Fragen
zum Schicksal ungetauft gestorbener Noch-Nichtgeborener
leider
noch keine endgültigen Antworten
Ein
Kind wird abgetrieben-kein Einzelfall in Deutschland und der Welt.
Aber dieser Fall wirft theologische Fragen auf, die meinem
Kenntnisstand nach noch nicht eindeutig bis ins letzte Detail geklärt
sind. Den Ausgangspunkt bildet die Lehre von der Heilsnotwendigkeit
der Taufe. Niemand kann in das ewige Leben eingehen, wenn er nicht
getauft ist. Nun kann aber die Bluttaufe, das ist der Märtyrertod
oder die Begierdetaufe die Taufe ersetzen. Der Ursprung der
Vorstellung von der Begierdetaufe war wohl, daß Christen, sich auf
den Empfang des Sakramentes vorbereiteten und dann starben, bevor sie
das Sakrament empfingen. Hier wurde nun der Wille, das Sakrament zu
empfangen schon als Empfang gewertet, weil der Nichtempfang
unverschuldet war. Daraus leitete sich die weitergehende Vorstellung
ab, daß Menschen, die das Sakrament unverschuldet nicht empfangen
konnten, etwa der Philosoph Platon, weil es zu seiner Zeit das
Taufsakrament der Kirche noch gar nicht gab, so angesehen werden, als
ob sie es empfangen hätten, wenn man annimmt, daß wenn sie es
hätten empfangen können und es auch gekannt hätten, sie das
Sakrament auch empfangen hätten wollen-nach dem Motto: ein Denker,
der so weise über Gott dachte wie Platon und ein Leben gemäß dem
Grade seiner (natürlichen) Gotteserkenntnis führte, der hätte,
wenn zu seiner Zeit es das Taufsakrament schon gegeben hätte, es
auch empfangen.
Also
gibt es als Ersatz für die fehlende Taufgnade die Bluttaufe und die
Begieretaufe.
Was
ist nun aber mit Menschen, die ungeboren abgetrieben werden? Die
Bluttaufe als auch die Begierdetaufe können für sie nicht in Frage
kommen? Dann bliebe für sie nur der Ort des Limbus, das meint einen
Ort, der nicht identisch ist mit dem Himmel und auch nicht mit der
Hölle und der auch kein Zwischenstadion sein soll wie das Fegefeuer.
Es ist der Ort der Ausschließung vom ewigen Heil, aber auch der
Ort, an dem die Dortigen außer dem Ausgeschlossensein vom Reich
Gottes kein Strafleiden erdulden müssen wie im Fegefeuer und in der
Hölle.
Die
Lehre vom Limbus kannte noch nicht das Problem des millionenfachen
Kindermordes, der Abtreibung und der Frage des Schicksales dieser
ermordeten Kinder. Sie werden so gesehen durch ihre Abtreibung ja
nicht nur des endlichen Lebens beraubt, sie werden getötet,bevor sie
je das Licht der Welt sahen, sondern auch des ewigen Lebens in der
Gemeinschaft mit Gott. So ist jede Tötung ungeborenen Lebens immer
auch ein Seelenmord. Aber das Bedrückende dabei: daß diese Kinder
völlig chancenlos sind. Nach der Lehre der Kirche, seit dem
2.Vaticanum wird-wohl übertrieben darauf verwiesen, daß jeder
Mensch, wenn er nur gemäß seinem Gewissen lebe, und das könnte
auch für einen Atheisten gelten, ins ewige Leben eingehen können.
Nur die getöteten Kinder wären so ausgeschlossen vom Heil.
Man
kann nicht umhin, daß diese Vorstellung schwer vereinbar ist mit der
Lehre von Gottes Gerechtigkeit. Im Geiste des Erasmus von Rotterdamm
wäre zu fragen, ob das nicht so wäre, als erklärte die Kirche
Blinde dafür schuldig, daß sie nicht sehen können, was sie sehen
sollen.
Die
Urkirche stand schon einmal vor einem ähnlichen Problem. Seit dem
Jesus die Taufe als heilsnotwendig erklärte in seinem Nachtgespräch
mit Nikodemus, galt: ohne Taufe kein Heil. Nun wurden Heiden
Christen-und sie frugen nach dem Heil ihrer Eltern, die schon
verstorbenen oder sonstiger lieben schon verstorbenen Verwandten und
Freunde! In den Anfängen der Germanenmission soll das auch ein
gravierendes Problem gewesen sein. Da wollte sich der
Germanenhäuptling schon bekehren und sich und die Seinen taufen
lassen, da hatte er noch eine letzte Frage an den Missioinar: Und was
ist mit meinen Vorfahren, meinem Vater und meiner Mutter? Da
antwortete der Missionar: ohne Taufe kein Heil. Da rief dann so
mancher aus: „Lieber mit meinen Vorfahren in der Hölle als ohne
sie im Himmel“-und die Taufe fand nicht statt! Die urchristliche
Kirche fand im Sakrament der Taufe für dies Problem die Antwort.
