In der weihnachtlichen Verkündigung, Gott wurde Mensch, kam als Kind der Jungfrau Maria zur Welt, steckt auch die Möglichkeit eins fatalen Mißverstehens, als hörte Gott auf, Gott zu sein in seiner Menschwerdung. Die Bedeutung der Menschwerdung Gottes erschließt sich nur, setzen wir einen Zwei-Welten-Dualismus voraus, die wahre Welt, den Himmel, da wo Gott ist und unsere Lebenswelt als davon abgesonderte. Für uns Weltmenschen kann es so nur einen Weg zur Wahrheit geben, daß sie von "oben" sich in unsere Welt inkarniert, ohne daß sie aufhörte, die Wahrheit zu sein.
Wie nun aber, wenn die Menschwerdung so mißverstanden wird, als hörte der göttliche Logos auf, göttlicher Logos zu sein in seiner Menschwerdung? Dann ist Jesus eben nur noch ein frommer Mensch mit besonderen religiösen Vorstellungen, die eben wahr oder auch unwahr sein könnten. Die Praxis Jesu selbst ist ja in sich nicht schon eine wahre, sie ist es doch nur, weil sie des Sohnes Gottes ist. Sonst wäre seine Lebenspraxis der Nächstenliebe eben nur eine mögliche neben anderen menschlichen Möglichkeiten! Warum sollte man da Jesus von Nazareth nachfolgen und nicht etwa wem anders?
Wenn Jesus nur noch Mensch war, dann muß alles Außergewöhnliche aus seinem Leben gestrichen werden: Er wird zum "Bruder Jesus", der eben keine Wunder wirkte, nicht prophezeien konnte, der nicht mit Vollmacht lehrte. Es entsteht uns der Jesus von Nazareth der historisch-kritischen Methode.
Veranschaulichen wir uns die Misere dieses armen Jesus an einem Beispiel. Würde ich im NT lesen:
Jesus sprach: "Alt und lebenssatt werde ich sterben ", so würde das als echtes Jesuswort bestimmt werden, denn es ist unvorstellbar, daß die nachösterliche Gemeinde ihm das in den Mund gelegt hätte. Lese ich dagegen: Jesus sagt:" Ich werde gekreuzigt werden und nach drei Tagen auferstehen", ist das eindeutig kein echtes Jesuswort, denn kein Mensch kann seine Zukunft vorauswissen, sodaß dies eine nachösterliche Gemeindebildung ist, die man dann Jesus in den Mund gelegt hat.
Also, entweder sagt Jesus Wahres voraus, dann ist es nicht von ihm, weil es wahr war oder er sagt Falsches voraus, dann ist es von ihm, weil es falsch ist. Was bleibt da vom vermenschlichten Jesus übrig? Weil er nur noch unser menschlicher Bruder ist, ist sein Tun und Lassen auch zeitbedingt: Nicht mehr verkündigt er als von Oben Gekommener ewig Wahres, sondern als Erdenmensch irdisch Vergängliches. Daß z.B. Jesus an Daimonen und den Teufel geglaubt hatte, zeigt eben uns Modernen nur, wie wenig aufgeklärt er noch war. Daß er sich den Einbruch des Reich Gottes gemäß den apokalyptischen Vorstellungen seiner Zeit imaginierte, daß eben auch er nur ein Kind seiner Zeit war, das nicht die Vorstellungen seiner Zeit überwinden konnte! Daß er nur Männer zu Aposteln berief, zeigt, daß auch er trotz vieler positiver Ansätze nun doch noch ein Kind patriachalistischen Denkens war. Wir könnten das jetzt beliebig fortsetzen, um am Ende zu dem Ergebnis zu kommen, daß uns Heutigen Jesus eigentlich nur noch zu sagen hat: Gott ist die Liebe, seid lieb zueinander! Alles andere ist zeitgeistbestimmt, denn er war ja auch nur ein Kind seiner Zeit:
Aber die Menschwerdung Gottes sagt, daß die Wahrheit unter uns erschien, ohne aufzuhören, die Wahrheit zu sein. Die Menschwerdung verzeitlicht und verdiesseitigt die Wahrheit nicht: Sie kann in die Welt eingehen,ohne sich zu verweltlichen!
Das Kind in der Krippe sagt uns, daß dort, wo unsere Augen nur ein Kind sehen, wir Gott zu sehen haben, das Ewige im Endlichen, die Wahrheit in der Scheinwelt. Die Versuchung ist nun die, dies Kind auch zu einem Teil unserer Scheinwelt zu machen, ihn zu entgöttlichen. Dann wird die christliche Religion nur noch zu einer unter vielen, die nicht wahrer aber auch nicht unwahrer ist als all die anderen, weil niemand erkennen kann, was die Wahrheit ist, denn die ist dann wieder rein jenseitig, abgetrennt von unserer Scheinwelt.
Merke: Ohne ein Jenseits keine Wahrheit und ohne eine Offenbarung aus dem Jeseits keine menschliche Teilhabe an der Wahrheit
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