Die Ehe: „eine endgültige Lebensgemeinschaft“- eine Problemanzeige
Im Katechismus wird in der Nummer 2391 die Ehe als „eine endgültige Lebensgemeinschaft“ definiert, um damit zu begründen, warum der Geschlechtsverkehr nur in ihr vollzogen werden dürfe. Das heißt, daß ein Mann bzw eine Frau nur mit dem den Geschlechtsverkehr vollziehen darf, der vorher verbindlich versprochen hat, nur mit dem Mann bzw der Frau den Geschlechtsverkehr zu vollziehen,bis daß einer der Zwei gestorben ist.Dies verbindliche Versprechen sei die Ehe.Nun muß gesagt werden, daß selbst wenn 99,99 Prozent der Katholiken diese Bestimmung ablehnen und sie so auch nicht praktizieren,daß das kein Beweis für die Unwahrheit dieser Lehre ist. Schließlich wird ja auch die mathematische Definition des Kreises nicht entwahrheitet, bloß weil kein Schüler weder freihändig noch mittels eines Zirkels einen Kreis zu zeichnen vermag, der 100 prozentig der Idee des Kreises entspricht.
Aber doch sind Bedenken anzumelden: Betrachtet werden soll hier diese Causa primär aus der Sicht der Frau, da sie mehr als der Mann mit dem Problem des unehelichen Kindes belastet wird: Die Intention dieser Ehelehre ist ja offenkundig der Ausschluß der Hervorbringung unehelicher Kinder.Wenn eine Frau mit dem Mann, mit dem sie verheiratet ist, den Geschlechtsverkehr vollzieht, kann sie dabei davon ausgehen, daß ihre Ehe eine „endgültige Lebensgemeinschaft“ ist?Die Endgültigkeit der Lebensgemeinschaft würde ja schon in Frage gestellt, wenn der Ehemann fremdgeht oder gar eine Geliebte sich hält.Denn dann wäre die Frau, mit der er fremdgeht oder mit der er als seiner Geliebten regelmäßig geschlechtlich verkehrt,schon in diese Lebensgemeinschaft eingebrochen und zerstörte sie. Ist die Ehe gültig geschlossen, wird die Ehe nicht durch solch einen Ehebruch genichtet, aber die Lebensgemeinschaft punktuell! Es entstünde so eine Ehe ohne daß sie noch eine Lebensgemeinschaft wäre, da diese sexuelle Beziehungen außer ihr ausschließt.
Kann die Frau sicher sein, daß die Ehe eine „endgültige Lebensgemeinschaft“ ist, wenn sie doch vor der Tatsache, daß gültig geschlossene Ehen heutzutage geschieden werden und daß dann theoretisch die Ehe bestehen bleibt, auch wenn so praktisch die Lebensgemeinschaft genichtet ist, nicht die Augen verschließen kann. Als Geschiedene wird sie dann, wenn sie gemeinsame Kinder hatten, faktisch zu einer alleinerziehenden Mutter, auch wenn der Mann dann noch seine Alimente zahlt. Auch wenn die Ehe gegen ihren Willen geschieden wurde, da sie aber theoretisch weiter gültig besteht, darf sie keinen anderen Mann mehr ehelichen, bevor nicht ihr Geschiedener verschieden ist. Pragmatisch geurteilt steht sie so schlechter dar, als wenn sie nicht geheiratet hätte, denn dann könnte sie ihren Kindern zumindest einen Zweitvater verschaffen, damit sie nicht faktisch ohne einen Vater aufwachsen müssen, wenn der leibliche sich darauf beschränkt, die Alimente zu zahlen.
Noch schwieriger wird die Lage, wenn der Mann sich von ihr scheiden läßt, ohne daß in der Ehe gemeinsame Kinder entstanden wären. Sie hatte geheiratet,um eine Familie zu gründen, weil sie eigene Kinder wollte, aber als Geschiedene darf sie nicht mehr heiraten, bis ihr Ehemann verschieden ist und ohne zu heiraten darf sie keine eigenen Kinder bekommen. Das 1.Gebot, das Gott uns Menschen gab: „Seid fruchtbar und mehret Euch!“ kann sie somit nicht mehr erfüllen, da sich der Mann von ihr hat scheiden lassen. Hätte sie unverheiratet mit einem Mann zusammengelebt und hätte der sich von ihr endgültig getrennt, könnte sie ohne Probleme nach einem anderen Ausschau halten, um doch noch zu ihren Kindern zu kommen.
Der Katechismus präsumiert also, daß die gültig geschlossene Ehe eine auch faktisch dauerhaft gelebte Lebensgemeinschaft ist. Aber genau diese Prämisse trifft nicht (mehr) zu.Faktisch trennt sich ein Mann oder eine Frau häufiger von dem jeweiligen Partner, wenn sie unverheiratet miteinander gelebt haben, als wenn sie miteinander verheiratet gewesen wären. Aber ein unauflösliche Lebensgemeinschaft ist die Ehe faktisch nicht mehr, sie besteht nach einer Scheidung nur noch theoretisch - dogmatisch.
Wenn aber für die Erlaubtheit des Geschlechtsverkehres die Unauflöslichkeit der Lebensgemeinschaft des Paares die Voraussetzung ist und das heißt, daß Beide solange Beide leben, sie ausschließlich mit dem Ehepartner geschlechtlich verkehren,dann dürfte der Geschlechtsverkehr nie mehr vollzogen werden, da niemand ausschließen kann, daß der Partner die Lebensgemeinschaft aufkündigen wird. Die geschlossene Ehe macht es nur noch wahrscheinlicher, daß die Lebensgemeinschaft nicht aufgelöst wird! Die Moraltheologie kann zwar dogmatisch lehren, daß auch eine rechtlich gültig vollzogene Ehescheidung die Ehe nicht auflöst, aber sie kann das Faktum nicht aus der Welt schaffen, daß die so Geschiedenen keine Lebensgemeinschaft mehr führen.
Ein besonderes Problem, daß der confessionsverschiedenen Ehen wird vom Katechismus gar nicht mitbedacht:Für jeden evangelischen Christen ist die Ehe so selbstverständlich auflösbar wie ein Arbeits – oder ein Mietvertrag, denn Luther lehrte, daß die Ehe kein Sakrament sei, sondern ein rein weltlich Ding, ein weltlicher Vertrag.Damit präjudizierte er die heutige Position der EKD, daß ein Christ so häufig heiraten und sich scheiden lassen kann, wie es ihm beliebt. Wenn nun auch der katholische Partner an die Unauflöslichkeit der Ehe glauben würde, warum sollte der evangelische gegen seinen Glauben an die Unauflöslichbarkeit einer gültigen Ehe glauben? So wenig wie ein Arbeitssuchender, bevor er seinen Arbeitsvertrag unterschrieben haben wird, seinem zukünftigen Arbeitgeber sagen wird: „Wenn die Arbeit mir nicht gefällt,werde ich kündigen!“,da er dann erwarten muß, daß er erst gar nicht angestellt wird, so wenig dürfte der Evangelische vor der Eheschließung sagen, daß er heirate mit dem Zusatz, wenn ihm die Ehe mißfallen wird,scheide er sich. Nur noch für sehr wenige ist eine geschlossene Ehe wirklich eine „endgültige Lebensgemeinschaft“.Die reservatio mentalis, daß man sich ja auch wieder scheiden lassen kann, steht sozusagen Pate bei vielen, sehr vielen kirchlich geschlossen werdenden Ehen! Das macht dann die Bestimmung, daß nur in der Ehe der Geschlechtsverkehr vollzogen werden dürfe, sehr unglaubwürdig.
Der Katechismus reflektiert dabei, wohl im Folge der in ihn eingeflossenen Philosophie des Personalismus gar nicht, daß das erste Gebot:“Seid fruchtbar und mehret Euch!“ der Ehemorallehre vorgeordnet ist als einer Ausführungsbestimmung des ersten Gebotes. Das müßte für den Katechismus die Konsequenz haben, daß wenn eine Ehe nicht schließbar ist, auch außerhalb der Ordnung der Ehe die gebotene Fortpflanzung erlaubbar sein müsse, damit dem ersten Gebot Genüge getan werden kann. Es sei an eine Frau gedacht, von der sich ihr Mann scheiden gelassen hat, die geheiratet hatte, weil sie eine Familie gründen wollte und nun geschieden kinderlos dasteht, die dann, solange ihr Ehemann noch lebt, keine Familie mehr gründen darf,obzwar sie im Sinne des ersten Gebotes Mutter werden möchte.
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