Mittwoch, 1. März 2017

Wenn der Hüter der Glaubenskongregation sich selbst zensiert

"Nach den Worten von Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller bleibt in der katholischen Kirche die Unauflöslichkeit der Ehe bestehen. "Es gibt keine Umstände, in denen Ehebruch keine Todsünde wäre", sagte Müller am Mittwoch in einem Interview der belgischen Wochenzeitung "Tertio". Auch das Papstschreiben "Amoris laetati" zu Ehe und Familie stehe dazu nicht im Widerspruch." So ist es auf Katholisch de am 1.3.2017 zu lesen. Die Stellungnahme des Kardiales gipfelt dann in der Kritik  der vier Kardinäle, die Papst Franziskus um eine Klärung strittiger Interpretationsmöglichkeiten von "Amoris laetati" baten. 
Die Bitte um Klärung dieses Papstschreibens schade der Kirche, und das aus dem Munde des Vorstehers der Glaubenskongregation, das ist nur verstehbar, wenn man sich die Entlassungsaktion des Papstes erinnert. Auf seine Weisung hin mußte Kardinal Müller drei bewährte Mitarbeiter der Kongregation kündigen, ohne daß der Papst dafür Gründe angab. "Es ist MEIN Wille!"
Die Intention dieser Aktion ist aber eindeutig, die eines Warnschusses an den Vorsteher, daß der Papst auch ihn amtsentheben könne, wenn es ihm beliebt.
Seit dem ist Kardinal Müller vorsichtig, sehr vorsichtig geworden. Nachdem nun schon so viele Papstapologeten diese "Viererbande" kritisierten ob ihres Wunsches nach einer Klärung von AL, sah es Kardinal Müller wohl als opportun an, auch in dieses Horn zu stoßen. 
Nur, was tischt uns hier Kardinal Müller auf: daß es vereinbar sei, einerseits daran festzuhalten, daß der Ehebruch immer eine Todsünde sei und daß andererseits AL lehrt, daß Menschen, die im Ehebruch leben und beabsichtigen, ihn zu prolongieren, unter bestimmten Umständen zum Empfang der hl. Kommunion zulaßbar sind und daß sie gültig beichten könnten. 
Wie man das Beides miteinander harmonisieren könnte, darüber baten die vier vielgechmähten Kardinale eine Auskunft  und erhalten keine päpstliche Antwort.
Selbstverständlich nicht, denn die Antwort wäre die Quadratur des Kreises. Zulaßbar sind zur hl. Kommunion nur dann Geschieden-Wiederverheiratete, wenn der Ehebruch wirklich nicht immer eine Todsünde wäre. Das aber einzuräumen, möchte der Papst und seine Apologeten nicht. Sie ziehen sich stattdessen auf das Radio-Eriwan-Prinzip zurück: Im Prinzip dürfen die Geschieden-Wiederverheirateten nicht die Kommunion empfangen, aber in Einzelfällen dann doch. Und die Einzelfälle sollen eben Ausnahmen von der Norm sein. 
Eine Klärung schadet der Kirche. Dies Urteil kann dann nur meinen, daß der Schein aufrechterhalten werden soll, daß die Kirche ihre Lehre nicht geändert habe, aber sie faktisch für Einzelfälle das Recht in Anspruch nimmt, die Gültigkeit der Lehre außer Kraft zu setzen.  

Corollarium 1
Macht und Wahrheit. Der Papst Franziskus zeigt hier deutlich, wie er als Machtmensch seine Wahrheit per Amtsmacht durchsetzt und daß Macht eben auch Klügere zum Nachgeben zwingen kann.

