Montag, 5. Januar 2015

Der Tod der Mission-der Tod der Kirche

Der lang angekündigte Tod der cristlicen Mission

Auf der Spurensuce seines Absterbens-Der Appell von Baden1

In wohl nicht unbeabsichtigter Anspielung zum „Krefelder Appell“, dem Kuliminationspunkt der längst verstorbenen Friedensbewegung, der Kampfansage gegen den sogenannten Natonachrüs-tungsbeschluß kommt jetzt im Jahre 2006 der Appell von Baden und auch ihm geht es um den Weltfrieden, der jetzt gefährdet ist einerseits durch den islamistischen Terrorismus und andrersseits durch das imperialistische Hegemoniestreben Amerikas. Dieses durch ein Vorwort des evangelischen Landesbischofes Dr. Ulrich Fischer präludierte und damit quasi amtliche Schreiben präsentiert nun im Rahmen der Sorge um den Weltfrieden Erwägungen, was der Beitrag des Christentumes, der christlichen Kirchen zur Wahrung des Friedens sein könnte.Unter dem Punkt 9 unter der Überschrift: „Gespräche vor allem mit dem Islam“2 heißt es:daß die Unterschiede, die theologischen zwar anerkannt werden sollen, die zwischen dem Christentum und dem Islam, aber es müsse einen unmißverständlichen Verzicht „auf Alleinvertretungsansprüche und Missionierungsversuche“3 geben als Voraussetzung eine friedlichen und gerechten Miteinanders von Muslimen und Christen! Es wird eine Ökumene der Religionen gefordert in Hinsicht auf die ethische Verantwortung für eine künftige Weltgesellschaft.Diese humane Weltgesellschaft sei das Ziel aller Religionen und um dieser Weltverantwortung willen sei auf alles Missionieren zu verzichten4.
Der Begriff der Mission wird dabei geschickt kontaminiert, indem er in den Vorstellungsraum von extrem fundamentalistischen Gruppen und Bewegungen“ eingezeichnet wird, die nicht mal vor der Möglichkeit „gewaltsamer Durchsetzung je eigener Positionen“ zurückschrecken würden. Von eder Art von Mission müsse so Abschied genommen werden, um des Weltfriedens willen, lautet so die theologische Kernbotschaft dieses protestantischen Appelles.
Daß kein Frieden auf Erden ist, ein Teil dieses Problemes seien die große Religionsgemeinschaften selber. Selbstkritisch heißt es vor der Kritik des Islam und des Judentumes: „Die Christen haben war Zwangschristianisierungen, Kreuzzüge, Hexen- und Ketzerverbrennungen inzwischen überwunden. Aber fundamentalistische Strömungen sind nach wie vor bereit, im Namen Gottes Absolutheits- und Dominanzansprüche zu erheben und Gewaltmethoden dabei nicht auszuschließen.“5Absolute Wahrheitsansprüche6 und Gewaltmethoden verhalten sich in dieser protestantischen Vorstellungswelt wie Ursache zu Wirkung: wo die Wahrheit als offenbarte im Besitz befindliche geglaubt wird, da generieren sich Gewaltmethoden der Missionierung. Missionieren ist schon ein Akt der Gewalt wird man wohl interpretierend diesen Grundgedanken zusammenfassen dürfen.Und, dieser Friedensappell kennt und benennt den Feind des Friedens: da wo Religionen ihre jeweilige eigene Wahrheit verabsolutieren. Neben diesem Feindbild wird in gut protestantischer Manier noch die Kirchenhierachie als zusätzliches Feindbild in einer zustimmenden Leserzuschrift angemahnt: „Der Wettbewerb der Religionen verleitet führende Kirchenvertreter dazu, Differenzen zwischen den Religionen zu betonen und Gemeinsamkeiten zu vernachlässigen.“7 Aus einem bureaukratischen Selbsterhaltungswillen heraus versuchen so Kirchenführungen Differenzen groß zu machen. Missionierende Fundamentalisten und um den Erhalt des Status Quo besorgte Kirchenleitungen verhindern so die längst überfällige Ökumene aller Religionen auf dem Wege zur universal globalisierten Friedensweltgesellschaft.8

So oberflächlich appellativ dieser Appell auch daherkommen mag, so naiv schlicht seine dualistische Weltsicht der Unterscheidung von den Guten und den Bösen auch ist und wie aggressiv auch die Forderung des Ausschließens aller fundamentalistisch- missionarischen Kräfte aus der Weltfrierdensordnung ist so daß der Ausschluß die Gefahr des zu bannenden Krieges reproduziert, so bedenklich ist doch das diese Vorstellungswelt stützenden Paradigma.Und es lohnt sich, dieses Paradigma zu eruieren, denn die Zustimmung dazu beschränkt sich nicht auf den protestantischen Raum! Und es ist ein offenes Geheimnis, daß dieser hier so kraftvoll geforderte Verzicht auf die Mission schon längst die Praxis auch der Katholischen Kirche geworden ist! Es sei nur en passant an das Votum Kardinal Lehmanns erinnert, daß die Kirche auf jede Art von Judenmission zu verzichten habe9.

Um einen ersten Eindruck der Auflösung des Auftrages zur Mission zu bekommen, soll hier nun auf die Katholische Synode zu Würzburg geschaut werden10, auf den Beschluß zur Mission, in dem Grundelemente dieses Neins zur Mission fundierenden Paradigmatas sich manifestieren. Es ist ein wahrlich ökumenisches Paradigma.
Die Perhorreszierung der christlichen Mission
Die Mission sei ein Überrest kolonialen Denkens. Sie wolle nur den Einflußbereich der Kirche erweitern.-Die Mission sei Ausdruck christlicher und westlicher Überheblichkeit. Sie mißachte die religiösen Überzeugungen der Andersgläubigen und die hohen Werte fremder Kulturen. -DieMission sei nur auf Bekehrungen aus. Sie übersehe, daß die Menschen auch in den anderen Religionen Gott begegnen und ihr Heil gewinnen können. -Die Mission lenke von den eigentlichenProblemen der heutigen Welt ab. Sie solle sich lieber darum kümmern, daß die Menschen genug zu essen haben, frei leben können und ihr Recht bekommen.“11 -Dieses Kompendium reinster Antichristlichkeit entstammt nicht einem freimaurerischen Verschwörungstreffen, sondern wird als „Das Unbehagen an der Mission, das viele Christen äußern“ in der Präambel des Beschlusses des gemeinsamen Synode der Bistümer Westdeutschlands angeführt. Das, was viele Christen äußern, ist nun im Zeitgeiste der Demokratisierungsforderung der Kirche ein starkes Argument, denn die Quantität dieser Meinungs-äußerung erhöht sie zur zeitgemäßen Wahrheit.12

Und die weitere Erörterung und Beschlußfassung zum Thema der Mission steht dann ganz im Banne dieser Perhorreszierung und zeigt, wie sehr der Beschluß sich mit diesem Horrorbild kirchlicher Mission identifiziert, um sich dann davon zu distanzieren unter der Maxime einer zeitgemäßen Gestaltung. „In Treue gegen Gottes Wort fragt sie nach dem Sinn und der Gestalt der Mission in der Gegenwart“13. Die Gegenwartsgemäßheit avanciert hier zu dem Kriterium der Sachgemäßheit und das Zeitgemäße koinzidiert unter den Conditonen der Massendemokratie zum Übereinstimmen mit dem, was der Zeitgeist artikuliert in dem, was man so sagt, eruiert aus repräsentativ erhobenen Umfragewerten. Interessant ist, daß die katholische Lehre, das traditionell normativ Vorgegebene reduziert wird auf: „das Wort Gottes“. Diese Punktualisierung ermöglicht im ideengeschichtlichen Horizont der damals aktuellen Wort Gottes Theologie, deren Geburtsort in der sogenannten „dialektischen Theologie“ des Protestantismuses zu verorten ist und die über Karl Barth nach 1945 in der Ökumene reüssierte, sich von der Tradition zu entbinden, um dann das so entkleidete abstrakt gewordene Wort Gottes im Mahlstrom der Zeitge-mäßheit untergehen zu lassen, es vom Geist der Zeit ausfüllen zu lassen.

