Dienstag, 1. August 2017

Das Lagerdenken und die Einheit der Kirche

"In der Kirche ist das Lagerdenken ein Übel, ein Ärgernis - Es verstößt gegen das Liebes- und Einheitsgebot - Diakrisis am Dienstag von Stefan Meetschen" Kath net am 1.8. 2017. 
Welcher Katholik wollte dem widersprechen. Die Lager in der Kirche sind uns alle nur zu bekannt, die Progressiven und Liberalen wider die Traditionalisten und Conservativen, und welche Etiketten man diesen zwei Lagern sonst noch anheften möchte. Wo in Lagern gedacht wird, da wird das Gegenüber nur noch verzehrt als Feind wahrgenommen und das Eigene nur noch als das Wahre. 
Solch ein Lagerdenken dürfte es in der Kirche nicht geben, hier müßte Liebe und die daraus entspringende Einheit das innerkirchliche Leben bestimmen. Wer riefe da nicht gerne aus: Nehmet doch eure Kontroversen nicht so ernst, euch verbindet mehr als euch trennt. Ist es nicht die Zank-und Streitlust der Theologen, um es mit Philipp Melanchthon zu sagen, die zum innerkirchlichen Streit führt?
Das klingt gut, ist es dann aber auch wahr? Als in der Alten Kirche der Konflikt um Jesus Christus entbrannte, wer ist dieser Jesus: nur ein Mensch, nur Gott, der zum Scheine eine menschliche Gestalt annahm, ein Engel ähnliches Wesen, warum entschied da die Kirche nicht um der Einheit willen, daß es jedem Gläubigen freigestellt sei, als was er Jesus Christus glaube, Hauptsache man glaubt an ihn! Warum entschied die Kirche nicht alle innerkirchlichen Kontroversen so, daß sie um der Einheit willen alle Glaubensdifferenzen als gleichgültig erklärte?
Es hätte, um die Kontroverse mit den sich später als Altkatholiken Bezeichnenden nicht eskalieren zu lassn, nicht auf dem 1.Vaticanum die Lehre von der päpstlichen Autorität verkündet  werden dürfen, man hätte statt Marcion zu verketzern verständnisvoll urteilen müssen, daß vielen Gläubigen das Alte Testament eine Zumutung ist, sodaß jeder seinen Bibelkanon nach seinem Gustus sich kreieren  dürfe usw.  und so wäre die Kirche eins gewesen, indem sie viele sich gegenseitig ausschließende Lehren gleichzeitig in ihr geduldet hätte. Ja, um der Einheit willen, sei die Frage, was denn wahr sei, hintenanzstellen!
Und spätestens, wenn unsere Theologiestudenten in die Diffizilität der Trinitätstheologie eingeführt wird, wie viele stimmen da von Herzen ein in die Klage: Ist das nicht alles gleichgültig, ist das nicht alles sophistische Haarspalterei, könne da nicht jeder glauben, was er wolle! 
Wir wollen die Einheit, indem wir alles für gleichgültig erklären, Hauptsache, wir Christen haben uns untereinander lieb.  
Das hieße dann in letzter Konsequenz, daß dann alle  Lehren  von den Ketzern und Häretikern und ihre jeweilige Frömmigkeitspraxis als zur Kirche dazugehörig anzusehen sind, die dann alle nur unrechtens aus ihr ausgeschlossen wurden. Jeder Ausschluß wäre aber immer ein Verstoß gegen die Liebe und die Einheit der Kirche gewesen. Nie hätte es in der Kirche Dogmen und Lehren geben dürfen, denn mit jeder Feststellung, was wahr ist, werden andere Lehrpositionen als unwahr diskriminiert und gar aus ihr ausgeschlossen. Der Diskurs in der Kirche war so immer der eines Ausschließens und so ein Verstoß gegen die Einheit. Nur der Ausschluß der Frage nach der Wahrheit brächte so der Kirche die Einheit, die als Liebe nichts ausschlösse. 
Was die Liebhaber der Idee der Einheit der Kirche. die nicht gleich die ganze Geschichte der Kirche mit ihren Kämpfen um die Einheit und mit ihrer Ausschlußpraxis als einen einzigen Irrtum verurteilen wollen,  überlesen, ist schlicht das Faktum, daß all das von der Kirche Diskriminierte und Ausgeschlossene vordem zur Kirche gehörte und so auch ihre Vertreter, bis daß die Kirche da eine Trennlinie zog: Das hat keinen legitimen Platz mehr in der Kirche! Die Einheit der Kirche ist so keine Voraussetzung der Kirche sondern immer nur ein Produkt des Kampfes um die wahre Lehre, die das ihr Widersprechende  aus der Kirche ausschloß und ausschließt! 
Seit dem 2. Vaticanum will die Kirche nicht mehr falsche Lehren ausschließen, sondern nur noch das darlegen, was als wahr zu gelten hat.Das zeitigte Früchte: Der von der Kirche reprobierte Modernismus wurde nachkoziliar zur vorherrschenden Richtung in der Theologie und in der Kirche, nicht einfach als Repristination, sondern in einem (post)modernen Gewand. Seit dem existieren tatsächlich zwei Flügel in der einen Kirche und daß diese sich wechselseitig bekämpfen, ist ein untrübliches Zeichen dafür, daß die Kirche noch lebt. Denn wo Wahrheit und Unwahrheit in Einem ist, da kann die Einheit des Einen nicht im Verlöschen des Widerstreites zwischen dem Wahren und dem Unwahren bestehen. Die Einheit der Kirche kann deshalb immer nur wieder das Ergebnis des Sieges der Wahrheit sein, der aber immer auch wieder durch das Aufleben von Häresien in Frage gestellt wird. 
Die Kirche auf Erden ist die ecclesia militans, und das inkludiert immer auch, daß in ihr der Kampf zwischen Wahrheit und Unwahrheit ausgefochten wird. Die Gabe des Heilgen Geistes verheißt nun der Kirche nicht ein friedliches Wandeln auf Erden, als wäre das Erdendasein ein fröhlicher Picknickausflug, sondern daß in den Kämpfen innerhalb der Kirche die Wahrheit siegen wird, immer wieder aufs Neue gegen die Unwahrheiten in ihr,ob das nun der Modernismus, der Feminismus, der Genderismus, die Homobewegung oder der Ökumenismus etc ist! 

