Es hat sich vieles in der Kirche geändert seit und durch das Reformkonzil. Die Predigtkanzeln sind außer Betrieb, die Predigt wird am Ambo gehalten, wenn es der Priester nicht gar vorzieht, freistehend, wie ein Moderator einer Unterhaltungssendung zu predigen, dabei ein wenig hin- und herlaufend. Pure Äußerlichkeiten, dabei kommt es doch nur auf den Gehalt des Gepredigten an, könnte jetzt geurteilt werden. Aber was, wenn der Priester in einem Gewand auftritt, daß auf Anhieb an ein Clownkostüm erinnert? Sehe ich ein Clownkostüm, dann kann der sagen, was er will, es kommt bei mir als Clownrede an.
Weihnachten heißt: Gott wurde ein Kind, ohne daß er aufhörte, Gott zu sein. Der göttliche Lehre lag in Windeln, um als Erwachsner seine Schüler zu belehren, er lehrte sie in göttlicher Vollmacht. Die übliche Übersetzung: Jünger verunklart diese Lehrer-Schüler-Beziehung. Die Hierarchie der Kirche ist nicht erst später nach Jesu Himmelfahrt eingeführt worden, nein sie bildet nur das ursprünglich hierarchische Verhältnis des göttlichen Lehrers zu seinen Schülern wieder.Nicht war am Anfang eine Gemeinschaft von Religiösen, die sich dann ihren Jesus als ihren "Ersten Sprecher" erwählten, sondern der göttliche Lehrer erwählte sich seine Schüler, er wählte sie aus und nicht haben sie ihn sich auserwählt.
"Herr Lehrer, warum fragen sie mich, was 5 plus 7 ist, wenn sie das doch viel besser wissen als ich?" Diese nicht ganz dumme Schülerfrage zeigt eben, daß hier das Lehrer-Schüler-Verhältnis nicht begriffen ist. Lehrer stellen Lehrerfragen, um zu prüfen, ob die Schüler ihre Lektion schon verstanden haben. Auch Jesus stellt an seine Schüler nur Lehrerfragen. Er weiß Alles und seine Schüler so gut wie nichts.Das ist das tradititionelle Verständnis des Unterrichtes: Einer weiß vieles und vermitelt das an Nichtwissende.
Das ist die Urgestalt des Frontalunterrichtes, des Belehrtwerdens von Oben. Was passierte nun, als Jesus in den Himmel auffuhr, um zur Rechten Gottes zu thronen? Verschwörungstheoretiker: Klerikale maßten sich an, wieder eine Priesterherrschaft in der urbrüderlichen Gemeinde einführen zu können und sie schafften das: statt einer egalitär geschwisterlichen Gemeinschaft sei dann eine hierarchische Kirche entstanden, die erst im 2. Vaticanum zu einer Selbstkorrektur fähig war: So lange erlitt die Gemeinde die babylonische Gefangeschaft in der Hierarchiekirche. Das klingt schön, irgendwie ganz kompatibel mit der unheiligen Freimaurer-Trinität von Freiheit, Gleichheit und Brüderlickeit, aber hat mit der Geschichte des Urchristentumes nichts zu tuen!
Denn Jesus Christus selbst setzte schon vorösterlich selbst die kirchliche Hierarchie ein! Er erwählte die 12 Apostel, er berief Schüler zu besonderen Diensten und nach Ostern setzte er Petrus zu dem Leiter seiner Kirche ein. Gab es anfänglich die einfache Struktur von Lehrer und Schüler, wird nun die Struktur kommplexer:Jesus Christus bleibt der wahre göttliche Lehrer, aber e läßt sich durch von ihm Erwählte vertreten, die nun in seinem Namen lehren. Sie sind Stellvertreter und partizipieren so und nur so an seiner göttlichen Autorität.
Ausdruck dessen war und ist die Predigtkanzel, den von ihr wird die göttliche Wahrheit verkündet: Das, was von oben ist, das kam herab zu uns in der Gestalt Jesu Christi, damit wir Anteil bekommen können an der Wahrheit. Der Wahrhaftigkeit des Gepredigten entspricht es, daß es von Oben herab verkündigt wird. Die Predigt ist nicht eine menschliche Antwort auf die Offenbarung: so habe ich sie mir als Prediger angeeignet sondern eine Prolongierung der Offenbarung. In ihr ereignet sich das Offenbarsein der göttlichen Offenbarung.
Ganz anders, wo auf gleicher Augenhöhe gepredigt wird: Hier spricht ein Bruder zu Brüdern und Schwestern, geeint im Glauben. Gott ist nun wieder der ganz ferne, sodaß nicht mehr geurteilt werden kann, das ist wahr und das ist unwahr. Nur noch den individuellen persönlichen Glauben teilt der Prediger seinen Mitbrüdern mit, damit sie das als Anregung für ihren Glauben empfangen.
Aus dem Vermittler der Wahrheit von Oben wird ein Moderator verschiedener Glaubensvorstellungen, der als Prediger die seinige darlegt. Sie setzt nicht mehr zu Belehrende voraus sondern mündige Christen, die Anregungen für ihr Glaubensleben suchen.Wenn wir dann noch uns einer wesentlichen Veränderung in der Theologie erinnern, daß es keine theologischen Wahrheiten mehr gibt, sondern es nur noch auf unser persönliches Vertrauensverhältnis zu Jesus und Gott ankommt, dann ist klar, warum die Belehrung von Oben von der Predigtkanzel ausfällt.
Der Ort der Predigt verändert so auch ihren Gehalt, unabhängig davon, was inhaltlich gepredigt wird! Die Predigt wird nur noch rezipiert als persönliches Glaubenszeugnis des Predigers, das dann auch conservativ, liberal oder progressiv ausfallen kann, das aber immer nur etwas Privates und rein Persönliches ist.Es ist eben keine Wahrheit von Oben mehr!
Die Hierarchie der Kirche setzt eine offenbarte und offenbare Wahrheit voraus, die nun von oben vermittelt wird. Die Hierarchie ist nur abschaffbar, wo entweder bestritten wird, daß es eine offenbarte Wahrheit gibt oder wo man, wie es Kant vorschlägt, sagt, daß die heilsnotwendige Wahrheit jedem Menschen so bekannt sei, daß er keiner übernatürlichen Offenbarung von Oben bedürfe, daß jeder sie selbst in sich generieren könne, bediente er sich nur seiner Vernunft. Dem entspricht die Kommunikationsform des Kreises, in der jeder gleich nah und gleich fern der Wahrheit ist, dem Mittelpunkt des Kreises, daß aber wer aufstehen kann, um seine Privatvorstellung darzulegen als Anregung für die anderen. Das ist die Ambopredigtkirche oder die der frei stehenden Moderatoren.
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