Eine
sehr vorläufige Erwägung zum Thema: Vergewaltigung
§1 Die Vergewaltigung ist eine
sexuelle Praxis der Fortpflanzung im Bereich der höherentwickelten
Säugetiere inklusive den Menschen, wo aus rein
physikalisch-biologischen Gründen der männliche Part der Täter,
der weibliche das Opfer ist.
Sofern diese Praxis nur rein
biologistisch betrachtet wird, ist sie eine Praxis, die die Natur
erfunden hat, um Nachkommen hervorzubringen. Seltsamerweise ist
die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung in diesem gewaltsamen Akt
höher als in einem auf Gegenseitigkeit beruhenden. Da das einzige
Ziel der Natur die Arterhaltung ist durch die Konzeption von vielen
Nachkommen oder weniger, dann aber überlebensfähigeren, weil
stärkeren, muß auch diese sexuelle Gewaltpraxis rein biologistisch
so verstanden werden: sie wird in der Natur praktiziert, um Nachwuchs
zu erzeugen. Daß auch im Tierreich dieser gewaltsame Akt nicht
leid-und schmerzlos für das Opfer ist, aber sehr wohl lustvoll für
den Täter, sind moralische Einträge in das Reich der Natur, die
erstmal in ihm nichts zu suchen haben: die Natur ist ein moralfreier
Raum, indem es aber eine „Gesamtvernunft“ gibt, die alles auf den
Selbsterhaltung und der Selbstoptimierung des Lebens ausrichtet. Dem
Individuum gegenüber ist die Natur gleichgültig, sie ist nur an der
Arterhaltung interessiert. Das Recht des Stärkeren ist keine Moral
der Natur, sondern das Prinzip zur Hervorbringung starker
überlebensfähiger Individuen. Der Wille zur Macht ist keine
Konzeption der Natur-sie kennt nur Strategien, die dazu führen, daß
nur die sich fortpflanzen, die wahrscheinlich gesunden und
überlebensfähigen Nachwuchs hervorbringen: wer darf im Rudel sich
paaren? Auch die humane Kultur von Heiratsverboten ist nicht gänzlich
frei von dieser natürlichen Basis.
Lust ist sozusagen die
List der Natur, Individuen dazu zu verleiten, das Notwendige zur
Arterhaltung zu unternehmen, indem das Notwendige mit Lustgewinn
verbunden ist.
§2 Es ist die Aufgabe
des Menschen, seine Sexualität human zu gestalten, das heißt sie zu
vergeistigen, oder das selbe anders gesagt zu: kultivieren. Die
natürliche Praxis der Vergewaltigung ist so eine im Menschen ob
seiner biologischen Natur angelegte Möglichkeit, die er aber als
Kulturwesen (der Mensch ist ein Kompositum aus Natur und
nichtnatürlichem Geist -auch Seele genannt) unterdrücken und durch
moralisch legitime ersetzen muß. Der human lebende Mensch ist so
immer notwendig ein sich seiner Natur gegenüber auch repressiv
verhalten Müssender.
Es ist so ein
verhängnisvoller Irrtum, diese sexuelle Gewaltpraxis als eine
Konstruktion männlicher Herrschaft über die Frau rekonstruieren zu
wollen- sie ist vielmehr der Sieg der geschlechtlich differenzierten
Natur mit ihrem Willen zur Fortpflanzung über den kultivierten Mann.
§3 Offenkundig ist im
Menschen keine Harmonie zwischen dem natürlichen Streben nach Lust
und dem Lustempfinden und der Moral. Was moralisch ist, wird oft als
lustlos empfunden, und das Unmoralische als lustvoll. Deshalb ist
jede humane Moral immer auch asketisch- als Einübung in den Verzicht
auf unerlaubte Lustgewinnung.
Ein hedonistische Kultur,
deren Maxime wäre: Alles, was Spaß und Lustgewinn verheißt, ist
und muß erlaubt sein, ist darum notwendigerweise immer eine, die
sexuelle Gewalt fördert als Vergewaltigung, als Mißbrauch oder als
Sado-Maso- Praxis. Human kann eine Gesellschaft nur sein, wenn sie
natürliche Sexualpraktiken, weil sie unmoralisch sind, repressiv
unterdrückt.
Daß sexuelle Gewalt dem
Täter keine Lust bereite, ist ein frommes Märchen von Gutmenschen.
