Irgendwie ist dieser Begriff so vertraut, daß ihm in katholischen und auch evangelischen Kreisen stets Wohlwollen entgegengebracht wird. Politik nach christlichen Werten kann damit assoziert werden,aber auch die Klagelitanei, daß es heuer keine (christlichen) Werte mehr gäbe, daß sie nicht mehr in Geltung stünden, und daß es doch auf sie ankäme. Zudem gab es da mal die C-Parteien, die zumindest den Anspruch erhoben, daß sie im Sinne der christlichen Werte Politik gestalten wollten. Aber zuvörderst ist der Ort der christlichen Werte die Kirche oder das Christentum.
Ein Seitenblick auf die Geschichte der Deutschen Sozialdemokratie könnte uns nun aber doch etwas irritieren. Der Godesberger-Parteitag der SPD im Jahre 1959 gilt gemeinhin als der Punkt, an dem diese Partei endgültig den Marxismus verabschiedete und sich ein zeitgemäßes Programm verschaffte, das an Stelle einer Weltanschauung Werte setzte, die die Partei nun zu verwirklichen wolle in und durch ihre Parteipolitik. Es stehen also hier die Werte als Surrogat für eine aufgegebene Weltanschauung! Die neu gefundenen Werte entbanden nun die Politiker der Partei davon, ihre praktische Politik in Einklang zu bringen mit ihrer einstigen Weltanschauung - sie mußte nur noch diesen Werten genügen! Pragmatismus statt Weltanschauung, könnte so dieser parteipolitische Wandel beschrieben werden.
Hat das Gerede von christlichen Werten eine ähnliche Funktion? Das Christentum ist zuallererst eine Religion, in dessen Zentrum, wie in jeder Religion eine Gottesverehrung steht und somit religiöse Praxen, wie das Opfern, das Beten, der Kult. Im Zentrum der christlichen Religion steht eine große Erzählung, (um es in Anlehnung an Lyotards postmodernes Wissen zu formulieren), daß Gott den Menschen schuf, daß er ursprünglich im Paradiese lebte und wie er durch seine Schuld seine Ursprungsheimat verlor, und wie Gott es unternahm, ihn wieder aus dem Elend zu erlösen durch das Heilswerk Jesu Christi und die Kirche, bis daß die Erlösung ihren Abschluß im Reich Gottes finden wird. Das ist die Basiserzählung, auf dem sich dann die christliche Religion sich aufbaut. Wo tauchen da Werte auf? Nein, da ist eine große Fall- und Erlösungsgeschichte!
Christliche Werte sind dann höchstens aus dieser Geschichte herausabstrahierte Vorstellungen etwa vom Wert des Menschen, der daran ekennbar sei, wie wichtig Gott die Erlösung des Menschen sei, daß er dafür gar seinen Sohn zu opfern bereit war. Aber beim Lesen merken wir schon, daß das doch irgendwie recht dürftig wirkt im Vergleich zur großen Erzählung der christlichen Religion. So drängst sich der Verdacht auf, daß die Rede von christlichen Werten schon die Auflösung der Glaubwürdigkeit dieser Erzählung präsumiert! Daß das eben alles schon als viel zu mythologisch empfunden wird, all diese Vorstellungen vom Paradies, vom Fall, von der Erlösung und vom Reiche Gottes! Daß dann man lieber nur noch von Werten spricht, weil man die auch noch behaupten kann, wenn man diese Basiserzählung schon längst entmythologisiert ad acta gelegt hat. Jetzt gilt nur noch, daß wir den Menschen als von Gott geliebt und bejaht glauben und somit fordern, daß der Mensch deshalb der höchste Wert sein soll. Meint den materialiter das Gerede von christlichen Werten noch etwas anderes als ein Bekenntnis zu einem Humanismus, der den Wert des Menschen eben theozentrisch letztbegründet, gerade weil man erkannt hat, daß anders der Mensch als der höchste Wert rein weltimmanent nicht legitimierbar ist. Nur durch einen Gott kann der Mensch der höchste Wert in der Welt sein. Aber die christliche Religion ist so schon im Verschwinden begriffen. Wir haben, wenn wir von Werten reden, Handlungssubjekte vor Augen, Einzelmenschen, aber auch kollektive Subjekte, wie das des Staates, einer Organisation und setzen voraus, daß Handlungen solcher Subjekte nicht kausal begründet sind: weil das so ist, handelte das Subjekt so, sondern daß dem Handeln Motive zu Grunde liegen und daß die Motive dann auch das Tuen des Subjektes qualifizieren. Zur Veranschaulichung: ein Tun aus dem Geiste der Nächstenliebe wird ander beurteilt, als wenn die selbe Tat aus einem Geltungs- und Anerkennungsbedürfnis heraus vollzogen wird. Christliche Werte meint nun einfach, daß Handlungen durch christliche Motivationen bestimmt sein sollten. Die Handlungen sind nun nicht in sich selbst christlich oder auch nur religiös. nein, es reicht, daß sie christlich motiviert sind. Die christliche Religion zieht sich damit zurück in das Refugium der innerlichen Motivation, aus der heraus dann gehandelt wird. Das was dann getan wird, ist in der Regel nichts spezifisch Christliches, es reicht ja die innere Motivation. Wer also im Alltagsleben Höflichkeit praktiziert, kann dies aus einer christlichen Motivation heraus so praktizieren und dann wäre die gelebte Höflichkeit eine aus christlichen Werten gespeiste Praxis. Aber man kann auch als Atheist ein Höflichkeit lebender Mensch sein.
