Eine
kleine Betrachtung zum Verhältnis von „theologischer Existenz“ und
der bürgerlichen Vorstellung von Beruf
Ein
hochtrabender Titel, dem ich jetzt wohl noch nicht gerecht werden
kann, sodaß ich diesem Programm seinen Anspruch verkleinernd ein:
vorläufige Erwägungen hinzusetze. Im Hintergrund: die Differenz vom
protestantischen Pfarrer und dem katholischen Priester und dem
Reformwillen, den katholischen in der Gemeinde tätigen Priester dem
protestantischen Pfarrer anzugleichen, soll heißen: daß der
Protestantismus als verbürgerlichtes Christentum in einer
dialektischen Doppelbewegung den Weltmenschen in seiner
aufgespaltenen Existenz als Berufs- und Privatmensch aufwertet,
indem er jede seiner sozialen Rollen als ein Berufensein zu auslegt
und die priesterliche Existenz abwertet, indem sie ihn umformt zu
einem bürgerlichen Beruf in der Aufsplitterung von Berufs- und
Familien- und Privatleben. Beruf heißt im bürgerlichen Sinne immer
auch, daß der Beruf/postmodern: Job Mittel zum Zweck des
eigentlichen Privatlebens ist. Der Mensch lebt nicht um seines
Berufes willen sondern um zu leben arbeitet er. Das Eigentliche ist
ihm das Leben außerhalb der Sphäre des Berufes, aber er benötigt
den Beruf, damit er leben kann.
Luther macht
so aus dem Priesterdasein eine bürgerliche Existenz und darum gehört
zum protestantischen Pfarrer auch konstitutiv die Familie- wie
andererseits zum katholischen Priesterdasein das Zölibat. Heiligkeit
meint hier nämlich: die Absonderung vom weltlichen Leben und die
Ganzhingabe an die göttliche Berufung zum Priesterdasein: es ist ein
ungeteiltes Sein. Wie der Kelch der Eucharistie/des Meßopfers
ausschließlich für diese heilige Handlung benutzt wird und nicht
auch noch für ein profanes Weintrinken , so ist auch der heilige
Priester nur für den priesterlichen Dienst da und ist nicht noch
etwas davon Abgesondertes.
Ganz
Priester sein, das könnte eine Entsprechung haben im: ganz Theologe
sein. Wenn der bürgerliche Künstler Werke schafft, um
(bürgerlich)zu leben, lebte der „heilige“ Künstler nur, um
Werke zu schaffen und dann wäre der ein wahrer Theologe, der lebte,
um Theologe zu sein. Könnte man sich den hl. Paulus vorstellen als
einen, der um seines Broterwerbes willen Mission betriebe und
predigte- einen hl. Thomas, der bei Abfassung seiner Summa sich
früge: werde ich damit auch ein gutes Geld verdienen? Kommerziele
Theologe sähe anders aus: so wie die „Bücher“ des
Klosterbruders Anselm von Grün, hauptberuflich der Ökonom seines
Klosters und der reine Kommerzbücher schreibt. Ich schreibe, wie es
euch (meine potentiellen Lesern) gefällt. Wahrheit- nur wenn sie
verkaufbar ist.
Wenn das
theologische Denken ein Weg der Bestimmung des Menschen zur
Gotteserkenntnis ist, dann müßte es eine selbstzweckliche Tätigkeit
sein. In der bürgerlichen Berufsexistenz gibt es nichts
Selbstzweckliches mehr, denn jede Hervorbringung ist ein Produzieren
für den Markt, das seine Erfüllung erst im Gekauftwerden findet und
nicht im Werk selbst. Das meint wohl: Kunst um der Kunst willen.
Somit wäre es eine Gefahr für die theologische Existenz, wenn sie
zum Broterwerbsjob würde- war nicht alle große Theologie ein
Produkt klösterlicher Existenz, während die Verbürgerlichung der
Theologie zum Professorenberuf erst eine humanistische Theologie
hervorbrachte, dessen Ziel im Beifall der Zuhörer und Leser sich
ereignet.
So gesehen
könnte jeder Theologe sein Verhältnis zur Theologie selbstkritisch
prüfen in der Frage: Wie hielte ich es mit der Theologie, wenn ich
mit und durch sie nicht meinen Lebensunterhalt verdienen kann? Ist
mir die Theologie nur eine Broterwerbsquelle oder das, wozu ich als
zur Gotteserkenntnis Bestimmter lebe?
Vielleicht
kommt uns Heutigen diese Frage nur so abwegig vor, weil wir nicht
mehr wissen, was Denken und was insbesondere theologisches Denken
ist! Wir meinen, immer schon zu wissen, was das Denken ist und das
ist wohl der Grundirrtum schlechthin, der uns eine theologische
Existenz verunmöglicht. Wir können nur noch bürgerlich den Job des
Theologen ausüben.
Frügen wir
ernsthaft, was der Gegenstand des Denkens ist, so müßten wir mit
Hegel und dem hl. Thomas respondieren: Gott oder alles, insofern es
begriffen wird in seinem Dasein von, in und zu Gott hin. Das Wie
dieses Denkens distinguiert dann das theologische vom philosophischen
Denken.
Unter der
ontologischen Wahrheit von einem Etwas verstand die traditionelle
Theologie das ideele Sein von Etwas, das sich in einem Einzelfall
dieser seiner Idee individualisiert hat. Zur Veranschaulichung:
Urteile ich: „Das ist ein Baum“, so kann dieses Urteil nur wahr
sein, wenn das damit Gemeinte ein besonderer Fall des Baumseins ist
und das Baumsein ist die Idee des Baumes, zu der es konstitutiv
dazugehört, sich in endlich vielen Einzelindividuationen zu
realisieren. Das Denken in dm Falle des Urteiles, das sei ein Baum,
zielt so auf das ideele Sein des Baumes und begreift das Einzeletwas
als eine Individuation seiner Idee.
Denken meint
also nicht im Idealfall eine photographisch exakte Wiederspiegelung
von Einzeldingen, oder das Sehen von dem, wie es wirklich ist, bzw.
eine Abstraktion zu schaffen von Einzeletwassen, sondern ein
Partizipieren am Wesen der Dinge, denn ihr Wesen ist ihr Gedachtsein
in Gott als Idee. Das Denken ist so den Dingen nichts Äußerliches
sondern begreift das Wesen von Allem, denn das ist sein ideeles Sein,
das in der Realität in Einzeldingen erscheint. Denken heißt, durch
den Schein das Wesen des Erscheinenden zu erfassen, seinen Begriff.
Theologisches
Denken ist somit nichts anderes, als Alles von,in und zu Gott hin zu
begreifen im Gegensatz zu jeder Einzelwissenschaft, die Etwasse
abstrakt, weil isoliert von dieser Relation von: von, in und zu Gott,
beschreibt, ohne dann dessen Wesen zu begreifen. Erst der
Unglücksfall des Nominalismus verkannte diese Wahrheit des Denkens,
indem ihm nun das Einzeletwas das einzig Wahre wurde und die Idee
von ihm zur bloßen blutleeren Abstraktion.
Daß dieses
Denken selbstzweckliches Denken sein kann und als solches auch
ausgeübt werden kann, setzt eigentlich Subjekte der Theologie
voraus, die ökonomisch unabhängig sich dem Denken zuwenden können
und nicht um etwas anderes willen diese Tätigkeit ausüben können-
sonst wird die Theologie zur Broterwerbsquelle und fremdbestimmt wie
der Künstler, der nur noch für den freien Markt gemäß ihm
produziert- Waren, statt Kunstwerke, Ware statt Wahrheit.
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