Der
Kampf um die Familie und die Politische Korrektheit
Matthias
von Gersdorff zitiert in seinem Aufsatz, „Familie:Ein
Wertbegriff-auch für die Politik“ aus Wilhelm Reichs Klassiker:
„Die sexuelle Revolution-zur sozialistischen Umstrukturierung des
Menschen“: „Die patriachalistische Familie ist die strukturelle
und ideologische Reproduktionsstätte aller gesellschaftlichen
Ordnungen, die auf dem Autoritätsprinzip beruhen. Mit der
Abschaffung dieses Prinzips müsste automatisch auch die
Familieninstitution erschüttert werden. Der Zerfall der
Zwangsfamilie ist der Ausdruck dafür, dass die sexuellen Bedürfnisse
der Menschen die Fesseln sprengen, die ihnen mit der wirtschaftlichen
und der familiären Bindung auferlegt werden. Es vollzieht sich die
Trennung von Wirtschaft und Sexualität.“1
In
einer linken Kritik wird das Anliegen dieses Ansatzes auf den Punkt
gebracht:
„Mit
ihren Untersuchungen zum "autoritären Charakter" wollten
kritische Theoretiker wie Adorno, Horkheimer erklären, wie es
möglich war, daß die politischen Machthaber (insbesondere Hitler)
bei all ihren Aktivitäten zum Wohl deutscher Wirtschaft und
nationaler Größe über ein gefügiges Volk verfüg(t)en. Heutzutage
ist "autoritärer Charakter" ein Schlagwort, das als
Antwort auf die bei kritischen Soziologen und Psychologen immer
wieder aufgeworfene Frage, warum 'die Leute',mitmachen', für ebenso
hinreichend wie angemessen erachtet wird“2
Also,
die Institution Familie ist die „Brutstätte“ autoritärer
Charaktäre, und die wiederum ermöglichten es erst, daß ein Hitler
regieren konnte. Damit ist das Anliegen der Destruierung der
Institution Familie mittels von Reich und Adorno erfaßt. Es soll
hier nicht die Plausibilität dieser These diskutiert werden sondern
das Augenmerk auf etwas anderes gerichtet werden: warum wird als das
Argument zur Destruierung der Familie dieses Argument, daß die
Familie die Bruststätte des Nationalsozialismus gewesen ist, um es
sehr verkürzt zu formulieren, gebracht? Man erinnere sich an die
große Debatte des sogenannten Positivismusstreites in den
Sozialwissenschaften, an der gerade auch die „Kritische Theorie“
federführend beteiligt war. Versimplifiziert kann als eins der
Kernprobleme die Frage angesehen werden, von dem Soziologen Max Weber
herrührend, wie Werturteile in Sozialwissenschaften zu begründen
sind. So kann sozialwissenschaftlich etwa ein Bedeutungsverlust der
Familie in den modernen Gesellschaften nachgewiesen werden, so etwa
Max Horkheimer in seiner Studie: „Die Zukunft der Ehe“, 1966
verfaßt, aber daß das so ist, besagt ja nun noch nicht, ob das
„gut“ oder „schlecht“ ist. Das Grundanliegen Horkheimers
esayischter Betrachtung: „Zur Kritik instrumenteller Vernunft“,
1946 ist ja die kritische Feststellung, daß die (postmoderne)
Vernunft zwar sagen kann, was der Fall ist, und wie man welche Ziele
erreichen kann, aber nicht mehr vernünftig begründen kann, warum
welches Ziel erstrebenswert ist und welches nicht, ob es
erstrebenswert ist, daß Familien sind oder ob es besser wäre, daß
es sie nicht gibt. Ein solches Werturteil, ist das Sein von Familie
gut?, liegt außerhalb der zur instrumentellen Vernunft reduzierten
Vernunft. Also müßte, wenn man das ernst nimmt, eine
Weltanschauung, nicht durch die Vernunft begründbare Werte und
Normen die Bewertung dessen übernehmen, was die (postmoderne)
Vernunft nicht mehr leisten kann.
(Ich
möchte hier einen Unterschied einzeichnen zwischen dem modernen
Vernunftverständnis, wie es etwa Kant entfaltet, das Werturteile in
sich ermöglicht, und dem postmodernen Vernunftverständnis, das wie
Horkheimer es darlegt, dies nicht mehr kann als halbierte Vernunft.