Zu fragen ist nun auch noch, ob denn die christlichen Werte selbst spezifisch christliche sind. Zieht man dazu Kardinal Marx Opus: "Kirche überlebt" zu Rate, findet man da als christliche Werte: Freiheit, Personalität, Solidarität, aber auch die Option für Menschenwürde, die Verteidigung der Rechte der Armen und vielerlei anderes Humanistische-nichts, was nicht auch jeder atheistische Humanist auch als seine Werte reklamieren könnte. Und die C-Parteien entdecken ja just, daß auch Mohammedaner den christlichen Werten der C-Parteien zustimmen können als Muslims und so gern gesehene Parteimitglieder sind und sein können. Das heißt also, daß selbst die christlichen Werte gar nicht spezifisch christlich oder gar auch nur religiöse Werte sind- sie können auch vin Nichtchristen und Atheisten geteilt werden- sie können aus der großen christlichen Erzählung vom Fall und der Erlösung des Menschen herausabstrahiert werden, um dann als selbstständige Werte zu gelten. Diese faktisch humanistischen Werte sind genealogisch zwar aus christlichem Mutterboden entwachsen,können jetzt aber als Schnittblumen auch außerhalb der christlichen Religion weiterleben bei guter Pflege. Christen würden dann aber nur meinen, daß sie besser gedeihen, wenn man sie nicht aus ihrem Mutterboden entferne und als Selbstständiges betrachte. Aber faktisch haben sich diese Werte schon so weit von ihrem Ursprung emanzipiert, daß sie selbstständig als Werte weiterleben. Um es mit Nietzsche zu sagen: Gott ist zwar tot, aber wir wollen noch unter dem einst durch Gott gegründeten und begründeten Wertehimmel leben!
Halten wir uns die hl. Schrift, die Tradition und das Lehramt vor Augen, da wird von den Geboten, Gesetzen und Ordnungen Gottes gesprochen, vom Willen Gottes - aber wo taucht da der Begriff des Wertes auf? Darf gemutmaßt werden, daß dieser Begriff, seinen Sitz im Leben der Ökonomie hat und so gerade die Unbeständigkeit und den Wechsel betont, daß eben der Wert von etwas immer instabil ist ob des Gesetztes des Marktes, auf dem Angebot und Nachfrage den Wert von etwas bestimmen? Daß der Begriff des Wertes immer auch bei sich trägt die Möglichkeit des Veralterns, sodaß nach neuen Werten und Normen nachgefragt wird?
Zudem muß nachgefragt werden, ob nicht die Gesamtgesellschaft, aufgegliedert in Subsysteme mit jeweils eigenen Werte- und Normengehalten als Regularien der Subsysteme , noch allgemeine über die Subsysteme hinausgehende Werte bedarf. Zur Veranschaulichung: das Regelsystem Fußball bestimmt hinreichend dieses Sportspiel und das mögliche Agieren der Spieler in dieser Sportart, daß es für dies Subsystem keinen weiteren Regulierungbedarf durch externe Werte gibt. Wie sollte auch ein Spieler mit christlicher Binnenmotivation anders Fußball spielen als ein Nichtchrist? Das oft bklagte Fehlen von allgemeinen Werten und Normen übersieht nämlich einfach den hohen Ausdifferernzierungsgrad postmoderner Gesellschaften, die die Subsysteme hinreichend determiniert, ohne auf allgemeine Subsysteme übergreifende Werte angewiesen zu sein. (Vgl hierzu die mehr als bedenkenswerten Betrachtungen von Niklas Luhmann, sicher einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhundertes.)
Ergo: wo von christlichen Werten die Rede ist, präsumiert das schon das Verlöschen der Vitalität der christlichen Religion, denn die christlichen Werte sind sozusagen Restbestände aus der Konkursmasse der christlichen Religion.
Corollarium 1
Die Grundwerte des Godesberger-Parteiprogrammes der SPD sind: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität! Das hätte auch von Kardinal Marx stammen können.
Zu fragen ist nun auch noch, ob denn die christlichen Werte selbst spezifisch christliche sind. Zieht man dazu Kardinal Marx Opus: "Kirche überlebt" zu Rate, findet man da als christliche Werte: Freiheit, Personalität, Solidarität, aber auch die Option für Menschenwürde, die Verteidigung der Rechte der Armen und vielerlei anderes Humanistische-nichts, was nicht auch jeder atheistische Humanist auch als seine Werte reklamieren könnte. Und die C-Parteien entdecken ja just, daß auch Mohammedaner den christlichen Werten der C-Parteien zustimmen können als Muslims und so gern gesehene Parteimitglieder sind und sein können. Das heißt also, daß selbst die christlichen Werte gar nicht spezifisch christlich oder gar auch nur religiöse Werte sind- sie können auch vin Nichtchristen und Atheisten geteilt werden- sie können aus der großen christlichen Erzählung vom Fall und der Erlösung des Menschen herausabstrahiert werden, um dann als selbstständige Werte zu gelten. Diese faktisch humanistischen Werte sind genealogisch zwar aus christlichem Mutterboden entwachsen,können jetzt aber als Schnittblumen auch außerhalb der christlichen Religion weiterleben bei guter Pflege. Christen würden dann aber nur meinen, daß sie besser gedeihen, wenn man sie nicht aus ihrem Mutterboden entferne und als Selbstständiges betrachte. Aber faktisch haben sich diese Werte schon so weit von ihrem Ursprung emanzipiert, daß sie selbstständig als Werte weiterleben. Um es mit Nietzsche zu sagen: Gott ist zwar tot, aber wir wollen noch unter dem einst durch Gott gegründeten und begründeten Wertehimmel leben!
Halten wir uns die hl. Schrift, die Tradition und das Lehramt vor Augen, da wird von den Geboten, Gesetzen und Ordnungen Gottes gesprochen, vom Willen Gottes - aber wo taucht da der Begriff des Wertes auf? Darf gemutmaßt werden, daß dieser Begriff, seinen Sitz im Leben der Ökonomie hat und so gerade die Unbeständigkeit und den Wechsel betont, daß eben der Wert von etwas immer instabil ist ob des Gesetztes des Marktes, auf dem Angebot und Nachfrage den Wert von etwas bestimmen? Daß der Begriff des Wertes immer auch bei sich trägt die Möglichkeit des Veralterns, sodaß nach neuen Werten und Normen nachgefragt wird?
Zudem muß nachgefragt werden, ob nicht die Gesamtgesellschaft, aufgegliedert in Subsysteme mit jeweils eigenen Werte- und Normengehalten als Regularien der Subsysteme , noch allgemeine über die Subsysteme hinausgehende Werte bedarf. Zur Veranschaulichung: das Regelsystem Fußball bestimmt hinreichend dieses Sportspiel und das mögliche Agieren der Spieler in dieser Sportart, daß es für dies Subsystem keinen weiteren Regulierungbedarf durch externe Werte gibt. Wie sollte auch ein Spieler mit christlicher Binnenmotivation anders Fußball spielen als ein Nichtchrist? Das oft bklagte Fehlen von allgemeinen Werten und Normen übersieht nämlich einfach den hohen Ausdifferernzierungsgrad postmoderner Gesellschaften, die die Subsysteme hinreichend determiniert, ohne auf allgemeine Subsysteme übergreifende Werte angewiesen zu sein. (Vgl hierzu die mehr als bedenkenswerten Betrachtungen von Niklas Luhmann, sicher einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhundertes.)
Ergo: wo von christlichen Werten die Rede ist, präsumiert das schon das Verlöschen der Vitalität der christlichen Religion, denn die christlichen Werte sind sozusagen Restbestände aus der Konkursmasse der christlichen Religion.
Corollarium 1
Die Grundwerte des Godesberger-Parteiprogrammes der SPD sind: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität! Das hätte auch von Kardinal Marx stammen können.
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