Corollarium 2
Es muß aber auch gesagt werden, daß Kardinal Müller mit der These, daß der Ehebruch immer eine Todsünde sei, einen sehr problematischen Moralrigorismus vertritt, dessen letzte Konsequenz lautet: Hauptsache, das Gute tuen und das Böse lassen, auch wenn die Welt daran zu grundegeht. 
Unvorstellbar?  Gesetzt den Fall, eine Gruppe von Terroristen hat eine Atombombe an sich gebracht und will sie in irgendeiner Großstadt zur Explosion bringen. Nun gibt es für einen Geheimpolizisten die Möglichkeit, mit einer Frau Ehebruch zu begehen und nur so könnte er ihr entlocken, wo die Atombombe gezündet werden soll von den Terroristen. Das rigoristische Urteil lautet: Auch dann darf der Geheimagent keinen Ehebruch begehen, denn ein noch so hehres Ziel rechtfertigt niemals das Begehen der Todsünde des Ehebruches.
Die Atombombe explodiert, 1 Million Tote und dem Geheimagenten wird gesagt: "Du hast richtig gehandelt!" Die Rückseite des moralischen Rigorismus ist so immer der Zynismus des allein Guten Tuens und Bösen Unterlassens ohne jede Rücksicht auf Menschenleben. In Danubia 2 wird genau dieser Rigorismus vertreten!  
Was ist nun der Fehler in der Argumentation? Zur Veranschaulichung. Ich frage: Ist es erlaubt, sich selbst zu verletzten oder sich eine Verletzung zufügen zu lassen? Das rigoristische Urteil lautet: Sich zu verletzen oder sich verletzen zu lassen, verstößt immer gegen das Gebot der Selbstliebe und daß Gott der Herr des menschlichen Lebens ist. Also, darf ich mich auch nicht operieren lassen, denn jede Operation ist immer auch eine Verletzung des Körpers des Zuoperierenden. Auch der Zweck der Erhaltung der Gesundheit erlaubt nicht eine Handlung, die an sich unerlaubt ist! Jedes Sichoperierenlassen ist so eine Sünde!
Das ist absurd! Aber was ist nun der hier gemachte Fehler? Ein unangemessener Handlungsbegriff wurde hier appliziert. Die Handlung ist nicht das Sichverletzenlassen sondern die Operation mit dem Ziel der Wiedererlangung der Gesundheit. So definiert ist die Handlung der Operation moralisch erlaubt. Da nun als ein Moment der Handlung der Operation das Sichverletzenlassen des Patienten ist, ist auch dies Moment als notwendiges Teil der Handlung der Operation moralisch erlaubt. 
Im Falle der von Terroristen gezündet werden sollenden Atombombe ist die Handlung die der Verhinderung der Ermordung von vielen durch diese Atombombe. Das ist eine moralisch nicht nur erlaubte sondern geradezu gesollte Handlung. Wenn zu dieser Handlung der Verhinderung der Ermordung von vielen notwendigerweise ein Ehebruch notwendig ist, dann ist auch dies Moment der Gesamthandlung legitim. 
Das Problem steckt in dem Begriff der Handlung: Was ist in einem bestimmten Falle die Handlung,die an sich gut oder unerlaubt sein kann, und was sind die Elemente einer Handlung, die in ihrer Relation zur Gesamthandlung zu bewerten sind.      

        

2 Kommentare:

  1. Ihre Beispiele sind ein wenig abwegig. In welchem der Einzelfälle, für die aktuell der Ehebruch legitimiert wird, steht denn das Leben von 1 Millionen Menschen auf dem Spiel? Bitte nennen Sie doch einen realistischen Fall, bei dem der Ehebruch "im Einzelfall" in Gottes Gnade steht. Ich habe den Eindruck, Sie haben ein "Rigorismusproblem".

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  2. Die - aus moraltheologischer Sicht problematische Haltung des "Rigorismus" bezeichnet das Ansinnen, eine Handlung, die nach dem Sittengesetz an sich erlaubt ist, durch übergroße Strenge zu verbieten. Ein Beispiel: die Behauptung, dass ein Katholik an einem Fasttag weder Brot noch Wasser noch andere Nahrunngsmittel zu sich nehmen darf - während die Kirche in ihrer Weisheit festgelegt hat, dass die Gläubigen an Fasttagen sehrwohl eine sättigende und zwei kleinere Mahlzeiten zu sich nehmen dürfen.


    Unter "Rigorismus" versteht man in der Theologie nicht die Weigerung, etwas Verbotenes um eines guten Zieles willen zu etwas Erlaubtem - oder gar Gebotenem! - umzuwerten. Sie aber scheinen genau dies als "Rigorismus" zu bezeichnen.


    Was hier - leider zum wiederholten Male - als "Rigorismus" bezeichnet und abgelehnt wird, ist schlichthin der Gehorsam gegen die Gebote Gottes, dem sich der Gott-liebende Gläubige verpflichtet weiß (vgl. Johannes 14,15-24).


    Der kath. Katechismus sagt deutlich:

    KKK 1753: "Eine gute Absicht (z. B. die, dem Nächsten zu helfen) macht ein an sich falsches Verhalten (wie Lüge oder Verleumdung) nicht zu etwas Gutem oder Richtigem. Der Zweck rechtfertigt die Mittel nicht. Darum kann man etwa die Verurteilung eines Unschuldigen nicht als ein legitimes Mittel zur Rettung des Volkes rechtfertigen."


    Auch ein Ehebruch kann niemals durch eine angeblich "gute Tat" gerechtfertigt werden - so wenig wie z. B. das Erschießen eines Menschen, damit 10 andere freigelassen würden...

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