Anmerkungen: Warum im Monotheismus? Gibt es in polytheistischen Religionen nicht auch die Vorstellung vom Zorn der Götter? Die Lebenserfahrung des Menschen ist geprägt von Dualismen: Leben und Tod, Tag und Nacht, Glück und Unglück...beliebig ergänzbar. Wenn diese Dualität religiös zur Sprache gebracht werden soll, dann gibt es dafür zwei prinzipielle Möglichkeit: a) die Dualität auf eine Differenz unter Göttern zurückzuführen, etwa daß der gute Gott mit dem bösen sich im Widerstreit befindet, oder b) daß die Dualität auf eine Differenz in dem einen Gott zurückgeführt wird: Gott ist Liebe und Zorn. In einer monotheistischen Religion muß so die erfahrene Dualität auf eine Differenz in Gott zurückgeführt werden:daß wir leben, verdanken wir der Liebe Gottes und daß wir sterben müssen dem Zorn Gottes. Der Mensch lebt so in der Spannung zwischen der Liebe und dem Zorn Gottes und daraus erklärt sich dann die Dualität des Lebens.
Wo Gott nicht mehr auch als der zornige gedacht wird, da muß sich dann die Lebenswelt des Menschen notwendig von Gott emanzipieren, denn nun hat der negative Pol des menschlichen Lebens, der Tod und all das andere Negative keinen Grund mehr in Gott, sondern muß rein weltimmanent erklärt werden. Diese reine Weltimmanenz sperrt dann Gott aus der Welt aus. Für Gott bleiben dann nur noch die hellen Seiten des Lebens: ein reduzierter Gott.
Warum : immer auch? Ist dies als eine Feststellung eines kontingenten Ereignises gemeint: es war und ist immer so, es könnte aber auch anders sein? Der große Apologet Lactantius respondierte die Kritik heidnischer Philosophen, daß die Bibel nicht ein Zeugnis über den wahren Gott sein könne, weil sie aussage, daß Gott zornig sei, mit der These, daß jedes vernünftige Denken Gott als vollkommen zu denken habe und daß zur Vollkommemheit das negative Urteil des Vollkommenen über das Böse notwendig dazugehöre. Zum Gerechten gehört das Nein zur Ungerechtigkeit und diese Nein wäre der Zorn des Gerechten. Er mußte unter Ansehung der hl. Schrift argumentieren, da die Kritiker ja gerade die Unwahrheit der Schrift mit dem Argument, in der Schrift stünde Unwahres über Gott. nämlich, daß er zürne, bewiesen. Nach Lactantius kann aber schon das Denken zu der Einsicht kommen, daß um Gott als Gott zu denken, von ihm notwendig zu prädizieren sei, daß er zürne. So muß die Aissage Soloterdijks als Wesensaussage über den Monotheismus begroffen werden: es gehört notwendig zum monotheistisch gedachten Gott dazu, von ihm auszusagen, daß er zürne. Und das konfirmiert dann ja auch die ganze Bibel!
Wie kann dann diese so offensichtlich, durch die Vernunft und die Schrift bezeugteWahrheit vergessen werden? Dies Vergessen kann kein zufälliges sein-der Zorn Gottes sollte vergessen werden. Der Zorn Gottes wurde in der Theologie einer Zensur unterworfen und so erst zum Verschwinden gebracht. Den Emergenzpunkt dafür dürfte der innerchristliche Religionskrieg des 17. Jahrhundertes gebildet haben, der die Frage aufwarf: wie muß Gott geglaubt werden, damit Kontroversen über die wahre Gotteslehre und des Wie ihm dienen? nicht mehr den Grund für Gewaltanwendungen und Krieg unter Christen sein können. Gott mußte domestiziert werden, damit auch eine domestizierte Religion entstehen konnte. Und dazu gehörte die Streichung der Vorstellung vom Zorn Gottes!
Denn jetzt erst nach der Streichung des Zornes Gottes können theologische Kontriversen ausgetrageb werden unter der Prämisse, daß Gott eine falsche und unwahre Lehre über ihn ihn nicht erzürnen kann. Gott wird zu einem Objekt der Lehre und theologischer Kontroversen, dem diese Kontroversen selbst gleichgültig sind. Die Kirchen und Religionen können so verschiedene Vorstellungen von Gott haben, wie sie mögen, nie ist mit einem göttlichen Zorn als Reaktion darauf zu rechnen.
Der Zorn Gottes ist zu der Unmöglichkeit der Postmoderne geworden, weil in ihr die Religion nur noch eine reine Privatangelegenheit sein soll und daß kann sie nur sein, wenn die Religion, ob und wie sie gelebt wird, keine Reaktion Gottes hervorrufen kann. Nur wenn sichergestellt ist, daß Gott nicht auf eine falsch gelebte oder gar nicht mehr gelebte Religion reagieren wird, kann die Religion zum bloßen Pläsier erklärt werden. Die Selbstversändlichkeit,mit der auch und gerade die moderne Theologie und die Kirche jeden Zusammenhang zwischen Naturkatastrophen und sonstigen Unglücksfällen und Gott bestreitet: Gott zürnt nicht und so gibt es keine Zornesgerichte Gottes mehr, zeigt die Konsequenz dieses Verlustes auf.
Weil Gott nicht mehr auch für das Negative in der Welt zuständig ist, ist dieser ganze Teil nicht mehr Bestandteil der Religion. Die Welt wird säkular.
Zentrale Aussagen der christlichen Religion werden so zu unverständlichen Vorstellungen: das Kreuz Christi verblaßt und kann in seiner Bedeutung als Besänftigung des göttlichen Zornes nicht mehr begriffen werden. Aber auch das Endgericht Gottes verwandelt sich zu der Vorstellung, daß nur der, der nicht bei Gott sein will, sich so vom Reich Gottes ausschließt und er nicht durch den gerechten Zorn Gottes vom ewigen Leben ausgeschlossen wird.
Ein domestizierter Gott schuf so die christliche Religion als domestizierte. Und der fehlt es dann auch an vitaler Lebenskraft. Das ist die Tragödie der christlichen Religion angesichts ihrer Konfrintantion mit einer nicht domestizierten Religion, dem Islam. Aber der wahre Gott, auch und gerade der Gott Jesu Christi ist der der Liebe und des Zornes.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen