Montag, 8. Januar 2018

MISSION MANIFEST - Die zehn Thesen!

"Die markanten "Zehn Thesen" in voller Länge! - Leseprobe aus der Neuerscheinung "Mission Manifest" von Johannes Hartl, Pater Karl Wallner OCist und Bernhard Meuser" Kath net vom 5.Jänner 2018. Spätestens seit der erfolgreich verlaufenden Konferenz "Mehr" in Augsburg Anfang dieses Jahres sind auch die 10 Thesen in aller Munde, zumal ja der Leiter und Initiator dieser Konferenz Herr Hartl auch Autor dieser 10 Thesen ist. Ein Grund, sich den Thesen zuzuwenden. Ganz originell beginne ich mit der These 1 (Quelle Kath net 5.1.2018)

These 1
Uns bewegt die Sehnsucht, dass Menschen sich zu Jesus Christus bekehren. Es ist nicht mehr genug, katholisch sozialisiert zu sein. Die Kirche muss wieder wollen, dass Menschen ihr Leben durch eine klare Entscheidung Jesus Christus übergeben. Sie ist ja weniger eine Institution oder Kulturform als eine Gemeinschaft mit Jesus in der Mitte. Wer Jesus Christus als seinem persönlichen Herrn nachfolgt, wird andere für eine leidenschaftliche Nachfolge Jesu entzünden.


Mea minima culpa, aber mich stößt dies Gerede von: "sich übergeben" immer etwas ab: Wenn es mir so schlecht geht, daß ich mich übergeben muß, dann suche ich dazu das nächst gelegende WC auf, aber doch nicht vor Jesus! Aber denen dies pietistisch evangelicale Vokabular vertrauter ist, hören das wohl ganz anders. Also, es reicht nicht, katholisch sozialisiert zu sein, ich muß mich zudem noch Jesus übergeben! Nur, wo im deutschsprachigen Raum, für den sind diese 10 Thesen ja produziert worden,, ereignet sich denn noch eine katholische Sozilisation? Das setzte ja eine in der Familie gelebte Religiösität voraus, auf die dann der Religionsunterricht aufbauen könnte! Das offenkundige Problem ist doch wohl das, daß es eben weitestgehend keine katholische Sozialisation mehr in den Familien gibt und daß dies Defizit auch in keinster Weise durch die kirchliche Jugendarbeit kompensiert wird. (Schweigen wir höflichkeitshalber über die Qualität der Jugendarbeit des BDKJ und anderer kirchlicher Träger!)
Aber was soll man von dieser plumpen Gegenüberstellung von der Kirche als Institution mit der Vorstellung einer "Gemeinschaft mit Jesus in der Mitte" halten? Das ist plumpester Antikatholizismus! Denn Jesus Christus hat die Kirche mit ihrer hierarchischen Ordnung geschaffen und erhält sie so auch. Der christliche Kultus verlangt eben auch eine Organisiertheit, die den Vollzug des Kultes ermöglicht, Tag für Tag, Woche für Woche. Spontanistische Bewegungen mögen punktuell erlebnisintensiver sein als der geregelte immer gleich währende Gottesdienst, aber das gerade macht das Wesen des religiösen Kultes aus. 
Wie aber in einer Institution  geistliches Leben wachsen kann, wie etwa die Bildung in einer Schule, so ist auch die Mutter Kirche, ohne die Niemand Gott zum Vater haben kann, eine Schule des geistlichen Wachsens- das sollte sie zumindest sein. Warum die Kirche das nicht mehr ist, ist eine nicht leicht respondierbare Frage. Aber nur weil die Institution Kirche jetzt das, was sie zu leisten hat, eine Bildungsanstalt des christlichen Glaubens zu sein, in und durch die der Einzelne in den Glauben der Kirche hineingeführt wird, nicht erbringt, jetzt die Institution als unwesentlich zu dysqualifizieren und in das Pathos des Sichentscheidens zu flüchten, hilft nicht weiter. Das Wachsen in den christlichen Glauben hinein  kann keine Entscheidung für Jesus ersetzen!  
Ich weiß, daß das Gerede von Jesus als dem persönlichen Herrn in einigen frommen Kreisen sehr beliebt ist. Nur, wird es dadurch auch wahr? Im Urchristentum war Jesus der Lehrer und er sammelte Schüler um sich (leider im Deutschen mit Jünger übersetzt). Meine Frage: Seit wann ist denn das Lehrer-Schüler Verhältnis denn ein persönliches? Ist es nicht eher ein soziales? Da die Kirche das neue Volk Gottes ist, und mein Verhältnis zu Gott durch dies Volk ein vermitteltes ist, ist es dann ein persönliches
Warum heißt es dann bei Paulus im Römerbrief 10,2: "Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott"? Kann es eine persönliche Beziehung geben, wenn Gott als Beziehungsgegenüber nicht die Person ansieht, sondern sie allein nach ihrem Glauben und ihrem Leben aus dem Glauben heraus beurteilt? Ist das Insistieren auf  den persönlichen Herren nicht schon die Privatisierung des Sohnes Gottes, der so nicht mehr das Haupt der Kirche und der königliche Herrscher der Welt ist, sondern nur noch mein Privatbeziehungspartner? 
"Leidenschaftliche Nachfolge" klingt gut, das verheißt intensives Leben. Aber ist das nicht ein Stil religiösen Lebens, das immer nur für wenige Auserwählte vorgesehen ist? Mache wir eine Probe darauf: Was, wenn jeder, wie der Apostelfürst Paulus sein ganzes Leben in den Dienst Jesu Christi stellte? Leidenschaftlich, intensiv....! Lebten alle Christen die Nachfolge wie dieser Apostel, sich an Jesu Leben ausrichtend, das Christentum stürbe in Bälde aus, weil dann ja alle um des Herrn willen enthaltsam leben würden! Wo aber die Leidenschaft der Nachfolge mit den Notwendigkeiten eines Familien- und Berufslebens konfrontiert wird, da muß sich das Leidenschaftliche abkühlen und das religiöse Leben wird sich in gemäßigten Temperaturen abspielen. Die radicale Nachfolge ist eben- gut katholisch- dem Mönchsstand vorbehalten. 
Und: Es fehlt dieser ersten These das rechte Verständnis der christlichen Religion- da entscheidet man sich nicht einfach für Jesus und lebt dann leidenschaftlich mit ihm! Meinem individuellen Glauben geht stets der  Glaube der Kirche voran und wie kein Mensch sprechen könnte, gäbe es nicht eine bestimmte Sprache als System, (vgl de Soussure, die Unterscheidung von System und Parole) so glaubt auch Niemand individuell, wenn nicht durch sein Partizipieren am Glauben der Kirche. So wie es keine Privatsprache gibt, sondern nur meine individuelle Nutzung einer allgemeinen Sprache, etwa des Deutschen in meinem Falle, so kann es auch keinen reinen Privatglauben geben. Und die kirchliche Sprache des Glaubens, in der die Wahrheit Jesu Christi aufgehoben ist, die wird nicht durch einen Entscheidungsakt sich angeeignet, nein in den Glauben der Kirche kann man nur hineinwachsen und so lange wir auf Erden weilen, werden wir immer nur Schüler im Glauben sein können!

