Wer glaubt noch an
Auferstehung der Toten? Probleme mit Ostern- oder ein singuläres
Ereignis und seine Bedeutung
Nur noch 10
Prozent der Katholiken der Niederlande glauben an ein Jenseits,
meldete Kath net am 23. März 2016. Gehen uns hier die Niederlande
einfach nur voran, müssen wir auch in Deutschland damit rechnen,
bald solche Tiefstwerte zu erreichen? Szenenwechsel: Ein
evangelischer Pfarrer rät seinem Vikar, auf Beerdigungen das Gerede
von der Auferstehung der Toten und ein ewiges Leben sein zu lassen.
Solche mythologisch voraufklärerischen Vorstellungen dürfen sie
heutigen Christen nicht mehr zumuten! Selbst zu Ostern habe er nie
von der Auferstehung Jesu gepredigt
1. Korinth-
die ersten Kritiker der Osterbotschaft
„Christus
ist wahrhaft auferstanden, wahrhaft auferstanden ist er!“, so
lautet alljährlich das Osterevangelium. Kommt diese Osterbotschaft
nicht mehr an? Stimmt irgendetwas nicht mehr mit ihr? Was hat nun
präziser gefragt das Jenseits mit der Auferstehung Jesu Christi zu
tun? Er ist ja nach drei Tagen erschienen, aber auf Erden erschien er
seinen Jüngern, besser seinen Schülern. Wenn vom Jenseits
gesprochen wird, dann assoziert die christliche Religion damit das Wo
Gottes aber auch im Begriff des jenseitigen Lebens ein ewiges Leben
in der Gemeinschaft mit Gott. Erst mit seiner Himmelfahrt ging ja
Jesus in das ewige Leben im Jenseits ein. Paulus schreibt im
Römerbrief: „Wir wissen, daß Christus, von den Toten auferweckt,
nicht mehr stirbt; der Tod hat keine Macht mehr über ihn.“ (Röm
6,9). Offenkundig steckt in diesem „und“ ein gravierendes
theologisches Problem. Ergibt sich notwendig aus der Aussage, daß
Christus, von den Toten auferweckt, nicht mehr sterben wird? Jesus
erweckte Lazarus von den Toten. Drastisch berichtet das
Johannesevangelium gar davon, daß der Verstorbene schon zu riechen
anfing, um deutlich zu machen, daß Lazarus wirklich tot war. Er, der
von den Toten durch Jesus Auferweckte, unterlag weiterhin der Macht
des Todes, denn er mußte nach seiner Auferweckung wieder sterben.
Wie nun, wenn Menschen geurteilt hätten: Wenn Jesus von den Toten
auferweckt wurde und seinen Schülern erschien, dann nur, um dann
später wieder sterben zu müssen, wie auch es das Schicksal des
auferweckten Lazarus war?
Das wurde
tatsächlich im Urchristentum so ähnlich vertreten! Wir halten uns
jetzt die große Kontroverse des Apostelfürsten Paulus in Korinth
gemäß dem 15.Kapitel des 1. Korintherbriefes und des 5. Kapitels
des 2. Korintherbriefes vor Augen. Was vertraten die Gegner der
Verkündigung Paulus? Auch sie glaubten an ein ewiges Leben, denn
sonst wäre ihre Taufpraxis, sich zu Gunsten von Verstorbenen taufen
zu lassen sinnwidrig. (1.Kor.15,29) Ja, diese Taufpraxis zeigt aufs
deutlichste, wie wichtig ihnen der Glaube an das ewige jenseitige
Leben war, sodaß sie sich für ungetauft Verstorbene taufen ließen,
damit die Verstorbenen so Anteil bekommen am ewigen jenseitigen
Leben. Aber sie glaubten nicht an eine Auferstehung der Toten! Dieser
scheinbare Widerspruch ist leicht auflösbar. Ihre These lautete
schlicht und einfach: Wenn es eine Auferstehung der Toten gäbe, daß
sie also leiblich auferstehen würden, dann müßten sie ob ihrer
Leiblichkeit wieder sterben. Denn alles, was körperlich leiblich
ist, ist dem Schicksal des Sterbenmüssens unterworfen. Wenn also
Jesus leiblich von den Toten wahrhaft auferstanden wäre, dann würde
er genauso wie der von Jesus auferweckte Lazarus wieder sterben
müssen. Der Tod behielt seine Macht über das auferweckte Leben. Das
wahrhaft ewige Leben kann so nur das der unsterblichen Seele sein,
die , wenn der Körper stirbt, ins Jenseits hinübergeht, aber in der
Gewißheit der Unsterblichkeit der Seele ist für sie jetzt schon der
Tod überwunden. Aber ein Moment verkompliziert nun diese
platonische Konzeption! Wozu bedurften dann die Verstorbenen, daß
Lebende sich für sie taufen ließen, wenn sie sozusagen schon ob der
Natur ihrer Seele unsterblich waren? Wahrscheinlich bedarf nach ihrer
Seelenlehre die Seele der christlichen Taufe, damit sie eingehen kann
in das ewige Leben. Vom dem zum Sterben verurteilten Leib befreit zu
werden, ist so für sie die notwendige Voraussetzung dafür, daß es
ein ewiges von der Macht des Todes befreites Leben eben kann.