Es
kann nun diese These aufgestellt werden: Die Weltanschauung der
Politischen Korrektheit in ihrer Synthese mit der Holocaustreligion
übernimmt die Funktion der Letztbegründung von moralischen Urteilen
in unserer Zeit. Das bedeutet für den Diskurs über die Familie:
wenn ich den Wert der Familie bestreiten will, daß es gut ist, daß
sie an Bedeutung verliert, dann sollte ich im Idealfall nachweisen,
daß die Familie in einem positivem Verhältnis zu Hitler stand! Die
Institution Familie begünstigte den deutschen Faschismus,wie auch
immer das dann en detail fundiert wird, ist somit das moralische
Todesurteil über die Familie. Denn das absolut Böse-das ist nicht
mehr der aus der Mode gekommene Satan-sondern Hitler und der
Nationalsozialismus. Alles, was dem nützte oder es förderte, ist so
und gerade nur deshalb auch „böse“. Jetzt erst kann der
sozialwissenschaftlich eruierten Tatsachenfeststellung des
Bedeutungsverlustes der Familie das Werturteil hinzugefügt werden:
„Das ist auch gut so!“ Die in einer Gesellschaft existierende
„öffentliche Religion“ hat, und das ist eben auch gerade ihre
Funktion für die Gesellschaft, die Aufgabe, die Letztbegründungen
für moralische Urteile aller Art zu erbringen. Wenn der Deutsche
Staat sich an einem Krieg, an welchem auch immer, beteiligt, lautet
das erste und das grundlegendste Argument immer: um einen zweiten
Holocaust zu verhindern, und die Kritiker eines robusten
Kampfeinsatzes der Bundeswehr urteilen: weil wir den 2.Weltkrieg
verursacht haben, dürfen wir uns an keinem Kriege mehr beteiligen,
weil von Deutschem Boden nach dem Hitlerkrieg nie wieder ein Krieg
ausgehen dürfe. Sowohl das „Ja“, wie auch das „Nein“, wird
so von der selben Politischen Korrektheitsideologie her begründet.
Das demonstriert, daß sie von allen Disputanten als die letzte
unbedingt verbindliche Norm anerkannt wird und daß alle wichtigen
Urteile, sollen wir oder sollen wir nicht?, mit dieser Weltanschauung
zu begründen sind.
Was
macht nun von Gersdorff als Verteidiger der Institution Familie?
Geben wir ihm das Wort: „ Ebenso wird von etlichen
Historikern,[...]die These vertreten, dass viele Adlige im Widerstand
gegen Hitler tätig waren, weil sie aufgund ihrer traditionell engen
familiären Beziehungen in der Lage waren,informelle,
unstrukturrierte Verbindungen zu schließen.Kommunisten, Sozialisten,
Gewerkschaftler und die Widerständler aus den Kirchen waren
organisiert, und die Organisationen ließen sich einfacher
zerschlagen.Den Adel als Organisations-und Kommunikationsform konnte
man nicht zerschlagen, man traf sich, konspirativ, zum Tee, bei
Familienfesten usw.“3Die
These ist klar: gerade die Institution der (adligen) Familie war die
beste, weil effektivste Widerstandsform gegen Hitler! Auch hier soll
auf eine kritische Würdigung der Vorstellung familieninterner
Tea-Partys als der Keimzelle antifaschistische Kampfes verzichtet
werden-auch hier wird nur gefragt, warum denn der Familienapologet
diese These aufstellt. Die Antwort ist ebenso klar: wie die Kritiker
der Ordnung der Ehe, so benutzt auch der Apologet die Politische
Korrektheitsweltanschauung als das
Letztbegründungsargumentsreservoir. Was gut gegen Hitler war, ist
deshalb gut und erhaltenswert. Ja, da diese Institution sogar besser
als alle anderen sich im „Kampf gegen das Böse“ bewährte, müsse
diese Ordnung gar vorrangig geschützt werden gegen ihre Auflösung!
Apologeten und Kritiker der Ordnung der Ehe greifen so auf das selbe
Reservoir an Letztbegründungen zurück, weil diese wirklich die
öffentliche Religion der postmodernen Gesellschaft ist. Alle anderen
moralisch fundierten Urteile sind eben nur noch Privatmeinungen im
Brei des unbegrenzten Pluralismuses. Damit wird von den Kritikern wie
den Apologeten die eine Wahrheit der Polkitischen Korrektheit
anerkannt, sobald sie anfangen, öffentlich zu reden, egal, wie sie
sonst privatissimo denken und reden mögen. Der öffentliche Raum
aller möglichen Diskurse ist eben durch die Regeln der Poltischen
Korrektheit limitiert, das Spielfeld aller möglichen, weil erlaubten
Spielzüge so festgelegt.
Aber
nun fragen wir uns doch selbstkritisch, ob Intellektuelle, oder um es
mit Thomas Bernhard zu formulieren, Gedankenmenschen ( „Frost“),
dem Denken eine zu große Rolle zuschreiben, aus sehr verständlichen
Gründen. Erinnern wir uns an eine Banalität:zuerst wird der
Niedergang der Bedeutung der Familie konstatiert und dann werden
secundär Gründe dafür gesucht, ob es denn auch im Sinne eines
Werturteiles gut oder nicht gut ist, daß die Ordnung der Familie an
Bedeutung verliert. Drängt sich da nicht der Gedanke auf, daß ganz
andere Ursachen als die eines weltanschaulichen Denkens die Gründe
für diese Entwickelung sind?
Der
Autor von Gersdorff weist uns nun selbst hier auf eine interessante
Spur. Er schreibt: „Das von der Zeitschrift für Geschichte
„Damals“ preisgekrönte Buch [Harald James, Familienunternehmen
in Europa] zeigt anhand der Familien De Wendel, Haniel und Falck, wie
Familienunternehmen besser als andere in der Lage waren,
Revolutionen, Weltkriege und sonstige Umwälzungen zu überleben.“
4
Was verblüfft an dieser These? Daß diese Form von
Wirtschaftsunternehmen in den Zeiten der Globalisierung noch
wettbewerbsfähig sein sollen. Nicht nur Leser von Thomas Manns
Monumentalwerk „Die Buddenbrooks“ werden das wohl als
nostalgische Verklärung der guten alten Zeit vorkommen, so als
schriebe ich jetzt, die Zukunft im Lebensmittelhandel gehöre den
heißgeliebten „Tante Emma Lädchens“ und nicht den
Supermarktketten! Dies Buch ist so wahr, wie Klein- Fritz, der über
den Markt rennt, laut schreiend: „Ich hab den Apfel nicht geklaut!“
Nein, das Aussterben des klassischen Familienbetriebes ist gerade ein
Moment des Niederganges der Institution Familie! Sowohl auf
„Arbeitgeber-“ wie auf „Arbeitnehmerseite“ verliert die
Institution Familie ihre Bedeutung aus rein ökonomischen Gründen!
Der Familienbetrieb kann eben auf dem globalisierten Markt nicht
dauerhaft überleben-die Großen fressen die Kleinen, um es einfach
auszudrücken. Die klassisch bürgerliche Familie mit dem
Haushaltsvorstand, dem Vater, der durch seine Erwerbstätigkeit
allein die Familie ernährte und der Herrin des Hauses, der Ehefrau ,
die dann das Haus mit den eigenen Kindern leitete, ist selbst zu
einem Hindernis, weil zu großen Unkostenfaktor für die Wirtschaft
geworden. Denn die Gesamtkosten der Institution Familie werden ja
durch den Lohn des erwerbstätigen Vaters erbracht oder, reicht das
nicht, gibt der Staat zusätzliche Gelder,um die Familie zu
finanzieren. Hohe Lohnkosten oder höhere Steuern zur staatlichen
Mitfinanzierung der Familie bedeutet das und das sind für die
Wirtschaft in jedem Falle Unkosten. Zudem entzieht die bürgerliche
Familie die Frau dem freien Arbeitsmarkt-statt daß sie sich dem zur
Verfügung stellt und sich für den Markt adäquat ausbilden läßt,
verleitet die klassisch bürgerliche Familie Frauen dazu, ihr Glück
in Liebe, Ehe und Familie zu suchen.Diese bürgerliche Frauenrolle in
ihrer Zentrierung auf die Familie ist nun für die Entwicklung des
Arbeitsmarktes,möglichst viel preisgünstige Arbeitskräfte zur
freien Verfügung zu haben, dysfunktional. Zudem sind die
Aufwendungen zur Erziehung der Kinder in der eigenen Familie sehr
hoch, wenn diese allein durch das Gehalt des Ehemannes bestritten
werden sollen. Erst der Regelfall der mitverdienenden Frau erlaubt so
die Senkung der Lohnkosten für den Ehemann. Aber das Modell des
Zweiverdienerhaushaltes geht nun zu Lasten der Intaktheit der
Familie, bürdet dies Modell doch nun der Frau Familie und
Berufstätigkeit auf, der Frau, die früher die Garantin des häuslich
strukturierten Familienlebens war. Das löst die Institution der
Familie auf.
Im
sich globalisierenden Arbeitsmarkt als der Entsprechung zum
globalisierten Warenmarkt kann nun der Import von Arbeitskräften
aus „Billigländern“ die Funktion der Familie als Ort der
Heranbildung von zukünftigen Arbeitskräften ersetzen. Mußte einst
die Familie leben, damit auch morgen noch Arbeitskräfte dem Markt
zur Verfügung stehen, die in Familien erzogenen Kinder, dann ersetzt
das jetzt der Import von Arbeitskräften aus der sogenannten 3.Welt.
Die „Erziehungskosten“ werden in den Ländern der 3.Welt erbracht
und die fertigen Arbeitskräfte dann in die entwickelten
Industrieländer exportiert-sodaß die westlichen Länder sich die
Entwicklungskosten der Arbeitskräfte einsparen können. Einfacher
gesagt: importierte Arbeitskräfte kommen billliger als in so
„teuren“ Gesellschaften wie Deutschland selbst herangebildete und
ausgebildete Arbeitskräfte.Dem Ideal der Multikulti-Gesellschaft
entspricht also der Wille des Verschwindens der bürgerlichen Familie
in den hoch entwickelten kapitalistischen Ländern, weil sie hier zu
kostspielig sind. Die Bejahung von Homosexehen als Alternative zur
bürgerlichen Ehe ist so auch nicht mehr so befremdlich: das sind
„Ehen“, die weil in der Regel kinderlos bleibend, eben weniger
kosten als bürgerliche Ehen mit Kindern. Sie sollen ähnlich wie die
Ehe menschliche Bedürfnisse, sexuelle und emotionale
„befriedigen“, aber da sie kinderlos bleiben und keinen Partner
so zur Häuslichkeit verführen, statt daß er arbeiten geht, sind
sie eben konstengünstiger als bürgerliche Ehen.
Nur,
solche Prinitivitäten schätzen Gedankenmenschen nicht; sie und auch
ich, wir möchten gerne tiefere und metaphysische Gründe, zumindest
Gründe des Denkens sehen, wo doch nur ökonomisch gerechnet und dem
dann die Ordnung der Familie geopfert wird!
Die
Katholische Sozialmorallehre definierte einst als gerechten Lohn ,
den der es dem Familienvater ermöglicht, seine Familie zu ernähren.
Das ist die klassische Soziallehre der Kirche, damit die bürgerliche
Ehe gelebt werden kann. Wenn man dieses Standbein der Soziallehre der
Kirche als nicht mehr zeitgemäß ablehnt, darf man sich nicht
wundern, wenn auch die Lehre von der Ehe und Familie sich auflöst,
weil sie in ihrer klassischen Form immer weniger lebbar wird ob des
Willens der Wirtschaft nach möglichst billigen Arbeitskräften!
1Von
Gersdorff, Matthias, Familie: Ein Wertbegriff-auch für die Politik,
in: derselbe, Ehe und Familie im Sperrfeuer revolutionärer
Angriffe,2014,S.36f.
2GegenStandpunkt,
(einst Marxistische Gruppe), Der autoritäre Charakter. Aufklärung
über die Gründe des Mitmachens“, im Internet abrufbar-Ehre, dem
Ehre gebührt: unter den „Linken“ die intelligentesten Denker!
3Von
Gersdorff, a.a.O., S. 35f.
4Von
Gersdorff, a.a.,O.,S. 35.
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