Der unaufhaltsame
Niedergang des modernistischen Protestantismus
Wer auch nur
aufs oberflächlichste den innerkatholischen Diskurs um die
Reformierung und Modernisierung der Kirche betrachtet, kann eines
nicht übersehen, daß das Heil der Katholischen Kirche in einer
Selbstprotestantisierung gesehen will. Was auch immer Reformer
einfordern, das ist schon längst in den evangelischen „Kirchen“
realisiert. Es scheint so, als wenn die Kirche im Schleichtempo alles
spezifisch Katholische überwinden sollte, um am protestantischen
Wesen zu genesen. Man denke an so populäre Forderungen wie die der
Abschaffung des „Pflichtzölibates“, die Zulassung der Frauen zum
Priesteramt, die Auflockerung der Sexualmoral, ja jeder verbindlichen
kirchlichen Moral, weil nur das individuelle Gewissen die
Letztentscheidungsinstanz ist, was für mich das Gute und das
Nichtgute ist! Und nicht vergessen: die Forderung nach einer
Demokratisierung der Kirche.
Nur, diese
Kaprizierung auf so konkrete Reformprojekte einer modernistischen
Umformung übersieht, um es bildlich auszudrücken vor lauter
Einzelbäumen den Wald, das was dem zu Grunde liegt, nämlich ein
umgeformtes Christentumsverständnis, das den Nährboden für solche
Einzelforderungen ermöglicht.
Die 10
Leitsätze
Die
„Evangelische Kirche“ in Berlin Brandenburg stellt uns nun
mustergültig ein Dokument vor Augen, wie der christliche Glaube
reformatorischer Tradition heute zeitgemäß umgeformt sich selbst
bestimmt. Wohl in Anlehnung an die 10 Gebote wird hier die Essenz
eines auf der Höhe der Zeit sich gestaltenden
Christentumsverständnisses dargelegt. Es bedarf keiner prophetischen
Begabung, um zu urteilen, daß dies Verständnis wenn nicht schon
heute so doch gewiß übermorgen auch in katholischen Diozösen als
Grundlage des Verständnisses von, was ist Katholisch heute, dienen
kann. Denn seine Stärke beruht darauf, daß dies Verständnis der
Grundlage des Christentums die ach so vielen Anpassungen an den
Zeitgeist nun als sinnvolle Konkretionen dieses gewandelten
Christentumsverständnisses erscheinen lassen.
Geben wir
also der „Evangelischen Kirche“ das Wort:
„Anlässlich der Jahrtausendwende hat
die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg
gefragt, worin die Evangelischen Christinnen und Christen den Inhalt
des Evangeliums sehen, das sie unseren Mitmenschen weitersagen
wollen. Das Ergebnis sind zehn Sätze, in denen so knapp wie möglich
formuliert wird, was uns an unserer Existenz als Christen und an der
Gemeinschaft in unserer Kirche heute und morgen wichtig und kostbar
ist.
1. Christen vertrauen auf Gott, den Schöpfer allen Lebens.Bei ihm suchen sie Wahrheit und erfülltes Leben. Ihr Glaube befähigt zu einem Leben, in dem die Hoffnung größer ist als die Angst.
2. Christen halten sich zu Jesus Christus.
Sein Leben ist Gottes Liebeserklärung an die Welt. Auch angesichts von Bedrohungen vielfältiger Art ist der christliche Glaube lebensbejahend und menschenfreundlich.
3. Christen hoffen auf Gottes lebendigen Geist.
Er bewegt und erneuert. Er macht frei. Darum treten Christen dafür ein, dass nichts Menschliches vergöttert wird - weder Rasse noch Nation, weder Fortschritt noch Erfolg, weder Leistung noch Macht noch Gewinn.
4. Christen halten daran fest, dass alle Menschen als unverwechselbare Geschöpfe Gottes geachtet werden.
Kein Mensch ist mit seinen Taten oder Untaten, mit seiner Leistung oder seinen Fehlleistungen gleichzusetzen. Das ist der Kern aller Menschlichkeit in der Gesellschaft.
5. Christen können Schuld bekennen und um Vergebung bitten. Darin gründet ihre Freiheit.
Aus dieser Freiheit fließt die Bereitschaft, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.
6. Christen vertrauen darauf, dass Gottes Liebe sie über den Tod hinaus trägt und ihrem Leben Sinn gibt, auch wenn ihr Weg durch Krisen und Leiden führt.
Sie erwarten die neue Welt Gottes und mit ihr die Antwort auf ungelöste Fragen.
7. Christen wollen zur Achtung unter den Menschen, zur Gerechtigkeit und zum Frieden beitragen.
Sie setzen sich für ein gerechtes Miteinander von Frauen und Männern, von Jungen und Alten ein. Sie widersetzen sich der wachsenden Ungleichheit in der einen Welt.
8. Christen leben vom Erbarmen Gottes.
Darum treten sie für Rücksicht gegenüber Schwächeren und Recht von Fremden ein. Sie unterstützen Chancen eines Neuanfangs für die, die schuldig geworden sind oder sich verrannt haben.
9. Christen wissen sich als Teil von Gottes Schöpfung.Sie bemühen sich, pfleglich mit ihrer natürlichen Umwelt umzugehen. Sie tragen Sorge für die Umwelt der nachfolgenden Generationen.
10. Christen sind angewiesen auf die Gemeinschaft in der Kirche.
In der Begegnung mit der christlichen Botschaft finden sie Rückhalt und Orientierung im Leben und im Sterben. Diese Botschaft weiterzusagen, sind sie beauftragt. Die Kirche bietet allen Menschen Raum für Stille und Besinnung, für Feier und Aktion, Begegnung und Dialog.“
Diese 10 Leitsätze bilden also die Substanz
protestantischen Christentumsverständnisses heute. Es ist kein
Privatbekenntnis sondern bildet die offizielle Grundlage eines ganzen
evangelischen Bistumes. Die Leitsätze 1-3 stellen dabei die
Umformung des traditionellen Bekenntnisses zum dreieingen Gott dar.
Gott wird dabei reduziert auf den Schöpfer alles Lebens. Daß er
„Himmel und Erde“ erschaffen hat als allmächtiger Gott ist hier
schon gestrichen worden. Stattdessen heißt es, daß wir bei ihm
Wahrheit und erfülltes Leben suchen. Das Verb „suchen“ steht
hier gewiß nicht zufällig: Christsein ist eben wesentlich eine
Suchbewegung und nicht schon ein Erkennen und Sein in der Wahrheit.
Aus dem Offenbarsein Gottes durch sein Sichoffenbaren wird so eine
Suchbewegung, eine christliche, die so schon den Platz offenhält für
andere nichtchristliche Suchbewegungen nach dem Motto: ob Christ,
Jude oder Mohammedaner, wir alle sind auf der Suche nach Gott, den
wir noch nicht gefunden haben, denn wir suchen noch und können dann
in unserer Suchbewegung voneinander lernen. Christsein heißt dann,
angesichts der Suchpraxis nach Gott, nicht in der Angst sondern
hoffend zu leben, genauer: daß unsere Hoffnung größer ist als
unsere Angst. Worauf hofft denn nun der christliche Glaube? Darauf
gibt dieser erste Leitsatz keine Antwort. Auf Gott, auf das Reich
Gottes, oder meint das einfach das menschliche Vermögen, hoffend
Ängste zu überwinden? Ein einfaches Beispiel: Ich fürchte, die
Prüfung nicht zu bestehen, aber ich hoffe darauf und diese Hoffnung
mildert meine Prüfungsangst. Oder soll auf das „Leben“ gehofft
werden, wie es so treffend etwa Zarah Leander in ihrem so populären
Liedgut immer wieder zum Ausdruck bringt: „Ich weiß, es wird
einmal ein Wunder geschehen, und dann werden tausend Träume wahr“.
Die Unklarheit in diesem ersten so gewichtigen Leitsatz ist wohl
beabsichtlicht, läßt sie doch noch eine traditionelle Ausdeutung
als ein Hoffen auf Gott zu als auch eine rein weltimmanente als
Prinzip Hoffnung.
Der 2. Leitsatz bestimmt nun das, was wir heute als
Substanz der traditionellen Christologie anzusehen haben! „Sein
Leben“ Jesu Christi Leben ist die „Liebeserklärung“ Gottes an
die Welt. Daß hier sein Leben steht, ist dabei von höchster
Bedeutung. Gegenüber der klassischen Unterscheidung von der Person
und dem Werk Jesu Christi wird hier er ganz auf sein Tun, sein Werk
Jesus reduziert. Daß er der Mensch gewordene Gott ist, wird so
eskamotiert. Es gilt nur noch, daß in seiner Liebespraxis das Ja
Gottes erscheint- nicht ist so die Person Jesu Christi das Erscheinen
und Sein Gottes unter uns Menschen. Nur in seiner Lebenspraxis ist
die Liebe Gottes zu uns. Was weiß dieser Leitsatz von dem
Erlösungswerk Christi zu sagen? Die Antwort ist eindeutig: nichts!
Kein Wort über Kreuz und Auferstehung, kein Wort von seinem Sitzen
zur Rechten Gottes, kein Wort über seine Wiederkunft in Herrlichkeit
zu richten die Lebenden und die Toten! Jesus hat einfach nur
verkündet- in Wort und Tat- den menschenliebenden Gott. Warum kann
das ganze Erlösungswerk Christi unerwähnt bleiben, nicht nur seine
Menschwerdung, sondern auch sein Leiden am Kreuz für uns und seine
österliche Auferstehung?
Theologiegeschichtlich Interessiere sei hier an das
berühmte Votum des protestantischen Theologen Adolf von Harnack
erinnert, daß in die Verkündigung des Jesus von Nazareth er, Jesus
selbst nicht gehöre. Vereinfacht gesagt: Jesus verkündigte den
menschenliebenden väterlichen Gott, und die Kirche machte dann aus
dem Verkünder Jesus den verkündigten Jesus Christus als Zentrum des
Evangeliums, aber in das gehört nur der Glaube an den
menschenliebenden Gottvater! Kehrt man hier zu Adolf von Harnack
zurück, indem der Christ nun als der verstanden wird, der glaubt,
daß Jesus uns wahrhaftig in Wort und Tat die Liebe Gottes zu uns
Menschen verkündet hat? Was wird nun dann aus dem eigentlichen
Erlösungswerk Christi? Es wird nicht mehr erwähnt, weil es keines
wahr! Wenn Gott einfach der alle Menschen Liebende ist, wozu sollte
dann das Kreuz Christi von Nöten sein? Es könnte doch nur das
bezeugen, was auch unabhängig vom Kreuze gilt, daß Gott die Liebe
ist, das ist der alle Menschen Liebende. Der christliche Glaube ist
so menschenfreundlich und lebensbejahend. Von einer Ausrichtung des
Glaubens auf Gott ist hier nicht mehr die Rede! Das Sich-Halten an
Jesus meint ja nur, daß wir seine Lebenspraxis der praktizierten
Nächstenliebe als für uns vorbildlich ansehen!
Würde nicht jeder monotheistisch Glaubender dem
zustimme können, daß der eine Gott uns zur Liebe zu allen Menschen
verpflichtet, weil sie alle Geschöpfe Gottes sind? Es steht da zwar
, daß es sich um ein Sichausrichten auf Jesu Christi Lebenspraxis
handelt, aber nur so, wie dies seit der Aufklärung im Geiste
Immanuel Kants gemeint ist: Jesus als moralisches Vorbild für
praktizierte Humanität. Alles spezifisch Christliche ist dabei
gestrichen und es bleibt nur ein religiöser Humanitarismus (so
Arnold Gehlen) übrig.
Der dritte Leitsatz ist der Tradition des Hl.
