Montag, 18. Mai 2015

Der zensierte Gott- eine Fallanalyse

Es fängt ganz harmlos an mit der Intention, alte Texte in für uns Heutigen zeitgemäße Sprache zu übersetzen. Naiv könnte man meinen, daß damit halt gemeint sei, daß altertümlich klingende Dativ "e" zu streichen, also nicht mehr "dem Volke" sondern "dem Volk" zu schreiben und etwa das altertümlich "frug" durch "fragte" zu ersetzen. Aber solche Lapalien sind nicht gemeint, wenn es heißt, zeitgemäß das AT zur Sprache zu bringen und es zu predigen. Zeitgemäßheit meint mehr. 
Erleben wir heuer einmal das Schicksal der Sintflutgeschichte: wie sie unterging in einer zeitgemäßen Predigt. "Eine große Umweltkazastrophe drohte"- so tönte gleich der Anfang. "Gott abee wollte die Menschen vor dieser Katastrophe bewahren und rief aus: Bauet Rettungsschiffe, damit Niemand ertrinke in den Fluten, denn die ganze Erde wird von Wassern überflutet. Aber nur einer hörte auf die göttliche Mahnung. Er baute die Rettungsarche. Alle anderen ertranken, er aber nicht und als das Hochwasser verschwand, dankte er Gott für die Rettung. Warum hörten nicht alle auf die Warnung. Und (jetzt kommt die Aktualisierung) auch jetzt drohen uns Umweltkatastrophen, die uns zur Umkehr mahnen, bevor es zu spät ist." 
Soweit die Kerngedanken dieser zeitgemäßen Übersetzung eines Textes des Alten Testamentes in zeitgemäße Sprache.Aber nun schauen wir diesem Umformungsprozeß doch einmal genauer zu. Wie geht das?
1. Gott kündigte ein Strafgericht über die Erde an Er richtet sie ob ihrer Sünde. Die Sintflut ist das Mittel des Strafgerichtes Gottes über die Erde. Daraus wird eine einfache Naturkastrophe. Gott hat mit diesem Unheil nichts zu tun. Die Sintflut ist zu einem rein säkularen Ereignis geworden. Allerdings darf man ein  wenig mithören, daß irgendwie der Mensch an Naturkatastrophen selbst schuldig sei, weil er die Natur "ausbeute" und mißhandle.
2. Gott mahnt nur noch: euch droht ein Unglück. So wenig Gott der Urheber des Unglückes ist, denn es ist nicht mehr sein Gericht über die Sünde, so wenig kann Gott diese Sintflut verhindern. Er kann nur noch mahmen: rettet euch! Im AT spricht Gott nur zu Noah Baue eine Arche- und das "nur" gründet sich darin, daß Noah und nicht die vielen anderen vor Gottes Augen Gnade fand.Daraus wird: Gott mahnt Alle. Der selbstverständliche Heilsuniversalismus,Gott will das Heil jedes Menschen, verlangt diese Korrektur. Gott kann nicht nur einen berufen haben zum Bau eines Rettungsschiffes- er muß alle Menschen berufen! Und wenn dann nicht alle geettet werden, dann kann das allein an dem Fehlverhalten des Menschen liegen.Der dogmatische Hintergrund: alle Menschen sind durch die Erbsünde Kinder des Zornes Gottes geworden, aber Gott will dann einige retten durch das Wasser der Taufe- daraus wird nun, daß alle Menschen von Gott Geliebte sind und er sie nur vor Gefahren warnen will.
3. Gott gab die Verheißung, daß er hinfort die Welt nicht mehr durch eine Sintflut für ihre Sünden strafen will.Diese Verheißung entfällt und muß auch entfallen, weil es gar keine Gerichte Gottes über die Sünde gibt. Stattdessen wird der Hörer aufgefordert: achte auf die Umwelt, schütze sie, damit du nicht ein Opfer einer Umweltschutzkatastrophe wirst. 
4.Gott wirkt weder das Unheil als Gericht noch wirkt er Heil, indem er auf sein Gericht in der Gestalt einer Sintflut verzichtet. Wozu ist Gott dann noch gut in dieser Geschichte? Daß eine Umwelzschutzkatastrophe droht zu erkennen, das ist eine Möglichgkeit des Menschen, gerade weil er ja auch durch sein Fehlverhalten sie erst verursacht. Und dann bräuchte der Mensch nur noch gemäß dieser Erknntnis seinen Umgang mit der Natur zu verändern und die Kazastrophe findet nicht statt.

Was ist bei dieser Übersetzung nun die Umformung in das Zeitgemäße? Es ist offensichtlich: der Mensch übernimmt die Rolle Gottes. Er verursacht allein durch sein Fehlverhalten die Umweltschutzkatastrophe und er kann das erkennen und umkehren, sodaß das Unglück nicht eintritt oder er kann so weiter machen wie bisher und dann wird er mit der von ihm zerstörten Natur untergehgen. Die radicale Sälularisierung des biblischen Textes ist somit die Zeitgemäßheit dieser Umformung. 
Am Anfang steht das Axiom des aufgeklärten Gottesbildes, daß Gott nichts mit dem Bösen in der Welt zu tun habe und da eine Vertilgung der gsnzen Menschheit, mit der Ausnahme der Arche Noah etwas für den Menschen Böses wäre, kann Gott nicht mehr als der Urheber dieser Katastrophe gedacht werden. Die Katastrophe muß also auf den Menschen allein zurückgeführt werden und dann kann Gott auch nicht vor der Katastrophe retten- denn es ist nicht die von ihm verursachte und daß Gott als Allmächtiger sie verhindern könnte, ist schon lange ad acta gelegt als Kritik der Vorstellung von der Allmacht Gottes.Jetzt muß all dies der Mensch übernehmen: er verursacht allein die Katastrophen, die einst Strafgerichte Gottes waren, er allein kann sie verhindern, indem er vernünftig lebte und er allein ist für den Welktuntergang zuständig, wenn er unvernünftig lebt. 
Gott fungiert dabei nur noch als die Stimme der Vernunft, die uns zu einem vernünftigen Leben auffordert. 
Am Ende der Geschichte und als ihr eigrntliches Zentrum steht die Geschichte vom Opfer Noas. Die Geschichte ist ja eine Kultätiologie, also eine Erzählung, die die Frage beantworten soll warum bringen wir Menschen Gott Opfer dar?, indem sie respindiert: um des Gott wohlgefälligen Opfers willen verzichtet Gott auf weitere Strafgerichte zur Vertilgung seiner Schöpfung.Diese Pointe des Textes wird nun vollständig zum Verschwinden gebracht. Warum? Weil die Vorstellung, daß Gott kultische Opfer wolle und um ihrertwillen seinen Zorn den Menschen gegenüber zurückstelle, nicht "zeitgemäß" sind. Der Gott der Aufklärung will nach Kant nur eines von uns, daß wir guten Willens sind, daß wir moralisch sind. In nichts amderem bestünde die Wahrheit jeder Religion. Und ein Kult könne nur dann legitim sein, wenn er zur Hebung der Sittlichkeit förderlich sei. Und so muß dieser AT-Text vollkommen umgeformz werden, bis nur noch übrigbleibt: bewahrt eure Umwelt, damit ihr nicht mit der zerstörten Natur sonst untergeht! 
Gott erklärt diese zeitgemäße Predigt für überflüssig und genau darum ist sie zeit(geist)gemäß! 

Corollarium 1
Man könnte von einer Selbstsäkularisierung der Religion sprechen in dem Sinne, daß das, was die Religion von Gott erhoffte und zu erbeten hatte, nun zur Aufgabe des Menschen wird: er stellt sich der Aufgabe der Welterhaltung.                   

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