Es ist eine der größten Illusionen rausseauisch geprägter
Anthropologie, daß der Mensch von Natur aus gut sei und erst durch
eine „falsche“ Kultur unmenschlich würde.Die Natur kennt solche
Unterschiede überhaupt nicht: hier gilt nur das
Nützlichkeitsprinzip: Was dient der Arterhaltung? Erst durch die
Kultur gibt es Gut und Böse und das Böse ist immer auch jede nicht
vergeistigte natürliche Sexualpraxis -so der Konsensus
traditioneller Sexualmoral.
Der Mann kann sich nun
seiner Kultur emanzipieren und wieder natürlich werden. Das
demonstriert M. de Sade aufs aller anschaulichste- nur daß er nicht
mehr naiv unmittelbar natürlich sein kann, sondern er bedarf einer
Ideologie, die es ihm wieder erlaubt, natürlich gewaltsam Sexualität
zu leben- und das leistet bei de Sade seine radicale
Aufklärungsphilosophie. Zurück zum Natürlichen ist so gerade für
die Frau eine lebensgefährliche Maxime.
§4 Es gibt nun
politische Strategien, die natürliche Geneigtheit des Mannes zu
einer gewaltsamen Sexualität auszunutzen, indem ihm die sexuelle
Gewalt gegen Frauen in bestimmten Fällen erlaubt wird. Das
politische Konzept der ethnischen Säuberung beinhaltet immer auch
die Erlaubnis, ja sogar Aufforderung zur Vergewaltigung von den
Feindfrauen. So etwa bei den Vertreibungen der Deutschen aus den
besetzten Gebieten nach dem 2. Weltkrieg oder im ethnisch-religiösen
Jugoslawienkrieg. Dahinter steht auch ein archaisch männliches
Denken, daß das Kind von ihm sei und die Frau es nur „austrage“-wie
der Same im Boden, in das er hineingesät wird- sodaß die
vergewaltigte Feindfrau ein Kind des „Siegers“ zur Welt brächte-
statt eines ihres Volkes.
§5 Konträr dazu gibt es
politische Konzepte zur Eindämmung von Sexualgewalt in Kriegen. So
werden der „kämpfenden Truppe“ Prostituierte zugestellt zur
„Befriedigung“ der sexuellen Bedürfnisse der Soldaten, um so die
Anzahl von Vergewaltigungen an „Feindfrauen“ zu reduzieren.
Das ist auch in der
Deutschen Bundeswehr so. Da hinter steht die Vorstellung, Männer
vergewaltätigten Frauen, weil sie keinen moralisch legitimen Sex
bekommen könnten und daß dann Prostitution ein kleineres Übel wäre
als die Vergewaltigungspraxis. Problematisch ist dabei die
Grundannahme des sexuell unbefriedigten Mannes, der nur
vergewaltätigt, weil er unbefriedigt ist. Realistischer ist die, daß
die gewaltsame Sexualitätspraxis einigen Männern mehr an Lustgewinn
erbringt als eine auf Wechselseitigkeit beruhende und sie deshalb
Frauen vergewaltätigen. Es ist ein Zeichen gelungener
Moralerziehung, wenn Menschen eine unmoralische Handlung, die auf den
Lustgewinn hin vollzogen wird, keine Lustgefühle mehr bereiten kann:
das „schlechte“ Gewissen verunmöglich dann den Lustgewinn.
Resümee: So traurig es
klingt, es ist aber wahr: nur eine repressive Gesellschaftsordnung
schützt die Frau vor den Vergewaltätigungslüsten der Männer. Der
Mann kann soweit kulturell domnestiziet werden, daß ihm selbst die
Vorstellung einer Vergewaltigung zu einer (moralischen)Unmöglichkeit
wird- aber das ist eine kulturelle Höchstleistung der
Selbstdisziplinierung.
Ohne eine Religion wird
das faktisch kaum dauerhaft erreicht werden können, einer, die einen
allwissenden und allsehenden Gott glaubt,der jedem nach seinem Tun
und seinen Untaten belohnt und bestraft. Wo dieser Glaube völlig
sich aufgelöst hat, entsteht die Frage: warum moralisch handeln und
auf den optimalen Lustgewinn verzichten, wenn ich hoffen kann, daß
meine „Verbrechen“ unentdeckt und unbestraft bleiben? Daß da, wo
es keine Furcht mehr vor einer Bestrafung gibt, der Mensch zum
Sadisten werden kann, demonstriert de Sade.
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