Donnerstag, 1. September 2016

Menschenrechte und Religion (Desinteresse an Theologie Teil 6)

Es gilt als Fortschritt menschlicher Vernunft im Geiste der Aufklärung, daß niemand mehr ob seiner Religion diskriminiert werden darf. Das ist eine schöne Umschreibung für die "aufklärerische" Praxis der Gleichgültigkeitserklärung aller Religionen. Im öffentlichen Leben darf die Gretchenfrage: "Wie hältst du es mit welcher Religion?" keine Rolle mehr spielen. Meinte man nun, diese Praxis beruhe auf Ergebnissen wissenschaftlicher Analyse aller Religionen, oder wenigstens der Wahrnehmung aller Religionen, sieht man sich getäuscht. Es ist vielmehr eine Forderung, resultierend aus der Einsicht in die Konfliktträchtigkeit von verschiedenen sich als allein wahr glaubenden Religionen in einem gemeinsamen Sozialgemeinschaft, von der Familie angefangen bis zum Staate.  
Garantierte die Homogenität in der Religion ein Mindestmaß an sozial verträglichen Konfliktlösungen, so löst eine Pluralität diese Gemeinschaft im Glauben auf, setzt somit Destruktivkräfte frei und erwirkt durch die Geltungsansprüche der Religionen selbst Konflikte.
Die Religionen deshalb als gleichgültig zu erklären, ist so nur das Produkt des Willens zur Pazifizierung der Religionen. Es ist gleichgültig, wie ich mich zur Religion verhalte, gilt nun als die vernünftigste Maxime des öffentlichen Lebens; nur in meinem Privatleben darf meine Religion noch eine Rolle spielen- aber auch hier nur in Kreisen Gleichgesinnter. Ich erinnere mich noch eines Illustriertenartikels: "Wieder mal ins Fettnäpfchen getreten!", in dem der gute Rat erteilt wurde, nicht über Religion in Geselligkeiten zu reden, da das konfliktträchtig sei. 
Nun steht damit die Theologie vor einem theologischen Problem: Wie soll sie begründen, daß das Postulat der Gleichgültigkeit aller Religionen für das öffentliche Leben zu gelten habe, daß aber der Gott Jesu Christi die Frage: "Wie hieltest Du es mit der christlichen Religion in Deinem Leben?" für die wichtigste Frage des Endgerichtes erachtet. Die zeitgenössische Theologie, anhebend mit dem 2.Vaticanum schaffte diesen Spagat von: in der Öffentlichkeit gilt das und vor Gott gilt das Gegenteil nicht: Zusehens wird gelehrt, daß Gott jeden Menschen bedingungslos liebe bzw bejahe. Das ist nur eine schönfärberischer Umschreibung für die Aussage, daß auch Gott die Religionen gleichgültig sind. 
Wenn die tiefste Einsicht in Gott die der Gleichgültigkeit der Religionen ist, dann ist es gar nicht mehr möglich, ein Interesse an der Theologie zu begründen, außer daß es die Aufgabe der Theologie sei, die Gleichgültigkeit aller Religionen zu ergründen.  Diese Einsichten sind nun nicht etwa Produkte einer vertieften Gotteserkenntnis, eines besseren Verstehens der Gehalte der Religion, sondern allein Forderungen an die Theologie, so das Verhältnis der Religionen zueinander zu denken um der Pazifizierung der Religionen willen. Einfacher gesagt: Wie muß Gott gedacht werden, damit die Religionen mit ihren Geltungsansprüchen das bürgerliche Weltleben nicht beeinträchtigen! Störfreie Religionen müssen konzipiert werden. Das ist das moderne Christentum, während dem Islam der Vorwurf gemacht wird, sich noch nicht hinreichend pazifiziert zu haben in der "Erkenntnis" der Gleichgültigkeit aller Religionen.   

Zusatz: Die Pazifizerung der Religion devitalisiert sie auch nach innen hin. Wozu sie noch leben, wenn es selbst Gott gleichgültig ist, ob und wie ich sie lebe. Nur wenn sie mir persönlich was "bringt", dann und nur dann lebe ich sie, ist die Maxime postmodernen Christentumes!   

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