Das Böse= ein Mangel an Gutem?
"Jesus als Exorzist. Das wirkt für etliche wohl sehr fremd und regt
eher zum Lachen und Schmunzeln an. Der aufgeklärte und moderne Mensch
hat es nicht so mit Dämonen und bösen Geistern. Den Teufel haben wir
schließlich längst in die Märchenkiste verbannt. Für die meisten gibt es
auch keine Hölle mehr." Impuls von Kaplan Christian Olding katholisch de 27.Jänner 2018
Wenn der moderne und aufgeklärte Mensch es nicht mehr so hat mit dem Teufel, den Daimonen und bösen Geistern, wer sagt uns dann, daß auch der Teufel, die Daimonen und bösen Geistern es nicht mehr mit uns haben? Aber ab ovo! Jesus Christus ist der Sohn Gottes. Als solcher führte er Exorzismen aus und bevollmächtige seine Schüler, böse Geister auszutreiben. So lesen wir Mt 10,1: "Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen." Das "und" ist hier additativ gemeint. Den Aposteln überträgt hier der Sohn Gottes sowohl die Vollmacht zu Exorzismen als auch zu Krankenheilungen.Da drängt sich nun eine Frage auf: Warum gab der Sohn Gottes den Aposteln die Vollmacht zu Exorzismen, wenn er als Sohn Gottes doch wissen mußte, daß es weder Teufel noch Daimonen gibt? Hätte es nicht ausgereicht, sie mit der Heilungsvollmacht auszustatten? Oder sollte der Sohn Gottes noch so unaufgeklärt gewesen sein, daß er in vormodernem Geiste noch an den Teufel und an Daimonen geglaubt hat? Gott sei es gedankt, daß nun die menschliche Aufklärung Gott belehrte, daß es den Teufel und die Daimonen gar nicht gibt! Ja, als der Sohn Gottes vom Teufel versucht wurde, da hatte Jesus Christus wohl nur einen Albtraum!
Was ist nun das Böse? Gelegentlich liest man, daß das Böse nur ein Mangel am Guten sei, oder gar nur ein Mangel an Sein. Das ist sicher eine sehr arge Verharmlosung des Bösen. Als Beleg wird gern genommen, daß das Blindsein ein Mangel an Sehkraft sei. Nur, es ist zu fragen, ob hier der Begriff des Bösen nicht uneigentlich benutzt wird. Ich plädiere dafür, den Begriff des Bösen auf den Vorstellungsraum der Moral zu beschränken. Man stelle sich dies einmal vor: Ein Polizist würde zu einer vergewaltigten Frau sagen, sie sei ein Opfer mangelnder Nächstenliebe geworden! Das wäre nicht nur absurd, das wäre unmoralisch. Die christliche Religion gibt über den Ursprung des Bösen eine klare Auskunft: Indem Luzifer als Lichtengel von Gott abfiel, indem er gegen Gott rebellierte, wurde er zum Satan und die sich ihm angeschlosenen revolutionären Engel zu Daimonen. Wie der Mensch durch seinen Sündenfall nicht aufhörte ein Mensch zu sein, so hören die so gefallenen Engel nicht auf Engel zu sein, nur daß sie jetzt ihre Engelmacht in den Dienst des Bösen stellen.So sind sie das Böse.
Der Judasbrief warnt ausdrücklich davor, die Macht des Teufels und seiner Engel zu unterschätzen ((8f).Nicht nur die Johannesoffenbarung verkündet uns die Macht des Satans und des Antichrist.Hier von einem Mangel an Gutem zu sprechen ist mehr als absurd. Kleine Kinder zeichnen sich manchmal von anrührender Naivität aus. Wollen sie nicht gesehen werden, schließen sie die Augen, meinend, daß wenn sie nichts mehr sehen, auch die Anderen sie nicht mehr sehen können. Modern Aufgeklärte praktizieren das genauso: Weil wir nicht mehr an den Teufel glauben, gibt es denn auch nicht mehr.
Wie kam es dann zu der Vorstellung, daß das Böse nur ein Mangel an Gutem sei? Für den hl. Augustin wurde diese These sehr wichtig in seiner Absetzung von den Manichäern, die lehrten, daß der Kosmos durch den Widerstreit des Guten mit dem Bösen bestimmt sei, daß es also von Natur aus Gutes und Böses gäbe. Augustin setzte dagegen, daß, da alles von Gott geschaffen sei, es nichts als Böses Geschaffenes geben kann. Es gäbe nur Vollkommenes und weniger Vollkommenes, so sind eben die Engel vollkommener als die Menschen und das könne man als "Bösesein" der Menschen im ontologischen Sinne nennen, als Mangel an Vollkommenheit.Hier ist "böse" aber nicht im moralischen Sinne gemeint. Das moralisch Böse kommt dagegen allein aus der Tätigkeit des freien Willens der Engel und der Menschen. Daß Gott den Sünder straft, das sind die Strafübel, die aber als Gottes gerechtes Strafen nichts Böses sind. So ist das Böse im moralischen Sinne sehr lebendig und vital im bösen Wollen!
So ist alles Geschaffene von Gott gut geschaffen, nur daß hier gut nicht im moralischen Sinne gemeint ist. Wenn ein Schriftsteller einen guten Roman geschrieben hat, dann meint das ja auch nicht, daß der Roman moralisch gut ist. Man denke an den Ausruf: Der Automotor läuft wieder gut- nach seiner Reparatur. Es ist ontologisch gemeint. Moralisch gut kann nur etwas sein, was der freie Wille gewollt hat, daß er es theologisch gesagt, gemäß den Geboten Gottes will oder philosophisch, daß der Wille pflichtgemäß will. So ist auch in der Gotteslehre die ontologische Vollkommenheit Gottes als sein Gutsein von seiner moralischen Vollkommenheit als sein Gutsein zu distinguieren. So ist der Teufel ontologisch vollkommener als der Mensch, weil er von der Substanz her ein Engelwesen ist, aber moralisch ist er der Böse, weil er immer böse wollend ist.
Corollarium 1
Wer könnte ernsthaft dieser Einsicht widersprechen?"Die schönste List des Teufels ist es, uns zu überzeugen, daß es ihn nicht gibt."Charles Baudelaire, Der freigebige Spieler.
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