Geistes gewidmet, der nun nur noch Gottes lebendiger Geist ist: Er
bewegt, macht frei und erneuert. Mag das noch irgendwie christlich
traditionell klingen, so zeigt die Fortsetzung, daß hier wohl mehr
an den Geist der Politischen Korrektheit mit einer kleinen
nostalgischen Anreicherung altlinker Kritik am Kapitalismus gedacht
ist. Dieser göttliche Lebensgeist sagt nämlich Nein zu
Nationalismus und Rassismus und kritisiert Leistungs- Erfolgs- und
Gewinnorientierung! Das hat nun wahrlich mit dem Hl. Geist, der aus
dem göttlichen Vater und Sohn hervorgeht, nichts zu tun. Es zeigt
aber überdeutlich, daß da, wo der Hl. Geist nicht mehr als vom
göttlichen Sohne ausgehend gedacht wird, er leicht zur Chiffre für
den jeweils aktuellen Zeitgeist wird. Sehr problematisch ist dabei
auch, daß dieser Geist nun in Antithese zu den Schöpfungsordnungen
Gottes gesetzt wird, gerade indem hier Gott als das ganz Andere der
Welt und das ist immer auch die Schöpfung Gottes gesetzt wird, denn
Staat, Volk und Wirtschaft sind nun mal von Gott selbst gesetzte
Ordnungen für den Menschen, daß er in und durch sie lebt. Hier
wirkt sich das defizitäre Schöpfungsverständnis des ersten
Leitsatzes aus, in dem Gott so sehr auf den Schöpfer des Lebens
konzentriert wird, daß er nicht mehr als der Geber von den
Schöpfungs- und Erhaltungsordnungen, von der Familie über das Volk
und den Staat und die Wirtschaft wahrgenommen wird! Gerade zur
christlichen Lehre vom Staat gehört ja seine Bejahung als
Schwertgewalt!
Eines ist unverkennbar: Dem Glauben an den
dreieinigen Gott wird hier ohne Polemik sang- und klanglos der
Abschied gegeben, und es bleibt nur der eine Gott, der nur noch Liebe
ist und Jesus Christus, der diese Liebe lebenspraktisch umsetzte und
ein Geist, der uns zu einer humanitären Lebenspraxis aufhilft. Nur
allein dieses reduktionistische Gottesbild macht es uns schon
verständlich, warum der Protestantismus, mit wenigen Ausnahmen, auf
jede Missionierung und Evangelisation verzichtet, weil er rechtens
dies Gottesverständnis in jeder anderen monotheistischen Religion
auch vorfindet, wenn sie nicht fundamentalistisch verzehrt wird und
das als die Substanz der christlichen Religion ansieht, alles andere
als überflüssiges Dekor.
Die weiteren Punkte zeigen nun auf, daß Christsein
heute heißt, praktizierender Humanist zu sein.Es geht dabei um den
Kern aller Menschlichkeit in der Gesellschaft, daß jedem Menschen
seine Würde zukommt, unabhängig von seinem Tuen und Nichtuen.
(Leitsatz 4) Es geht darum, daß Menschen ihre Schuld vergeben wird
-zwischenmenschlich (Leitsatz 5).Sie setzen sich für Frieden und
Gerechtigkeit ein (Leitsatz7), treten ein für die Rechte der
Schwächeren (Leitsatz 8) und natürlich für den Erhalt der
Schöpfung durch ihr Engagement für den Umweltschutz! Nur der 6.
Leitsatz fällt etwas aus dem Rahmen diesen praktischen Humanismus,
der hier nochmals eigens zitiert werden soll :“Christen
vertrauen darauf, dass Gottes Liebe sie über den Tod hinaus trägt
und ihrem Leben Sinn gibt, auch wenn ihr Weg durch Krisen und Leiden
führt.“ Zuerst liest sich das recht traditionell, daß Gottes
Liebe uns über den Tod hinausträgt- aber was ist der Sinn einer so
verschnörkelten Formulierung? Warum heißt es da nicht, und wir
hoffen auf die Auferstehung der Toten und das ewige Leben? Soll das
eine Leerformel sein, die eben eine traditionelle Auslegung nicht
ausschließt, aber eben bewußt polyinterpretabel gestaltet ist,
sodaß das auch meinen kann, daß Gott unser vergangenes Leben in
seinem liebenden Gedächtnis bewahrt. (So erklärten mir einige
liberale Protestanten das, was man früher mythologisch unter der
Auferstehung der Toten meinte, heute darunter auf der Höhe des
Zeitgeistes zu verstehen habe!) Liegt dann aber zumindest der
Schwerpunkt auf dem „Sinn des Lebens“ und nicht so auf das ewige
Leben? Und wie dürftig kommt dann das von Jesus Christus verkündete
Reich Gottes daher: Man hofft auf eine neue Welt, in der unsere
Fragen beantwortet werden!
