Dienstag, 24. Juni 2025

Zu den aktuellen Kriegen: Der Krieg und die Politik – oder über eine fast vergessende Lehre zur Reduzierung des politischen Mittels des Krieges

 

Zu den aktuellen Kriegen: Der Krieg und die Politik – oder über eine fast vergessende Lehre zur Reduzierung des politischen Mittels des Krieges



Die Katholische Kirche zeichnet(e) sich dadurch aus, daß sie allen Utopismen gegenüber stets skeptisch gegenübersteht, scheitern doch alle Realisierungsversuche an zwei bitteren Wahrheiten, daß es den Teufel nicht nur nicht gibt, sondern daß er auch kräftig mitregiert in der Welt und das wohl nicht primär im Bereich der Sexualität, wie manche zur Prüderie Neigende meinen und daß des Menschen Herz von Natur aus, seit dem Sündenfall zum Bösen geneigt ist. Daß die Politik einmal gänzlich auf das Mittel des Krieges verzichten würde, ist somit nichts anderes als ein frommer Wunsch, der unwahrscheinlicher in Erfüllung geht als sechs Richtige im Lotto.

Eine der Aufgaben der Theologie als auch der Philosophie besteht also darin, die Anwendung des politischen Mittels des Krieges zu reduzieren, indem zwischen gerechten und ungerechten Kriegen distinguiert wird: Wann unter welchen Conditionen es einem Staat erlaubt sei, einen Krieg zu führen und wann nicht. Dabei präsumiert die Theologie wie auch die Philosophie, daß der Staat als Gewaltstaat prinzipiell das Recht zur Gewaltandrohung und Gewaltanwendung besitzt. Die Theologie lehrt, daß Gott durch zwei Schwerter die Welt mittelbar regiert, durch das geistliche Schwert der Kirche und durch das weltliche des Staates. Die Kirche steht aber auch unter dem Anspruch Gottes, dem Staat sein Recht zu lehren, aber auch ihm zu sagen, wo er sein Recht mißbraucht.

Nun erleben und erleiden wir aktuell eine fast schon als Veralltäglichmachung zu charakterisierende Anwendung des politischen Mittels des Krieges. Auf den terroristischen Angriff auf Israel reagierte der jüdische Staat mit seinem Krieg gegen Palästina und gegen deren religiös-politischen Führung. Dieser Verteidigungskrieg als die Reaktion auf den terroristischen Angriff ist nach der Lehre vom gerechten Krieg angemessen, denn wie jede Privatperson, so hat auch jeder Staat das Recht, sich gegen Angriffe zu verteidigen, auch gewaltsam. Aber doch evoziert die jetzige Weise der Kriegsführung Israels gegen die Palästinenser Bedenken, ob hier noch das Gebot der Verhältnismäßigkeit bewahrt wird. Auch wenn die Rede von einem jüdischen Völkermord an den Palästinensern als eine rhetorische Übertreibung angesehen werden muß.kann man nicht umhin, daß die palästinensische Zivilbevölkerung schwerpunktmäßig bekriegt wird und nicht die Soldaten, die islamistischen Kämpfer.Zu einem gerechten Krieg gehört aber die Unterscheidung von dem feindlichen Militär, das zu bekämpfen ist und der Zivilbevölkerung.1

Nun griff zuerst Israel und nun auch die USA den Iran an, um seine Atomanlagen zu zerstören. Es wird aber in den Medien auch gesagt, daß das Ziel ein Umsturz im Iran sei, daß die jetzige Regierung durch eine prowestliche substituiert werden solle. Es muß aber konstatiert werden, daß es keinen Beweis dafür gibt, daß der Iran im Besitz von Atombomben ist, noch dafür, daß er dabei sei, die zu entwickeln. Überhaupt liegt kein Beweis dafür vor, daß der Iran, wenn er denn Atombomben besäße,sie gegen Israel einsetzen wolle, zumal ja Israel selbst im Besitz von Atombomben sich befindet und somit mit einem atomaren Gegenschlag reagieren könnte. Ein Präventivkrieg setzt eine reale Bedrohung durch den dann Angegriffenden voraus. Zur Veranschaulichung: Wenn ein Mann mit einem gezucktem Messer vor einer Frau steht und ihr droht, sie zu vergewaltigen, dann darf sie etwa ihn mit Pfefferspräy attackieren, sodaß er seinen Eingriff einstellen muß. Aber jetzt ging vom Iran gegen Israel gar keine reale Bedrohung aus. Zudem war Israel nun schon so erfolgreich gegen die Aggressoren in Palästina, daß auch hier nicht mehr von einer akuten Bedrohung gesprochen werden kann. Auch gibt es keinen Beweis dafür, daß der Iran den Terrorangriff militärisch unterstützt hätte.

