Donnerstag, 8. Januar 2015

Wider die Illusionen vom natürlich-guten Menschen

Eine sehr vorläufige Erwägung zum Thema: Vergewaltigung

§1 Die Vergewaltigung ist eine sexuelle Praxis der Fortpflanzung im Bereich der höherentwickelten Säugetiere inklusive den Menschen, wo aus rein physikalisch-biologischen Gründen der männliche Part der Täter, der weibliche das Opfer ist.

Sofern diese Praxis nur rein biologistisch betrachtet wird, ist sie eine Praxis, die die Natur erfunden hat, um Nachkommen hervorzubringen. Seltsamerweise ist die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung in diesem gewaltsamen Akt höher als in einem auf Gegenseitigkeit beruhenden. Da das einzige Ziel der Natur die Arterhaltung ist durch die Konzeption von vielen Nachkommen oder weniger, dann aber überlebensfähigeren, weil stärkeren, muß auch diese sexuelle Gewaltpraxis rein biologistisch so verstanden werden: sie wird in der Natur praktiziert, um Nachwuchs zu erzeugen. Daß auch im Tierreich dieser gewaltsame Akt nicht leid-und schmerzlos für das Opfer ist, aber sehr wohl lustvoll für den Täter, sind moralische Einträge in das Reich der Natur, die erstmal in ihm nichts zu suchen haben: die Natur ist ein moralfreier Raum, indem es aber eine „Gesamtvernunft“ gibt, die alles auf den Selbsterhaltung und der Selbstoptimierung des Lebens ausrichtet. Dem Individuum gegenüber ist die Natur gleichgültig, sie ist nur an der Arterhaltung interessiert. Das Recht des Stärkeren ist keine Moral der Natur, sondern das Prinzip zur Hervorbringung starker überlebensfähiger Individuen. Der Wille zur Macht ist keine Konzeption der Natur-sie kennt nur Strategien, die dazu führen, daß nur die sich fortpflanzen, die wahrscheinlich gesunden und überlebensfähigen Nachwuchs hervorbringen: wer darf im Rudel sich paaren? Auch die humane Kultur von Heiratsverboten ist nicht gänzlich frei von dieser natürlichen Basis.

Lust ist sozusagen die List der Natur, Individuen dazu zu verleiten, das Notwendige zur Arterhaltung zu unternehmen, indem das Notwendige mit Lustgewinn verbunden ist.

§2 Es ist die Aufgabe des Menschen, seine Sexualität human zu gestalten, das heißt sie zu vergeistigen, oder das selbe anders gesagt zu: kultivieren. Die natürliche Praxis der Vergewaltigung ist so eine im Menschen ob seiner biologischen Natur angelegte Möglichkeit, die er aber als Kulturwesen (der Mensch ist ein Kompositum aus Natur und nichtnatürlichem Geist -auch Seele genannt) unterdrücken und durch moralisch legitime ersetzen muß. Der human lebende Mensch ist so immer notwendig ein sich seiner Natur gegenüber auch repressiv verhalten Müssender.

Es ist so ein verhängnisvoller Irrtum, diese sexuelle Gewaltpraxis als eine Konstruktion männlicher Herrschaft über die Frau rekonstruieren zu wollen- sie ist vielmehr der Sieg der geschlechtlich differenzierten Natur mit ihrem Willen zur Fortpflanzung über den kultivierten Mann.

§3 Offenkundig ist im Menschen keine Harmonie zwischen dem natürlichen Streben nach Lust und dem Lustempfinden und der Moral. Was moralisch ist, wird oft als lustlos empfunden, und das Unmoralische als lustvoll. Deshalb ist jede humane Moral immer auch asketisch- als Einübung in den Verzicht auf unerlaubte Lustgewinnung.

Ein hedonistische Kultur, deren Maxime wäre: Alles, was Spaß und Lustgewinn verheißt, ist und muß erlaubt sein, ist darum notwendigerweise immer eine, die sexuelle Gewalt fördert als Vergewaltigung, als Mißbrauch oder als Sado-Maso- Praxis. Human kann eine Gesellschaft nur sein, wenn sie natürliche Sexualpraktiken, weil sie unmoralisch sind, repressiv unterdrückt.

Daß sexuelle Gewalt dem Täter keine Lust bereite, ist ein frommes Märchen von Gutmenschen. Es ist eine der größten Illusionen rausseauisch geprägter Anthropologie, daß der Mensch von Natur aus gut sei und erst durch eine „falsche“ Kultur unmenschlich würde.Die Natur kennt solche Unterschiede überhaupt nicht: hier gilt nur das Nützlichkeitsprinzip: Was dient der Arterhaltung? Erst durch die Kultur gibt es Gut und Böse und das Böse ist immer auch jede nicht vergeistigte natürliche Sexualpraxis -so der Konsensus traditioneller Sexualmoral.

Der Mann kann sich nun seiner Kultur emanzipieren und wieder natürlich werden. Das demonstriert M. de Sade aufs aller anschaulichste- nur daß er nicht mehr naiv unmittelbar natürlich sein kann, sondern er bedarf einer Ideologie, die es ihm wieder erlaubt, natürlich gewaltsam Sexualität zu leben- und das leistet bei de Sade seine radicale Aufklärungsphilosophie. Zurück zum Natürlichen ist so gerade für die Frau eine lebensgefährliche Maxime.

§4 Es gibt nun politische Strategien, die natürliche Geneigtheit des Mannes zu einer gewaltsamen Sexualität auszunutzen, indem ihm die sexuelle Gewalt gegen Frauen in bestimmten Fällen erlaubt wird. Das politische Konzept der ethnischen Säuberung beinhaltet immer auch die Erlaubnis, ja sogar Aufforderung zur Vergewaltigung von den Feindfrauen. So etwa bei den Vertreibungen der Deutschen aus den besetzten Gebieten nach dem 2. Weltkrieg oder im ethnisch-religiösen Jugoslawienkrieg. Dahinter steht auch ein archaisch männliches Denken, daß das Kind von ihm sei und die Frau es nur „austrage“-wie der Same im Boden, in das er hineingesät wird- sodaß die vergewaltigte Feindfrau ein Kind des „Siegers“ zur Welt brächte- statt eines ihres Volkes.

§5 Konträr dazu gibt es politische Konzepte zur Eindämmung von Sexualgewalt in Kriegen. So werden der „kämpfenden Truppe“ Prostituierte zugestellt zur „Befriedigung“ der sexuellen Bedürfnisse der Soldaten, um so die Anzahl von Vergewaltigungen an „Feindfrauen“ zu reduzieren.
Das ist auch in der Deutschen Bundeswehr so. Da hinter steht die Vorstellung, Männer vergewaltätigten Frauen, weil sie keinen moralisch legitimen Sex bekommen könnten und daß dann Prostitution ein kleineres Übel wäre als die Vergewaltigungspraxis. Problematisch ist dabei die Grundannahme des sexuell unbefriedigten Mannes, der nur vergewaltätigt, weil er unbefriedigt ist. Realistischer ist die, daß die gewaltsame Sexualitätspraxis einigen Männern mehr an Lustgewinn erbringt als eine auf Wechselseitigkeit beruhende und sie deshalb Frauen vergewaltätigen. Es ist ein Zeichen gelungener Moralerziehung, wenn Menschen eine unmoralische Handlung, die auf den Lustgewinn hin vollzogen wird, keine Lustgefühle mehr bereiten kann: das „schlechte“ Gewissen verunmöglich dann den Lustgewinn.

Resümee: So traurig es klingt, es ist aber wahr: nur eine repressive Gesellschaftsordnung schützt die Frau vor den Vergewaltätigungslüsten der Männer. Der Mann kann soweit kulturell domnestiziet werden, daß ihm selbst die Vorstellung einer Vergewaltigung zu einer (moralischen)Unmöglichkeit wird- aber das ist eine kulturelle Höchstleistung der Selbstdisziplinierung.

Ohne eine Religion wird das faktisch kaum dauerhaft erreicht werden können, einer, die einen allwissenden und allsehenden Gott glaubt,der jedem nach seinem Tun und seinen Untaten belohnt und bestraft. Wo dieser Glaube völlig sich aufgelöst hat, entsteht die Frage: warum moralisch handeln und auf den optimalen Lustgewinn verzichten, wenn ich hoffen kann, daß meine „Verbrechen“ unentdeckt und unbestraft bleiben? Daß da, wo es keine Furcht mehr vor einer Bestrafung gibt, der Mensch zum Sadisten werden kann, demonstriert de Sade.



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