Donnerstag, 5. März 2015

Über Vorurteile, unerlaubte und erlaubte

Über das Ideal des Wissens, über Vorurteile, erlaubte und unerlaubte
Eigentlich ist der Vorfall so trivial, daß er keiner Zeile wert wäre, aber dieser Fall schaffte es zu der Nr.1 Nachricht in der Lokalpresse. Der Fall: die Deutsche Bundesbahn gibt Fahrkarten heraus, z. B. Tagesfahrkarten, die an einem Tag unbegrenzt häufig benutzt werden dürfen durch den Käufer. Sie sind nicht übrrtragbar. Um einen Mißbrauch zu verunmöglichen, muß die Karte deshalb vom Nutzer unterschrieben werden, damit nicht andere ebenfalls mit dieser Karte fahren. Ein einfacher Betrügertrick: man unterschreibe so undeutlich, daß die Unterschrift von mehreren benutzt werden kann: Das ist meine Unterschrift.
Ein Fahrkartenkontrolleur entdeckte so eine unleserliche Unterschrift und verweigerte dem Fahrgast die Weiterfahrt, da er einen Betrugsversuch sah. 
Nun wird der irritierte Leser sich fragen: Was soll das-ein Routinefall, nichts Besonderes! Es wäre es auch, wenn nicht unglücklicherweise der Fahrgast ein Farbiger und der Kontrolleur ein Weißer gewesen wäre. Jetzt landet dies Ereignis auf Seite 1 der Lokalpresse unter: unser täglicher Rassismus! Die Bahn mußte sich gar für den "rassistischen" Kontrolleur entschuldigen! Dieser Fall gibt uns zu denken. In ihm manifestiert sich das Phänomen eines antirassistischen Rasismus.Merke: wenn ein Schwarzafrikaner mit der Polizei oder irgendeiner anderen Kontrollinstanz in Konflikt gerät, dann ist immer der Farbige unschuldig und der Weiße ein Rassist. Der Fall braucht in keiner Weise untersucht zu werden, denn wer hier Täter und wer hier Opfer ist, ergibt sich a priori aus der Hautfarbe der Beteiligten Wird in den Nachrichten rapportiert, daß ein weißer Polizist irgendwo in den USA einen Farbigen erschoß, sofort  weiß ganz Deutschland: wieder ein rassistischer Polizist. Auch hier bedarf es niemal detailierter Faktenkenntnis: die Hautfarbe allein sagt uns alles über diesen Fall. 
Dies ist aber doch höchst befremlich. Jeder anständige Deutsche weiß, daß Vorurteile etwas moralisch Unerlaubtes ist. Gegen Menschen ob ihrer Rassezughörigkeit Vorurteile zu heben, ist geradezu eine unvergebbare Sünde (wie einst die wider den Hl. Geist)Und nun darf man sie doch haben-nein, es gehört geradezu zur Moralität dazu, solche zu haben und zu artikulieren.
Lese ich in der Zeutiung; ein Priester steht unter Verdacht, Kinder mißbraucht zu haben, weiß ich als Anstandsdeutscher, daß der Priester der Täter ist und daß es nur die Kirche mal wieder ist, die dies schwarze Scharf schützen will, indem alles abgeleugnet wird. Der Unschuldsverdacht, solange die Schuld noch nicht bewiesen ist, gilt eben nicht für Priester und weiße Polizisten-die sind immer schuldig!Ganz anders, wenn etwa ein Lehrer einer progressiven Schule in solch einen Verdacht gerät! 
Versuchen wir mal, etwas Licht in die Mysterien der Verurteilung des Vorurteiles hineinzubringen!    
Fangen wir ganz trivial an, mit einer Szene aus dem Leben. Da geht wer spazieren im Wald. Er sieht einen Pilz. Da er einen Hunger hat, frägt er sich: kann ich diesen Pilz essen? (Aber hier muß sofort korrigierend eingegriffen werden: esen kann man jeden Pilz, aber nicht überlebt man den Genuß jeden Pilzes. Also muß präziser gefragt werden: kann ich diesen Pilz essen ohne schwerwiegende Gesundhritsschäden für mich? Wie kann ich wissen, ob der Verzehr dieses Pilzes mir schadet. Nun könnte ich auf Erzählungswissen rekurrieren: da gab es mal wen, der aß einen Pilz, der so aussah wie der da vor mir, und er starb daran. Es gibt nun eine un/vorwissenschaftliche Form des Wissens: Ähnlichs wirkt ähnlich. (M. Foucault spricht in : Die Ordnung der Dinge von der Imagination der Ahnlichkeit-aber viel tiefsinniger). Also auf diesen Fall appliziert: wenn ein gegessener roter Pilz einen Menschen tötete, dann könnte dieser Pilz, weil er dem tödlichen ähnlich ist und weil jeder Mensch jedem Menschen auch ähnlich ist, auch mich töten. Also unterläßt der Wanderer es, den Pilz zu verzehren.Ein ganz unpoblematischer Fall, und doch voller metaphysidcher Heimtücken. Denn die Struktur dieses Wissens ist die Struktur des gelebten Vorurteiles. Ich kenne den Pilz nicht, habe von einem ähnlichen gehört und schließe von dem bekannten Fall auf diesen. Weil das ähnlich ist dem, verhält der sich auch ähnlich dem. 
Das Ideal des exakten Wissens-Wissen statt Vorurteil-, hätte nun das Experiment verlangt! Ich müßte den Pilz essen und stürbe ich daran, wüßte ich, daß dieser Pilz für mich tödlich war. Aber die möglichen Folgekosten dieses Experimentes lassen uns doch Abstand nehmen von einer exakten wissenschaftlichen Überprüfung. Nun könnte der Wanderer seinem Hund den Pilz zum Essen geben (auch wenn der örtliche Tierschutzverein dagegen protestieren würde), in der Meinung, daß wenn der Hund den Pilz überlebt, ich als Mensch ihn auch überleben werde, ob der Ähnlichkeit von Mensch und Hund. Aber wie berechtigt ist dieser Schluß denn vom Hund auf mich als Menschen.
Wir lassen jetzt diesen Fall auf sich beruhen, um ein kurzes Resmee zu ziehen: in Situationen, wo eine Entscheidung zu treffen ist, (hier esse ich den Pilz oder esse ich ihn nicht) und wo man sich nicht nichtenscheiden kann, denn eines von breiden muß man ja tun, entweder essen oder nichtessen( auch die zeitliche Hinauszögerung, daß ich erst später mich entscheide, ist erstmal eine Entscheidung für das Nichtessen)und in der ich nicht auf der Basis von dem Ideal des exakten Wissens entscheiden kann, kommt unser Vermögen, auf Basis von "Vorurteilen" Entscheidungen zu treffen, zu tragen. Weil man gehört hat, daß ein ähnliches Obejekt tödlich sich auswirkte, urteile ich, daß das auch für mich tödlich sein könnte. 
Niemand wird nun moralische Bedenken gegen diesen Umgang mit Voruteilen hegen. Es muß eben eine Entscheidung in Ermangelung von exaktem Wissen auf dem wackeligen Fundament von Vorurteilen getroffen werden.
Ich möchte mir ein neues Buch, einen Roman kaufen. Eine unübersehbar große Anzahl von Büchern steht, in Regalen vor mir, bereit, verkauft zu werden. Das Ideal des exakten Wissens würde nun verlangen, daß ich keinen der Romane als für mich nicht lesebswert ablehne, bevor ich ihn nicht im Detail geprüft hätte. Dann müßte ich alle kaufbaren lesen, um dann erst denn mir passenden auswählen zu können. Das ist zwar theoretisch denkbar, aber praktisch unmöglich. Auch hier greife ich dann auf das Auswahlkriterium der Ähnlichkeit zurück: Gefiel mir ein Roman von Thomas Bernhard, urteile bich, daß ein anderer, vom gleichen Autor verfaßt, mir auch gefallen wird, weil ich von einem Autor immer ähnliche Romane erwarte. Das Vorurteil beruht gerade auf der Vorstellung, daß ein Autor immer Ähnliches hervorbringt! Auch diese Handhabung eines Vorurteiles ist moralisch akzeptabel. Und lebenspraktisch ist dies auch sehr vorteilhaft als Alternative zu dem Versuch, erst alle kaufbaren Bücher lesen zu müssen, um so erst das für mich passende herauszufinden gemäß dem Ideal des exakten Wissens.
Wieso wird dann das Vorurteil so verdammt, wenn es so lebenspraktisch ist? Permanent praktizieren wir es doch so, im Alltg in Entscheidungssituationen, in denen wir nicht über ein exaktes Wissen über die zu entscheidende Causa verfügen!
Und unsere politisch korrekte Presse macht es auch so.  Konstruieren wir einen Fall. In einem türkischen Imbiß wird eine Scheibe eingeschmissen! In der Presse lesen wir am Tage dadrauf: Anschlag auf türkischen Imbiß! Polizei schließt fremdenfeindlichen Anschlag nicht aus!Also: Neonazis waren es! Die Presse weiß eben per Vorurteil, daß wenn ein Ausländer Opfer einer strafbaren Handlung war, der Täter immer ein Rechter war und daß das Tatmotiv immer ein rassistisches ist! Das ist nun nicht etwa eine primitive Vorurteilspraxis, sondern couragierter Journalismus gegen Rechts! Sollte dann später sich ein einfacher Versicherungsbetrugsversuch durch den Ladenbesitzer herausstellen, wird man urteilen: es hätte aber auch ein Rechter gewesen sein können- und somit lag man ja in der Presse nicht falsch.
Vorurteile bestimmen so sehr die private wie öffentliche Meinungsbildung, daß man gar nicht wüßte, wie man ohne sie im praktischen Leben auskommen sollte. Nur wenigen Denkmenschen ist es so gegeben, die Summe der liebgewonenen Vorurteile mal durchzuprüfen auf ihren Wahrhritsgehalt-die meisten praktizieren sie. Wir dürfen wir wohl im Geiste des Soziologen N. Luhmanns von einer Kontingenzbewältigung durch die Praxis des Vorueteilswissens reden, daß Nichtgewußtes durch eine Analogie zu etwas, was man kennt, beurteilt wird: ein roter Pilz erwies sich mal als giftig, also wird es auch dieser sein! 
 Aber es gibt nun offenkundig eine Klasse von Vorurteilen, die man nicht haben darf. Eine Sonderklasse. Nehmen wir ein drastisches Beispiel: eine junge Frau kommt heim von einem Diskothekenabend, attraktiv gekleidet und sie sieht vor sich eine Gruppe junger Männer, die angetrunken wirken. Geht sie jetzt an ihnen vorbei oder wählt sie einen Umweg? Es herrscht die selbste erkenntnidstheoretische Problematik vor: ein Entscheidung ist zu treffen, der nicht ausgewichen werden kann. Es fehlt für eine sachgemäße Entscheidung das dafür notwendige Wissen. Die Frau kann nicht wissen, wie diese Männer auf sie reagieren werden. Ein Experiment wäre zu gefährlich für sie. Aber sie muß eine Entscheidung treffen. Jetzt rekurriert sie auf ihre Vorurtelsammlung.  Ein Vorurteil wäre es nun, daß betrunkene junge Männer, spät Nachts in einer unbelebten Straße zum Anpöpeln von jungen Frauen neigen, ja vielleicht auch zu sexuellen Übergriffen. Sie kennt diese jungen Männer nicht, aber sie weiß von dem Vorurteil. Sie geht einen Umweg. Das ist moralisch in Ordnung! 
Aber sie wäre eine Rassisten, wenn sie nun bemerkte, daß die Männer vor einem Asylheim stehend, angetrunkene Asylanten sind. Dann dürfte sie keinen Umweg mehr machen, denn das wäre dann praktizierte Ausländerfeindlichkeit. In einer politisch korrekten Erzählung  (für den Schuluntericht und dern Religiondsuntericht sehr geeignet) veliefe die Handlung dann so: die junge Frau ging ängstlich an der Gruppe der Asylanten vorbei, die erzählten ihr, daß sie einen Geburtstag feierten und luden sie zu einem Glas Wein ein-und sie wurden Freunde fürs Leben-(daß sie dann gleich einen Asylanten heiratet, wäre etwas zu dick aufgetragen). Nie traf sie sympathischere Menschen als hier -als Schlußsatz ist aber unbedingt notwendig für den richtigen Religionsunterricht! 
Seltsam: so viele Vorurteile benutzt der Durchschnittsmensch im Alltagsleben, und die Presse im Allgemeinen gerade bei der politisch korrekten Nachrichtenherstellung. Nur eine kleine Gruppe von Vorurtilen sind moralisch dann ausgeschlossen! Welche nur? Hier gibt es eine einfache Antwort: die politische Korrektheit sagt uns, wem gegenüber ich keine Vorurteile haben darf und wem gegenüber ich Vorurteile zu hegen habe. Wenn ein weißer Polizist einen Fsrbigen in den USA erschießt, dann habe ich das Vorurteil zu haben, daß a) der weiße Polizist ein Rassist ist, und daß b)der Farbige ein unschuldiges Opfer des rassistischen Polizisten ist. Wenn ein katholischer Priester in den Verdacht gerät, ein Kind sexuell mißbraucht zu haben, dann habe ich zu urteilen, daß er das auch war und wenn seine Unschuld doch bewiesen wird, daß dann die Kirche das alles wie immer geschickt vertuscht hat. 
Dagegen gibt es andere Gruppen von Menschen, die immer nur die Guten sind und die immer nur als Opfer von Gewalt auftreten, nie als Täter! Wenn ein Priester, der homosexuell ist, sich an Buben vergreift, dann ist nicht er schuld, sondern die Kirche mit ihrer homosexfeindlichen Einstellung-eigentlich wäre er ja per Vorurteilsdefinition der Täter schlechthin als Priester der Katholischn Kirche-aber als Homosexueller ist er niemals Täter sondern immer nur ein Opfer der Homophopbie! 
Also, im Alltagsleben kommmen wir faktisch aus lebenspraktischen Gründen nie ohne Vorurteile aus, daß in Situationen defizitären Wissens über eine Causa eine Entscheidung zu treffen ist nach dem Prinzip der Ähnlichkeit (wenn mir ein Buch eines Autoren gefallen hat, werden mir auch seine anderen gefallen, den ein Autor schreibt immer Ähnliches). Aber das wird nicht eine Praxis des Vorurteiles genannt, weil es unmoralisch ist, Vorurteile zu haben.Deshalb praktizieren wir es so, dürfen diese Praxis aber nicht auf den begriff bringen. Der Politisch Korrekte konstruiert sich seine ganze Lebenswelt gemäß den Vorurteilen dieser Weltanschauung und urteilt gemäß ihr: aus ein weißer Polizist erschießt einen Farbigen wird: ein Rassist tötete Unschuldigen. Gleichzeitig gibt es Gruppen von Menschen, über die man keine Vorurteile hegen darf -privilegierte Gruppen, wie etwa Homosexulle oder Asylanten und es gibt Gruppen, über die man negtive Vorurteile zu pflegen hat: Katholische Priester, wenn sie denn nicht homosexuell sind und politiisch Rechte/Rechtsradicale, die man sich am besten wie Untermenschen imaginiert. (Wer das für eine Übertreibung hält, gebe im Internet mal ein: Rechtsradicale/Neonazis: Bilder. Lauer Untermenschenbilder wird er sehen!)  Hier gilt das Vorurteil, daß politisch inkorrekte Menschen schon durch ihr Äußeres als unmorlisch-primitive Menschen leicht zu erkennen sind! Gute Menschen dagegen sehen auch gut aus!  
Das Ideal des exakten Wissens wird so gegen politisch inkorrekten Gebrauch von Vorurteilen angeführt, aber wenn es um politisch korrekte Vorurteile geht,ist dies Ideal außer Kraft zu setzen. Gegen die Kirche ist jedes Negativvorurteil erlaubt, hier ist jedes Faktenwissen völlig überflüssig für die Urteilsbildung. 
So erlaubte sich ein Bekannter von mir mal diesen "Scherz". Sobald jemand in seiner Gegenwart von Kreuzzügen als dem schlimmsten Verbrechen der Kirche sprach, zu fragen, welchen der Kreuzzüge er denn meine. Jeder so Angesprochene schaute ihn darauf völlig ratlos an, ja gäbe es denn mehrere? oder doch nur einen?  Vollkommene Ahnungslosigkeit! Noch verblüffender: zum Thema der Hexenverbrennung. Meinen sie die unschuldig oder die schuldig verurteilten Hexen? Auch und gerade in diesem Falle wird kaum jemand über eine Kriteriologie verfügen, die es erlaubt, pauschaliter alle als zuunrecht verurteilt begründen zu können.  Und so ruft die Zusatzfrage: Woher wissen sie, daß alle und jede unschuldig war? nur betretendes Schweigen hervor.  Man braucht eben nichts zu wissen, Hauptsache, man liebt und pflegt seine Vorurteile gegen die Kirche! Interessant, daß die, die gerne der Kirche Aberglauben und Unwissenschaftlichkeit vorwerfen, in ihrer Urteilsbildung wider die Kirche auf jegliches Faktenwissen verzichten und auch auf eine Legitimierung ihres Werturteiles verzichten. Aber der selbe gut Gebildete wird lautstark bei jeder pasenden und unpassenden Gelegenheit erklären, daß er völlig frei von Vorurteilen sei, nur die Anderen haben so was!     

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