Paulus berichtet uns davon im 1.Korintherbrief: „Was soll es sonst,
daß sich einige für die Toten taufen lassen?“ (15,29) Die dieser
Taufpraxis zu Grunde liegende Tauflehre besagte, daß man sich
zugunsten von Verstorbenen, einen oder mehrere ist stittig, taufen
lassen konnte. Diese Taufe kam dem Verstorbenen so zu gute, daß er
von Gott wie ein Getaufter angesehen wurde, Er ging also ins ewige
Leben ein. Diese Taufpraxis ist dann später von der Kirche verboten
worden. Sie wäre weiterhin gültig, wenn man sie so praktizierte,
aber unerlaubt. Man könnte jetzt meinen, daß die Messe für
Verstorbene diese urchristliche Praxis ersetzt habe. Aber es stellt
sich die Frage, ob eine für einen Verstorbenen gelesene Messe
wirklich das Taufsakrament ersetzen kann. Und dafür findet sich
leider bis jetzt keine eindeutige Antwort. Man könnte urteilen, daß
nur die Bluttaufe und die Begierdetaufe die Taufe ersetzen könnten,
aber die Ausschließlichkeit ist gerade nicht die Intention dieser
Lehre von den Ersatztaufen: sie will gegen einen unchristlichen
Rigorismus sagen, daß es auch noch andere Möglichkeiten
gibt,nämlich diese zwei.
Nun
ist gewiß die Wirkkraft eines Gebetes und auch eines für einen
Verstorbenen aufgeopferten Rosenkranzes geringer als die einer für
ihn applizierten Messe, aber die Kraft des Rosenkranzgebetes darf nun
auf keinen Fall gering geschätzt werden.
Luther,
leider kein zuverlässiger Theologe, riet, wohl mehr als Seelsorger
denn als Dogmatikkenner, daß die Eltern für ihr ungetauft
verstorbenes Kind kräftig und vertrauensvoll beten sollten, dann
werde Gott sie erhören und ihr Kind retten. Aber ist das auch
wahr-oder nur eine Vertröstung für die um ihr Kind trauernden
Eltern.
In
der Praxis der Kirche kennen wir so nur die Taufe zugunsten der
ungetauft Verstorbenen, von der es sicher ist, daß sie den
Ungetauften zu Gute kam. Warum wurde sie dann von der Kirche
verboten? Man halte sich dies vor Augen; noch zu den Zeiten des hl.
Augustin war die Spättaufe die Regeltaufe. Man vertraute darauf, daß
das Sakrament der Taufe alle Sünden abwusch, sodaß man getauft in
den Himmel eingehen werde-es sei denn, daß man nach dem Empfang der
Taufe schwer sündigte. Wie werde ich meine Sünden wieder los, wenn
ich schon getauft worden bin und es für mich keine zweite Taufe
geben konnte. Die pragmatische Lösung: man verzögerte die Taufe
bis kurz vor dem Sterben, in der Hoffnung, dann die Restlebenenszeit
ohne zu sündigen zu überstehen, um ins ewige Leben so eingehen zu
können. Könnte man nun, wenn man verstorben ist, sich taufen lassen
durch liebe Freunde und Verwandte, wer würde dann sich noch vor dem
Tode taufen lassen? Denn die Taufgnade ist zwar prinzipiell
unverlierbar (so die Lehre der Kirche), aber ich kann sie durch mein
Sündigen so kontaminieren, daß ich trotz meines Getauftseins nicht
ins ewige Leben eingehen kann. Verpflichtete die Taufe den Getauften
zu einem christlichen Leben, damit er so ins ewige Leben eingehe,
hätte die Verschiebung der Taufe auf nach den Tod den „Vorteil“,
daß man weiter wie ein „alter Heide“ leben könnte bis zum
Tode, vertrauend darauf, daß die Taufe nach dem Tode dann vollkommen
reinwäscht von allen Sünden des prämortalen Lebens. Es gab also
gute seelsorgerliche Gründe, diese urchristliche Taufpraxis später
zu verbieten.Aber man darf sie nicht als ungültig bewerten, denn
dann hätte sie die Alte Kirche nie praktiziert und Paulus sie
gutgeheißen sondern den Korinthern gesagt:“So nicht!“
Aber
denken wir nicht zu gering von der Wirkkraft der hl. Messe, wenn wir
ihr nicht zutrauen, ungetauft gestorbenen Kindern zugute kommen zu
können? Das ist für mich das größte Bedenken gegen die These, daß
ausschließlich die Bluttaufe und die Begierdetaufe die Taufe
vollwertig ersetzen können.
