Der
Papst und sein Dissident
Papst
Franziskus hat nun seinen bekanntesten Dissidenten und Kritiker in
die Wüste geschickt. Kardinal Burke, auf der Synode kämpfte er noch
für die traditionelle Lehre der Kirche, wohl zu erfolgreich, sodaß
die nötigen Mehrheiten für eine „Modernisierung“ der Kirche bei
den Abstimmungen sich nicht einstellten. Es scheint so, als wenn der
Papst erst Kardinal Kasper und dann die deutsch-österreichischen
Synodalen in die Arena schickte, um nun die pastorale Praxis
bezüglich des Themenkomplexes der Ehe, der Homosexualität und der
Zulassung von „Geschieden-Wiederverheirateten“ zu reformieren.
Eigentümlich: daß es um die Familie im Kontext der „Evangelisation“
gehen sollte, blieb in der medialen Darstellung und den Debatten um
diese Synode völlig unter. Kein Zufall: wenn Evangelisation die
„Verkirchlichung“ der Welt meint, so meinen die „Modernisierer“,
daß eine weitere Einpassung zumindest der pastoralen Praxis an die
Welt das Gebot der Stunde sei. Zwei Schritte voran -im Prozeß der
Modernisierung-und dann einen zurück, so könnte das Urteil der
Modernisierer über den Verlauf der Synode zusammengefaßt werden.
Der „Zwischenbericht“ brach sozusagen die Dämme, Schneisen
wurden geschlagen, um gelebte Homosexualität, als auch
„Patchwork-Familien“ kirchlich salonfähig zu machen. Aber der
Widerstand war stärker als erwartet und so revidiert das
Abschlußdokument viele der Erfolge der Reformer.
So
weit, der äußerliche Rahmen. Kardinal Burke war dem hl. Vater nun
schon vor dieser Synode als Kritiker eines modernistischen
Reformprogrammes mißfallen; überall war es zu lesen, daß der Papst
diesen Kritiker in die Wüste schicken würde.Für den weiteren
Verlauf des Diskurses über eine Neuausrichtung der Ehepastoral hat
dies Folgen. Kardinal Burke ist so von den weiteren Bersatungen und
den Abstimmungen ausgeschlossen.Der spontane Eindruck: der Papst
erlitt eine Abstimmungsniederlage und jetzt wird er alle
Reformbremser am liebsten in die Wüste schicken, um dann in einer
ihm willfährigen Synode die Reformen sich absegnen zu lassen.
Daß
Papst Franziskus ein Freund des offenherzigen Dialoges, der
freimütigen Aussprache ist, das galt und gilt eben nicht gegenüber
conservativen oder gar tradionalistischen Katholiken. Es sei an die
Amtsenthebung des Opus die Bischofs erinnert. Für den Versuch einer
Reintegration des Piusbruderschaft läßt das nichts Gutes erahnen.
Aber
lassen wir nun die Details auf sich beruhen.Wenden wir uns der
gewichtigen Frage zu: was haben wir von diesem Papst in Kenntnis
dieses Ereignisses der Mundtotmachung seines profiliertesten
Kritikers zu erwarten oder zu befürchten? Eines ist offenkundig: das
Projekt des Dialoges, der freimütigen Aussprache gilt nicht den
conservativen und gar der Tradition der Kirche sich verpflichtet
Wissenden. Was will der Papst? Diese Frage ist schwer eindeutig zu
beantworten. Es scheinen sich da zwei Linien zu kreuzen: die eine,
die des unbedingt Auffallenwollens. Alles anders machen als alle
päpstlichen Vorgänger, um so als besonderer Papst im Augenblick
gefeiert zu werden und so auch in die Kirchengeschichte einzugehen.
