"Berufung ist Blödsinn. Ich habe keine Berufung.Niemand hat eine Berufung.Und es ist eine ungeheure Erleichterung festzustellen,daß man frei ist und keine Berufung hat." Milan Kundera, Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins, Fischer Taschenbuch 1987, S.300.
Unsere Arbeitsämter Ämter heißen nicht nun Jobcenter, denn wir haben keinen Beruf mehr sondern Jobs. Beruf, das ist ein Begriff erfüllt von Metaphysik: sich zu etwas berufen wissen, von wem berufen zu was? Den Beruf wähle ich mir nicht aus, sondern ich empfinde ihn als meine Bestimmung.Der religiöse Ursprung erhellt sich uns so: Gott beruft Menschen zu etwas. Saul und David berufte Gott dazu,König über Israel zu sein, aber er berief auch das Volk Israel dazu, sein Volk zu sein. Die Geschichte Gottes mit dem Volke Israel ist die Geschichte der Berufung dieses Volkes und die besondere Berufung an Einzelne zu einem besonderen Dienst.
In der Kirche, im Neuen Bund setzt sich das fort: Die Kirche ist nicht einfach eine menschliche Hervorbringung, Gott berief und beruft Menschen zur Kirche und er beruft zu besonderen Diensten, den des Priesters etwa.
Die bürgerliche Kultur, anhebend wohl mit Luther sah nun in jedem Beruf eine göttliche Berufung, sodaß das Besondere des Priesterberufes egalisiert wurde. In der Katholischen Kirche war und ist es das besondere Verdienst des Opus Dei, diesen allgemeinen Berufsgedanken im Katholizmus beheimatet zu haben: Gott beruft einen jeden in einen besonderen Beruf. Daß dabei die Berufung zur Mutterschaft von besonderer Würde ist, wird dabei in unsrer auf den Geldverdienst fixierten Gesellschaft leicht übersehen, aber wenn dieser Beruf nicht ausgeübt wird, werden alle anderen Berufe sinnlos. Wen sollte den noch ein Lehrer unterrichten, wenn nicht vordem Frauen Kinder zur Welt gebracht hätten!
Und: So wie das Volk Israel seine Berufung hatte und sie lebte, so ist kein Volk ohne eine göttliche Berufung: Sei, was Du bist! stellt dabei die Elementarformel der völkischen Berufung dar. Das,was Gott gibt als Gabe, das gibt er immer auch als Aufgabe. Die Aufgabe ist dann die Berufung.
Wo Berufungen durch Gott wahrgenommen und gelebt werden, da bekommt das Leben durch dies göttliche Berufen Gewicht. Jetzt erst wird das vom Beruf Geforderte wirklich zur Pflicht.
Was aber, wenn es für den modernen bzw postmodernen Menschen keine Berufung mehr gibt, weil es für ihn auch keinen mehr gibt, der berufen kann? Das Leben wird uns leicht, denn nun wählen wir frei aus aus unübersehbar vielen Möglichkeiten, aber zugleich gilt, daß es gleich-gültig ist, was gewählt wird. "Hier stehe ich und kann nicht anders!" rief Luther einst- der Postmoderne riefe aus: "Hier stehe ich, ich könnte aber auch ganz woanders stehen und letztlich ist es gleich-gültig, wo ich stehe! Diese gleichgültige Beliebigkeit macht die "unerträgliche Leichtigkeit" unsereres heutigen Lebens aus.
Die "Zufälligkeit" bestimmt scheinbar das Leben der Protagonisten dieses Romanes: Die Liebesbeziehung zwischen Thomas und Teressa ist das Ergebnis einer Reihe von Zufälligkeiten (S.37), ja Thomas stellt fest: "daß in der Liebesgeschichte seines Lebens nicht ein: >Es muß sein!< erklang, sondern ein >Es könnte auch anders sein!< Das gibt allem eine Leichtigkeit, da wird die Liebe erlebt ohne ein Gefühl des Füreinanderbestimmtseins, ohne eine innere Notwendigkeit, aber gerade das macht sie auch so bedrückend leicht. Triviale Liebesromane betiteln sich dagegen gern als Schicksalsromane, sodaß der Liebesgeschichte schwer wird, sie bekommt Gewicht. Hier können Menschen ihrer Bestimmung gerecht werden oder sie verfehlen, aber ohne eine Bestimmung, eine Berufung, wie sollte da noch von einem Scheitern oder einem dem Schicksal Gerechtwerden die Rede sein? Das Leben wird quasi zu leicht! Ist das eines der Kennzeichen unserer postmodernen Existenz?
Zusatz:
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- Das Schicksal mischt die Karten, und wir spielen.
Arthur Schopenhauer
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