"Wie kam sie[die heilige Margarita von Cortano]zu diesem heiligen Leben und seligen Sterben?- Durch die Betrachtung des Todes.-Ein treues Hündlein ihres Herrn kam zu ihr, zog immer an ihren Kleidern, bis sie ihm endlich folgte.-Aber wohin?-Zu einem Leichnam, der schon drei Tage lang dalag und einen unausstehlichen Geruch verbreitete. -Es war der Körper eines Menschen, den Räuber umgebracht, und den Margarita nur zu gut kannte.-Bei diesem gräßlichen Anblick rief sie aus: "Ach, wo wird deine Seele sein?"-Dieser Gedanke durchdrang ihr Innerstes;dieser Anblick des Todes brachte sie zu einem besseren Leben, zu einem Leben der Bekehrung, der Buße und der Heiligkeit." (Michael Sintzel, Maria, meine Zuflucht und mein Trost, Neue verbesserte Auflage, 1919, S.681.)
Es ist hier strikt zu distinguieren zwischen dem Anblick des Toten, dem Anblick des Todes und der Betrachtung des Todes. Ein "gräßlicher Anblick"- der drei Tage alte Leichnam.Ein Mensch ist umgebracht worden und auf Anhieb ist die Interpretation da: Räuber haben den Menschen umgebracht. Jetzt könnte diese Geschichte den Auftakt eines Kriminalromanes bilden. Sherlock Holmes und Dr. Watson erschienen am Ort des Geschehens und begönnen mit der Aufklärungsarbeit. Das Ende: der Mörder wird überführt. Margarita hätte dabei die Funktion, den Leichenfund der Polizei zu melden und erste sachdienliche Auskünfte über den Ermordeten zu geben. Aber warum ereignete sich das hier so nicht? Warum ließ Margarita den Gedanken, daß ein Räuber diesen Menschen umgebracht hat, fallen und betrachtet den Leichnam als einen Fall des Todes? Warum betrachtet sie ihn nicht als einen Fall für die Mordkommission der Polizei? Was versteht Margarita unter dem Tod? Ihr Ausruf sagt es uns. Für sie ist der Tod die Trennung der Seele von dem Körper. Aber nun stehen wir vor etwas Erstaunlichem: dem Auge ist der Tod als Trennung der Seele von dem Leibe nicht sehbar und doch sieht Margarita! Ihr Sehen ist so schon ein interpretierendes Sehen, indem sie den leblosen Leichnam als entseelt deutet. Das Leben ist ihm entwichen und das ist die sich vom Körper gelöst habende Seele. Und nun hebt die Betrachtung des Todes an mit der Frage des Geschickes der Seele. Damit ist mitgesetzt, daß das Geschick der Seele für den Menschen bedeutsame ist als das Geschick des Körpers! Der Mensch ist nicht eine Einheit von Seele und Körper, sondern er ist eine Seele, die einen Körper hat, aber auch ohne Körper leben kann.
Das "Wo" setzt nun den ganzen Reichtum der christlichen Nachtodvorstellungen voraus. Die Seele könnte im Reich Gottes, im Fegefeuer oder in der Hölle sein. Margarita reflektiert nun aber nicht weiter über das "Wo" dieser Seele, sondern schaut auf sich: wo wird meine Seele sein, im Himmel, im Fegefeuer oder in der Hölle und wie muß ich leben, damit ich nicht in der Hölle ende oder ins Fegefeuer gelange. Vor dieser Frage stand sie und ihre Antwort war ihr heiliges Leben.
Sie hätte ja auch ganz anders reflektieren können, indem sie etwa sich die Frage stellte: wie konnte Gott es zulassen, daß dieser Mensch von Räubern umgebracht wurde? Damit stünde sie mitten im Theodizeediskurs!
Nicht der gräßliche Anblick des Leichnams, sondern erst ihre besondere Weise des Betrachtens und Bedenkens dieses Falles ließ sie so zu einer Heiligen werden. Man könnte ja denken, daß dem persönlichen Glauben eine Erfahrung vorausgeht, die dann den religiösen Glauben entstehen läßt. Eine nichtreligiöse Erfahrung, die verallgemeinbar wäre und aus der sich dann der persönliche Glaube generiert, wäre so das Fundament des Glaubens. Aber dem ist nicht so: die religiöse Deutung des Todes, (oder auch philosophische im Sinne Platons) als die der Trennung der Seele von dem Leib evoziert erst eine religiöse Betrachtung, die dann zu einer Umkehr im Leben führt.
Was bliebe von dem "gräßlichen Anblick" des Leichnams übrig, ließe man die Vorstellung von der Seele weg. Die Frage des "Wo" erübrigte sich. Das Leben des Getöteten ist genichtet und es bleibt keine Frage über das weitere Geschick des Verstorbenen übrig. Der Leichnam wäre nur noch ein Fall für die Kriminalpolizei.
Margarita sieht den Leichnam als eine in der christlichen Religion Gebildete. Nur so kommt sie zu der Frage des Wos der Seele. Abstrakter formuliert: die christliche Religion ist so schon die notwendige Voraussetzung bei dieser Frau, daß ihr dieser Anblick des Toten zum Anlaß der Revolutionierung ihres Lebens wird. Aber der Anblick führt doch zu einer Veränderung in ihr! Aus dem Glauben der Kirche, an dem sie partizipiert, wird ihr ein privater, indem sie nun sich selbst frägt: was wird das Geschick meiner Seele sein? Die abstrakte Vorstellung individuiert sie zu der nach ihrer Zukunft.Eines besagt dies aber auch: wo der Tod nicht mehr philosophisch-platonisch oder christlich gedeutet wird, da bleibt der Anblick eines Leichnams stumm. Der Tod ist so schon nicht für sich ein Emergenzpunkt für ein Glaubensleben, erst wenn er die Frage nach dem Nachdem mitsetzt, ist er für die Religion bedeutsam.
Der moderne Mensch ist sozusagen immun gegen den Tod, weil er sich zu gewiß ist, daß das Nachdem leicht zu beantworten ist. Nichts ist nach dem Tode. Wenn ich bin, ist der Tod nicht, und wenn der Tod ist, bin ich nicht mehr, sodaß es meinen Tod gar nicht geben kann. Eine moderne Margarita hätte also sich gesagt, daß der Tote das Leben hinter sich hat und nun ewig ruht. Und sie- lebe jetzt, denn auch du kannst morgen schon tot sein, vielleicht auch von irgendwem umgebracht. Der Mensch kann auf den Anblick des Todes vielfältig reagieren. Das Carpe diem entspricht dem modernen Menschen, der religiöse frägt nach dem Geschick der Seele und steht so vor der Frage: wie muß ich leben, damit ich nicht den ewigen Tod sondern das ewige Leben erbe?
In der Betrachtung über den Tod (Michael Sintzel, Maria...S.680) lesen wir:"Ich werde also sterben. Verwandte, Freunde, Güter muß ich verlassen und zuletzt auch diesen Körper. Diese meine Behausung wird eine Stätte der Würmer-meine einstige Wohnung aber wird von ewiger Dauer sein, gut oder schlecht, das weiß ich nicht. -Es sind aber Wahrheiten, die keiner weiteren Bestätigung bedürfen; jeden Augenblick finde ich sie bestätigt."
Wenn man sich frägt, wie denn die große vorkonziliare Theologie so plötzlich implodieren konnte im und nach dem Konzil, der findet hier eine Antwort! "Es sind Wahrheiten, die keiner weiteren Bestätigung bedürfen" ist wohl einer der verhängnisvollsten Irrtümer in der vorkonziliaren Kirche. Denn diese Wahrheiten finden nicht in jedem Augenblick ihre Bestätigung! Daß der Tod die Trennung der Seele vom Leibe ist, ist keine Erfahrung, sondern eine Erkenntnis tiefsinnigsten philosophischen Denkens (Platon) und gehört zum Interieur der christlichen Religion gerade als eine religionsimmanennte Wahrheit- diese Erkenntnis gehört so gerade nicht zum Allgemeinwissen des Menschen, sodaß um diese Erkenntnis immer wieder neu gerungen wird, damit diese Erkenntnis auch zu der privaten Wahrheit des Gläubigen wird! Die hl Margarita kam nicht durch den Anblick des gräßlichen Leichnams zu der Erkenntnis des Todes, daß er die Trennung der Seele vom Leibe ist, sodaß angesichts des Todes zu fragen ist: wo ist die Seele des Verstorbenen?
