Desillusionierende Tatsachen: „Nicht der Transzendenzbezug als solcher implodiert, wohl aber die Zustimmung zum Begriff "Gott".
So lautet eines der Resümees einer aktuellen Untersuchung Österreichs, was denn die Österreicher glauben.1 „Personen, die sich als christlich bezeichneten, erhielten überdies die Option, dass Gott "ein Gott (ist), der sich in Jesus Christus offenbart hat": Dieser Aussage stimmten allerdings nur 11 Prozent zu.“ Nicht etwa 11 Prozent der Befragten sondern 11 Prozent der sich selbst als Christen Bezeichnenden stimmten dieser Aussage zu. Die Entcristlichung der christlichen Religion ist somit schon weit vorangeschritten, wenn selbst unter den Christen Österreichs und es existiert keine berechtigte Hoffnung darauf, daß eine Befragung in Deutschland dazu ein anderes Ergebnis zeitigen würde, nur noch so wenige der Zentralaussage der christlichen Religion zustimmen.
Wie steht es nun um einen allgemeineren Gottesglauben? „Deutlich wird der Einbruch eines christlichen Glaubens am Inhalt der Transzendenzvorstellungen. Nur 22 Prozent stimmen der Aussage zu, dass es "einen Gott oder eine göttliche Wirklichkeit" gibt. 36 Prozent sind überzeugt, dass es "ein höheres Wesen, eine höhere Energie oder geistige Macht" gibt. 22 Prozent glauben "weder an Gott noch an irgendeine andere höhere Wirklichkeit". 15 Prozent "wissen nicht richtig, was sie glauben sollen".
Aber daß noch 22 Prozent der Befragten an einen Gott glauben, wird dann auch noch relativiert, denn nur für 14 Prozent ist dieser Gott „ein >persönlicher Gott, mit dem ich sprechen und zu dem ich ‚Du‘ sagen kann<". 17 Prozent verstehen Gott als „universale Energie, Macht, Kraft, die alles durchströmt – wie Luft, ein Hauch o.ä.".(Die weiteren Ergebnisse sind in dem angezeigten Artikel nachzulesen, hier soll sich auf diese beschränkt werden.)
An einen Gott glauben einige noch, aber mit dem christlichen hat dieser wenig gemein. Zu jeder religiösen Vorstellung von Gott gehört konstitutiv die Vorstellung dazu, daß eine Kommunikation mit ihm möglich ist, daß zu ihm gebetet werden , daß Gott dann auch Gebete erhören kann und daß er bereit ist, kultische Opfer anzunehmen. Selbst unter den Christen glauben das nur noch wenige. Damit ist aber nicht nur der christlichen Religion sondern jeglicher Religiösität das Fundament entzogen. Die hier angezeigten Gottesverständnisse, als einen Transzendenzbezug markiert, sind eben für ein religiöses Leben irrelevant. Gott als eine universale Energie klingt zwar leicht esoterisch oder ist das eher physikalisch gemeint, aber auf diese Gottesvorstellung läßt sich keine religiöse Praxis aufbauen. Dem entsprechen ja auch die (fast)leeren Kirchen. Zwar werden noch fast 50 Prozent der Bundesdeutschen als Mitglieder einer christlichen Confession gezählt, aber von einer theoretischen oder gar praktizierten Zustimmung zum christlichen Glauben kann man bei den Allermeisten nicht ausgehen.
„Gott“ interessiert kaum noch wen. (Auch die Artikel von mir, die expliziet Gott thematisieren, werden am wenigsten gelesen.) Auch die Marketingstrategie, nicht auf Gott käme es an, sondern allein auf Jesus, die „Theologin“ Sölle konzipierte dazu gar einen atheistischen Jesusglauben, kommt nicht mehr an. Dieser Jesus paßt einfach nicht zum vorherrschenden Zeitgeist. Nicht berücksichtigt dieser Communioartikel nun die gegenwärtige Kaprizierung der Kirche auf die Menschenrechtsideologie, bei der dann Gott als Hintergrund für diese Kaprizierung instrumentalisiert wird. Der eigentliche Gehalt der christlichen Religion sei aber der Glaube an die Menschenwürde und das praktische Eintreten für sie. Auf Gott kann dann dabei weitestgehend verzichtet werden. Wie sagte es Kardinal Marx so treffend: „Über Gott wüßten wir auch nichts genau Bestimmtesm deshalb sollte die Kirche weniger über ihn reden!“ Das Gerede von der Menschenwürde ist da schon viel praktischer und relevanter.
Daß es religiöse Menschen gibt, daß Religionen gelebt werden, ist in erster Linie Gott selbst zu verdanken, denn das Daß der Religionen ist selbst schon ein Indiz für den sich Menschen in eine Beziehung setzenden Gott. Denn auch die falschen Religionen können nur als falsche sein als eine Verquerung der wahren Gotteserkenntnis. Ist dann der Verfall der christlichen Religion gar ein Indiz dafür, daß Gott sich selbst von uns zurückzieht? Als der König Saul Gott befragen wollte, wie es um ihn vor Gott stünde, mußten die Priester ihm mitteilen, Gott antworte nicht mehr, er habe wohl den Kontakt mit dem von ihm selbst eingesetzten König unterbunden. (1.Samuel,28,5f)Die Krise der Religion ist nicht einfach reduzierbar auf den nicht mehr auf Gott hören wollenden Menschen, es gibt auch die Möglichkeit des sich uns verschließenden Gottes.
1„Communio“ „Heilsame Selbsttkritik: Österreich – entchrishristlicht, aber nicht unreligiös“ 8.4.2025
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