paar irritierende Überlegungen

Für die Menschenrechte zu sein, ist heuer selbstverständlicher als das Amen in der Kirche und es gehört zum guten Ton, mit tiefstem Bedauern feststellen zu müssen, daß die Katholische Kirche nicht auf den ersten Blick begeistert war von diesem neuen Stern am Himmel der Humanität. Erst mit dem 2. Vaticanum hätte sich die Kirche erst bekehrt und reuig ihr "mea maxima culpa" gesprochen, daß sie solange das Gut der Religions- und Gewissensfreiheit nicht bejubelt hat, sondern perhorreszierte. Es ist ein, wenn nicht das Menschenrecht schlechthin, das der Religions- und Gewissensfreiheit. 
Aber seit nun das neue Menschenrecht auf die Tötung ungeborener Kinder proklamiert wird und gar vom EU-Parlament anerkannt worden ist, könnte doch gefragt werden, ob denn diese Euphorie für die Menschenrechte wirklich so selbstverständlich gerechtfertigt ist.
Es sollen hier nun nur ein paar sehr vorläufige etwas irritierende Anmerkungen getätigt werden, als Vorüberlegungen zu einer noch zu schreibenden Kritik der Idee der Menschenrechte. 
Dem Menschen stünden von Natur aus Rechte zu, so lautet erstmal der Basissatz dieser neuen Idee. Diese Aussage nötigt uns sofort zur Rückfrage, was denn hier unter "Natur" zu verstehen sei. Um diese Frage zu beantworten, müßten wir wissen, was denn hier der Oppositionsbegriff zu Natur ist, denn erst dadurch wird dieser Begriff klar. Soll hier Natur gebraucht werden wie in der Differenz von der natürlichen Gotteserkenntnis zur übernatürlichen, oder als Gegensatz zur Kultur, oder zur Geschichte? Wir kennen das Urteil über einen Menschen, daß er sich natürlich und nicht affektiert verhielt. Wir liegen wohl richtig, wenn wir mutmaßen, daß der Begriff der Natur hier mehrdeutig verwendet wird. Er soll in Opposition sehen zum Begriff des positiven Rechtes des Staates, des Rechtes, das der Staat gesetzt hat als eines, das unabhängig vom Staate als Recht existieren soll. Dann meint Natur den Raum, über den der Staat nicht frei verfügen darf, daß da ihm ein Rechtsraum, ein natürlicher entzogen ist. Zudem ist dieser Raum der Naturrechte auch der Kirche mit ihrem Kirchenrecht und ihrer Lehre entzogen. Das meint dann, daß wie die offenbarten Wahrheiten auf den natürlichen Erkenntnissen fußend diese zwar überschreiten, aber nicht negieren, so habe auch die Natur eine normativen Anspruch der Kirche gegenüber. Die von der Kirche als offenbarte Wahrheit gelehrte Wahrheit kann und darf der natürlichen Gotteserkenntnis nicht widersprechen. 
Die Natur begrenzte so den Staat und die Kirche. Es gäbe etwas, was ihrer Gestaltungskraft entzogen sei. Aber mit welcher Autorität ist denn die Natur ausgestattet, daß sie die Kirche und den Staat begrenzen kann? Als Christen könnten wir nun unter Natur verstehen das von Gott Geschaffene und Sogeordnete. Dann stünde die Natur für den allgemeinen Willen Gottes. Der besondere wäre dann das, was er in besonderen Offenbarungen in der Geschichte bestimmten Adressaten mitteilt. Dann entzöge Gott der dem Staat und der Kirche diesen Naturraum als zu gestaltenden Raum, damit er diesen beiden Institutionen als Fundament dient. Die Kirche dürfe so in ihrer Lehre der Natur, der Naturordnung, dem Naturrecht und somit den Menschenrechten nicht widersprechen. Und sofort steht das Problem vor unseren Augen: die Kirche unterscheidet zwischen der wahren und falschen Religion und trat immer für die Diskriminierung der falschen Religionen ein. Das widerspricht aber der Ideologie der Menschenrechte, daß niemand ob seiner Religion diskriminiert werden darf. Ja, die Kirche lehrt, daß im Endgericht die Gretchenfrage, wie hieltest du es mit der wahren Religion die Prüfungsfrage des Endgerichtes sein wird. Aber diese Frage verbietet die Menschenrechtsideologie. Und auch Gott dürfe in seinem Gericht nicht den Menschenrechten widersprechen! Aber kann etwas zur von Gott gewollten Naturordnung gehören, das seinem Gericht inkompatibel ist? Nein, wenn ein Element der Naturordnung dem widerspricht, was Gott offenbart als als übernatürliche Wahrheit, dann kann diese Naturordnung nicht mehr das sein, was christlich unter der von Gott geschaffenen und so geordneten Natur begriffen wird. Die Natur hat sich sozusagen von Gott emanzipiert und tritt als von Gott unabhängige Quelle von Recht auf! Die Natur als unabhängig von Gott, Kirche und Staat existierende Größe normiert dann das menschliche Leben! Aber kraft welcher Autorität und welcher Legitimität? Es gibt Natur aber warum sie normativ für den Menschen sein soll, das ist unbegründbar! Sie wird es nur, wenn die Naturordnung als von der Autorität Gottes so gesetzte begriffen wird. Gott spricht als Gesetzgeber eben auch und gerade zu allen Menschen durch die Natur. Zu bestimmten spricht er dann in in der Geschichte sich ereignenden Offenbarungen, aber allgemein durch die Natur. 
Warum soll so gesehen es ein Positivum sein-aus katholischer Sicht-wenn neben der Autorität Gottes eine zweite autonome Autorität tritt, die sagt, was sein soll! Denn das bedeutet Recht.Recht sagt nicht, was der Fall ist, sondern was der Fall sein soll! Und jetzt sagt diese autonome Autorität, daß die Abtreibung ein Menschenrecht ist! Die von Gott gesetzte Naturordnung sagt das nicht, aber die von Gott emanzipierte Natur. Nur-die Preisfrage des Tages!-wer legt fest, was die Natur normativ sagt? Die Natur sagt nichts. Es gibt nur Menschen, die im Namen der Natur sprechen, daß es ein natürliches Recht des Menschen sei, nicht ob ihrer Religion diskriminiert zu werden und jetzt, das Recht zu haben, ungeborene Kinder zu töten! 
Die allgemeine Zustimmung für die Menschenrechte kam eigentlich erst nach dem Erleiden totalitärer Staaten auf, als der Mythos geboren wurde von Menschen, die im Namen ihres Gewissens und der Menschenrechte gegen totalitäre Staaten Widerstand geleistet hatten! Ja, ein guter Staat zeichne sich von einem totalitären gerade dadurch aus, daß er den Raum der Menschenrechte als Basisraum des Staatsaufbaues bejahe und respektiere. Er läßt sich durch die Menschenrechte begrenzen und ist so kein totalitärer Staat.Das heißt jetzt, daß der Staat nicht mehr durch positives Recht das Recht, ungeborene Kinder töten zu dürfen, einschränken darf! 
Wer hat denn nun dies neue Menschenrecht kreiert und wer die anderen, fragen wir uns jetzt. Die Antwort muß uns desillusionieren:nie sprach die Natur ein Machtwort, gleich dem deus dixit, sondern es gab immer nur Philosophen, die im Namen der Autorität der Natur verkündeten, was die Natur von uns verlange, was ihr Recht ist. Die Herrschaft der Natur ist so die Herrschaft der die Natur auslegenden Philosophen in Opposition zu den Staatsjuristen! Wer Naturrecht sagt, meint damit meine philosophische Vorstellung von dem, was die Natur von uns verlangt-im Kontrast zu allen positiven Religionen und dem jeweiligen Staatsrecht! 
Philosophen denken nicht autonom, denn sie leben in einer Zeit, in einer bestimmten Situation. So gilt, daß das, was Philosophen von der Natur sagen, daß sie das und dies fordert, in der Regel mehr mit dem zeitgenössischen Denken als mit Eingebungen der Natur zu tun haben. Merke: Wo Menschen im Namen der Natur sprechen, da spricht alles, nur die Natur nicht! 
Die Menschenrechte sind so eher ein weltanschsaulicher Vorstellungskomplex, mit dem Autoritätsansprüche der Kirche und des Staates bekämpft werden, als daß sie die Stimme der Natur wären. Und die Kirche fand Gefallen an diesem Vorstellungskomplex genau dann, als sie selbst ein Opfer von Autoritätsansprüchen des Staates wurde als Verteidigungsideologie in postchristlichen Zeiten, in der die Wahrheit der christlichen Religion nicht mehr allgemein anerkannt wurde. 
Nur, die Natur spricht nicht und offenbart nichts und darum kann sie für jedes politische Belieben instrumentalisiert werden.Die Natur, die Menschenrechte verlangen...und was die Natur sagt, das souffliert ihr im Regelfall der Zeitgeist. Der Zeitgeist ist so der große Souffleur der auf der Bühne auftretenden Verkünder der Natur! Kein festes Fundament, auf dem die Kirche oder der Staat sich auferbauen könnten!

Daß jetzt gar ein Menschenrecht auf das Töten ungeborener Kinder proklamiert werden kann und erfolgreich wird, zeigt wie wenig hier die "Natur" spricht sondern der politische Zeitgeist sich in den Menschenrechten manifestiert!              
           
  
  

1 Kommentar:

  1. Nur zur Erinnerung: ALLE Menschenrechte mussten GEGEN den erklärten Willen der römisch katholischen Kirche durchgesetzt werden.
    Als besonders heftig habe ich selbst noch den Krieg der römisch-katholischen Kirche gegen die Gleichberechtigung der Frauen miterlebt, während die Religionsfreiheit im zweiten Vaticanum noch von einigen Hardcore-Hierarchen mit Zähnen und Klauen verteidigt wurde.

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