Um der Ausgewogenheit willen wird in Punkt 0.4.2 der Präambel darauf insistiert, daß die traditionelle Mission auch auf positive Früchte verweisen könnte. „So wurden vielen ein Weg aus Angst, Aberglauben und Magie eröffnet“14 und das wäre die positive Seite der Katholisierung. Das Positive ist also die Aufklärung der Menschen, in der sie ihre angestammte Religion überwinden und nicht die Neubeheimatung in der wahren Religion. Aber der positiv besetzte Alternativbegriff zur Mission ist nicht die Religionskritik als Herausführung aus der Knechtung durch magisch- abergläubische Religionen hin zur westlichen Säkularität sondern der Begriff des Zeugnisses. Um diese Antithetik von Mission und Zeugnis, die hier in diesem Synodenbeschluß präfiguriert wird, zu verstehen, müssen diese beiden auf den ersten Blick nicht oppositionell zueinander stehenden Terme in ihrem jeweiligen kontextuellen Vorstellungsraum begriffen werden.Es wäre ein Trugschluß, zu meinen, daß einfach dem Term unabhängig von dem Vorstellungs-raum, in dem er eingezeichnet ist, eine stetige Gleichbedeutung zukommt, als bedürfte es jetzt nur einer lexikalischen Eruierung: was meint im NT, isb.im Johannesevangelium dieser Begriff, um zu meinen, daß nun diesem einmal so begriffenen Term immer diese Bedeutung innewohnen würde. Die Bedeutung des Termes: Zeuge im Synodenbeschluß dagegen erschließt sich nur aus einer synchronen Lektüre des Textes, in dem er als der Oppositionbsbegriff zum Begriff der traditionell ausgelegten Mission fungiert.

Dem könnte entgegen stehen, daß in der Grundlegung die Überschrift heißt: „Voraussetzung für Mission: Der Glaube. 1.1. Zeugnis von Jesus Christus. Deshalb ist die Ausgangsthese differenzier-ter zu explizieren: Durch die Entgegenstellung von Zeugnis und Mission wird ein neuer Missionsbegriff kreiert, der zum Synonym für das Begriffsfeld des Zeugnis Gebens wird, so daß unter der Fassade des traditionellen Begriffes ein neuer Kerngehalt sich verbirgt. Abgekürzt wird das mit der Formulierung: „Mission heute“, wobei die Heutigung des Verständnisses des Begriffes seine Identifizierung mit einem spezifischen Verständnis von Zeugnis ist. Zur Veranschaulichung der normativen Bedeutung des Verständnisses von „Heute“ für den theologischen Diskurs sei hier en passant verwiesen auf den Lexikonartikel von Bernhard Lang zum Thema: Proohetie: „Dem von der Religionswissenschaft bevorzugten modernen, rationalen Weltbild gibt es Prophetie nicht als übernatürliche Gabe; wie alle sozialen Erscheinungen erfordert auch das Prophetentum eine `immanente`,religions- und kulturgeschichliche Erklärung. `Ekstasen und Visionen gibt es nicht, es sei denn als Naturvorgänge“ erklärte der Bischof von Paris 1277 zur unerlaubten Lehre, „heute ist sie Gemeingut.“15. Um zeitgemäß zu sein müsse so die Theologie den Begriff der Prophetie verheutigen: „Der heutige Prophet wirkt und redet nicht mehr als religiös legitimierter und inspirierter, sondern als sachlich arbeitender, inspierender Intellektueller.“16 Damit ist auch geurteilt, daß die vormoderne Vorstellung des übernatürlich inspirierten Propheten nur eine zeitbedingte Vorstellung und Verzeichnung des damaligen Intellektuellen ist.

