Zum Tode Papst Franziskus : De mortuis nil nisi bonum!
Als Nachruf zu dem nun abberufenen Papst Franziskus möchte ich das Zusammen-lesen des Kath info Nachrufes: „Papst Franziskus wurde abberufen“ und den auf „Communio“ erschienen Beitrag: „Vom Ende der Welt nach Rom“, beide am 21.4.2025 publiuiert, wärmstens empfehlen und kapriziere mich nun, statt noch einen Nachruf aus meiner Feder den vielen, wobei nicht alle so gut geraten sind wie diese zwei, hinzufügen auf diese alte und doch an allen Orten und allen Zeiten beherzigte Maxime: „Über die Toten nichts, außer Gutes!“1
Wie ist nun dieses Redeverbot erklärbar, an das sich fast alle zu allen Zeiten und Orten hielten und halten, es so gesehen eine wahrhaft katholische, das ist: eine allegemeine Praxis ist? Über einen kleinen Umweg erschließt sich der Sinngehalt ad hoc: Wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitsstelle gekündigt hat oder ihm gekündigt wurde, hat er ein Anrecht auf ein Arbeitszeugnis. In diesem darf nun nichts stehen, das im eine Anstellung bei einem anderen Arbeitgeber erschweren oder gar verunmöglichen würde. Es darf da nicht geschrieben werden: „Er hat schlecht gearbeitet!, aber auch solche umschreibenden Formulierungen wie: „Er war stets bemüht, den Anforderungen gerecht zu werden“,das heißt nämlich im Klartext; daß er seine Aufgaben nicht erfüllen konnte oder wollte, sind vom Gesetzgeber her verboten. Es existiert hier ein Spannungsfeld zwischen dem Gebot eines wahrhaftigen Zeugnisses und der Verpflichtung, dem ehemalig Angestellten nicht durch das ausgestellte Arbeitszeugnis zu schaden, ihm eine Neuanstellung bei einem anderen Arbeitgeber zu verunmögichen. Das Arbeitszeugnis ist also so ausstellen, daß es der Wiedereinstellung förderlich ist. Das heißt: Es darf in ihm nichts Schlechtes stehen, nur Gutes!
Wer gestorben ist, verläßt auch diese Welt. Er bringt sozusgen seine über ihn getätigten Nachrufe wie ein Arbeitszeugnis mit, um so in dem jenseitigen Leben gut aufgenommen zu werden. Die Trauerreden am Grabe sind so Empfehlungsbriefe für den von uns Gegangenen, der nun vor der Einlaßtür des Himmels steht, nicht mit leeren Händen, sondern ausgestattet mit gut ausgefallenen Arbeitszeugnissen. Enthielte dies Schlechtes über den Verstorbenen, könnte das ihm den Übergang in das andere Leben erschweren oder gar verunmöglichen. Deshalb darf da nichts Negatives hineingeschrieben werden. Denn es ist keine Selbstverständlichkeit, daß ein Verstorbener in das ewige Leben aufgenommen wird, auch und gerade nicht in der christlichen Religion.2
Aber diese Regel dürfte wohl noch eine zweite Bedeutung haben, die ich für die ursprünglichere halte. Wer schlecht über seine Mitmenschen redet, muß damit rechnen, daß sie sich dafür rächen.Man kann nun unser Kultur als einen Prozeß der Zivilisierung des Menschen betrachten, es sei hier an die vorzügliche Studie Norbert Elias über den Prozeß der Zivilisation erinnert, der es insbesondere um die Kontrolle und Domestikation unsere Leidenschaften und Affekte geht, aber auch der gut zivilisierte Bürger möchte gern Verleumdern irgendwie entgegentreten. Ursprünglicher war wohl der Wille zur Rache. Was passiert nun, wenn man über Tote lästert, über sie Schlechtes redet? Es muß damit gerechnet werden, daß auch die Toten sich dafür rächen wollen und sie können das auch! Daß die Toten einfach tot sind, sich in Staub oder anspruchsvoller formuliert in Nichts auflösen, ist keine selbstverständliche Vorstellung über tote Menschen. Als „Geister“ könnten sie Rache nehmen für das, was man an Schlechtem über sie sagte. Jeder Ahnenkult, jede Pietät den Verstorbenen gegenüber, wozu auch der Umgang mit dem Leib des Verstorbenen gehört, ob und wie er beerdigt wird, gründet sich ursprünglich in dieser Furcht vor einer möglichen Rache der Toten. In Schauerromanen, im Genre des Hororromanes ist ja diese Vorstellung von unerlösten Geistern, den Seelen Verstorbener, die sich für irgendetwas rächen wollen gut bekannt, ja diese archaische Vorstellung lebt da noch.
Nur eine materialistisch-biologistische Anthropologie verunmöglicht eine so geartete Vorstellung der sich rächenden Toten, aber sie ist nun wirklich ein Konstrukt atheistischer Phantasie, wohingegen religiös fundierte Kulturen die Vorstellung, daß die Verstorbenen einfach nur tot, das ist: nicht mehr sind! Nicht kennt. Die Unterwelt, der Hades sind eben Orte, in die die Verstorbenen hinansteigen als Seele, und wo es nicht völlig ausgeschlossen ist, daß sie auch wieder zurückkehren können. Nur deshalb konnte ja die Totenbeschwörerin für den König Saul den schon verstorbenen Propheten Samuel herbeibeschwören,sodaß dieser dann dem König sein Schicksal anzeigen konnte. Das dreigeteilte Weltbild, daß es den Himmel, die Erde und die Unterwelt gibt, meint eben nicht, daß diese drei Welten völlig voneinander abgetrennt ohne die Möglichkeit von Transiten existierten. Vielleicht erfreuen sich rein materialistische Weltanschauungen auch deshalb so großer Beliebtheit, weil sie uns vor der Möglichkeit der Konfrontation mit Über- und Unterirdischen bewahren.Bezeichnend ist es ja,daß das Halloweenfest in den USA versäkularisiert wurde, ging es doch ursprünglich hier um „Arme Seelen“, die auf Erden erschienen, um uns um Hilfe zu bitten.
Ein nicht österlicher Witz zum Schluß: Warum wird die Welt immer böser? Antwort: Weil nur die guten Menschen sterben, die bösen nicht. Der Beweis: Die Reden am Grabe und die Nachrufe.
1Es stellt so einen extremen Kulturbruch da, wenn über die deutschen Soldaten des 2.Weltkrieges und nicht nur über die der Waffen-SS nichts als nur Böses ausgesagt werden darf gemäß den Direktiven der Politischen Korrektheit.
2So ist es auch fraglich, ob die Grabbeilagen als Nutzgegenstände für ein postmortales Leben gemeint sind oder als Geschenke zur Erlangung einer günstigen Aufnahme in dies jenseitige Leben.
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