Nach der Lehre vom gerechten Kriege kann man so weder den Angriff Israels noch den der USA gegen den Iran als einen gerechten Krieg beurteilen. Das Kriegsziel, eine einem nicht genehme Regierung zu stürzen, ist auf jeden Fall ein illegitimes. Würde man das aber als ein legitimes ansehen, dürfte ja jeder islamische Staat demokratisch regierte Staaten bekriegen, da diese Staaten aus islamischer Sicht irreguläre Staaten sind.

Die israelisch- amerikanische Kriegsführung hat faktisch sehr viel mehr mit der Praxis der Lynchjustiz als mit der Praxis der Führung eines gerechten Krieges gemein. Man weiß einfach, wer der Böse, der Feind ist und der ist als solcher rechtlos.

Ein politischer Utopismus wollte rigoristisch das Mittel des Krieges aus der Welt der Politik exkommunizieren, jetzt stürzen wir in Deutschland in das andere Extrem, daß der Krieg zu dem Vorzugsmedium des Krieges avanciert ist. Die einstig pazifistisch gestimmten „Grünen“ agieren jetzt als vehementeste Propagndisten des Endes der Diplomatie und des Vorranges des Krieges als die Mittel der Politik. Wer in Deutschland für eine diplomatische Lösung des Ukrainekrieges plädiert, wie jüngst einige SPD-Politiker in einem Friedensmanifest es taten, werden als Putinversteher diffamiert, da man allein auf das Schlachtfeld setzt, daß die Ukraine mittels unserer Waffen den Krieg gegen Rußland gewinnen wird. Aber die Lehre vom gerechten Krieg verlangt den Primat diplomatischer Lösungen, daß nicht zuvörderst auf das Mittel des Krieges gesetzt wird.

Aber von einem anderen Narrativ muß nun endgültig Abschied genommen werden, von der Vorstellung, daß demokratisch regierte Staaten nur in extremen Ausnahmen zum Mittel des Krieges greifen würden, da in ihnen das Volk so viel Einfluß auf die Regierungspolitik hätte, daß Kriege nur sehr selten führbar sind, wohingegen Diktaturen häufig Kriege führten, da die keine Rücksicht auf ihr Volk nehmen müßten. Seit 1945 sind aber die meisten Kriege von demokratischen Staaten geführt worden, von China keiner und auch nicht vom Iran und selbst Rußland hat weniger geführt2! Ein Präsident kann eben im Wahlkampf versprechen, er würde keine Kriege anfangen, aber kaum gewählt, das als sein Geschwätz von Gestern abtuen, wie es jetzt ganz demokratisch der Präsident Trump praktiziert.

Aber theologisch muß auch an der Zwei-Schwerter Lehre der Kirche festgehalten werden, daß der Staat das Schwert von Gott selbst verliehen bekommt, um damit die Welt zu regieren! Der Staat ist und soll Gewaltstaat sein! 

Zusatz: 

In der "Jungen Freiheit" ist am 24.6.2025 zu lesen:

"Bekommt der Iran einen neuen Schah Pahlavi?

Während die Luftschläge von Israelis und US-Amerikanern gegen den Iran anhalten, wird bereits über eine neue Regierung des Landes spekuliert."  Es muß befremden, mit welcher Selbstverständlichkeit hier den USA das Recht zugebilligt wird, im Iran eine Regierung nach ihrem Geschmack einzusetzen und das dann noch als das legitime Ziel der amerikanischen Kriegspolitik zu verkaufen. Ein "neuer Schah" würde wohl dann an die proamerikanische Politik des vom iranischen Volk gestürzten Schahs anknüpfen. In Afghanistan ist diese Installation einer proamerilanischen Rehierung aber kläglich gescheitert, auch wenn sich da wie wohl auch im Iran Kollaboteure finden ließen.

 





1Dieser Unterscheidung berücksichtigte die Bombenkriegsführung Englands und Amerikas gegen Deutschland im 2.Weltkriege schon nicht mehr, aber als Sieger des Krieges wurden die dafür Verantwortlichen nie zur Rechenschaft gezogen.

2Die westliche Behauptung, die Sowjetunion sei völkerrechtswidrig in Afghanistan einmarscht, ist eine Falschbewertung, da „vergessen“ wird, daß die Regierung Afghanistans Rußland um eine Miltärhilfe wider die damals vorrückenden islamistischen Kämpfer erbetten hatte. Es bleibt so nur der jetzige Ukrainekrieg und auch diese Causa ist nicht so eindeutig, wie die westlichen Medien das darstellen, da der Krieg der Ukraine gegen die sich unabhängig erklärten russischen Republiken auf dem Staatsgebiet der Ukraine „vergessen“ wird, daß das Hauptproblem der Ukraine das seiner Multiethnizität ist. Rußland kam den bedrängten Russen in der Ukraine zur Hilfe gegen die antirussische Politik der Ukraine.

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