Aber die Krönung bildet dann doch die
Ekklesiologie. „Die Kirche bietet allen Menschen Raum für Stille
und Besinnung, für Feier und Aktion, Begegnung und Dialog.“ Das
ist die Lehre der Kirche in dem 10. Leitsatz. Dies Kirchenverständnis
könnte wohl der Werbeslogan für jedes zeitgeistangepaßte
Kommunikationszentrum sein: ganzheitlich kommunizieren und gemeinsam
was machen, aber auch Raum für Stille! Und was ist nun die Botschaft
der christlichen Religion: daß Gott uns alle liebt und daß wir so
human zueinander sein sollen! Was wird dann aus den zwei dem
Protestantismus verbliebenden Sakramente der Taufe und des
Abendmahles? Auf der Internetseite liest man zum Thema Taufe, daß
damit der Getaufte in die Kirche aufgenommen und er dem Schutz
Gottes anbefohlen wird- sonst nichts und das Sakrament der
Eucharistie? „Seit ihren Anfängen
feiert die Christenheit das Abendmahl. Das Essen und Trinken von Brot
und Wein erinnert an das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern.“
Nichts
ist das Abendmahl für diese Leitsätze als ein bloßes Sicherinnern
an das letzte Mal des Zusammenseins mit Jesus bei seinem letzten
Abendessen! Anbei sei an die vielen ökumenischen Erkärungen
erinnert, in denen immer wieder beteuert wird, daß man sich eins sei
im Glauben an das Daß der Gegenwart Jesu Christ im konsekrierten
Brot und Wein, nur eben nicht imWie seiner Gegenwart! Nein, hier gibt
es keine Gegenwart Christi im Abendmahl, man erinnert sich halt nur
an ihn!
Das Ganze klingt wie ein Remake der
Idee der natürlichen Religion im Geiste der Aufklärung, die den
Kern aller positiven Religionen ausmachen soll: Gott, ewiges Leben
und Verpflichtung zur Sittlichkeit. Es ist das Konzept der Umformung
der christlichen Religion in gelebte Humanität im Glauben an einen
die Menschen liebenden Gott.
Praktische Konsequenzen der
Leitsätze
Praktische Konsequenzen- oder ist das
alles nur graue Theorie, könnte nun nicht zu Unrecht der Leser sich
fragen. Welche Konsequenzen zieht so der „Bischof“ dieser
„Landeskirche“ aus diesen Leitsätzen?
"Berlin (kath.net/idea)
Angesichts des Zustroms vor allem muslimischer Flüchtlinge nach
Deutschland hat sich der Bischof der Evangelischen Kirche
Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge (Berlin),
gegen Mission ausgesprochen. „Wir wollen nicht strategisch geplant
Andersgläubige überzeugen, dass unser Glaube der wahre ist"
berichtete Kath net.
Der Zusammenhang ist offensichtlich: Wenn die
Substanz des christlichen Glaubens die praktizierte Humanität ist,
gegründet im Glauben an den menschenliebenden Gott, wozu sollte dann
ein Muslim Christ werden, wenn das doch im Prinzip seine Religion
auch so doziert, abgesehen von ein paar fehlgeleiteten
Fundamentalisten! Zudem ist offensichtlich das Ziel des friedlichen
Miteinanders der Religionen der höchste Wert, sodaß dem die
eigentlich der Kirche aufgetragene Mission subordiniert wird.