Der
Apostelfürst Paulus zieht daraus eine Konsequenz: Seit dieser
Kontroverse mit den Kritikern seiner Osterverkündigung fügt er dem:
„Christus ist wahrhaft auferstanden“ das „und“ hinzu: „Und
er ist nicht mehr der Macht des Todes unterworfen!“ (Röm 6,9) Das
„und“ ist kein analytisches,eine im Begriff des Auferstandenseins
schon enthaltende Wahrheit zum Ausdruck bringendes, sondern zeigt
eine zusätzliche Wahrheit an. Denn Jesus von Nazareth, von den Toten
auferweckt, hätte ja auch wie der von ihm selbst erweckte Lazarus
weiterhin dem Todesschicksal unterworfen sein können! Gott hätte
ihn ja auch wie den Lazarus nur auferweckt haben können, um ihn dann
später wieder sterben zu lassen! Ja, den Ostererscheinungen ist
selbst nicht anzusehen, daß dieser Jesus da den Tod für sich ein
für alle mal besiegt hat! Man könnte also an die Auferweckung Jesu
glauben , ohne an eine Möglichkeit des ewigen Lebens zu glauben. Und
die wohl von der Gnosis inspirieren Kritiker des Paulus glauben an
das ewige Leben für sich und lehnen deshalb die Vorstellung von
einer Totenauferstehung ab!
Paulus
bringen diese Kritiker in nicht unerhebliche Verlegenheit, aber er
verfügt über eine gediegene naturphilosophische Bildung, mit der er
sich klug mit dem Hauptargument der Kritik seiner Verkündigung
auseinandersetzt. Nicht insistiert er darauf: Mir ist er erschienen,
das erlebte ich, und so bin ich mir gewiß, daß Christus lebt. Nein,
denn dies einfache unreflektierte Zeugnis sagt nämlich nichts über
die Wahrheit aus, ob denn dieser Jesus denn wirklich die Macht des
Todes überwunden hat, oder ob er doch nur auferweckt wurde, um
wieder zu sterben. Auch weicht er nicht in die Defensive aus: Das
glaube ich zwar so, aber wenn ihr das nicht so glauben wollt, ist das
auch in Ordnung. Hauptsache: Die praktizierte Nächstenliebe ist doch
das wichtigste, und solche Lehrdifferenzen über so eine so
spekulative Materie, überlassen wir gern müßiggängerischen
Sophisten und Dogmatikern! Nicht verkündet er also so authentisch
seinen persönlichen Erfahrungsglauben, sondern er argumentiert
philosophisch mit ihnen!
Als erstes
führt Paulus ein Mehr an Zeugen an, denen Jesus Christus nach dem
Karfreitag erschienen ist, gar 500, von denen einige noch leben,
sodaß sie ein Skeptiker noch befragen kann, was sie gesehen haben.
Aber das, was diese bezeugen können, widerlegt eben nicht den
Einwand der korinthischen Kritiker. Denn das bloße Erscheinen Jesu
nach Ostern beweist ja nicht, daß er nicht doch wiederum sterben muß
wie der auferweckte Lazarus. Deshalb setzt Paulus jetzt philosophisch
an, denn das Argument seiner Kritiker ist ja auch ein
philosophisches: daß es zum Wesen allen Körperlichen gehöre,
endlich zu sein und so unterzugehen. Gäbe es also eine leibliche
Auferstehung der Toten, müßten diese wiederum sterben. Paulus setzt
dem entgegen : Körper ist nicht Körper. Die Körper unterscheiden
sich nach dem Grad ihrer Herrlichkeit.(1.Kor 15, 38-41). Wo die
Kritiker ein Einerlei sehen, da nimmt Paulus die innere
Differenziertheit war, um so die These zu formulieren, daß es nicht
nur sterbliche sondern auch unsterbliche Körper gäbe! „So ist es
auch mit der Auferstehung der Toten. Was gesät wird, ist verweslich,
was auferweckt wird, unverweslich.“ (V 47).
Aber es
bleiben Probleme: Warum erstand Lazarus auferweckt in einem
verweslichen Leib und warum erstehen die Toten mit einem
unverweslichen Leib am Ende der Zeiten? Und wie konnten die
Osterzeugen erkennen, daß Jesus Christus mit einem jetzt
unverweslichen Leib auferstanden ist?
2. Die
Hoffnung der Pharisäer
Jetzt hilft
uns Paulus Verteidigungsrede vor dem Hohen Rat weiter. Dort sagt er:
„Ich bin Pharisäer und ein Sohn von Pharisäern: wegen der
Hoffnung und wegen der Auferstehung der Toten stehe ich vor Gericht.“
(Apg 23,6) Diese Aussage muß auf den ersten Blick verwirren: Ist
Paulus denn nicht Christ und so eben kein Pharisäer? Aber diese
Verwirrung löst sich schnell auf. Im Hohen Rat waren zwei Parteien
vertreten, die der Pharisäer und die der Sadduzäer. Die Sadduzäer
glaubten nicht an die Auferstehung der Toten, die Pharisäer dagegen
bejahten diese Hoffnung auf die Auferstehung der Toten. Paulus sagt
also damit: In der Causa der Totenauferstehung vertrete ich die Lehre
der Pharisäer und nicht die der Sadduzäer und in diesem Sinne bin
ich ein Parteigänger der Pharisäer. In der Sache hat der Apostel
Paulus damit recht. Als Kind von pharisäisch glaubenden Eltern war
ihm die Hoffnung, der Glaube an die Totenauferstehung in die Wiege
gelegt worden. Er glaubte an sie als Pharisäer bevor ihm Christus zu
Damaskus erschien. Nicht weil ihm Christus vor Damaskus erschien,
glaubte er an die Totenauferstehung, denn sie war ihm schon als
Pharisäer gut vertraut.
3. Die
Himmelfahrt des Propheten Elija
„Während
sie [Elijas und sein Prophetenschüler]miteinander gingen und
redeten, erschien ein feuriger Wagen mit feurigen Pferden und trennte
beide voneinander. Elija fuhr im Wirbelsturm zum Himmel empor.“
(2.Könige 2, 11)Das ist Elijas Entrückung in den Himmel. Dieser
Prophet wurde leiblich in den Himmel aufgenommen, er ging ein in das
ewige Leben im Jenseits ohne vorher zu sterben. Wenn ein Mensch,
ohne zu sterben von Gott in den Himmel aufgenommen wurde, warum
lehrte man dann nicht: Jetzt gibt es eine Hoffnung für jeden Juden,
oder gar jeden Menschen, wie dieser Prophet, ohne sterben zu müssen,
in das jenseitige ewige Leben eingehen zu können? Die Antwort fällt
leicht: Diese Entrückung beweist als geschehene nur, daß es Gott
dem Allmächtigen möglich ist,Menschen, ohne daß sie sterben,
leiblich in den Himmel aufzunehmen. Und das Geschehene beweist, daß
Gott dies im Falle des Propheten Elija wie auch im Falle des Henoch
auch wollte. Aber die wirklich geschehene Entrückung begründet nun
keine Hoffnung für alle Juden, oder gar für alle Menschen, nun
ebenfalls in den Himmel entrückt zu werden! Ein banaler Vergleich
mag dies veranschaulichen: Wenn einer 6 Richtige im Lotto schafft und
eine Million Euro gewinnt, beweist dies nur die Möglichkeit, daß 6
Richtige möglich sind, aber nicht, daß nun jeder Lottospieler eine
Million Euro gewinnen wird. Ein singuläres Ereignis beweist immer
nur, daß es ein mögliches Ereignis ist und daß es, weil es möglich
ist, sich wieder ereignen kann, aber nicht, daß es sich auch wieder
ereignen wird. Das heißt bezogen auf die Auferweckung Jesu Christi
von den Toten, daß dies Ereignis nur die Möglichkeit erweist, daß
Gott tote Menschen zum Leben wieder erwecken kann, aber nicht
begründet dies Geschehen die Hoffnung, daß Gott alle Toten zum
Leben neu erwecken werden wird, wie eben auch die Entrückung Elijas
nicht die Hoffnung fundiert, daß Gott alle Menschen in den Himmel
entrücken wird.
4. Was
beweist dann Ostern?
Was beweist
Ostern dann überhaupt? Nicht begründet Jesu Christi Auferstehung
die Hoffnung auf eine allgemeine Auferstehungshoffnung. Und Jesu
Auferweckung beweist nicht einmal, daß er nun auferweckt, nicht doch
noch wieder sterben muß! Erst Christi Himmelfahrt zeigt, daß er
wirklich von der Macht des Todes befreit ist und nicht wie der
auferweckte Lazarus nur wieder zum Leben erweckt wurde, um dann doch
wieder sterben zu müssen. Ja, im Sinne des Christentumskritikers
Celsus könnte noch polemischer geurteilt werden: Wenn ein Mensch
stirbt, dann steigt seine Seele empor zu Gott, aber wenn es eine von
Begierden erfüllte Seele,unerlöst also ist, schafft sie diesen
Aufstieg nicht und kann dann als unerlöste Seele anderen Menschen
erscheinen. (Nebenbei, eine uns Heutigen aus dem Horrorgenre wohl
vertraute Vorstellung) Wenn also Jesu, gestorben, wirklich den Seinen
wieder erschienen ist, umso schlimmer. Origenis, einer der größten
Theologen der Alten Kirche übernahm dann ja die schwierige Aufgabe,
dies Schwergewicht der Kritik der christlichen Religion zu
widerlegen- wahrlich keine leichte Aufgabe.
Es drängt
sich uns nun der Verdacht auf, daß die Verdunstung der christlichen
Hoffnung auf die Totenauferstehung und ein ewiges Leben im Jenseits
auch in der Osterverkündigung selbst einen Grund hat, daß Ostern
eine Hoffnung begründen soll, die Ostern beim besten Willen eben
auch nicht begründen kann! Mit dem Osterereignis die Hoffnung auf
eine allgemeine Totenauferstehung zum ewigen Leben zu begründen, das
ist so als wenn der Schwanz mit dem Hund zu wedeln versucht!
These: Nicht
fundiert das Ostereignis die Hoffnung auf die Totenauferstehung als
eine Auferweckung zum ewigen Leben, sondern der Glaube an die
Totenauferstehung ist die Voraussetzung dafür, daß Jesus
österliches Erscheinen als ein Auferwecktwordensein zum ewigen Leben
begriffen wurde.Dort, wo diese Vorstellung einer allgemeinen
Totenauferstehung nicht vertraut war, wie bei den gnostisch
inspirierten Korinthern, dort konnte dann auch die urchristliche
Verkündigung, Jesu sei wahrhaft auferstanden, schwerlich auf
fruchtbaren Boden fallen. Weil es, wie 2. Makkabäer 12, 32-45
bezeugt, die Hoffnung auf die Auferstehung der Toten zu einem neuen
Leben gab, das nicht mehr eines vom Sterbenmüssen bestimmtes ist,
konnte das Erscheinen Jesu nach dem Tode von dieser Vorstellung her
begriffen werden: Das, was am Ende der Zeit sich ereignen wird, daß
die Toten auferstehen werden zu einem vom Tode befreiten Leben, das
hat sich nun als Vorwegnahme an dem Einzelmenschen Jesus ereignet. Er
ist der Erste von denen, die am Ende dann alle auferstehen werden.
Und diese Vorwegnahme des allgemeinen Geschickes der Endzeit im
Osterereignis zeigt, daß nun die Endzeit schon angefangen hat genau
in dem Ereignis des Ersten, der von den Toten auferstanden ist. Das
Osterereignis begründete so erst die Naherwartung des
Urchristentumes, daß die allgemeine Totenauferstehung und somit das
Reich Gottes nahe ist, weil schon der Erste der Toten auferweckt
worden ist als der Anfang der allgemeinen Totenauferstehung. Was dem
Erscheinen Jesus Christus nicht ansehbar war, daß er nicht wieder
wird sterben müssen wie der auferweckte Lazarus, das begriff Paulus
nur, weil er seine Ostererscheinung, daß ihm der Herr vor Damaskus
erschien, von der pharisäischen Vorstellung von der Hoffnung auf die
Totentauferweckung her begriff! Denn etwas erleben und erfahren,
bedeutet noch nicht, daß es schon begriffen ist, aber erst die
begriffene Erfahrung wird zur Erkenntnis. Die christliche Religion
beruht nun aber gerade auf Erkenntnis, insbesondere auf durch Gottes
Offenbarung selbst vermittelte Erkenntnisse.
Wenn also
der Glaube an die allgemeine Totenauferstehung die Voraussetzung
dafür ist, das besondere Osterereignis, daß Jesus Christus von den
Toten auferstanden ist, zu begreifen, dann führt der im
Protestantismus entwickelte Christozentrismus der dialektischen
Theologie (Karl Barth vor allem) dazu, nun umgekehrt, die Hoffnung
auf die allgemeine Totenauferstehung mit dem singulären
Osterereignis zu begründen und so diese Hoffnung aufzulösen, denn
das singuläre Osterereignis kann diese Hoffnung auf die
Totenauferstehung nicht fundieren! Zudem verunmöglicht die Vorliebe
der dialektischen Theologie für die Ganztodtheorie jede
Möglichkeit, den Begriff der Totenauferstehung zu denken, er wird zu
einer Unmöglichkeit und verschwindet so aus dem religiösen
Bewußtsein.
6.
Totenauferweckung und Totenauferstehung
Nun ist
bisher der Begriff der Totentauferweckung und der der
Totenauferstehung fast synonym gebraucht worden, ohne daß der
genauere Gehalt dieser beiden Vorstellungen bestimmt wurde. Man
könnte meinen, daß der Begriff der Totentauferweckung die Rückkehr
ins irische Leben meint, dagegen die Totenauferstehung ein
Auferstehen zum ewigen leben. Aber der paulinische Sprachgebrauch
gerade im 15.Kapitel des 1.Korintherbriefes widerspricht dem, denn
Paulus schreibt da: „am dritten Tag auferweckt worden“. So liegt
die Differenz in diesen beiden Vorstellungen in dem passivischen
Charakter der Totentauferweckung zu dem aktivischen Charakter der
Totenauferstehung: Tote stehen auf vom Tode, meint ein aktives Tun
der Toten. Damit stehen wir nun sicher vor dem größten Problem
dieser Vorstellung, wenn wir uns nicht sofort in die Ausrede flüchten
wollen, daß das nicht so gemeint sei sondern daß auch die
Totenauferstehung ein rein passives Geschehen an den Toten meint, daß
sie eben von Gott auferweckt werden und sich dabei Gott gegenüber
rein passiv verhielten!
Für diese
Frage gibt uns Paulus nun selbst im 1. Korintherbrief eine
Antwortmöglichkeit, wenn er schreibt: „nicht ich, sondern die
Gnade Gottes zusammen mit mir“. (15, 10) Daß die Neubelebung der
Toten ein Akt der göttlichen Gnade ist, das betont die Vorstellung
der Auferweckung der Toten, daß das Ich, die Natur des Menschen in
diesem Gnadenhandeln Gottes sich nicht rein passiv verhält sondern
aktiv mitwirkt, das unterstreicht die Vorstellung von der
Totenauferstehung. Die Totentauferweckung und die Totenauferstehung
müssen so als die zwei Seiten des einen Ereignisses begriffen
werden, wie es Paulus mit dem :die Gnade Gottes mit mir ausdrückt.
(Die die reformatorische Theologie gründende Urtat Luthers war nun
die, daß „mit mir“ durch ein „durch mich“ zu ersetzen und so
erst das: „Allein aus Gnade“ zu konstruieren, das ein Mitwirken
der Natur des Menschen am Heil ausschließt, weil nun das Ich nur
noch etwas ist, durch das die Gnade wirkt und mit dem die Gnade nicht
mitwirkt!) Für dieses Problem, wie die passivische und die
aktivische Aussage zugleich wahr sein können, sehe ich so nur eine
Lösungsmöglichkeit: Das Vermögen, aktiv also im Sinne der
Vorstellung eines Auferstehens von den Toten mitzuwirken , kann nur
im Rahmen einer philosophischen Seelenlehre entfaltet werden, daß
eben der Tod nicht die Nichtung und Auflösung der Seele meint (wie
es Ebert Jünger in seinem Buch: Tod vertritt), sondern daß das Ich
den Tod als ein Fremdbestimmtsein selbst erleidet als seinen Tod und
daß dies Ich auch der Grund dafür ist, daß dies Ich oder die Seele
dann mit der Gnade Gottes zusammen aktivisch vom Tode auferstehen
kann. Zutiefst antikatholisch ist dagegen die Vorstellung, daß die
Gnade Gottes ohne die Natur des Menschen, ohne sein Mitwirken zu
seinem Heile wirkt.
Es sei an
Epikurs Einsicht erinnert, daß wenn der Tod die schlichte Negation
des Iches wäre, es meinen Tod nicht geben kann, denn wenn ich bin,
ist der Tod nicht, und wenn der Tod ist, bin nicht ich, sodaß es
meinen Tod gar nicht geben kann. Wer seinen Tod fürchtet, fürchtet
etwas, was es nicht geben kann. Daß es meinen Tod geben kann, setzt
so denknotwendig mein Ich voraus, daß durch den Tod nicht einfach
genichtet wird, sondern sich erhält, (das ist der Grundgedanke der
unsterblichen Seele), sodaß dies Ich dann den Tod als den meinigen
sich zuschreiben kann. Genau das drückt die Bibel mit der
Vorstellung der Sheul oder die Griechen mit der Vorstellung vom Hades
aus. Beide kennen nicht die vulgärmaterilistische Vorstellung vom
Ganztod des Menschen, sondern kennen den Tod als den meinigen, den
ich erleidenden.
7.König
Saul bei einer Totenbeschwörerin
Die
Geschichte vom König Saul bei der Totenbeschwörerin von Enz-Dor
stellt jeden Bibelleser vor höchste Anforderung, will er dem
Anspruch: „Verstehst du auch, was du liest?“ (Aug 8,30) gerecht
werden . König Saul fragte den Herrn und „der Herr gab ihm keine
Antwort, weder durch Träume , noch durch die Orakel, noch durch die
Propheten.“ (1. Samuel, 28, 6).Der König wandte sich da ob des
Schweigens Gottes an die letzte Totenbeschwörerin im Lande, obwohl
er wußte, daß Gottes Gebot dies verbietet. Er geht zu ihr und sie
beschwört dann erfolgreich den toten Propheten Samuel, der dann dem
König Auskunft über sein Schicksal gibt. Selbst wenn wir mit
modernen Exegeten diese Geschichte als eine frei fabulierte annehmen,
als Vorläufer etwa von E.T. A. Hoffmanns Nacht- und Phantasiestücke,
müssen wir uns eine Rechenschaft darüber abgeben, wie denn das da
Erzählte zu begreifen ist. Fragen wir! Wie konnte diese
Totenbeschwörerin den toten Propheten beschwören? Wie konnte dann
der so Beschworene dem König die Zukunft voraussagen? War dies ein
einmaliges Ereignis, daß also nur in diesem Falle die
Totenbeschwörung gelang? Meint das göttliche Verbot, zu
Totenbeschwörern zu gehen, daß Gott damit uns vor Betrügern oder
Selbsttäuschungen bewahren will, weil eine Totenbeschwörung
Menschen unmöglich ist? Aber wie konnte dann hier die
Totenbeschwörung gelingen? Oder meint das Verbot, daß der Mensch
eben Gott befragen soll und nicht die reale Möglichkeit nutzen soll,
Totenbeschwörer in Dienst zu nehmen? So schwer diese Fragen nun auch
zu beantworten sind, eines ist überdeutlich: Nicht ist das Reich des
Todes ein vom Leben so prinzipiell entferntes, daß es keine
Verbindung mehr zwischen dem Raum des Lebens und dem des Todes gibt.
Zumindest in diesem Falle konnte eine Frau einen Toten beschwören,
sodaß er erschien und als einstiger Prophet konnte er dann auch dem
König Saul seine Zukunft,sein Schicksal voraussagen!
Und: Die hl.
Schrift ist kein Märchenbuch- daß dies Ereignis in der Bibel steht,
verlangt vom Leser, sie als wahrhaftig so geschehen zu lesen! Die
Geschichte von Jesu Christi Verklärung (Mk 9, 2-10) setzt diese
Vorstellung ebenso voraus! Denn wie konnte Mose und Elia dort
erscheinen, wenn es zwischen dem Reich des Todes und dem des Lebens
keine Durchlässigkeit gäbe? Die Vorstellung von einer Auferstehung
von den Toten setzt eben die Vorstellung von einer prinzipiellen
Durchlässigkeit dieser beiden Bereiche zueinander voraus. Es wird
nicht einfach auf die Allmacht Gottes rekurriert: daß dem
Allmächtigen alles möglich ist, sondern in der von Gott
geschaffenen Welt gibt es selbst eine ihr eingeschriebene Ordnung der
Beziehung von Tod und Leben, die eine Auferstehung der Toten zu einem
möglichen Ereignis macht. Von zentraler Bedeutung ist dabei, daß
das Todsein nicht als schlichte Negation des Lebens gedacht wird,
sondern daß die Sheulvorstellung, griechisch die Hadesvorstellung,
den Toten so denkt, daß er noch ein Subjekt bleibt, das sein Todsein
sich als seinen Zustand zuschreiben kann, sodaß es wirklich meinen
Tod auch gibt, gegen Epikur!
8. Wo ist
das Jenseits?
Noch ein
weiteres Problem ist nun anzusprechen: Die Vorstellung eines ewigen
Lebens ist in der christlichen Religion verbunden mit der Vorstellung
eines jenseitigen Lebens. Wenn aber das Jenseits nicht mehr
vorstellbar ist, ja, wenn man sich gewiß ist, daß es das Jenseits
gar nicht geben kann, dann wird damit auch die religiöse
Vorstellung von einem jenseitigen ewigen Leben sinnlos. Jesus
Christus fuhr gen Himmel, Maria wurde leiblich in den Himmel
aufgenommen, werden dann zu sinnlosen Aussagen, weil es den Himmel,
das Jenseits eben nicht gibt! Geradezu naiv aber deshalb auch so
erfolgreich ist das Argument, daß nun dank der modernen
Weltraumerforschung eines gewiß sei: In den unendlichen Räumen des
Weltraumes ist nirgends ein Platz für den Himmel oder die Hölle. Es
gibt kein Jenseits des Universums und innerhalb von ihm keinen Raum
für solche Räume. Selbstverständlich muß die Theologie auf
dieses Argument reagieren und die Vorstellung von Himmel und Hölle
kompatibel mit den Erkenntnissen der Weltraumerforschung gestalten.
Theologische Aussagen, wenn sie denn wahr sind, können
naturwissenschaftlichen Erkenntnissen nicht widersprechen. Die
Mathematik kann uns in dieser Causa aber leicht zu einer Lösung
verhelfen. Man denke sich zwei unendlich große Flächen, die
parallel zueinander in einem Raum installiert sind. Obwohl beide
unendlich groß sind, haben sie doch keine Schnittmenge. Wenn nun ein
Bewohner auf einer der zwei Flächen erklärte, es könne keine
zweite Fläche geben, denn wenn es sie gäbe, wäre sie teilidentisch
mit der unendlich großen, so irrt er, weil er nicht wahrnimmt, daß
die erste und die gesuchte zweite ebenso unendlich große Fläche in
einem dreidimensionalen Raum existieren, und das ohne daß sie
gemeinsame Punkt hätten. Das übertragen auf die Denkbarkeit von der
Existenz von Himmel und Hölle angesichts eines unendlich großen
Raumes besagt: Himmel und Hölle und unser uns bekannter Weltraum
sind selbst nur drei unendlich große Räume, parallel zueinander in
einem Hyperraum. Der Hyperraum wäre dann ein mehr als
dreidimensionaler Raum, in dem dreidimensionale Räume parallel
zueinander sein können, ohne gemeinsame Punkte. Wichtig ist dabei,
die Vorstellung einer Räumlichkeit von Himmel und Hölle nicht
aufzugeben, denn wenn es eine leibliche Auferstehung der Toten gibt,
und wir nicht nur als Seele im Himmel oder in der Hölle sein werden,
dann verlangt die Vorstellung der Leiblichkeit eine Räumlichkeit von
Himmel und Hölle! Wollte man die negieren, wäre die Leiblichkeit
des ewigen Lebens nicht mehr denkbar. Denn der Leib ist ein Körper
und zum Körperlichen gehört wesenshaft seine Dreidimensionaltät,
denn wäre er zwidimensional, wäre er eine Fläche, eindimensional
ein Strich und nulldiemsional ein Punkt und so eben kein Körper. Die
Alternative dazu ist die des Glaubens der gnostischen Kritiker des
Paulus, daß der Mensch nur leiblos als Seele ewig leben wird im
Jenseits.
9. Jesu
Lehrgespräch über die Auferstehung der Toten
Was lehrte
nun denn Jesus Christus selbst über die Auferstehung von den Toten?
Dazu ist sein Streitgespräch mit den Sadduzäern wohl die
ergiebigste Quelle.Wir konzentrieren uns nun auf Jesu Beweisführung
von der Auferstehung der Toten. (Mk 12, 18-27). 1.Satz:Gott ist der
Gott Abrahams,Isaaks und Jakobs. 2.Satz: Gott ist kein Gott der
Toten. Konklusion: Wenn Gott ein Gott der Lebenden ist, dann müssen
Abraham, Isaak und Jakob leben, denn sonst wäre Gott ein Gott der
Toten. Was sagt das aber für die Vorstellung von der Auferstehung
der Toten aus? Jetzt wird es kompliziert. Denn der 2.Satz lautet ja
nicht: Gott ist ein Gott der jetzt Toten aber am Ende der Zeit wieder
auferstehen Werdenden! Will man nun nicht sich in die Ausrede
flüchten, daß hier eben der Lehrer der Wahrheit etwas salopp daher
geredet hat, verlangt dies jetzt eine komplizierte Operation am Text.
Diese beiden Sätze lehren uns nämlich neu, den Begriff des Todes
zu begreifen. Es muß nun denkbar sein, daß von einem Subjekt,
Abraham ausgesagt werden kann, daß es tot und daß es nicht tot,
sondern lebendig ist. Dies ist aber nur möglich, wenn der Begriff
des Tods hier Verschiedenes bedeutet.Wenn von Gott ausgesagt wird,
daß er der Gott des lebendigen Abraham ist, dann besagt das, daß
Abraham als Seele bei Gott lebendig ist, wenn von Abraham gesagt
wird, daß er von den Toten auferstehen wird, dann besagt dies, daß
die Seele Abrahams den toten Körper neu belebt. Er steht auf von den
Toten. Das Todsein ist das des Körpers. Das Aktivische ist hier zu
betonen. Daß die Toten auferstehen werden, davon spricht hier Jesus
Christus. Hier muß nun die andere Seite der Totenauferstehung
mitbedacht werden: Dem Auferstehen geht die göttliche Aktivität des
Auferweckens voraus, aber der Mensch verhält sich in diesem Akt
nicht rein passivisch. Die Seele ist ja, direkt von Gott geschaffen,
das aktive Prinzip, das den aus der Fortpflanzung entstehenden Körper
formt zum menschlichen Leib. Genau in diesem Sinne ist dann die Seele
auch bei der Totenauferstehung ein aktives Prinzip, wenn es von Gott
dazu berufen wird.
10. Die
Auferstehung von den Toten
Nun heißt
es aber im 1.Plusbrief, 1,3: „Diese Hoffnung gründet sich darauf,
daß Jesus Christus vom Tod erstanden ist.“ Es kann damit also
nicht gemeint sein, daß Jesu Auferstehen vom Tod die Hoffnung auf
die Auferstehung aller begründet. Denn die Hoffnung auf die
Auferstehung gab und gibt es unabhängig vom Osterereignis (so etwa
auch in der jüdischen Religion) und dies singuläre Ereignis kann
auch nicht die Hoffnung auf eine allgemeine Totenauferstehung
begründen. Es muß hier eine in der heutigen kirchlichen
Vierkündigungspraxis weitestgehend verdrängte Aussage des
christlichen Glaubens eingetragen werden: Daß alle Menschen
auferweckt werden zum jüngsten Gericht, und daß die einen das ewige
Leben und die anderen die ewige Verdammnis zugesprochen bekommen
werden durch den Richter Jesus Christus. Der Kreuzes- und Sühnetod
Jesu ist nun der Grund dafür, daß wir auf die Auferstehung der
Toten zum ewigen Leben hoffen können und nicht mit der Verurteilung
zur Hölle rechnen müssen. Wo nämlich von der Hoffnung auf die
Auferstehung von den Toten gesprochen wird, wird immer implizit
ergänzt zum ewigen Leben und somit ausgeblendet, daß es auch ein
Auferstehen zum ewigen Tod gibt!
Die
Auferstehung von den Toten, die christliche Hoffnung darauf ist
fürwahr eine hochkomplexe Vorstellung, die es zu begreifen gilt,
damit sie auch wieder glaubwürdig verkündet werden kann. Die
Abbreviatur: Weil Jesus vom Tode auferstanden ist, werden auch wir
es, ist aber für jeden Hörer, der über das so Ausgesagte
nachdenkt, eine Absurdität und nicht glaubwürdig. Das ist so, als
sagte ich: Weil gestern ein Lottospieler eine Million Euro gewann,
werden wir alle im Lotto eine Million gewinnen! Damit diese frohe
Botschaft wieder glaubwürdig verkündet werden kann, bedarf es einer
anthropologischen Besinnung über die Möglichkeit einer Auferstehung
der Toten, m.E. einer Seelenlehre und der Begründung, warum Gott,
weil er gerecht und gnädig ist, der Garant für die Hoffnung auf die
Auferweckung der Toten ist. Ohne dem wird es aber keine glaubwürdige
Verkündigung der Hoffnung auf ein jenseitiges ewiges Leben geben
können. Denn eine Aussage wird ja nicht schon dadurch glaubwürdig,
daß der Verkünder sein subjektives Überzeugtsein und seine
Begeisterung von seinem Glauben authentisch zum Ausdruck bringt.