Der perhorreszierte Begriff der Mission, oder, was traditionell darunter verstanden und praktiziert worden ist und warum dies Verständnis zu modernisieren ist. Die Grundstruktur der traditionellen Missionspraxis ist gekennzeichnet durch die Opposition von Unheil und Heil und fragt nach dem Wie der Überführung des sich im Unheilszustand Befindenen in den Heilszustand. Adressat ist der Mensch außerhalb der Kirche in einem geographischen Raum außerhalb des Einflußbereiches der alleinig wahren Kirche. Sein Unheil ist sein Sein außerhalb der wahren Kirche und Religion, so daß das Telos der Mission die Eingliederung des Außenstehenden in die Kirche ist, da die Gliedschaft verstanden wird als die notwendige Voraussetzung der Teilhabe am ewigen Heil, des Seelenheiles, wie es traditionell die Missions-sprache formulierte. Klassisch hat der Heidenapostel Paulus dies Missionskonzept theologisch fundiert und exponiert in seinem Römerbrief: der Unheilszustand aller, der Juden wie Heiden und die Rettung aller durch die apostolische Kreuzespredigt und das neue Leben aus dem kirchlich vermittelten Geist Gottes. Römerbrief Kapitel 1,18- 3,19: der Mensch unter dem Zorne Gottes, das ist sein Unheilszustand, 3,19- 5, der Grund des Heiles: das Kreuz Christi und die Aneignung des
Heiles durch den Glauben und die Applikation des Heiles durch das Taufsakrament (Römer 6) und das Kapitel 7 und 8 als das neue Leben im Corpus Christi. Das Augenmerk ist dabei auf die Vermittlungstätigkeit des objektiv im Kreuz geschehenen Heils hin zur subjektiven Aneignung zu richten: erst durch den Dienst der Kirche wird das objektiv Wahre für den Einzelnen zur Wahrheit, insofern er das in Predigt und Sakrament dargereichte Kreuzesheil sich aneignet. Diese Vermittlungstätigkeit ist die Aufgabe der Kirche und dies Tun im noch nicht von der Kirche geprägtem Raume ist das missionarische Tun der Kirche.

Wie nimmt nun der Synodenbeschluß diese kirchliche Praxis wahr?
Die Aufmerksamkeit kapriziert sich ganz auf den Vermittlungsakt zwischen-kommunikationstheo-retisch ausgedrückt: Sender und Empfänger und kritisiert nun das hierachische Gefälle dieser Kommunikation in der Opposition von der wissenden Kirche und dem unwissenden zu Bekehrenden, wobei das Wissen als wahrer und heilsnotwendiger Glaube wahrgenommen wird, der so, um des Heiles aller Willen zu vermitteln ist. Das Ziel ist, daß der zu bekehrende Heil diesen Wissensglauben annimmt, um aus ihm heraus zu leben.

Die Synode nimmt diese kommunikative Struktur wahr und unterzieht sie einer radikalen Kritik. Entfaltet wird diese Kritik als Kritik der Motivation der missionierenden Kirche:Mission sei ein Ausdruck kolonialen Denkens. Nicht ginge es um das Heil der Adressaten der Mission sondern ausschließlich um ein Machtinteresse der Kirche. Der Adressat wird dabei als ein zu Kolonisierender angesehen, also nicht als Dialogpartner wahrgenommen.Dies wird ergänzt durch die Kritik des Zieles der Mission: es sei einseitig auf das Seelenheil ausgerichtet und verkenne so die Ganzheitlichkeit des Menschen. Anders gesagt, die streng eschatologische Ausrichtung, die auf das Seelenheil, die auf das jenseitige Reich Gottes wird in Frage gestellt und als Alternative wird das Ideal der kulturellen und sozialen Entwickelung der Völker propagiert. Indem die Kirche vom Seelenheil rede, verdränge sie die wirklich relevanten Probleme der Menschen, die die ihres irdischen Weltlebens sind. Genug zu haben, Recht zu bekommen, in Freiheit zu leben, das seien die wahren Ziele kirchlichen Dienstes. Diese Aufgabe welttranszendierender Ziele zugunsten des Ideales der Humanisierung der Welt verändert das Christentum zu einem religiösen Humanitarismus, dessen summum bonum die Eudaimonie des Erdenlebens ist.17Ergänzt wird diese Kritik des Zieles der Mission mit der These, daß die christliche Mission die Heilsrelevanz der anderen Religionen nicht wahrnimmt. „Sie übersehe, daß die Menschen auch in den anderen Religionen Gott begegnen und ihr Heil gewinnen können.“18 Geschickt wird das Vertrauen auf den universalen Heilswillen Gottes gegen die Partikularität der Ausbreitung der Kirche ausgespielt, um zu folgern, daß auch außerhalb der christlichen Kirche ob des Heilswillens Gottes überall das Heil für jeden erreichbar sei. Dies sei durch oder in den anderen Religionen möglich. Jede Religion sei so ein Ort möglicher für das Heil notwendiger und hinreichender Gottesbegegnung. Und daraus erübrige sich jede Mission, dessen Ziel das Seelen-heil wäre. Die Mission trüge so nur Eulen nach Athen, vermittelte etwas, was längst schon da wäre: die Möglichkeit des Heiles. M. Quèguiner, der Generalobere der Gesellschaft der Auswärtigen Missionen von Paris urteilte, „dass die sich verbreitende Meinung, dass alle nichtchristlichen Religionen effiziente und hinreichende Wege zum Heil seien und dass die Kirche bloß eine kleine Herde sei und bleiben werde, die Lehre des Evangeliums vernichte und selbst die Grundlagen der Kirche zertrümmere.“19
Anders formuliert: da, wo der paulinisch- missionarische Blick20 den außerhalb des christlichen Glaubens Stehenden im Zustand des Unheiles sieht, im Stande der Erlösungsbedürftigkeit, sieht die „Gemeinsame Synode“ zu Würzburg nur noch Menschen, die schon auf dem Wege zu ihrem Heile sind, anonyme Christen, würde Rahner sagen, die so keiner Mission bedürfen. Die einzige Not dieser Menschen ist so ihre soziale Lage in den unterentwickelten Ländern, so daß jetzt die Aufgabe der Kirche die der sozialen Humanisierung der Welt sei! Pathetisch heißt dies als Verständnis des umfassenden Heiles: das Streben nach „einer Welt, in der die Liebe den Haß,die Freiheit jede Knechtschaft, der Friede den Krieg, die Gerechtigkeit das Unrecht und Brüderlichkeit jede Unterdrückung überwinden.“21 Dieses Utopiebild, ganz im Geiste chiliastischer Tradition ausgemalt soll nun unter der Behauptung seiner Ganzheitlichkeit das Ziel des Seelenheiles verdrängen, indem es einerseits als ein hochwertigeres Ziel behauptet wird und andererseits indem das Seelenheil als sowieso schon gesichertes Ziel thematisiert wird. Um das Seelenheil bräuchte die Kirche nicht sich bemühen, da jeder Heide dies in seiner Religion schon realisieren könne ohne Beihilfe der Kirche.

Das asymetrische Kommunikationsgefälle in der missionarischen Praxis, daß die Kirche das Sakrament des Heiles ist, das das Heil dem außerhalb des Heiles Stehenden vermittelt, soll so genichtet werden zugunsten einer symetrischen Kommunikationsstruktur, in der zwei gleichrangige Dialogpartner, beide auf verschiedenem Wege sich befindend zum selben Heil, sich über ihre Wege austauschen und gemeinsam nach Wegen zur Humanisierung der Welt suchen. Und damit haben wir schon die Grundstruktur der nachkonziliaren Dialogkirche erfaßt.

Die uns nun interessierende Frage ist nicht, wie nun diese Praxis des interreligiösen Dialoges mit dem Ziele der Humanisierung der Welt gestaltet wird, sondern nur die: Was bedeutet darin nun der Begriff des Zeugnisses? Kommunikationstheoretisch formuliert setzt sich jeder kommunikativer Akt aus drei Momenten zusammen: Der Aussage über etwas, dem Sachbezug, dem Appell an den Adressaten und dem Selbstbezug, einer Aussage des Sprechaktes über den Sprecher. In der missionarischen Praxisist die Appellfunktion der Aufruf zur Bekehrung, der Sachgehalt der des wahren Glaubens und die Selbstaussage, daß der Missionar dies auch für sich als Wahrheit bekennt. In der dialogischen Praxis ist das Zeugnisgeben eine Aussage des Dialogpartners über sich selbst: er offenbarte seine innere Einstellung, das was ihm der Grund seines Lebens und Wirkens ist. Diese Selbstaussage appelliert nun an den so angesprochenen Dialogpartner, selbst auch sein Interieur zu offenbaren, das was seine spirituelle Basis ist, um so durch den wechselseitigen Austausch sich besser zu verstehen mit der Abzweckung einer Optimierung des gemeinsamen Wirkens an der Aufgabe der Humanisierung der Welt.

Richard Friedl erfaßt in seinem Lexikonartikel: „Mission und Missionswissenschaft“ diesen Bruch mit der Tradition prägnant, indem er die traditionell christliche Mission bestimmt sieht durch ihren exklusiven Wahrheitsanspruch, dem Ziele der Bekehrung und der Verweigerung der Koexistenz mit den anderen Religionen22, um diesen mit agressiven Konzept von Mission entgegenzusetzen eine politische Verkündigungspraxis, deren Adressat der materiell Arme, der politisch Entrechtete ist, dem die „ankommende Menschenfreundlichkeit Gottes zugesagt“23 wird. Allen gelte Gottes Liebe und das ist der metaphysisch gesprochen letzte Grund dafür, daß jeder Mensch das unverlierbare Recht auf ein menschenwürdiges Dasein besäße und diesem Ziele diene diese Zeugnisrede vom christlich- menschenfreundlichen Gotte. Das irdische Leid in seiner reinen Weltimmanenz ist so das Gebiet, auf dem die christliche Verkündigung ihre Relevanz zu erweisen hat. Das Seelenheil, die Sorge darum kann dann ruhig den anderen Religionen
überlassen werden, denn dazu ist jede hinreichend qualifiziert. Das das Christentum Auszeichnende ist so gesehen sein Impetus zur Weltverbesserung. Die vielzitierte Maxime: „Die Welt gibt die Tagesordnung“24 meint so diese radicale Weltdiesseiigkeit der kirchlichen Verkündigung. Es ist der Tod des Jenseites in zweierlei Hinsicht:
  1. das irdische Weltleben wird als wichtiger als das eschatoligische angesehen und
  2. ist nur das irdische mit seinen Sorgen und Nöten Gegenstand kirchlicher Verkündigungspraxis, da das andere Ziel, das des ewigen Lebens kein Ziel von besorgtem Heile sein kann, da es sozusagen selbstverständlich von jedem erreicht wird.