Das zeitigt auch Folgen für das Verständnis des
evangelischen Religionsunterrichtes. Das Lernziel wird so bestimmt:
„Er [der Religionsunterricht] will nicht bevormunden, sondern zu
eigenem Erleben und begründeten Urteilen in religiösen Fragen
befähigen. Der evangelische Religionsunterricht fördert
interreligiöses Lernen und leistet damit einen Beitrag zur
Verständigung in einer pluralen, multireligiösen Gesellschaft.“ (
Positionen: Religionsunterricht, auf der Homepage) Religion(en)
kennen zu lernen und über religiöse Vorstellungen ein
selbstständiges Urteil fällen zu können, das ist das pädagogische
Ziel dieses Unterrichtes! Die Anerkennung der Pluralität der
Religionen, jede sage zwar von sich,daß sie die wahre sei, aber die
subjektive Wahl entscheide, welche für mich die wahre ist, so wie
eine andere eben für den Mitmenschen, bildet dabei den Hintergrund
dieser Bejahung des religiösen Relativismus! Es ist bezeichnend, daß
in dem Text zum Religionsunterricht nicht mit einem Wort positiv
Bezug genommen wird auf die christliche Religion, ja der Text
evoziert den Eindruck, daß dieser Unterricht mehr eine neutrale
Religionskunde denn ein konfessioneller Religionsunterricht ist. Weil
eben Religion ein Bestandteil des Lebens ist, gehört dieser
Unterricht auch an die Schule als lebenskundliches Fach- mehr aber
auch nicht. Diese darin zum Ausdruck kommende Gleichgültigkeit der
christlichen Religion hat nun seinen theologischen Grund in der
Umformung der christlichen Religion in einen religiösen
Humanitarismus, in dem Gott als Liebe vorgestellt nur die
Letztbegründung für die gelebte Humanität fungiert. Aber noch
wichtiger scheint diesem Religionsunterricht dies Ziel zu
sein:“Religionsunterricht gibt ihnen[ den Schülern] Orientierung,
fördert das Ringen um Wahrheit und stärkt bewusste Toleranz.“
Das Ziel der Toleranz ist hier ganz im Sinne des „Bischofes“ zu
verstehen als Absage der Darlegung der christlichen Religion als der
wahren: Auch im Religionsunterricht wollen wir nicht davon
überzeugen, daß die christliche Religion die wahre ist, muß hier
mitgehört werden. Dies Votum gilt eben genauso gut für die Schüler
des christlichen Religionsunterrichtes wie für den Dialog mit den
Andersgläubigen. Es gibt hier nur eine Wahrheit, möchte man gern im
Geiste von Lessings Nathan hinzufügen, daß niemand mehr erkennen
kann, was den die wahre Religion sei und das ist gut so für die
Tugend der Toleranz!
Daß dieser „Bischof“ sich als großer Polemiker
wieder Papst Benedikt profilierte als Freund des religiösen
Relativismus, erstaunt dann nicht: „Dröge war ein scharfer
Kritiker der Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der
Piusbruderschaft
durch Papst Benedikt
XVI.: „Hier wurde die ökumenische
Schmerzgrenze deutlich überschritten.“ Papst Benedikt schreibe
„die Linie der Öffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils“ nicht
fort, sondern lenke „die römische Kirche in einen
Traditionalismus“, berichtet Wikipdia über diesen Bischof im
Artikel: Bischof Dröge. Wie viele katholische Modernisten werden ihm
da und nicht nur in diesem Punkte zugestimmt haben, spricht doch aus
ihm der Geist, den auch der zeitgenössische Modernismus in der
Katholischen Kirche beflügelt.
Aber auch zu einem aktuellen Zeitgeistthema bezieht
dieser Bischof klar Stellung. Zur Homosexehe: „Dröge verwies in
diesem Zusammenhang auf den Beschluss der Synode seiner Landeskirche,
die Segnung von Menschen in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft
der kirchlichen Trauung rechtlich und liturgisch gleichstellen zu
wollen."Wenn Menschen, gleich welcher sexuellen Orientierung,
dauerhaft und wechselseitig Verantwortung füreinander übernehmen,
wollen wir als evangelische Kirche diese Verlässlichkeit fördern
und begleiten", unterstrich der evangelische Bischof.“ Was ist
für diesen „Bischof“ die Ehe? Es ist ein wechselseitiges
Verantwortung füreinander Übernehmen! Man beachte: Für ihn ist die
Ehe keine Gemeinschaft von Mann und Frau, keine unauflösliche
Verbindung und keine, die um des Zweckes der Fortpflanzung ist. Genau
genommen erfüllt diese Bedingung für eine Ehe auch jede
Bureaugemeinschaft von zwei oder auch mehr Selbstständigen, etwa
einer Rechtsanwaltskanzlei, in der die Kollegen miteinander arbeitend
füreinander Verantwortung übernehmen. Warum diese eigentümliche
Definition von Ehe? Die Frage ist leicht respondierbar: damit die
Homopartnerschaft als vollwertige Ehe erscheinen kann und damit der
Instabilität solcher Beziehungen Rechnung getragen wird, wird von
einer Unauflöslickeit der Ehe auch nicht gesprochen.
Solche Voten sind theologisch eben nur möglich,
weil hier Jesus Christus als neuer Gesetzgeber, der uns lehrt, wie
wir um der Gerechtigkeit willen zu leben haben, aus der Theologie
ausgeschlossen ist, weil er eben nur noch die Liebe Gottes zu uns
Menschen vorlebt. So bleibt als Norm für das ethische Leben der
Menschen nur noch das abstrakte Ideal der Liebe übrig, mit dem dann
faktisch fast jede Lebenspraxis kompatibel ist, wenn sie nicht grob
gegen das Menschliche verstößt. Und Gottes Schöpfungsordnungen,
auch die von der Ehe, gelten nicht mehr aufgrund des defizitären
Schöpferverständnis Gottes.
Die Auflösung der christlichen Religion
Fragen wir aber genauer nach. Die Grunderzählung
(in Anlehnung an Lyotards Begriff der großen Erzählungen in seinem
Essay: Das postmoderne Wissen) der christlichen Religion ist die der
Erzählung von Gottes Schöpfung, dem Menschen im Paradiese, seines
Falles und Gottes Wirken in Jesus Christus zur Erlösung des
Menschen, Jesu Christi Heilswerk und die Vermittlung dieses
Heilswerkes durch die Kirche, bis daß Gott sein ewiges Reich
errichten wird. In diese Grunderzählung zeichnen sich dann die
vielen besonderen Begriffe der christlichen Religion ein, etwas die
Sakramente, die Erbsünde die Moral etc, die dadurch ihren Sinn
bekommen. Diese Grunderzählung ist nun hier im modernisierten
Protestantismus völlig aufgelöst. Es gibt hier nur noch den die
Menschen liebenden Gott und den Menschen, der aus diesem
Geliebtwerden heraus sein Leben zu führen hat. Hier wird dann gern
vom Indikativ-Imperativ-Schema gesprochen. Weil Gott den Menschen
liebt (der Indikativ) soll und kann er jetzt: Und da werden dann die
Imperative eingefügt, meist als Deduktionen aus dem Geliebtwerden
jedes Menschen von Gott entfaltet. Dies Indikativ-Imperativ-Schema
des Protestantismus ist die Ablösung vom ursprünglich
reformatorischen Gesetz-Evangeliumsschema, in dem das Gesetz den
Menschen in die auswegslose Lage treibt, unbedingt zu müssen, was er
nicht kann und daß dann nur die Gnade des Evangeliums den Menschen
aus dem Zorne Gottes retten kann, wenn er sein Vertrauen ganz auf
Christus allein ausrichtet, sodaß dessen Gerechtigkeit die des
sündigenden Menschen wird.
Das Christentum ist so keine Erlösungsreligion
mehr, sondern eine, die die Weltanschauung des Humanismus voraussetzt
und diese religiös vertieft, indem nun Gott die Funktion erhält,
den im Humanismus unbegründbaren Wert des Menschen- warum soll er
sich selbst der höchste Wert sein- letztzubegründen. Ansonsten ist
die christliche Religion eigentlich nur der Aufruf zur praktizierten
Humanität im Namen Gottes. Der Humanismus ist nun selbst in sich so
unbestimmt, daß er auch eine so inhumane Praxis wie die der
Kindestötung ungeborenen Lebens bejahen kann und eine Form
praktizierter Sexualität, der zum Aussterben der Menschheit führte,
würde alle Welt sie so praktizieren, wie es die humanistische Moral
vorsieht: von der Verhütung bis zur Abtreibung. Aber selbst das soll
noch eine menschengemäße Moral sein, um deren willen die Ordnungen
Gottes außer Kraft gesetzt werden müssen. Gerade diese Auflösung
der christlichen Grunderzählung und seine Ersetzung durch dies
Indikativ- Imperativ-Schema, wobei die inhaltiche Füllung einfach
der Gutmenschideologie entnommen wird ist das, was diese 10 Leitsätze
auszeichnet als den allgemeinen Trend im modernen Protestantismus,
für den aber der Katholizismus in seiner liberalen Ausprägung sehr
anfällig ist, den für ihn besteht das Heil der Katholischen Kirche
ja in ihrer Selbstprotestantisierung!
Fragt man dann aber, was denn dem Protestanten die
Bibel jetzt bedeutet, war sie doch einst ihm die einzige Quelle der
wahren Religion, so lesen wir dazu bei diesem „Bischof“ zu einer
Aussendung zum Thema: Homosexualität:
„Die
Bibel muss als ein Glaubenszeugnis von Menschen, die in einer
bestimmten Zeit gelebt haben, verstanden werden. Die biblischen
Aussagen müssen in Kenntnis ihrer historischen Situation ausgelegt
werden.“ Daß das Glaubenszeugnis ein zeit(geist)geschichtlich
bedingtes ist, erlaubt nach diesem Bibelausleger die Relativierung
aller biblischen Aussagen. Sie wird so der Willkürauslegung der
jetzigen Leser unterworfen. So triumphiert hier der lutherische
Subjektivismus auch noch gegen die letzte Instanz der Objektivität
im Protestantismus, dem, es steht aber geschrieben. (150520
Homosexualität, Internetseite der Landeskirche)
Über
die Ausstrahlungskraft dieses Auflösungskonzeptes
Was spricht nun Katholiken an diesem
protestantischen Konzept so sehr an, daß sie es unbedingt in die
Katholische Kirche implantieren möchten? Der Erfolg dieses Konzeptes
nicht, denn der Protestantismus schreitet ja mit Lichtgeschwindigkeit
der Katholischen Kirche voran dem selbstverschuldeten Untergang
entgegen! Ist es vielleicht die Lust am eigenen Untergang?
Wahrscheinlicher ist aber der Grund für die Sympathie für dies so
umgeformte Christentum die Sehnsucht, die innere Differenz im
Selbstbewußtsein des Christen in der Moderne zwischen der
christlichen Religion und der Moderne zu überwinden, indem die
Religion so modernisiert wird, daß sie sich harmonisch einpaßt in
die Welt und der Christ so die Welt, so wie sie ist, und die
Religion lieben kann in ihrer (falschen) Versöhntheit. Es ist der
Wille zur Überwindung der „Weltfremdheit“ der christlichen
Religion ob ihrer Jenseits- und Reich-Gottes-Orientierung. Das
Befremdliche ist ja, daß sich der ganze Diskurs um die
Modernisierung der Kirche an dem Vorbild des Protestantismus
orientiert, und daß obgleich er nichts mehr zu bieten hat als einen
dürftig mit einem monotheistisch Gottglauben unterfütterten
Humanitarismus und einem kräftigen Schuß Gutmenschentum. Soll das
die Zukunft der Kirche sein oder ist das ihr selbstproduzierter
Untergang?
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