Wenn
das Wahre zur Ware wird!
Der
Apostelfürst Paulus schreibt uns dazu: „Denn
e+ wird eine Zeit kommen, in der man die gesunde Lehre nict erträgt,
sondern sic nac eigenen Wünscen immer neue Lehrer suct, die den
Ohren scmeiceln; und man wird der Wahrheit nict mehr Gehör scenken,
sondern sic Fabeleien zuwenden.“ (2.
Timotheus, 4,3f).Der Philosoph Sloterdijk könnte uns diese Zeit, was
damit gemeint ist, näher bringen durch eine kleine, aber sehr
tiefsinnige Anmerkung: „[...]daß Religionen wie Theorien und
Kunstwerke im Lauf des 20.Jahrhunderts Handelsgüter und
Dienstleistungen geworden sind und sich als solche auf allgemeine
Marktbedingungen einlassen müssen. Man muß Theologien mit
Verlagsprogrammen vergleichen.“1Der
Fundamentaltheologe Magnus Striet sagt etwa in seinem Vortrag: „Den
Glauben erneuern“: „Überhaupt gelte es dringend, mit „dem
verkrusteten Erscheinungsbild von Kirche aufzuräumen“. Da dürfe
man auch mit Traditionen-wie zum Beispiel Zölibat, kirchliche Ämter
für Frauen-mutig umgehen.“ Und: „So sollte es beispielweise
heute eigentlich selbstverständlich sein, dass auch
wiederverheiratete Geschiedene die Euvcharistie empfangen können.“2
Selbstverständlich sind diese Aussagen mit der „gesunden Lehre“
der Kirche unvereinbar. Die Kirche verfügt über ein komplexes
Regelwerk, das sagt, welche Bedingungen eine Aussage zu erfüllen
hat, damit sie als wahr gelten kann. Die Kernpunkte sind: die
Schriftgemäßheit, die Übereinstimmung mit der Tradition und dem
Lehramt und selbstverständlich, daß eine Aussage nicht den anderen
Aussagen der kirchlichen Lehre widersprechen darf.
Wenn
man nun wie dieser Fundamentaltheologe statt der gesunden Lehre den
Ohren Schmeichelndes als Wahrheit lehren will, muß man also die
Theologie selbst revolutionieren! Die traditionellen Bedingungen
dafür, daß eine Aussage als wahr gilt, muß als nichtig erklärt
werden. Striet geht hier radical vor: „Das, was wir Gott und
Religion nennen, ist ein Menschenwerk. Der erhoffte Gott ist eine
Projektion des Menschen“ verkündete er in diesem Gemeindevortrag!3
„Die Kirche ist ein weltlich Ding“, setzt er noch drauf, hier
Luthers Desavouierung der Ehe auf die Kirche übertragend. Wenn die
Kirche und ihre gesunde Lehre nur ein menschlich-allzumenschliches
Produkt ist, dann kann es auch von den Menschen geändert werden! Und
das Produkt Kirche mitsamt ihrer gesunden Lehre kommt eben heuer bei
den potentiellen Konsumenten nicht mehr gut an; es ist nicht mehr
verkaufbar! Darum muß die verkrustete Kirche modernisiert werden,
also dem Konsumentengeschmack angepaßt werden. Daß die Kirche nicht
in Ordnung ist, das beweist ihm, daß bei jedem Heimspiel des
Bundesligafußballvereins Borussia Dortmund genauso viele Besuche
kämen, wie zum Papstbesuch in Deutschland, nämlich 80000.Für
Striet ist die Kirche so ein Unternehmen, daß seine Wahrheit am
Verkaufserfolg mißt: wie viele nehmen die kirchliche Dienstleistung
in Anspruch! Die Kirche müsse anders funktionieren, damit sie eben
mit ihren Dienstleistungen mehr Menschen erreicht! Und für das
Mehrereichen muß man halt den Ohren der potentiellen Kunden mehr
entgegenkommen als es die traditionelle kirchliche Lehre tut.
Die
kirchliche Tradition wird so von ihm umgedeutet als ein „Lernprozeß“,
in der die Kirche immer bemüht war. Ihre potentiellen Konsumenten
gut zu erreichen. Es ist der Ohrendienst der Kirche. Aber der moderne
Konsument ist eben ein schwieriger Konsument. „Die Menschen dächten
neuzeitlich, seien autonom und weitestgehend frei in ihrer
Entscheidung“. Diesem modernen Selbstbildnis des Menschen müsse
nun der Gott der Kirche angepaßt werden. Das kirchliche Produkt muß
eben marktgemäß sein. Das marktgemäße Gottesbild sei das der
unbedingten Barmherzigkeit und das, der dem Menschen Freiheit zumutet
und Gerechtigkeit will.
Er
konstatiert zwar eine steigende Nachfrage religiöser Sehnsüchte,
aber der Gott der Kirche, der Gott der gesunden Lehre entspräche
eben nicht dieser Nachfrage. Deutlich wird dabei, daß das einfache
Faktum, daß der heutige Konsument eben neuzeitlich dächte zu dem
Normativen für die Theologie avanciert. Nicht die Schrift, nicht die
Tradition, nicht das Lehramt, sondern das neuzeitliche Denken soll so
die Norm sein, der alle Lehrbestände der Kirche zu unterwerfen sind.
Und da muß für ihn selbstverständlich das Zölibat fallen und
wohl das Frauenpriestertum eingeführt werden-nicht weil das wahr
wäre im Sinne von: Gott will das so!, sondern weil daß den
Konsumwünschen zeitgenössischen Denkens entspricht.
Unbedingte
Barmherzigkeit meint dann: wie Gott zu denken ist, daß all das, was
er als verbindliche Wahrheit offenbart hat, von uns Modernen als
nicht mehr zeitgemäß abgelehnt werden darf, ohne daß Gott dagegen
einen Einspruch erhöbe. Unter der menschlichen Freiheit ist dann
die Konsumentenfreiheit zu verstehen, kaufen zu dürfen, was ich
will, sofern es die Kaufkraft zuläßt. Und Gerechtigkeit? Gerecht
ist es, wenn alle gleichberechtigt frei konsumieren dürfen.
Und
damit erblicken wir nun ein zweites wesentliches Moment dieser
Ohrenschmaustheologie. Frug der Philosoph Leibniz, ob wir in der
denkbar bestmöglichen aller Welten leben, denn Gott hätte ob seiner
Vollkommenheit ja nur die bestmögliche Welt erschaffen können, so
zeigt Striet, daß es zur Aufgabe der Ohrenschmaustheologie gehört ,
nachzuweisen, daß wir in der Gegenwart wirklich in der bestmöglichen
Welt leben. Denn die Moderne ist die Welt der Freiheit und dazu hat
Gott den Menschen bestimmt. Wenn der autonome Mensch zum Weltbürger
wird, wenn also jeder frei ist, dann ist die Gerechtigkeit
realisiert.Diese Theologie sucht so nicht einfach nur die
Konsumwünsche der Privatkondsumenten zu befriedigen, sondern auch
das gesellschaftliche Bedürfnis nach einer Legitimierung der
modernen Gesellschaft. Sie darf sich nun, statt als Abfall vom
christlichen Abendland als die Realisierung der gottgewollten
Freiheit verstehen. Warf man einst einem Eusebius von Caesarea vor,
Hoftheologe des Kaisers Konstantin zu sein und eine politische
Theologie der Verklärung des Thron und Altarbündnisses zu
betreiben, so ist Striet der Apologet der Moderne als die
Gesellschaftsformation, in der der Mensch die Freiheit realisiere,
auch und gerade weil diese ihm immer auch als Aufgabe gegeben ist. Es
ist somit eine eminent politische Theologie der reinen Affirmation
der Moderne.Und die Kirchenkritik reduziert sich auf die Polemik, daß
die Katholische Kirche noch nicht in der Moderne angekommen ist, sich
ihr noch nicht gänzlich eingepaßt hat.
Für
Luther war die Ehe kein Sakrament sondern ein rein weltlich Ding.
Und darum kann die Lutherkirche auch den Wandel der Ordnung der Ehe
mitvollziehen. Als die Welt es gefiel. Ehen für scheidbar zu
erklären, sagte sie dazu Ja; wenn jetzt die Homosexehe die Welt
begehrt, kann sie auch dazu Ja sagen, Wenn die Katholische Kirche
erst sich selbst wie Luther die Ehe verweltlichte, sich selbst auch
verweltlichen würde, dann könnte sie sich auch stromlinienförmig
der Welt gleichschalten und sich ganz den autonomen Konsumwünschen
öffnen, befreit von allen heteronomen Ansprüchen Gottes an die
Kirche. Daß Paulus ein wahrer Prophet war, wer wollte und könnte
das noch bezweifeln:
Denn
e+ wird eine Zeit kommen, in der man die gesunde Lehre nict mehr
erträgt, sondern sic nac eigenen Wünscen Lehrer suct, die den Ohren
scmeiceln.“
Als Jesus seine Bergpredigt beendet hatte, reagierte die Hörerschaft so: daß sich das Volk über seine Lehre entsetzte! Mt 7,28
Als Jesus seine Bergpredigt beendet hatte, reagierte die Hörerschaft so: daß sich das Volk über seine Lehre entsetzte! Mt 7,28
P:.S.: Wir Menscen sind immer auc Glieder unserer Zeit. Die Causa Striet ist so nict einfac ein individueller Fall, sondern demonstriert, wie man denkt in der Zeit de+ Primate+ der Ökonomie, in der da+ ideologisce Denken die Verklärung der Grundprinzipien der marktwirtscaftlic gestalteten Ökonomie ist. Vom: man denkt zum Ic denke ist die Emanzipation au+ dem Zeitgeist, aber da+ ist da+ Privilegium der Unzeitgemäßen
1Sloterdijk,
P., Heinrichs, H.H., Die Sonne und der Tod. Dialogische
Untersuchungen, 2001, S.33.
2Striet,
M. „Und dann wird auch die Frage nach Gott spannend“, in:
Münsterländische Volkszeitung, 3.5.2013.
3Striet,
a.a,O.
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