Sonntag, 18. Juni 2017

homo oeconomicus ? Unser Menschenverständnis?

Was der Mensch ist?, gehört zu den schwierigsten Menschheitsfragen, zumal, wenn diese Frage vermischt wird mit der, was den der Mensch sein soll und was er wohl sein möchte. Noch komplizierter wird es, wenn wir berücksichtigen, daß der Mensch in verschiedenen Wissenschaften als Erkenntnisobjekt vorkommt. Naiv könnte gemeint werden, daß sich jede der Wissenschaften doch auf das selbe Objekt, den Menschen eben bezöge und so alle zu gleichen Resultaten bezüglich dieses Objektes kommen müßten. Aber was hat der Mensch, so wie ihn die Theologie begreift, mit dem Menschen zu tuen, wie ihn die Biologie oder die Sozialwissenschaften begreifen? 
Ist es nicht so, daß jede Wissenschaft sich ihr spezifisches Verständnis des Menschen schafft, es produziert, wie es der jeweiligen Wissenschaft gemäß ist? Nehmen wir zur Veranschaulichung etwas ganz Simples: Gegenüber der naiven These, Bauer ist Bauer und überall, wo Bauer vorkommt, bezieht der Bauer sich auf eine objektive Wirklichkeit namens Bauer, gilt: Der Bauer im Schachspiel hat mit dem Bauer der Landwirtschaft und dem Bauer in der Literatur des guten Benehmens, benimm dich nicht wie ein Bauer und dem politischen Bauernopfer nichts gemeinsam. Es gibt keine gemeinsame all diesen Verwendungen zugrunde liegende gemeinsame Substanz namens Bauer, aus der dann der Schachbauer, der Skatbauer und der Landwirtschaftsbauer und der Benimmbauer deriviert werden könnte. Es gibt nur Vorstellungsräume, den der Landwirtschaft, wie den des Schachspieles, etc, in denen dann der Bauer jeweils etwas Bestimmtes ist.
1.These: Außerhalb eines bestimmten Vorstellungsraumes ist der Bauer sowenig wie der Mensch.  
So ist der homo oeconomicus auch nur ein Menschenverständnis unter vielen, das seinen Ort in der Ökonomiewissenschaft hat. Aber,  die 2.These soll nun lauten, daß ein Spezificum der Postmoderne das ist, daß der ökonomische Vorstellungsraum zu dem dominiereden wird, sodaß sein Menschenverständnis das unserer Zeit geworden ist.
Dem entspricht die gesellschaftliche Realität, in dem alle anderen Ethosse, Arnold Gehlen spricht hier vom Familienethos und dem Staatsethos, an den Rand gedrängt werden, bzw. aufgelöst werden, indem auch diese Ordnungen in den Vorstellungsraum der Ökonomie eingeordnet werden: Lohnt sich eine Familiengründung für mich, lohnt sich eine Ehe und nützt die Staatsordnung wirklich so dem Leben der Wirtschaft? 
Selbst die existenziellste Frage nach dem Sinn meines Lebens formt sich um zu der nach: Lohnt sich mein Leben? Die Kunst des Bilanzierens, die Unterscheidung von roten und schwarzen Zahlen bestimmt so selbst die Frage nach dem Sinn meiner Existenz wie die nach dem Nutzen eines Geschäftes. 
Auch die Kirche entdeckt nun den homo oeconomicus als die Gestalt seiner Kirchenmitgliedschaft, der seine Kirchensteuer bezahlt für Dienstleistungen des Serviceunternehmens Kirche. Wie lange lohnt sich für ihn seine Investition der Kirchensteuer? Wann stellt er seine Zahlungen ein und welchen Service kann die Kirche wie ihm anbieten, damit er bleibt? Die Art und Weise der Diskussion um die Zulassung von Geschieden-Wiederverheirateten zum Empfang der hl. Kommunion erklärt sich auch und vielleicht auch nur aus diesem Kundenverständnis der Kirche.   

Zusatz: Theologisch könnte geurteilt werden, daß die Idee des Menschen in Gott das Urbild aller menschlichen Verständnisse vom Menschen ist, das sich dann aber in der Mannigfaltigkeit des menschlichen Vorstellungsvermögens in viele differente Verständnisse vervielfältigt und dabei immer nur Aspekte des Urbildes und seine Realisierugsmöglichkeiten bezeichnet.    
    

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