Das klassische Paradigma der christlichen Missionspraxis, bestehend aus den Elementen des außerhalb des Heiles Stehenden, dem durch die Kirche der einzige Weg zum ewigen Heil vermittelt wird, dem Element der heilsnotwendigen missionarischen Verkündigung mit dem Ziele der Inkorporation in die wahre Kirche wird so abglöst durch ein Paradigma,wo a) gilt: es gibt keinen Menschen außerhalb des Heiles, weil Gottes Heilswille universal ist,und wo b) es nur noch weltimmanente Sorgen und Nöte gibt, die c) durch das diakonische Handeln der Kirche in dialogischer Kooperation mit anderen Religionen zu beheben sei, wobei das Zeugnis Christ nun die Doppelaufgabe erhält, den Grund des Rechtes jedes Menschen auf ein humanes Leben zu benennen und im Dialog die innere Motivation zum diakonischen Handeln offenzulegen. So formuliert es ganz im Geiste dieses Paragimas der Appell von Baden, daß das summum bonum der christlichen Verkündigung die humanisierte Weltgesellschaft sei und daß alle Religionen an diesem Ziele mitarbeiten sollten. Das eigentliche Ziel des Seelenheiles wird dabei dann als Marginalie abgetan, als ein Ziel, das sowieso jeder Mensch erreichen wird, weil Gott die Liebe ist. Ein relevantes Handlungsziel kann nur ein solches Gut sein, von dem ausgesagt werden kann, daß es erreichbar ist, daß es aber nicht selbstverständlich ist,daß es erreicht wird. Erst, wenn der Begriff des Zeugnisses wahrgenommen wird in seiner Einschreibung in dieses posttraditionelle Missionsverständnis mit einem grundlegenden Paradigma der faktischen Option zur Allversöhnung und dem Urteil, daß nur noch die Weltsorgen das Beschäftigungsmaterial der Kirche sein kann, wird er in seiner modernen Bedeutung verstanden und wird die radicale Differenz zur Tradition deutlich. Daß dieses Paradigma faktisch der Tod der Mission ist, ist offenkundig. Was heute noch unter dem Firmenschild der Mission getrieben wird, ist nichts anderes mehr als rein innerweltlich orientierte Diakonie, motiviert aus einem christlichen Glauben in der Bereitschaft, auf eine Anfrage hin, den inneren Grund dieses Tuns zu bezeugen. Und diese hier in wenigen Pinselstrichen dargestellte Paradigma der innereligiösen Dialogkultur scheint zumindest ein in Katholischen wie in Protestantischen Kreisen gleichermaßen lebendiges Konzept zu sein, ja es darf wohl gefragt werden, ob nicht der Glaube an die Allversöhnung selbst der letzte Grund der innerchristlichen wie der innerreligiösen Ökumene ist. Versimplifiziert: Gott ist Liebe, wird so expliziert, daß Gott als
ob seiner Allliebe als letztlich allen Religionen gleichgültig gegenüberstehender Gott zu glauben ist. Papst Pius IX erklärt im Syllabus als Irrlehre: „Die Menschen können im Kult jedweder Religion den Weg zum ewigen Heil finden und das ewige Heil erlangen.“25 Das als unzeitgemäß für die Heutigen zu erklären ist der letzte Grund des Todes der christlichen Mission. „Wenn die Völker im Tiefinneren ihrer Religiösität die zum Heil führende Wahrheit zu eigen haben, wird die Verkündigung dieser Wahrheit durch das Christentum unbegründet und überflüssig.“26