Zudem: Der Terminus: Dezision, Entscheidung erlangte erst in der philosphischen Richtung des Dezisionismus seine überragende Bedeutung und meint da, daß eine Entscheidung zu treffen ist, wobei es keine Gründe und rationale Argumente für das gibt, für was oder gegen was man sich entscheidet. Es ist im strengen Sinne eine Creatio ex nihilo, so wie Gott völlig frei sich für eine Ordnung für seine Schöpfung entschied aber auch unendlich viele andere hätte setzen können im Sinne von Wilhelm von Ockhams Freiheitsverständnis. 
Zur Veranschaulichung: (versimplifiziert) Ein Mensch steht auf einem 10 Meterbrett, unter ihm das Schwimmbecken. "Spring", wird er aufgerufen. Aber er ist blind und kann so nicht erkennen, ob das Becken mit Wasser gefüllt ist oder nicht. Glauben heißt dann einfach, sich dazu entscheiden, zu sagen: Das Becken ist gefüllt! und zu springen. Pascal löst dies Entscheidungsproblem anders, indem er urteilt: Entscheide ich mich für den Glauben, verliere ich viel weniger, wenn er unwahr ist, als wenn ich mich gegen den Glauben entscheide und er wahr ist. Pascal setzt dabei voraus, daß nur für den Glaubenden das ewige Leben ist, sodaß, wenn der Glaube wahr ist, er das ewige Leben erlangt, und wenn er unwahr ist, er stirbt, dagegen, wenn ein Mensch sich gegen den Glauben entscheidet und er wahr ist, er das ewige Leben verliert. So kann der Mensch, wenn er sich zum Glauben entscheidet nur gewinnen, wenn er wahr ist, und er verliert nichts, wenn er unwahr ist, aber der sich zum Unglauben Entscheidende kann nur verlieren. Das ist aber dann keine dezisionistische Entscheidung. Faktisch bedeutet die Rezeption des Entscheidungsbegriffes im Sinne des Dezisionismus die völlige Irrationalisierung des Glaubens. Er wird zum blinden Vertrauensglauben.
Luther läßt grüßen! Ich vertraue darauf, daß ich mich richtig entschieden habe= mein Selbstvertrauen!  
              

2 Kommentare:

  1. Danke für diesen erhellenden Artikel. Ich selber ahnte es bereits, bin allerdings kein Theologe der das in solch präzisen Sätzen belegen kann.

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  2. Die Sprache verrät das eigentliche Ziel: Mission Manifest - was ist hier das Hauptwort? Es geht klar um die Mission zu diesem Manifest, in der die Kirche Jesu nicht mehr vorkommt.

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