Seit einiger Zeit tobt unter Protestanten eine Debatte um den Stellenwert des Alten Testamentes für den protestantischen Glauben. Professor Slenczka wagte sich hervor mit der Anfrage, ob denn das Alte Testament für den evangelischen Glauben normative Bedeutung haben könne. Als Gewährsmänner dieser kritischen Anfrage setzte er sich dabei mit Schleiermacher und Adolf von Harnacks kritischen Äußerungen zum AT auseinander- das sind sozusagen die "Heiligen" des liberalen Protestantismus und auch wenn sie nicht als unfehlbar gelten, so zählen sie als Autoritäten, denn so ganz ohne autoritär anerkannte "Ausleger" der Schrift kommt auch der "gläubigste" Sola-Scriptura- Fan nicht aus. Man kann nicht umhin, daß diese Anfrage im Raume des Protestantismus legitim ist, war es doch schon eine der ersten Taten Luthers, den biblischen Kanon zu revidieren und die ihm nicht genehmen Texte des AT als "Apokryphen" herabzuwürdigen und aus dem Kanon zu exkommunizieren. Die aus dem Geiste des Protestantismus entwachsende historische Kritik der Bibel zerreißt dann endgültig die Einheit der Bibel, insofern nun das Schema von den Verheißungen und Prophezeiungen des AT, die in Jesus Christus ihre Erfüllung fanden, desavouiert werden. Wir haben es nur noch mit AT- Texten zutun, und dem Ereignis Jesus von Nazareth, das nachträglich vom AT her interpretiert wurde durch die neutestamentlichen Schriften, aber diese Interpretationen würden in Gänze den Aussageintentionen des AT nicht gerecht. Jesus habe eine neue Religion gestiftet und es könne das Christentum nicht zwei heilige Texte, den des Alten und des Neuen Testamentes als sein Fundament bezeichnen, wenn das AT das Glaubensdokument des jüdischen und das NT das Glaubensdokument des christlichen Glaubens wäre.
Aber das ist ein spezifisches Problem des Protestantismus und hat dort wirklich seinen legitimem Platz! Nun äußerte sich aber ein Katholischer Bischof zu dieser rein innerprotestantischen Kontroverse, wohl in der Sorge, daß nun auch die letzten Reste ökumenischer Einheit verloren gehen.
Kath net berichtet darüber am 10.5. unter der Überschrift: "Bischof Zdarsa betont Einheit der Bibel"
"Als erster prominenter Katholik hatte sich vor wenigen Tagen der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick in den Streit eingeschaltet. Das Alte Testament sei «das Buch Jesu und darf nicht verbannt werden, auch wenn wir zu rassistischen und nationalistischen Passagen, zu Verherrlichung von Gewalt und Kriegen klar Nein sagen müssen», erklärte er. Die Schriften müssten im Geiste Jesu interpretiert werden, «der uns allumfassende Gottes- und Nächstenliebe gelehrt hat»."
Das muß man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Ein Katholische Bischof erklärt, daß die Bibel, das Alte Testament: rassistische und nationalistische Passagen enthielte und Gewalt und Krieg verherrliche! So rabiate Diffamierungen des Alten Testamentes finden sich bei keinem der ultraliberalen protestantischen Kritiker des AT, nicht bei Schleiermacher, nicht bei Harnack und schon gar nicht bei Slenczksa! Jesus Christus war und ist kein Kritiker des Alten Testamentes! Für ihn ist es das Buch der Wahrheit und nie hat er etwas verkündigt, was dem AT widersprach. Nur im Punkte der Erlaubtheit von Ehescheidungen stellte er die Ursprungsordnung der Ehe wieder her, nachdem Mose hier um der Schwachhheit der Menschen willen eine liberale Entschärfung des Neins zu jeder Art von Ehescheidung in Kraft setzte. Nicht der Jesus Christus des Neuen Testamentes, wohl aber das Lieblingskind liberaler Leben-Jesu-Forschung fungierte als "Überwinder" des streckenweise doch "recht primitiven" Gottesbildes des AT, des heiligen Gottes, der eben auch für sein Volk in den Krieg zieht, der einen Unterschied macht zwischen dem erwählten Volk und den Nichterwählten....Nur wohe kommt die Diffamierung von Nationalismus und Rassismus? Hierauf gibt es eine klare Antwort: das hat dieser Bischof aus den trüben Quellen der Politischen Korrektheit geschöpft. Und er stellt fest, daß nicht alle Aussagen des AT der Politischen Korrektheit entsprechen. Nicht die Abschaffung des AT fordert so dieser Bischof, sondern einfach. das AT hat nur insoweit für uns Christen Gültigkeit, inwieweit es mit der Politischen Korrektheit übereinstimmt! Und da das zeitgenössische liberale Jesusbild: wie war Jesus wirklich?, bevor ihn kirchliche Autoren übermalten und aus ihm den Christus der Kirche machten, zu dem faszinierenden und uns alle überraschenden Ergebnis kommen, daß Jesus der erste und authentischste Verkünder und Praktikant der Politischen Korrektheit war, wundert es uns nicht mehr, daß faktisch das AT weitestegehend abgeschafft ist durch diese PC-Zensur. "Wir nehmen das AT ernst, aber nur insoweit es das bestätigt, was uns die Politische Korrektheit schon lehrt als der ersten normativen Offenbarungsquelle des christlichen Glaubens. "
Und so wird dann auch das AT diffamiert als rassistische und nationalistische Aussagen beinhaltend! So kann man das AT auch erledigen!
Was verstößt den nun so gegen die PC und die Lebenspraxis des Jesus? Die Gewaltverherrlichung des AT? Aber was ist die da geschilderte Gewalt im Vergleich zur Gewalt des ewigen Strafe Gottes in der Hölle? Man kann Peter Sloterdijk. Zorn und Zeit, 2008 nicht widersprechen, daß der urchristliche Gewaltverzicht seinen tiefsten Grund im Vertrauen auf das endgültige Zornesgericht Gottes hatte, daß Gott dann zürnt und gewaltsam strafft, sodaß der Gewaltverzicht nur eine zeitliche Verschiebung war fauf den Dies Irae Gottes hin. Es gehört zu jeder monotheistischen Religion, wie dieser Philosoph treffend sagt, daß Gott immer auch der zornige Gott ist. "Man hat in unseren religiös neu-analphabetischen Jahrzehnten so gut wie ganz vergessen, daß die Rede von Gott im Monotheismus immer auch einen zornigen Gott einschloß." (Zorn und Zeit, S.73)Und lehrt Jesus Christus nicht wie das AT die Differenz von denen in und denen außerhalb des Bundes, der Kirche? Und da im Alten Bund das Volk Israel das erwählte Volk war, stand ihm die nichterwählten Völker gegenüber, wie im Neuen Bund die in den Kirche die außerhalb der Kirche gegenüberstehen. Ob und wie Außenstehende dann zu Gliedern des Corpus der Erwählten werden können, dafür finden sich dann im Alten und Neuen Bund Antworten, die in Folge der Verschiedenheit der Bünde auch verschieden ausfallen, aber beide leben gerade aus der Differenz von Dazugehören und Nichtdazugehören.
Nur eine politisch korrekt revidierte Theologie will von solchen konstitutiven Differenzen nichts wissen und läßt alle Differenzen in einer Gottallerleiliebe untergehen, in der Nacht, in der alle Kühe bekanntlich grau sind!
Die Diffamierung des Alten Testamentes im Namen der "Moral" ist nun wirklich nichts originell Neues. Seit Marcion klebt diese Kritik wie ein Schatten an diesem Teil der Heiligen Schrift. Der grundlegende Irrtum dieser Kritik ist selbstredend das Unvermögen, das Heilige von dem Moralischen unterscheiden zu können. Es fehlt der Sinn für die Religion, und damit für das Heilige. Erinnert sei hier an R.Ottos Einsicht in das Heilige als die Einheit von tremendum und fascinosum.Religiöse Moral ist dagegen immer nur etwas Secundäres, die ihren Ursprung in der Frage hat, ob Priester, mit Blut an der Hand (als Bild für ein moralisches Fehlverhalten) Gott wohlgefällige Opfer bringen können? Zudem ist es mehr als befremdlich, wenn die politische Korrektheit die Zensur des AT verlangt, weil in ihm das Mittel des Krieges und Gewaltanwendung unter bestimmten Umständen als erlaubt gelten und für rein politische Ziele, wie das der Durchsetzung der Menschenrechte dann Gewalt und Krieg bejaht, etwa im Angriffskrieg gegen das von den Taliban regierte Afghanistan oder gegen den "Diktator" Hussein. Und jeder Staat beansprucht für sich das Recht, Gewalt gegen die inneren Feinde(Polizei) und gegen die äußeren Feinde( Verteidigungskrieg) anzuwenden! Und es gibt keine Stelle im Neuen Testament oder in der Lehre und Praxis Jesu, der dem widerspräche. Schon die paulinische Metaphysik des Staates, dargelegt in Röm13, beweist, daß schon und gerade im Urchristentum die Schwertgewalt des Staates bejaht wurde und das, obwohl Christen auch und gerade Opfer des Mißbrauches der römischen Staatsgewalt wurden.
Die Einheit des Alten und Neuen Testamentes ist für den Katholischen Glauben auch keine Selbstverständlichkeit, sondern sie muß denkerisch begriffen und nicht einfach nur proklamiert werden.
Und zum AT Ja sagen, um dann Teile, große oder kleinere der PC-Zensur zu opfern, ist kein erlaubter Umgang mit einem heiligen Text! M.E. ist das sinnvollste Konzept der Begründung der Einheit von AT und NT der des Begriffes des Opfers- als die Frage nach der Einheit des einen Opfers Jesu Christi am Kreuzesaltares mit den Opfern des Alten Bundes und den kirchlichen Meßopfern! So plumpe Gegenüberstellungen von gewaltverherrlichendem AT und einem Friede-Freude-Eierkuchen Jesus auf der anderen Seite helfen da gewiß nicht weiter, wie sie Bischof Schick praktiziert .
Corollarium 1
Die Einsicht Papst Benedikt XVI., daß von der jüdischen Religion erst nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels gesprochen werden kann. insofern sich nun diese Religion erst konstituierte als Relectüre des AT unter der Voraussetzung, daß Jesus nicht der Messias ist und daß jetzt das Judentum religiös ohne das einstige Herzstück ihrer Frömmigkeit, dem Tempel, zu leben hatte, ist dabei mehr als beachtenswert" Das AT wird-so neu gelesen- erst zu einem Buch des jüdischen Glaubens- es ist es nicht an sich! Zum christlichen Buch wird es dagegen durch die Einsicht der Erfüllung des Alten in Jesus Christus:
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