Freitag, 11. April 2025

Kommen die Angebote der Kirche nicht mehr gut an – bedarf es einer Optimierung des Verkaufens? Oder die Substanz der Krisendiagnose der Kirche

 

Kommen die Angebote der Kirche nicht mehr gut an – bedarf es einer Optimierung des Verkaufens?



Eingewendet werden könnte, daß die Kirche doch keine auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Organisation sei und es ihr deshalb nicht um eine Verbesserung ihrer Verkaufszahlen gehen könnte, aber jede Organisation lebt auch aus ihrem Willen zur Selbsterhaltung, sodaß sie wie auch die Kirche genügend beitragszahlende Mitglieder bedürfen oder Konsumenten, die ihre Angebote bezahlen, Die Krise der Kirche wird deshalb in Deutschland, aber nicht nur hier primär wahrgenommen als die des Schrumpfens ihrer Mitgliederzahlen, sodaß die weitere Finanzierung der Kirche in Frage gestellt ist. Davon ausgehend wird konstatiert, daß die Angebote der Kirche selbst von ihren jetzigen Mitgliedern in zunehmender Weise nicht nachgefragt werden: Sowohl die religiösen Dienstleistungen von der Taufe über die Eheschließung bis zur Beerdigung werden zusehens weniger in Anspruch genommen, aber auch ihre inhaltlichen Angebote: der von ihr dargebotene Glaube. Was die Kirche lehrt an zu Glaubendem und Zutuendem und Zulassendem, das interessiere immer weniger Menschen. Nur als eine Organisation der praktizierten Humanität würde sie noch akzeptiert.Das Problematische dabei ist aber, daß die, die so die Kirche als eine Institution der praktizierten Nächstenliebe wollen, auch erklären, daß sie selbst diese für sich selbst nicht benötigten, sondern nur für die Anderen da zu sein habe, die eben der Hilfe bedürftig wären.

Die für jeden Religionsanbieter optimistische These, der Mensch sei von seiner Natur aus so sehr auf die Religion als ein Sinngebung für sein Leben angewiesen, daß die Kirche ihres Bestandes sicher sein könne, erweist sich nun auch noch als eine große Illusion: Zu hauf leben Menschen nicht nur in Deutschland zufrieden mit ihrem Leben ganz ohne jede Religion.

Welche Reaktionen auf diese Krise lassrn sich denn nun im Krisendiskurs der Kirche auffinden? Drei Möglichkeiten gibt es nur: erstens, das Verkaufspersonal, die Anbieter sind nicht gut genug, zweitens: die Weise der Präsentation der Angebote ist nicht gut genug und drittens. Die Angebote sind nicht gut genug.Präsumiert wird dabei, daß der potentiele Kunde sich dabei wie ein Konsument verhält, der nach seinen Kriterien und Vorlieben dann aus dem ihm Angebotenen auswählt. Die Krise der Kirche ist nun so gesehen einfach die, daß immer weniger die Angebote der Kirche wollen.

Daß das Verkaufspersonal nicht gut genug sei, wird nun in einer liberalen und einer conservativen Version durchgespielt. Die liberale besagt in ihrer populärsten Vulgärversion: Wenn Frauen und Homosexuelle und sonstige LGBTQler Priester werden, käme das Angebot besser an. Die conservative Variante: Wir bräuchten wieder fromme Priester. Das Wie der Anbietung der Angebote sei nicht gut, ruft ebenso zwei Antwortstrategien hervor: Die Gottesdienste und alles andere müsse moderner, dem Geschmack des Publikumes besser angepaßt werden als die liberale Antwort und als die conservative: Die Tridentinische Messe sei zu reaktivieren. Daß das Angebot der Kirche nicht gut genug sei, darauf antwortet die liberale Kritik mit der Parole der Modernisierung der Inhalte und die conservative Kritik mit der These, daß die Vermodernisierung die gute Qualität der Angebote destruiert habe.

Aber ist denn die Prämisse dieser Krisendiagnose zutreffend, daß sich die potentiellen Kunden der Kirche zu ihren Angeboten wie die Konsumenten in einem Verbrauchermarkt verhielten, daß sie nur das ihnen Zusagende in ihren Wagenkorb hineinlegten und die anderen Waren unberührt in den Regalen liegen ließen? Verbleiben wir erstmal im Alltagsleben: Jemand liebt die Wagneropern, ein andere die Musikstücke Rammsteins. Nun möge man sich einmal einen Dialog zwischen diesen zwei so unterschiedlichen Musikliebhabern vorstellen: Wie begründet der Wagnerbegeisterte, daß er diese Opern liebt und kann er dann den Rammstein-liebhanerer von seiner Liebe zu dieser Musik überzeugen, daß auch er anfängt, sie zu lieben? Dieser Dialog wird an einem Punkte notwendig scheitern: Warum liebe ich diese Musik?, diese Frage ist nicht beantwortbar. Es verbleiben für eine Begründung ja nur zwei Strategien: Es wird ein Moment der Musik hervorgehoben, um dessentweillen das ganze Musikstück geliebt wird. Das evoziert dann aber die Nachfrage, warum dieses Moment des Ganzen geliebt wird und daraufhin kann entweder wiederum nur ein Detail des Momentes als der Grund für die Liebe genannt werden, also entsteht ein regressus infinitus oder es ändert in der Tautologie: Ich liebe es, weil ich es liebe! Die andere Strategie lautet, daß das Ganze geliebt wird, weil alle Teile so gut da zusammenpassen, ein Ganzes bilden, Und warum liebt man das alles Zusammenpassende?

Man kann nun dies Experiment leicht auf die Liebe zu einem Menschen übertragen: Wer heiraten möchte, kann dafür in der Regel gute Gründe anführen, warum er aber die Person liebt, die er liebt, darauf kann er keine Antwort geben. Es spricht für die Lebensklugheit der Römer, daß sie den Liebespfeile abschießenden Amorgott für das Sichverlieben und das Lieben eines anderen verantwortlich machen.

Ein kleines Anschauungsbeisiel dazu: In einer Religionsunterrichtsstunde paßten zwei junge Madels nicht eine Sekunde auf, ununterbrochen tuschelten sie, aber so leise, daß sie den Unterricht nicht störten. Nach der Stunde frug ich sie nun, was da los gewesen wäre. Sie antworteten: Sie haben sich entschieden, sich zu verlieben. Damit sie sich nun nicht in den selben jungen Mann verliebten und sich dann gar deswegen zerstritten, haben sie sich entschlossen, daß jede sich in einen anderen verliebe. Dazu haben sie sich ihre Lieblingsjungenband ausgesucht, jede dann den ihr daraus am meist Zusagenden. Nun suchten sie auf dem Schulhof nach einem jungen Mann, der dem Auserwählten ähnlich genug ist, sodaß sie sich in ihn verliebten. Kontovers diskutierten sie nun, ob ein paar in Frage Kommenden genug ähnlich sind, um sich in einen davon zu verlieben! Angesichts dieses existentiellen Problemes erteilte ich den jungen Damen eine Absolution, daß sie nicht am Unterricht teilgenommen hatten. Aber was ist an diesem Entschluß: „Jetzt wollen wir uns verlieben und zwar an Personen, die unserem Kriterium, daß sie hinreichend ähnlich dem Lieblingsboy dieser Musikgruppe zu sein haben“ so liebenswürdig skuril? Es ist der Glaube, sich verlieben wollen zu können und daß zum Sichverlieben es genüge, daß der Erwählte bestimmten Kriterien genüge.

Es gibt also Lebensbereiche und grade relevante, in der wir Menschen uns nicht wie Konsumenten verhalten, die das ihnen Zusagende für sich erwählen, denn erst die Liebe macht in diesen Fällen uns etwas oder eine Person zu etwas Zuliebendem.

Wer nun das Neue Testamemt befragt: Wie kam jemand dazu, daß er ein Christ wurde, glaubte, daß Jesus der Sohn Gottes sei, dann werden wir mit einem der tiefgründigsten Mysterien des Glaubens konfrontiert: Die, die Gott dazu erwählt, die er dazu bestimmt hat, kommen zum Glauben. Das stellt nun jeden die Bibel auch verstehen wollenden Leser vor die allergrößten Probleme: Erstens: Wer erwählt ist, kommt zum Glauben. Zweitens: Wer nicht erwählt ist, kommt nicht zum Glauben. Kann es nun Menschen geben, die erwählt sind und nicht Gläubige werden und kann es Nichterwählte geben, die zum Glauben kommen können?

Wo der Mensch als ein potentieller Konsument des Angebotes der christlichen Religion vorgestellt wird, da wird einfach präsumiert, daß im Prinzip jedem die christliche Religion angeboten wird oder anzubieten sei und daß jeder dann frei sich zu entscheiden habe und könne, ob er sie annehmen wolle oder nicht. Die Aufgabe der Kirche sei es nun nur, daß Angebotene so kundenfreundlich wie möglich zu offerieren, durch die Optimierung des Verkaufspersonales, der Optimierung der Präsention der Waren und der Bessergestaltung der Waren. Denn der Glaube ist eben im Prinzip wie jede andere Ware auch etwas zum Ankauf Erwerbbares zu offerieren. 

Merke: Wenn die Wahrheit zu einer Ware wird, wird sie entwahrheitet. 





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