Zusatz
Hätte die Kirche aus Liebe und um der Einheit willen die Marcioniten, die Athanasiusanhänger, die Katharer, Waldenser etc nicht ausschließen dürfen?  Wenn Jesus (vgl Mt 18,6-9) davon spricht in einer Bildrede, daß wenn dich dein Auge zum Sündigen verführt, dann reiße es aus, dann meint er damit nicht den einzelnen Christen, der sich hier nun blenden soll, sondern er denkt die Kirche als einen Leib, sodaß gilt: Wenn ein Teil des Leibes den ganzen Leib zum Sündigen zu verführen droht, dann soll um des Heiles des ganzen Leibes willen das zur Sünde verführende Glied aus dem Gesamtkörper entfernt werden. Durch diese Ausschlußpraxis geht die Einheit des Leibes nicht verloren, sie wird bewahrt durch das Ausschließen, denn es geht Jesus um die Einheit in der Wahrheit.   

Corollarium 1
Die Einheit der Kirche ist nicht der Consensus aller Mitglieder der Kirche in Lehre und Praxis, sondern ist, wenn das ideele Sein der Kirche und ihr wirkliches identisch sind, wenn sie ist, wie sie sein soll. Christi Verheißung sagt nun, daß die Katholische Kirche sich nie so weit von ihrem ideelen Sein entfernt, daß sie aufhört, die wahre Kirche zu sein. Substantialter ist sie immer die wahre Kirche, auch wenn sie akzidentiell, in Teilen also in sich die Wahrheit verdunkelt.

                   

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