Die andere: die, nach Papst Benedikt, nun als Reformer und
Modernisierer zu wirken. Von dem „Einfall“, einer
Gläubigenbefragung bis hin zur Beseitigung des Reformkritikers
scheint dies ein Programm zu sein, das nun konsequent durchgeführt
wird: die Kirche der Welt anzupassen. Gab der hl. Vater Benedikt die
Maxime der „Entweltlichung“ der Kirche aus, so konterkariert
Papst Franziskus dies mit seinem Programm der Weltanpassung der
Kirche. Ja, „Wir sind Kirche“ könnte sich in Bälde arbeitslos
melden, wenn diese Reformstrategie weitergefahren wird. (Das könnte
einer der Gründe für die Radikalisierung dieser Bewegung sein,
indem sie nun nicht nur theoretisch sondern auch praktisch die
gänzliche Abschaffung des Priestertumes fordert, indem sie
Laien-nach ihrer Meinung-gültig Eucharistie feiern läßt. Die
Kirche bräuchte keine Priester, jeder Laie könne gültig die
Eucharistie zelebrieren )
Aber
erstmal geht es scheinbar doch nur um Nebenkriegsschauplätze, wenn
man über die Frage streitet, wer zur Eucharistie zulaßbar ist und
wie homosexuelle Partnerschaften praktisch zu beurteilen sind. Dieser
Eindruck täuscht aber. Es geht um etwas Prinzipielles. Es geht um
die Frage, ob die Wahrheit, die Lehre der Kirche das Licht der Welt
ist, sodaß die Welt nach dieser offenbarten Wahrheit zu gestalten
ist oder ob die „Realität“ die Norm ist, der sich die Kirche
anzupassen hat, um realitätskonform zu handeln. Pointierter
ausgedrückt: es ist der Konflikt zwischen Dogmatikern
und
Empirikern. Dem idealistischen Benedikt steht so der realistische
Franziskus gegenüber.Nebenbei: es ist kein Zufall, daß wir überall
in politischen und religiösen Organisationen einen Widerstreit
zwischen „Traditionalisten“ und „Reformern“/Realpolitikern
erleben.Wenn das Projekt der Moderne bestimmt war durch die
Vorstellung, daß die Welt nach dem einen vernünftigen und wahren
Konzept zu gestalten oder gar zu revolutionieren war, man stritt nur
über die Frage, welches Konzept das wahre und vernünftige sei, so
ist die Aufgabe dieser Vorstellung das Besondere der Postmoderne. Es
schafft so Freiraum für das kleine Projekt statt der großen
Weltentwürfe. Es ist aber auch die Resignation angesichts der
Trägheit der Realität, die sich nicht vernünftig umgestalten ließ.
Man
erinnere sich,kurz die Tagespolitik vergessend: da wurde die Kirche,
oder die Gemeinde, die Basisgemeinde isb zum Ort zu lebender Utopien
entfaltet. Das „alternative Leben“ sollte in christlichen
Gemeinden gelebt-erlebbar werden als Kontrast zur schlechten
Wirklichkeit. Der „Exodus“ aus den bestehenden Verhältnissen
feierten Linkskatholiken und Linksprotestanten als christlich-linke
Utopisten. Ja, man fand Freude am Dialog mit dem Marxismus. All das
ist vorbei. Dieser Spuk ist vorbei-und was kommt jetzt. Die Welt ist
in Ordnung, nur die Kirche lebe noch wie ein Mausoleum getrennt von
den Vorzügen der sich humanisierenden Welt. Jetzt wollen unsere
linksliberal sich umgruppiert Habenden nur noch eines: die Kirche
habe sich wie ein modernes Serviceunternehmen den Konsumbedürfnissen
der Weltmenschen anzupassen. Ganz selbstverständlich wird heuer die
Kirche mit einem Unternehmen verglichen, das am Markt
vorbeiproduziere und so ihre Ware, etwa die Sexualmorallehre nicht
mehr an den Mann bringen kann-auch nicht an die Frau. Pointiert
könnte formuliert werden: wenn das Wahre zu einer Ware wird, dann
wird die Verkaufbarkeit zum Kriterium der Wahrheit der Ware. Für
diesen Transformationsprozeß steht der Name Franziskus. Er ist fast
der reine Antitypus zu dem Papst Benedikt, dem die christliche
Religion die wahre Religion ist, gerade weil sie eben nicht nur auf
der göttlichen Offenbarung beruht sondern auch ein Werk des
vernünftigen, des philosophischen Denkens ist- die Synthese von
Jerusalem und Athen! Der Papst Franziskus steht nicht allein in
dieser Anti-Benedikt-Haltung. Lautete nicht ein immer wiederholter
Vorwurf gegen den Papst Benedikt, daß er ein Theologenpapst sei und
allein deshalb schon ein schlechter Papst. Emanzipierte sich die
Kirche ganz von der Theologie und würde sich ganz darauf
konzentrieren, ein Serviceunternehmen für Religion zu sein, die
Kirche würde wieder marktfähig sein.Damit will ich skizzenhaft
andeuten, daß die auch von mir gern benutzte Rede von der
Zeitgeistanpassung der Kirche eine arge Abbreviatur des Problemes
ist. Es fehlt dieser Rede nämlich die Reflexion auf das Warum des
Sichanpassens an den Zeitgeist. Erst eine Reflexion auf das dieser
Pastoralkonzeption zugrunde liegende Kirchenverständnis wird die
Lust auf eine Zeitgeistanpassung als marktwirtschaftliches Konzept
begreifen, das gerade unter den Praktikern der Kirche sehr beliebt
ist: wie komme ich an mit meinem Tun und Unterlassen?
Ich
überspitze diese Problemwahrnehmung jetzt, um das Anliegen
verständlicher zu machen. Als Vergleich soll der Widerstreit
zwischen dem planwirtschaftlichen Modell und dem
marktwirtschaftlichen Modell herangezogen werden.Der
Marktwirtschaftler wirft dem Planwirtschaftler vor, daß dieser
meine, daß objektiv feststellbar sei, was die Menschen brauchen und
auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen sei dann die
Wirtschaft in Gänze zu führen. Von Oben, wo der Plan bestimmt wird
als der vernünftige, nach unten, wo die zu Belehrenden sind, sei
dann die Kommunikation strukturiert. Aber es müsse genau umgekehrt
sein. Man habe auf den Konsumenten (wirtschaftlich, den Bürger
(politisch) und den Gläubigen (religiös) zu hören, damit die
Leitung erfährt, was der Konsument, der Bürger, der Gläubige wolle
und demgemäß sei zu produzieren. Aber erst der Erfolg, wie kommt
das an, zeigt, ob die Ware wahr sei. Nicht die Wissenschaft, etwa die
Theologie habe so den Kurs der Kirche zu bestimmen, sondern das
Wollen und Wünschen der Kirchenvereinsmitglieder! Das, und nicht das
Planwirtschaftsmodell lasse die Kirche zu einer wahren Kirche im
Dienst an den Menschen werden. Mit dem Ende des letzten Großversuches
der Formung der Gesellschaft nach Vernunftprinzipien in der deströsen
Gestaltung des Kommunismus, 1989 endete auch das Vertrauen in alle
Vernunftkonzepte, die die Wirklichkeit gemäß von Ideen gestalten
will. Dieser Umbruch zeigt sich nun exemplarisch in der Differenz von
Papst Benedikt und Papst Franziskus, dem antiidealistischen
Realisten. Und als solcher treibt er auch seine Machtpolitik. Was
haben wir also zu erwarten von diesem Papst? Wohl nur dies: eine
Forcierung des Prozesses der Verweltlichung der Kirche als
Kontrastprogramm zu Benedikts Maxime der Verweltlichung der Kirche.
Und keine Barmherzigkeit für conservative Katholiken-der Papst weiß,
wo seine Feinde stehen-nur das wissen nicht alle zukünftigen Opfer
seiner jesuitischen Machtpol
Gute Einschätzung des gegenwärtigen Realo-Macht-Papstes. - Zu korrigieren: viertletzte Zeile: Sie wollten sagen Benedikts Maxime der E n t weltlichung. ;-) Gruß. Windlicht
AntwortenLöschenEin guter alter Brauch bei Päpsten. Wer nicht für sie ist, ist gegen sie und wird kaltgestellt. Und sei es nur ein kleiner Priester aus der norddeutschen Provinz, wie Drewermann. Oder gar nur eine Frau wie Ranke-Heinemann. Um wie viel gefährlicher für den Papst muss dann ein Mann wie Kardinal Burke sein.
AntwortenLöschenNicht verwunderlich der Rausschmiss.