1 Appell von Baden, in: epd Dokumentation 26/2006 Eine Herausforderung und ein Appell aus Baden.Was ist jetzt dringlich. Zur christlichen Weltverantwortung am Anfang des 21. Jahrhundertes.
2 „Appell von Baden“ S.9.
3 „Appell von Baden“ S.9
4 H. Vorgrimmler sagt zum nachkonziliaren Missionsverständnis, dem Sendungsauftrag der Katholischen Kirche: „Die Sendung der Kirche umfaßt auch die `irdische`Verwirklichung des Willens Gottes, den Frieden in
der Menschheit u. die Sorge um die Schöpfung, so daß die primären Aufgaben in der friedensfördernden Begegnung der Religionen zu sehen sind.“ Vorgrimmler: Mission in: Neues Theologisches Wörterbuch 2.Auflage 2000 S.419. Zu beachten ist, daß die primäre Aufgabe der zeitgenössischen Mission der Weltfriede ist und nicht mehr, wie Vorgrimmler es ausdrücklich sagt die Sorge um das Seelenheil der Heiden. Die Motivation zur Mission „wird nicht mehr aus der Sorge um das ewige Heil der Nichtbekehrten genommen.“a.s.O. S.419.
5 „Appell von Baden“ S.6.
6 Zum Verhältnis von dem Verzicht auf den Wahrheitsanspruch der Katholischen Religion und des Willens zum
Dialogisieren vgl: Heinz Lothar Barth, Keine Einheit ohne Wahrheit 1999: „Das Wesen des Ökumenischen
Dialoges“. Die Präsumption des ökumenischen wie des interreligiösen Dialoges ist, „daß noch keine der Par-
teien die Wahrheit im vollen Umfange besitze,“.a.s.O. S.185. Das Offenbarsein der in Jesus Christus offen-
barten Wahrheit wird so negiert und surrogiert durch die Vorstellung einer unendlichen Such- und Annäher-
ungsbewegung an die letztlich nicht erkennbare und begreifbare Wahrheit.
7 „Appell von Baden“ S.19.
8 Vgl dazu: Arnold Gehlen: „Die Religion wurde, vor allem in den letzten Jahrzehnten, immer ausschließlicher
bloß humanitär, und die Säkularisation neuen Stills verläuft heute nicht mehr über die Verführungen der
Weltlichkeit und Macht, sondern über die Moral und das Soziale.“ In: Arnold Gehlen, Moral und Hypermoral
  1. Auflage 1981 S.129. Gehlen spricht von einem Huminaitarismus und meint damit, daß die Kirchen
ihre welttranszendenten Zielvorstellungen (Seelenheil, Reich Gottes) aufgeben zugunsten der Idee der
Weltverbesserung. .
9 Vgl: IK- Nachrichten Pro Sancta Ecclesia 11/2006 S.6.
10 Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland Beschlüsse der Vollversammlung
Offizielle Gesamtausgabe I 2.Auflage 1976. Zukünftig: Beschlüsse.
11 Beschlüsse 0.2 S.821.
12 Die Einleitung, verfaßt von Dr. L. Wiedemann SJ enthüllt den demokratischen Charakter dieser Synode:
weil nur knapp 30 Prozent das Thema der Mission für relevant hielten, 70 Prozent nicht, demonstriere,daß
die traditionelle Form der Mission modernisiert werden müsse, damit sie neu Relevanz gewönne.
13 Gemeinsame Synode 0.4.3. S.823.
14 Beschlüsse 0.4.2 S.822.
15 Bernhard Lang, Prophetie in: Neues Handbuch theologischer Grundbegriffe Bd 3 Neuausgabe 2005 S.417.
16 a.s.O: S.428.
17 Vgl: Americo, Romano, Jota Unum Kritik am sekudären Christentum Kapitel XXXII 2000.
18 Beschluß: Missionarischer Dienst 0.2. In 0.3.3. wird die traditionelle Theologie kritisiert: „Die Theologie
rechnete nicht ernst genug mit der Möglichkeit, daß der allgemeine Heilswille Gottes Menschen auch außer-
halb der sichtbaren Kirche rettet.“
19 zitiert nach: Leo Eldersa: Karl Rahner und die nicht- christlichen Religionen, in: Karl Rahner Kritische
Annäherungen Hrsg. David Berger 2004 S.163. Vgl: Karl Rahner: Das Christentum und die nichtchristlichen
Religionen, in: Schriften zur Theologie 1972.
20 Bernhard Lang entwertet dieses paulinische Missionsverständnis, indem er urteilt: „Die Idee, dass sich ein Mensch ausschließlich der Missionsarbeit unter den Heiden zur Verfügung stellt und, im Wesentlichen für seinen Unterhalt durch Gelegenheitsarbeit selbst sorgend, als Propagandist und Organisator von Ort zu Ort
reist, ist offenbar eine persönliche Erfindung des Paulus.“ Lang, Bernhard: Mission Biblisch in: Neues Handbuch Theologischer Grundbegriffe Neuausgabe 2005 Bd 3 S.71.
21 Beschluß: Missionarischer Dienst 2.1.1 S. 824.
22 Vgl: Friedl, Richard: Mission/ Missionswissenschaft S.119 in: Neues Handbuch theologischer Grundbegriffe Bd 3 Hrsgb: Peter Eicher 1985 S.118- 123.
23 A.s.O. S.121.
24 A. s. O. S.122.
25 DH40 2916.

26 Romano Amerio, Jota Unum 2000 S.553.

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