Halten
wir uns doch den hl. Text vor Augen, der uns die Praxis der Messe
zugunsten von Verstorbenen vor Augen hält. Selbst in der
lutherischen Bibel, (1984) lesen wir als Überschrift: „Sühnopfer
für Gefallene, die Schuld auf sich geladen hatten“ und das, obwohl
doch Luther aufs ernergischste lehrte, daß es nur ein Sühnopfer,
das Jesu Christi am Kreuze gebe und alles andere keine sind. Der Text
steht im 2.Makkabäer 12, 39-46: es ist kein Zufall, daß Luther mit
den beiden Makkabäerbüchern auch gerade diesen Belegtext für die
Praxis des kirchlichen Sühnopfers zugunsten von Verstorbenen aus der
Bibel entfernte, indem er sie als „apokryph“ diffamierte. Was war
der Fall? Krieg war-eine Schlacht galt es zu schlagen. Einige
Soldaten hängten sich nun Amulette um, heidnische, mit dem
Gottglauben unvereinbare. Diese heidnischen Amulette, die die
Soldaten vor dem Tode in der Schlacht bewahren sollten, brachten
ihnen nun aber den Tod in der Schlacht. Gott tötete sie in der
Schlacht, weil sie so vom Glauben abgefallen waren. Die Kameraden
bekannten: Gott ist ein gerechter Gott, darum strafte er sie so.
Aber
sie dachten nun auf die große Hoffnung Israels, an die Verheißung
der Auferstehung von den Toten. Eines war ihnen klar: ihre gefallenen
Kamerden werden am Tage des Endgerichtes nicht ins ewige Leben
eingehen-weil sie so schlimm gesündigt hatten. Gott hatte die Sünder
ja mit dem Tode bestraft-also kann das keine läßliche Sünde sein!
Was
nun? Sie sammelten Geld, brachten es zum Jerusalemer Tempel, damit
dort die Priester für die Gefallenen ein Sühnopfer darbringen. Das
war das erste Sühnopfer, von dem die Bibel uns erzählt, dargebracht
für Verstorbene, damit auch sie, obgleich sie schwer gesündigt
hatten, ins ewige Leben eingehen können. Gottes Gnadenordnung wird
hier narrativ expliziert: selbst für den schwersten Sünder, der
sein Leben einem Götzenbild anvertraute, statt auf Gott zu
vertrauen, gibt es eine berechtigte Hoffnung, wenn Priester für ihn
ein Sühnopfer darbringen-und das ist das kirchliche Meßopfer für
die Verstorbenen. (Wie sich dies kirchliche Meßopfer, das des alten
und des neuen Bundes zu dem Kreuzaltaropfer verhält, vgl dazu meine
Artikel dazu zu diesem Thema)
Wenn
das Opfer der jerualemischen Priester eine Entsühnung für so
schwere Sünder erwirken konnte, wie sollte dann das kirchliche
Meßopfer nicht auch für ungetauft Verstorbene und gerade für die
abgetriebenen Kinder Eintsühnung schaffen, sodaß auch sie ins Reich
Gottes eingehen können? Denn die Wirkkraft des Opfers der Makkabäer
wie das des kirchlichen Meßopfers ist ja immer nur die eine, das
Opfer Jesu Christi selbst.
Aber
so wird es nicht offiziell von der Kirche gelehrt-das Gegenteil aber
auch nicht,
Und
wie steht es mit der Wirkkraft des Rosenkranzgebetes für die
ungetauft Vertorbenen, die ermordeten Kinder? Die Antwort steht und
fällt mit der Frage, ob Blutttaufe und die Begierdetaufe
ausschließlich gemeint sind: nur die, oder ob sie zwei Ersatze
benennt, ohne weitere Möglichkeiten ausschließen zu wollen! Eine
offene Frage.
Aber
eines muß uns Christen beunruhigen: die vielen, vielen Kinder, die,
bevor sie zur Welt kommen, umgebracht werden und die so ungetauft vom
Reich Gottes ewig ausgeschlossen sind-wenn die Kirche nicht Wege
findet, auch für sie das Heil zu erbeten durch Opfer oder durch
Beten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen