Ein Klassiker: Zum Kampf gegen die Eucharistie – oder wie schwer ist es, das lutherische Narrativ vom Abendmahl zu verteidigen!
Das lutherisch-reformatorische Narrativ zur Lehre vom Abendmahl ist sattsam bekannt und bräuchte keinen Katholiken zu beunruhigen, gäbe es nicht in der katholischen Theologie die Tendenz zur Verprotestantisierung. Dem liegt die Selbstdeutung des Protestantismus als der der Moderne gemäßen Ausgestaltung der christlichen Religion zugrunde, wohingegen der Katholizismus im mittelalterlichen Denken verhaftet, nie in der Moderne heimisch geworden sei, weil er nicht in sie hineinpasse. Katholisch sein könne man halt nur noch in den tiefsten bayrischen Waldgegenden, die noch nicht an die moderne Zivilisation angeschlossen seien, wie Protestanten sich das zurechtlegen, wenn kein katholisches Ohr mithört. So verwundert es nicht, daß dann im Katholizismus eine Modernistenbewegung entstand, die die Verprotestantisierung der Kirche erstrebte, dessen Neuauflage der Synodale Weg ist.
Nach Luther und die ihm Nachfolgenden hat Jesu Christi Sühnopfertod am Kreuze nicht nur jedes weitere Opfer überflüssig gemacht sondern gar verboten, denn jedes danach dargebrachte Opfer der Kirche könnte ja nur die Mißachtung des Opfers Christi ausdrücken. Deshalb sei das Abendmahl von Jesus selbst nur als ein heiliges Essen konzipiert worden, in dem Jesus uns einen Anteil an seinem Heilswerk gibt, indem er uns sein Fleisch und Blut da zum Essen und Trinken gibt. Deshalb dürfe es in der Kirche kein Opfer und keine Priester geben, sondern nur noch einen Predigtgottesdienst, an dem sich eine Abendmahlsfeier anschließen kann, bei den Lutheranern ein Mal im Monat, bei den Reformierten 3 bis 5 Mal im Jahr,denn das Zentrum des Gottesdienstes sei die Predigt, nicht schon allein das Verlesenwerden von Texten der hl.Schrift.
Den Abfall vom christlichen Glauben markiert also, daß die Abendmahlsfeier ein Opfer genannt wird und daß von Priestern gesprochen wird, die dann noch gar dem eigentlichen heiligen Essen voranstünden als wäre es ein kultisches Opfer.
Rudolf Bultmann diskutiert nun in seiner immer noch sehr lesenswerten „Theologie des Neues Testaments“ in dem Paragraphen 13: „Die Sakramente“1 auch das Abendmahl in genuin lutherischer Tradition, stößt dabei aber auf gravierende Probleme.
So heißt es da: „Im Laufe der Entwicklung ist die Eucharistie als Opfer aufgefaßt worden.“ Hier meint Entwickelung natürlich eine Fehlentwickelung, weg vom Ursprünglichen. Dann heißt es: „Wenn sie freilich Did2 14,1 Opfer3 genannt wird, so ist das noch bildlich gemeint, bzw die Eucharistie wird dadurch nur als kultische Handlung bezeichnet, die in der christlichen Gemeinde an die Stelle eigentlicher Opfer getreten ist.“
Die Eucharistie solle somit nur ein Bild eines Opfers und nicht selbst ein Opfer sein! Daß das Bild eines Apfels nicht selbst ein Apfel sei, stellt ein modernes Bildverständnis dar, das so in der Antike und in der Alten Kirche nicht vorausgesetzt werden darf. Im platonischen Denken partizipiert das Bild am Urbild, das es abbildet, und nur so ist es ein Bild. Wenn gar die Eucharistie eine kultische Handlung sein soll, wie könnte sie das, wenn sie keine Opferhandlung wäre. Die Taufe, das andere kirchliche Sakrament, ist ja selbst keine kultische Handlung sondern befähigt erst zur Teilnahme an einer Kultfeier. Wenn nun dann noch geschrieben wird, daß die Eucharistie an die Stelle der eigentlichen Opfer getreten sei, muß das die Frage aufwerfen: Kann denn etwas das Opfer, das im Tempel dargebracht worden ist, durch eine Kulthandlung substituiert werden, die nicht selbst wiederum ein Opfer ist?
Offensichtlich paßt schon diese erste uns bekannte Kirchenordnung nach dem Neuen Testament nicht in das lutherische Narrativ von dem später erst erfolgtem Abfall von dem ursprünglich opferlosen Kult der Urgemeinde.
Leider muß dieser lutherische Exeget einräumen, daß dann schon Ignatius für die Eucharistie „die Opferterminologie“ benutzte, ja Ignatius spricht gar schon von einem „Altar“, bzw von einem „Altarraum“, in dem die Eucharistie gefeiert wurde. Der 1.Klenensbrief versteht dann die Kultdiener in einer Analogie zu den Priestern des Alten Bundes als Priester.
Den Anfang dieser Fehlentwickelung verortet Bultmann dann aber schon in der ´Absonderung der Eucharistie von einer wirklichen Mahlzeit, wie es Paulus initiiert hätte. Ursprünglich sei nämlich das Herrenmahl eine wirkliche Mahlzeit gewesen, „die zur Sättigung der Teilnehmer diente.“4 Unter Berücksichtigung des zunehmenden Einflusses der hellinistischen Christen stellt Bultmann dann die jeden Lutheraner beängstigende Frage: „ob sich in der christlichen Gemeinde wieder ein Opferkult und ein Priestertum entwickeln werden“?Nur steht dieser Exeget vor dem Problem, daß faktisch schon die Didache die Eucharistie als Opfer verstand und auch wenn es Bultmann nicht zugestehen will, daß in der Antike und somit auch im Urchristentum eine kultische Opferhandlung ohne Priester nicht denkbar war. Es ist so auch nicht überraschend, daß die Aussage des Hebräerbriefes 13,10: „Wir haben einen Altar, von dem die nicht essen dürfen“, nicht in der „Theologie des Neuen Testaments zitiert wird, da das Vorhandensein eines Altares für die Eucharistiefeier nun überhaupt nicht in das lutherische Narrativ paßt. Ein Altar, auf dem nicht geopfert wird, ist kein Altar!
Mt 5,23f: „Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, so laß deine Gabe dort vor dem Altar liegen, geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder,dann komm und opfere deine Gabe.“ bringt nun das lutherische Narrativ in arge Bedrängnis: Wie kann der, der jeden Opferkult zu überwinden kam durch sein allein genügsames Sühnopfer am Kreuze hier die Christen belehren, wie sie zu opfern haben. Bultmann schreibt dazu nur, daß hier „die Beteiligung am Tempelkult als selbstverständlicher Brauch vorausgesetzt“5 wird, ohne zu klären, wie das in der Urgemeinde möglich gewesen sein soll, galt in ihr doch das Ende jedes Opferkultes, wie es Luther uns lehrt. Der Exeget muß gar konstatieren, daß die Urgemeinde „am Tempel und seinem Kult“ festhält.6 Also hat das Urchristentum von Anfang an die Bedeutung des Kreuztodes Jesu Christi mißverstanden, denn sonst hätten sie sich nicht an dem jerusalemer Tempelkult beteiligen dürfen.
Ob allerdings hier wirklich der Opferkult des jerusalemischen Tempels gemeint sein kann, ist fraglich, denn als Mt sein Evangelium schrieb, war der Tempel schon zerstört, sodaß auch ein Christ da nicht mehr opfern konnte, also diese Aussage für den Evangelisten und seine Leser völlig sinnlos sein müßte, wenn es in der Urgemeinde nicht schon eine Möglichkeit des kultischen Opferns gegeben hätte, auf die dann diese Aussage zu beziehen wäre, daß also die Christen ihre Opfergabe zur Eucharistiefeier brachten, daß Brot und Wein dafür vorhanden waren.
Liebe Leser, wir müssen ungeschminkt nun den Tatsachen ins Auge sehen: Erst Luther und vor ihm keiner hat begriffen, daß Jesus den Opferkult abschaffen wollte und nach ihm dann die Aufklärung, etwa Kant!
1Auf die Angabe von Seitenzahlen verzichte ich, da dieses Werk so vielfältig publiziert worden ist.
2Did= Didache, die älteste uns bekannte nachneutestamentliche Kirchenordnung, deren Datierung umstritten ist.
3Im Text: griechisch.
4Alle Zitate aus Paragraph 13.
5Paragraph 2 : Die Auslegung der Forderung Gottes.
6Paragraph 8: Ansätze zur Ausbildung kirchlicher Formen.
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