Es ist hier strikt zu distinguieren zwischen dem Anblick des Toten, dem Anblick des Todes und der Betrachtung des Todes. Ein "gräßlicher Anblick"- der drei Tage alte Leichnam.Ein Mensch ist umgebracht worden und auf Anhieb ist die Interpretation da: Räuber haben den Menschen umgebracht. Jetzt könnte diese Geschichte den Auftakt eines Kriminalromanes bilden. Sherlock Holmes und Dr. Watson erschienen am Ort des Geschehens und begönnen mit der Aufklärungsarbeit. Das Ende: der Mörder wird überführt. Margarita hätte dabei die Funktion, den Leichenfund der Polizei zu melden und erste sachdienliche Auskünfte über den Ermordeten zu geben. Aber warum ereignete sich das hier so nicht? Warum ließ Margarita den Gedanken, daß ein Räuber diesen Menschen umgebracht hat, fallen und betrachtet den Leichnam als einen Fall des Todes? Warum betrachtet sie ihn nicht als einen Fall für die Mordkommission der Polizei? Was versteht Margarita unter dem Tod? Ihr Ausruf sagt es uns. Für sie ist der Tod die Trennung der Seele von dem Körper. Aber nun stehen wir vor etwas Erstaunlichem: dem Auge ist der Tod als Trennung der Seele von dem Leibe nicht sehbar und doch sieht Margarita! Ihr Sehen ist so schon ein interpretierendes Sehen, indem sie den leblosen Leichnam als entseelt deutet. Das Leben ist ihm entwichen und das ist die sich vom Körper gelöst habende Seele. Und nun hebt die Betrachtung des Todes an mit der Frage des Geschickes der Seele. Damit ist mitgesetzt, daß das Geschick der Seele für den Menschen bedeutsame ist als das Geschick des Körpers! Der Mensch ist nicht eine Einheit von Seele und Körper, sondern er ist eine Seele, die einen Körper hat, aber auch ohne Körper leben kann.
Das "Wo" setzt nun den ganzen Reichtum der christlichen Nachtodvorstellungen voraus. Die Seele könnte im Reich Gottes, im Fegefeuer oder in der Hölle sein. Margarita reflektiert nun aber nicht weiter über das "Wo" dieser Seele, sondern schaut auf sich: wo wird meine Seele sein, im Himmel, im Fegefeuer oder in der Hölle und wie muß ich leben, damit ich nicht in der Hölle ende oder ins Fegefeuer gelange. Vor dieser Frage stand sie und ihre Antwort war ihr heiliges Leben.
Sie hätte ja auch ganz anders reflektieren können, indem sie etwa sich die Frage stellte: wie konnte Gott es zulassen, daß dieser Mensch von Räubern umgebracht wurde? Damit stünde sie mitten im Theodizeediskurs!
Nicht der gräßliche Anblick des Leichnams, sondern erst ihre besondere Weise des Betrachtens und Bedenkens dieses Falles ließ sie so zu einer Heiligen werden. Man könnte ja denken, daß dem persönlichen Glauben eine Erfahrung vorausgeht, die dann den religiösen Glauben entstehen läßt. Eine nichtreligiöse Erfahrung, die verallgemeinbar wäre und aus der sich dann der persönliche Glaube generiert, wäre so das Fundament des Glaubens. Aber dem ist nicht so: die religiöse Deutung des Todes, (oder auch philosophische im Sinne Platons) als die der Trennung der Seele von dem Leib evoziert erst eine religiöse Betrachtung, die dann zu einer Umkehr im Leben führt.
Was bliebe von dem "gräßlichen Anblick" des Leichnams übrig, ließe man die Vorstellung von der Seele weg. Die Frage des "Wo" erübrigte sich. Das Leben des Getöteten ist genichtet und es bleibt keine Frage über das weitere Geschick des Verstorbenen übrig. Der Leichnam wäre nur noch ein Fall für die Kriminalpolizei.
Margarita sieht den Leichnam als eine in der christlichen Religion Gebildete. Nur so kommt sie zu der Frage des Wos der Seele. Abstrakter formuliert: die christliche Religion ist so schon die notwendige Voraussetzung bei dieser Frau, daß ihr dieser Anblick des Toten zum Anlaß der Revolutionierung ihres Lebens wird. Aber der Anblick führt doch zu einer Veränderung in ihr! Aus dem Glauben der Kirche, an dem sie partizipiert, wird ihr ein privater, indem sie nun sich selbst frägt: was wird das Geschick meiner Seele sein? Die abstrakte Vorstellung individuiert sie zu der nach ihrer Zukunft.Eines besagt dies aber auch: wo der Tod nicht mehr philosophisch-platonisch oder christlich gedeutet wird, da bleibt der Anblick eines Leichnams stumm. Der Tod ist so schon nicht für sich ein Emergenzpunkt für ein Glaubensleben, erst wenn er die Frage nach dem Nachdem mitsetzt, ist er für die Religion bedeutsam.
Der moderne Mensch ist sozusagen immun gegen den Tod, weil er sich zu gewiß ist, daß das Nachdem leicht zu beantworten ist. Nichts ist nach dem Tode. Wenn ich bin, ist der Tod nicht, und wenn der Tod ist, bin ich nicht mehr, sodaß es meinen Tod gar nicht geben kann. Eine moderne Margarita hätte also sich gesagt, daß der Tote das Leben hinter sich hat und nun ewig ruht. Und sie- lebe jetzt, denn auch du kannst morgen schon tot sein, vielleicht auch von irgendwem umgebracht. Der Mensch kann auf den Anblick des Todes vielfältig reagieren. Das Carpe diem entspricht dem modernen Menschen, der religiöse frägt nach dem Geschick der Seele und steht so vor der Frage: wie muß ich leben, damit ich nicht den ewigen Tod sondern das ewige Leben erbe?
In der Betrachtung über den Tod (Michael Sintzel, Maria...S.680) lesen wir:"Ich werde also sterben. Verwandte, Freunde, Güter muß ich verlassen und zuletzt auch diesen Körper. Diese meine Behausung wird eine Stätte der Würmer-meine einstige Wohnung aber wird von ewiger Dauer sein, gut oder schlecht, das weiß ich nicht. -Es sind aber Wahrheiten, die keiner weiteren Bestätigung bedürfen; jeden Augenblick finde ich sie bestätigt."
Wenn man sich frägt, wie denn die große vorkonziliare Theologie so plötzlich implodieren konnte im und nach dem Konzil, der findet hier eine Antwort! "Es sind Wahrheiten, die keiner weiteren Bestätigung bedürfen" ist wohl einer der verhängnisvollsten Irrtümer in der vorkonziliaren Kirche. Denn diese Wahrheiten finden nicht in jedem Augenblick ihre Bestätigung! Daß der Tod die Trennung der Seele vom Leibe ist, ist keine Erfahrung, sondern eine Erkenntnis tiefsinnigsten philosophischen Denkens (Platon) und gehört zum Interieur der christlichen Religion gerade als eine religionsimmanennte Wahrheit- diese Erkenntnis gehört so gerade nicht zum Allgemeinwissen des Menschen, sodaß um diese Erkenntnis immer wieder neu gerungen wird, damit diese Erkenntnis auch zu der privaten Wahrheit des Gläubigen wird! Die hl Margarita kam nicht durch den Anblick des gräßlichen Leichnams zu der Erkenntnis des Todes, daß er die Trennung der Seele vom Leibe ist, sodaß angesichts des Todes zu fragen ist: wo ist die Seele des Verstorbenen?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen