"Im Grunde genommen gibt es nur zwei mögliche Theorien der Moral, und sie verhalten sich wie entgegengesetzte Pole. Die eine ist christlich-humanistisch, erklärt das Individuum für sakrosankt[...]Die andere geht von dem Grundprinzip aus, daß das Kollektivziel alle Mittel heiligt, und erlaubt nicht nur, sondern gebietet, daß das Individuum in jeder Hinscht der Gemeinschafft unterstellt und wenn nötig geopfert wird[...]." Arthur Koestler, Sonnenfinsternis, zitiert nach: Maurice Merlau-Ponty, Humanismus und Terror 1, 1966, S.58.
Das überzeugt und doch bleibt da ein Unbehagen. Da soll in dem Typus der kollektivistischen Moral der Einzelne für das Gemeinwohl geopfert werden dürfen, ja, wenn es für das Gemeinwohl von Nöten ist, ist dies Opfer sogar gefordert, wohingegen die christlich-humanistische Moral dies ausschlösse. Nur,bildet das Zentrum der christlichen Religion nicht die Aussage, daß Jesus Christus sich am Kreuze geopfert hat, um uns alle zu retten? Ordnete da nicht der Sohn Gottes sein individuelles Leben dem der Menschheit unter? Opferte er sich nicht für uns? Zudem: Gott, sein Vater, wollte dieses Opfer seines Sohnes.
Wir müssen wohl genauer lesen: "christlich-humanistisch" steht da! Ist vielleicht das Spezifische des "Christlich-Humanistischen" die Eskamotierung des Kreuzes Christi, des Opfers? Daß unter diesem Begriff die christliche Religion umgeformt wird, indem ihr Herzstück, das Kreuz Christi und sein Opfer aus ihr herausgestrichen werden! Kann es denn eine wirkliche christliche Morallehre geben ohne daß in ihr der Begriff des Opfers eine Zentralrolle einnähme?
(vgl dazu auch: Uwe Christian Lay, Der zensierte Gott, 2016)
Zusatz: Wenn Luther noch um des einen Kreuzaltaropfers alle anderen Opfer als nichtig erklärte, so erklärt man jetzt, aufgeklärt modern die Vorstellung vom Opfer als selbst inhumanistisch, um so ganz das Opfer aus der christlichen Religion zu entfernen.
Zusatz: Wenn Luther noch um des einen Kreuzaltaropfers alle anderen Opfer als nichtig erklärte, so erklärt man jetzt, aufgeklärt modern die Vorstellung vom Opfer als selbst inhumanistisch, um so ganz das Opfer aus der christlichen Religion zu entfernen.
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